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Die Berufung der Klägerin gegen das am 4. Mai 2015 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 370/14 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
2I.
II.
4Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
5Die Klägerin hat nach der Übernahme des von ihrer ehemaligen Arbeitgeberin mit der Beklagten – einer Pensionskasse – geschlossenen Versicherungsvertrags keinen Anspruch auf verzinsliche Erstattung der von ihrer Arbeitgeberin auf den streitgegenständlichen Vertrag geleisteten Prämien gemäß § 812 Abs. 1 BGB. Der Versicherungsvertrag ist auf der Grundlage des Policenmodells gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. wirksam mit Versicherungsbeginn zum 1. März 2004 zustande gekommen. Der von der Klägerin unter dem 8. April 2014 erklärte Widerruf ist wirkungslos, weil sie zu einem alleine in Betracht kommenden Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. nicht berechtigt war.
6Die Klägerin verfolgt ausschließlich Ansprüche aus übergegangenem Recht. Ihrer Arbeitgeberin stand indes kein Widerspruchsrecht nach § 5a Abs. 1 Satz 1 a.F. VVG zu, weil der Versicherungsvertrag mit einer Pensionskasse geschlossen wurde und gemäß § 5a Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. Satz 1 auf Versicherungsverträge bei Pensionskassen nicht anzuwenden ist.
7Gegen die Wirksamkeit dieser gesetzlichen Regelung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Sie verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen den „Gleichbehandlungsgrundsatz“, denn für die Regelung in § 5a Abs. 1 Satz 4 VVG a.F. (die in vergleichbarer Form auch für das Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VVG n.F. gilt, s. § 8 Abs. 3 Nr. 3 VVG n.F.) bestehen anerkannte sachliche Gründe. In den Gesetzesmaterialien (BT-Dr. 12/7595, S. 111, dort zu § 8 Abs. 5 Satz 5 VVG a.F., der eine gleichlautende Regelung enthielt) heißt es hierzu wörtlich:
8Vom Anwendungsbereich des durch die Zweite Lebensversicherungsrichtlinie vorgeschriebenen Rücktrittsrechts sind die bei Pensionskassen der betrieblichen Altersversorgung begründeten Lebensversicherungsverhältnisse auszunehmen. Die Zweite Lebensversicherungsrichtlinie, die das Rücktrittsrecht des Versicherungsnehmers gemeinschaftsrechtlich vorschreibt, bezweckt, wie die Erwägungsgründe klarstellen, die Absicherung des Versicherungsnehmers, dem durch die Richtlinie die uneingeschränkte Freiheit bei der Wahl auf einem möglichst breiten Markt für die Lebensversicherung eingeräumt werden soll. Das gelte aber nicht in gleichem Maße für die Pensionsfonds und andere Formen der betrieblichen Altersversorgung, die durch ihre engen Beziehungen zu dem System der sozialen Sicherheit charakterisiert und deshalb aus dem Anwendungsbereich der Zweiten Lebensversicherungsrichtlinie ausgenommen seien. Der Beitritt zu einer betrieblichen Pensionskasse erfolgt im Rahmen einer arbeitsvertraglichen Regelung und steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, das für die Ausübung eines Rechts auf freie Wahl des Versicherers für die zusätzliche betriebliche Altersversorgung und ein individuelles Rücktrittsrecht keinen Raum läßt. Die bei Pensionskassen aufgrund arbeitsrechtlicher Regelungen begründeten Versicherungsverhältnisse sind deshalb aus dem Anwendungsbereich des § 8 Abs. 5 auszunehmen.
9Damit liegen Sachgründe vor, Versicherungsverträge bei Pensionskassen vom Anwendungsbereich des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. auszunehmen, nämlich das fehlende Recht auf freie Wahl des Versicherers aufgrund der arbeitsvertraglichen Vorgaben. Das wird auch in der versicherungsrechtlichen Literatur anerkannt (vgl. Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 5a, Rn. 59; BK-Schwintowski, § 5a VVG, Rn. 79; Knops in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 8, Rn. 55; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 8, Rn. 54).
10§ 5a Abs. 1 Satz 2 VVG a.F. verstößt auch nicht gegen europarechtliche Vorgaben. Die 2. Lebensversicherungsrichtlinie vom 8. November 1990 (90/619/EWG) sah zwar in Art. 15 Abs. 1 vor, dass den Versicherungsnehmern ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag innerhalb von 14 bis 30 Tagen nach Kenntnisnahme vom Vertragsschluss einzuräumen war; die Richtlinie nimmt allerdings Pensionsfonds (und damit auch Pensionskassen) von ihrem Anwendungsbereich ausdrücklich aus. In den einleitenden Erwägungen heißt es dazu:
11Bei manchen der Pensionsfonds ist aufgrund der Vielfalt und Komplexität der einzelnen Systeme und ihrer engen Beziehungen zu den Systemen der sozialen Sicherheit eine aufmerksame Prüfung erforderlich. Daher sind sie aus dem Anwendungsbereich der für den freien Dienstleistungsverkehr geltenden besonderen Vorschriften dieser Richtlinie auszuschließen. Sie werden in einer anderen Richtlinie behandelt.
12Diese Richtlinie, die auch die deutschen Pensionskassen betrifft, ist unter dem 3. Juni 2003 (2003/41/EG) ergangen. Sie enthält keine Regelungen über ein Rücktrittsrecht bei Vertragsschluss.
13Das hat zur Folge, dass der deutsche Gesetzgeber keine europarechtlichen Vorgaben zu einem Vertragslösungsrecht für den Fall des Abschlusses eines Versicherungsvertrags bei einer Pensionskasse zu beachten hatte, so dass er sich wirksam dazu entscheiden konnte, bei derartigen Verträgen das Rücktritts- und das Widerspruchsrecht auszuschließen.
14Soweit die Beklagte der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin im Versicherungsvertrag vom 28. Februar 2004 gleichwohl ein Widerspruchsrecht eingeräumt hat, geschah dies - wie das Landgericht zutreffend gesehen hat – freiwillig mit der Folge, dass die Belehrung nicht an § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. zu messen ist. Auf alle anderen angesprochenen Fragen kommt es nicht an.
15Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
16Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
17Berufungsstreitwert: 8.840,- €