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Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Brühl vom 17.08.2011 – 35 F 161/11 –abgeändert und den Antragstellerinnen insgesamt ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin C. in F. bewilligt.
G r ü n d e :
2Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechend zulässige – insbesondere frist- und formgerecht eingelegte – befristete Beschwerde der Antragstellerinnen hat auch in der Sache Erfolg. Die Antragstellerinnen haben ausreichend glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner ihnen Kindesunterhalt nach der dritten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entsprechend ihrer jeweiligen Altersstufe schuldet.
3Welcher Einkommensgruppe der Antragsgegner zuzuordnen ist, hängt davon ab, nach welcher Steuerklasse er zu versteuern ist. Grundsätzlich ist der Antragsgegner aus unterhaltsrechtlicher Sicht gehalten, die ihm günstigste Steuerklasse zu wählen. Die Kinder leiten ihren Unterhaltsbedarf, soweit sie minderjährig oder priviligiert unterhaltsberechtigt sind von der Lebensstellung ihrer Eltern ab. Die Lebensstellung ist grundsätzlich nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Eltern zu bemessen. Daher kann unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt werden, wenn der Unterhaltsverpflichtete ohne erkennbaren Grund sein Nettoeinkommen dadurch vermindert, dass er eine ihm ungünstige Steuerklasse wählt.
4Solches haben aber die Antragstellerinnen glaubhaft vorgetragen. Denn der Antragsgegner ist wieder verheiratet und hat somit grundsätzlich die Möglichkeit sich nach der Lohnsteuerklasse III versteuern zu lassen. Von daher sind die Antragstellerinnen ausreichend ihrer Darlegungs- und Beweislast nachgekommen, wonach sie ihren Bedarf darzulegen haben. Dagegen hat der Antragsgegner seine mangelnde bzw. mindere Leistungsfähigkeit darzulegen und zu beweisen. Hierzu gehört es auch, dass er substantiiert darlegt, dass er ein berechtigtes Interesse hat, weiter nach der ihm ungünstigeren Steuerklasse versteuert zu werden. Vom Ansatz her zutreffend geht das Familiengericht davon aus, dass ein Grund durchaus unter familiären Gesichtspunkten dann vorliegen kann, wenn die Ehefrau ebenfalls verdient und daher es zweckmäßig und wirtschaftlich ist, wenn man eine Steuerklasse wählt, wonach beide Ehepartner gleich versteuert werden. Das wäre vorliegend die Steuerklasse IV für beide Ehegatten. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Ehegatten über Einkünfte verfügen, die die gewählte Steuerklasse wirtschaftlich sinnvoll erscheinen lassen. Um dies überprüfen zu können, ist es erforderlich, dass die Einkommensverhältnisse der Ehegatten offen gelegt werden. Verdient nämlich die Ehefrau nur geringfügig hinzu, so wäre es wirtschaftlich unvernünftig, den Haupternährer der Familie nach der höheren Steuerklasse die Steuern zahlen zu lassen. Da der Antragsgegner hierzu nichts vorgetragen hat, kann auch nicht festgestellt werden, ob vernünftige Gründe für die Wahl der Steuerklasse bestehen. Im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren ist daher von der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners auszugehen. Der Antragsgegner hat Gelegenheit im Verlaufe des Verfahrens zur Hauptsache weitere Erklärungen abzugeben. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ist aber der geltend gemachte Unterhaltsanspruch schlüssig dargetan.
5Dementsprechend war den Antragstellerinnen in vollem Umfang Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
6Im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO ist eine Kostenentscheidung entbehrlich.