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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 13. Juni 2013 – 27 O 31/13 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil und die vorliegende Entscheidung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
2I.
31. Die Parteien streiten um Schadenersatz wegen der Verletzung eines Pferdes.
4Die Klägerin ist Eigentümerin des 1990 geborenen Wallachs „H“, den sie seit ca. 1,5 Jahren in einer offenen Stallanlage mit vier Ständern, Liegebereich und ca. 250 qm großen Paddock sowie in einer Gruppe mit drei anderen Pferden, die jeweils einer der Beklagten gehören, untergebracht hat. Die Details der örtlichen Verhältnisse lassen sich den seitens der Beklagten zu 3) zur Gerichtsakte gereichten beiden Lichtbildern sowie der zugehörigen Skizze entnehmen (Bl. 89 f. GA).
5Das Pferd der Klägerin erlitt Verletzungen im oberen Bereich des linken Vorderbeins, die umfangreiche Behandlungsmaßnahmen nach sich zogen. Die weiteren Einzelheiten sind zwischen den Parteien umstritten.
6Die Klägerin behauptet, gegen 10:30 Uhr am 18. März 2013 habe man festgestellt, dass ihr Pferd stark gelahmt habe. Die deshalb herbeigerufene Tierärztin habe ein Hämatom festgestellt und entsprechende Behandlungsmaßnahmen angeordnet. Als keine Besserung eingetreten sei, habe man ca. zwei Wochen später eine Szintigraphie durchgeführt. Dabei sei eine Fissur im Bereich Ulna (Elle) vorne links diagnostiziert worden. Diese gehe nach den tierärztlichen Feststellungen auf einen Huftritt seitens eines der anderen zur Gruppe gehörenden Pferde zurück und habe umfangreiche Behandlungsmaßnahmen nach sich gezogen, die insgesamt 7.176,12 EUR gekostet hätten. Unter Anrechnung eines eigenen Mit-Haftungsanteils von 25% hat die Klägerin im ersten Rechtszug schließlich Zahlung von 5.382,09 EUR und Feststellung der Haftpflicht der Beklagten begehrt.
7Die Beklagten haben bereits die Verursachung der Verletzung des der Klägerin gehörenden Pferdes durch eines der von ihnen gehaltenen Tiere mit Nichtwissen bestritten und in diesem Zusammenhang auch auf einen späteren Sturz des der Klägerin gehörenden Pferdes hingewiesen. Sie haben ferner den Ursachenzusammenhang zu den Behandlungsmaßnahmen sowie deren Erforderlichkeit bestritten und gemeint, die Aufwendungen seien jedenfalls nicht verhältnismäßig iSd. § 251 Abs. 2 BGB gewesen.
8Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf die Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
92. Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und zur Begründung darauf abgestellt, dass die Klägerin, als sie ihr Pferd in dem offenen Stall untergebracht habe und in die aus insgesamt vier Pferden bestehende Gruppe gegeben habe, auf eigene Gefahr gehandelt habe.
10Hinsichtlich der übrigen Details der rechtlichen Würdigung des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
113. a) Die Klägerin hat gegen die vorgenannte, ihr am 17. Juni 2013 zugestellte Entscheidung mit einem am 16. Juli 2013 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel – nach entsprechender Fristverlängerung – mit einem am 19. September 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet. Dabei stellt sie nicht nur das angefochtene Urteil insgesamt zur Überprüfung, sondern sie erweitert die Klage im Hinblick zum einen auf einen Rechenfehler, zum anderen unter Berücksichtigung einer 100%igen Haftung der Beklagten.
12In der Sache tritt die Klägerin der vom Landgericht vertretenen Rechtsauffassung entgegen, dass hier die Grundsätze des Handelns auf eigene Gefahr Anwendung finden könnten. Insbesondere sei sich die Klägerin nicht eines über die gewöhnliche Tiergefahr hinausreichenden Risikos bewusst gewesen, als sie das Pferd untergestellt habe. Auch hätten die Tiere bereits 1,5 Jahre gemeinsam verbracht. Demnach habe sich keineswegs ein besonderes Risiko verwirklicht, sondern lediglich die gewöhnliche Tiergefahr. Hier handele es sich um eine Weideverletzung, bei der nach der Rechtsprechung die §§ 830, 833 BGB eingriffen. Die Klägerin müsse sich angesichts des Alters ihres Pferdes und seines Geschlechts als „Wallach“ auch keinen Mit-Haftungsanteil zurechnen lassen. Die Behandlungen seien sämtlich sehr wohl notwendig gewesen.
13Die Klägerin beantragt,
14das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 27 O 31/13 - abzuändern und
151. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 7.128,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 5.179,77 EUR ab dem 29. November 2012, aus weiteren 202,32 EUR ab dem 21. Mai 2013 sowie aus weiteren 1.746,03 EUR ab Zustellung des Schriftsatzes vom 19. September 2013 zu bezahlen;
162. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen weiteren Schaden zu erstatten, der ihr aus dem Unfall ihres dunkelbraunen Wallachs „H“ vom 18. März 2012 noch entsteht;
173. die Beklagten zu verurteilen, vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten als Gesamtschuldner in Höhe von 292,44 EUR zu bezahlen.
18Die Beklagten beantragen sämtlich,
19die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
20Sie halten an ihrem Vorbringen aus dem ersten Rechtszug fest und verteidigen die angefochtene Entscheidung.
21b) Mit einem Beschluss vom 6. November 2013 hat der Senat darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen. Unter anderem hat der Senat ausgeführt, dass offen bleiben könne, ob die einer Entscheidung des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Juni 1992 – 3 U 185/91 – zugrundeliegenden Grundsätze den stillschweigenden Haftungsausschluss und das Handeln auf eigene Gefahr betreffend auf den vorliegenden Fall Anwendung finden könnten. Hier habe nämlich sämtlichen Pferdehaltern klar sein müssen, dass es unter Berücksichtigung der Größe der konkreten Stallanlage und der Zahl der eingestellten Pferde dauerhaft zu Interaktionen der Tiere und in gewissem Umfang sogar zu Auseinandersetzungen der Pferde kommen würde. Dementsprechend hätten die Halter der beteiligten Pferde, als sie ihre Tiere in die Herde gegeben hätten, das Risiko solcher Verletzungen in Kauf genommen, die auf gewöhnlichen Auseinandersetzungen in einer kleinen Herde auf begrenztem Raum zurückgingen.
22Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der rechtlichen Würdigung des Senats wird auf die Gründe des vorgenannten Hinweisbeschlusses Bezug genommen.
23Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2013 zu dem vorgenannten Hinweis Stellung genommen und dabei hinsichtlich des vorgenannten Gesichtspunktes ausgeführt, dass die Parteien auch im konkreten Fall nicht von einer besonderen Gefahr ausgegangen seien, als sie ihre Pferde in die Offenstallhaltung gegeben hätten. Kein Pferdehalter wolle sein Pferd einer besonderen Gefahr aussetzen. Man habe eine besonderes tiergerechte Form der Haltung und habe diese jedenfalls nicht für schädlich gehalten. Ferner habe man die zur Gruppe gehörenden Tiere danach ausgewählt, ob sie friedfertig seien und zueinander passten. Dementsprechend hätten die beteiligten Pferde über einen Zeitraum von 1 ½ Jahren friedlich miteinander gelebt. In einem Haftungsverzicht läge mit Rücksicht hierauf eine reine Fiktion. Wolle der Senat von der bisherigen Rechtsprechung abweichen, müsse die Revision zugelassen werden.
24Hinsichtlich der weiteren Details wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 2. Dezember 2013 verwiesen.
25II.
261. Auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Klägerin im Schriftsatz vom 2. Dezember 2013 bleibt es dabei, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) und die übrigen Voraussetzungen für die Zurückweisung des Rechtsmittels durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 S. 1 N. 2 bis 4 ZPO) vorliegen. Dementsprechend ist das Rechtsmittel der Klägerin durch Beschluss zurückzuweisen.
27Im Einzelnen gilt Folgendes:
28a) Ob das Vorbringen der Klägerin zur Verursachung der Verletzung durch die Pferde der Beklagten unter Berücksichtigung auch des Schriftsatzes vom 2. Dezember 2013 ausreicht, kann der Senat ebenso offen lassen, wie er nicht zu entscheiden braucht, ob die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz (Urt. v. 10. Mai 2012 – 2 U 573/09 -, juris Rn. 19 f.) zur Anwendung der §§ 830, 833 BGB zu überzeugen vermag. Denn selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Verletzung ihres Pferdes auf den Tritt eines anderen, zur Gruppe gehörenden Tieres zurückgeht, kann die Klage keinen Erfolg haben.
29b) So steht einer Haftung der Beklagten im Hinblick auf die Umstände des konkreten Falles der unter § 254 BGB zu subsumierende Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr entgegen.
30aa) Zwar liegt ein die Haftung ausschließendes Handeln auf eigene Gefahr nicht schon immer dann vor, wenn der Geschädigte seine Rechtsgüter bewusst und freiwillig der gewöhnlichen Tiergefahr ausgesetzt hat. Jedoch scheidet eine Haftung aus, wenn das Verhalten des Geschädigten selbstwidersprüchlich erscheint, weil er dasjenige Risiko übernommen hat, das sich im Schaden verwirklicht hat (vgl. BGH, Urt. v. 12. Januar 1982 – VI ZR 188/80 -, juris Rn. 9).
31bb) Eben das ist hier der Fall gewesen. Denn nach dem Vorbringen der Klägerin selbst (S. 4 der Klageschrift) nimmt derjenige Pferdehalter, der sein Pferd gemeinsam mit anderen Pferden in einer räumlich so begrenzten Offenstallanlage unterbringt, wie das hier der Fall gewesen ist, ständige Interaktionen der zur Gruppe gehörende Tiere in Kauf. Dazu gehören auch die in gewissem Umfang unvermeidlichen Auseinandersetzungen um die Rangordnung der Pferde in der Gruppe und die damit verbundenen Drohgebärden, Bisse und Tritte. Wer als Pferdehalter sein Tier in eine Gruppe von offen gehaltenen Pferden gibt, weiß um das gewöhnliche und mit der artgerechten Gruppenhaltung in gewissem Umfang untrennbar verbundene Risiko körperlicher Auseinandersetzungen der Tiere sowie der damit verbundenen, mehr oder weniger gravierenden Verletzungen. Wer sein Pferd dennoch mit Rücksicht etwa auf Fragen artgerechter Haltung so hält, gibt durch sein Verhalten zu verstehen, dass er das entsprechende Risiko im wohlverstandenen Interesse des Tieres zurückstellt. Das gilt insbesondere dann, wenn der für die Haltung zur Verfügung stehende Raum – wie hier – recht begrenzt ist und den Tieren nur wenig Ausweichmöglichkeit bietet (vgl. Lichtbilder und Skizze der Anlage, Bl. 89 f. GA). Klar ist ferner, dass ein räumlich eng begrenzter Paddock (ca. 250 qm) mit einem erhöhten Verletzungsrisiko nicht nur im Zuge von Auseinandersetzungen verbunden ist, sondern auch in Zusammenhang mit dem gewöhnlichen Auslaufverhalten von Pferden. Denn auf eng begrenztem Raum ist es den Tieren nur schwer möglich, bei rascher Bewegung nicht in den Interaktionsbereich eines anderen Pferdes zu gelangen und in jeder Situation mehr oder weniger verletzungsträchtige Körperkontakte zu vermeiden. Eine Inanspruchnahme der Halter der übrigen zur Gruppe gehörenden Pferde wegen einer Verletzung des eigenen Pferdes, die auf kaum vermeidbaren Interaktionen und Auseinandersetzungen der Tiere oder auf einem als artgerecht grundsätzlich gewünschten Auslaufverhalten der Tiere beruht, setzt sich insbesondere dann mit der eigenen Entscheidung für eine Haltung des Pferdes in einer Gruppe von Tieren in Widerspruch, wenn die Haltung – wie hier in einer mit Rücksicht auf die Anzahl der zur Gruppe gehörenden Tiere räumlich eng begrenzten Anlage geschieht.
32Dass die Haltung in der Gruppe für ca. 1 ½ Jahre nicht zu gravierenden Verletzungen der beteiligten Tiere geführt hat, vermag hieran nichts zu ändern, sondern zeigt lediglich, dass sich die mit einer Gruppenhaltung auf eng begrenztem Raum untrennbar verbundenen Risiken jederzeit und auch bei grundsätzlich friedfertigen, zueinander passenden Pferden verwirklichen können.
33cc) Zum einen liegt den vorstehenden Erwägungen die zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde. Zum anderen weichen die Erwägungen des Senats insofern nicht von der Entscheidung des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Juni 1992 (3 U 185/91 -, juris Rn. 20 f.) ab, als der Senat, wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt, auf die besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles abgestellt hat, nämlich insbesondere auf die hier gewählte Haltungsform und auf den dafür zur Verfügung stehenden Raum.
342. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen der Beschlusszurückweisung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats Bezug genommen.
353. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
36Streitwert für das Berufungsverfahren: 8.128,12 EUR.