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Der Nebenkläger hat zur Durchsetzung einer titulierten Schmerzensgeldforderung keinen Anspruch auf Auszahlung einer vom Angeklagten geleisteten Kaution, die gem. § 124 Abs. 1 StPO der Staatskasse verfallen ist.
Die Beschwerde wird auf Kosten des Nebenklägers verworfen.
Gründe:
2I.
3Gegen den Angeklagten besteht ein - vom Landgericht Aachen am 10.06.2009 neugefasster - Haftbefehl wegen des Verdachts des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Der am 19.03.2009 in Untersuchungshaft genommene Angeklagte soll am 12.03.2009 in B. dem Nebenkläger in Tötungsabsicht mit einer Machete einen Hieb gegen den Schädel versetzt und ihn dabei lebensgefährlich verletzt haben. Der Haftbefehl wurde mit Beschluss vom selben Tage gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 € außer Vollzug gesetzt und der Angeklagte aus der Untersuchungshaft entlassen. Mit weiterem Beschluss vom 21.07.2010 wurde die Meldeauflage aus dem Verschonungsbeschluss vom 20.06.2009 reduziert. Mit Urteil vom 05.03.2010 verhängte die 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Aachen gegen den Angeklagten eine Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung von vier Jahren und erhielt den Haftbefehl nebst den Verschonungsbeschlüssen aufrecht. Dieses Urteil wurde auf Revision des Nebenklägers durch den BGH am 15.12.2010 aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer zurückverwiesen. Zu dem von der nunmehr zuständigen 2. Schwurgerichtskammer auf den 20.06.2011 bestimmten Termin zur Hauptverhandlung erschien der Angeklagte – der sich in der U. aufhalten soll – nicht. Das Schwurgericht setzte daraufhin den Haftbefehl vom 10.06.2009 mit Beschluss vom 20.06.2011 unter Aufhebung der Verschonungsbeschlüsse wieder in Kraft.
4Mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 12.07.2011 beantragte der Nebenkläger unter Vorlage eines Versäumnisurteils der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 19.08.2010 – 9 O 243/10 –, mit dem ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 € zugesprochen worden ist, die vom Angeklagten hinterlegte Kaution in Höhe von 5.000 € an ihn auszuzahlen. Diesen Antrag wies das Schwurgericht mit Beschluss vom 01.08.2011 zurück, da die Sicherheit mit der Flucht des Angeklagten zu Gunsten des Fiskus verfallen sei. Gegen diese Entscheidung hat der Nebenkläger mit Anwaltsschriftsatz vom 12.08.2011 Beschwerde eingelegt und zu deren Begründung ausgeführt, eine Entscheidung über den Verfall der Sicherheit sei bisher nicht ergangen; außerdem bestehe ein Anspruch auf die Sicherheit nach § 839 BGB, weil das Landgericht an der Flucht des Angeklagten ein Verschulden treffe. Das Landgericht hat mit Beschlüssen vom 15.08.2011 der Beschwerde nicht abgeholfen und den Verfall der Sicherheit festgestellt.
5II.
6Das Rechtsmittel ist – da es sich nicht um den Fall der sofortigen Beschwerde gegen die Verfallsentscheidung gem. § 124 Abs. 2 Satz 2 StPO handelt, die dem Nebenkläger ohnehin nicht zusteht, vgl. Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 124 Randn. 39 – als einfache Beschwerde anzusehen, die gem. § 304 Abs. 1 StPO zulässig, aber nicht begründet ist.
7Der Entscheidung des Landgerichts, dass dem Nebenkläger ein Anspruch gegen die Staatskasse auf Zahlung der Sicherheit wegen des – mit Beschluss vom 15.08.2011 nunmehr festgestellten – Verfalls der Sicherheit nicht zustehe, ist nur im Ergebnis zu folgen. Für den geltend gemachten Anspruch besteht nämlich schon keine Rechtsgrundlage, so dass es auf den Verfall der Sicherheit nicht ankommt. Der nach dem zum 01.12.2010 in Kraft getretenen Hinterlegungsgesetz geltend zu machende Herausgabeanspruch gegen die Hinterlegungsstelle steht nur dem Hinterleger zu und setzt im übrigen das Freiwerden der Sicherheit voraus (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 124 Randn. 5). Der Nebenkläger kann lediglich – wie jeder andere Gläubiger, der über einen Vollstreckungstitel verfügt – die zukünftige Rückzahlungsforderung nach den Bestimmungen der §§ 828 ff ZPO pfänden und einziehen, dies jedoch nur, solange sie dem Angeklagten als Schuldner noch zusteht (vgl. dazu BGHZ 95, 109 <115>; Meyer-Goßner, a.a.O., § 111 d Randn. 12a). Für die Forderungspfändung wären dann nicht die Strafgerichte, sondern ist nach § 828 ZPO das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zuständig.
8Einen Amtshaftungsanspruch gem. § 839 BGB, dessen der Nebenkläger sich berühmt, muss er im Wege der Klage geltend machen, für die gem. § 71 Abs. 1 Nr. 2 GVG die sachliche Zuständigkeit der Zivilkammer des Landgerichts gegeben ist.
9Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.