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Die Berufung der Beklagten gegen das am 04.09.2009 verkündete Teilurteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 89 O 1/09 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e:
2I.
3Die Parteien schlossen unter dem 01.07.2003 mit Wirkung ab dem 04.04.2003 einen schriftlichen Handelsvertreter-Vertrag (Anlage K1, Anlagenmappe). Auf Grund dieses Vertrages vertrieb der Kläger für die Beklagte Sonnenbrillen der Kollektionen H B, F B und N N.
4Der Vertrag enthält unter anderem die folgenden Klauseln:
5§ 7 Abs. 6
6"Die Ansprüche auf Provisionen nach Abs. 1 und 2 und auf Provisionsvorschuss nach Abs. 5 werden in dem Zeitpunkt fällig, in dem gemäß § 11 Abs. 1 spätestens über sie abzurechnen ist."
7§ 11 Abs. 1
8"Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich, und zwar spätestens bis zum Ende des der unbedingten Entstehung des Provisionsanspruches folgenden Kalendermonats, abzurechnen. (...)"
9§ 14 Abs. 3 "Der Handelsvertreter ist verpflichtet, jede Konkurrenztätigkeit insbesondere jedwede Vertriebstätigkeit für Unternehmen zu unterlassen, die gleiche oder gleichartige Artikel zum Verkauf anbieten, gleichgültig, ob diese Tätigkeit in einem Anstellungsverhältnis oder selbständig als Handelsvertreter, Kommissionär oder Vertragshändler ausgeübt wird. Der Handelsvertreter darf sich während des Vertragsverhältnisses auch nicht an einem solchen Unternehmen direkt oder indirekt beteiligen oder es auf andere Weise fördern." § 15 Abs. 1 "Alle Ansprüche aus diesem Vertrag verjähren in zwei Jahren nach Fälligkeit, spätestens gerechnet von der Erlangung der Kenntnis des Berechtigten von den Umständen, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigt bzw. von dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf Grund einer zwingenden gesetzlichen Ausschlussfrist hätte geltend gemacht werden müssen. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass die Verjährungsfrist abgekürzt wird, um eventuelle Unstimmigkeiten zügig zu regeln."
10Mit Schreiben vom 21.12.2007 kündigte die Beklagte den Handelsvertreter-Vertrag insgesamt fristlos, unter Nennung verschiedener Gründe: Der Kläger habe seine Tätigkeit für die Firma E, die Reinigungsprodukte vertreibt, nicht eingestellt. Zudem betreibe er ein eigenes Gewerbe. Weiter habe der Kläger Eigengeschäfte mit Musterkollektionen betrieben. Schließlich habe er unzulässige Kommissionsgeschäfte getätigt. Der Kläger widersprach der fristlosen Kündigung und erklärte unter dem 28.12.2007 seinerseits die fristlose Kündigung.
11Außergerichtlich machte der Kläger mit Schreiben vom 07.08.2008 bei der Beklagten unter Fristsetzung bis zum 01.09.2008 restliche Provisionen (nach Buchauszug) in einer Größenordnung von etwa 40.000 €, Schadensersatz in Höhe von 15.900 € und einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 82.288,29 € geltend. Die Beklagte wies die Ansprüche zurück und verlangte ihrerseits Schadensersatz in Höhe von 255.256,44 € wegen einer nicht zurückgegebenen Musterkollektion. Hinsichtlich des Herausgabeverlangens berief der Kläger sich auf ein Zurückbehaltungsrecht.
12Mit Schreiben vom 10.11.2008 übersandte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten eine als Buchauszug bezeichnete Aufstellung.
13Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das Vertragsverhältnis sei durch den Zugang der eigenen fristlosen Kündigung vom 28.12.2007 bei der Beklagten am 04.01.2008 zu diesem Zeitpunkt wirksam beendet worden. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 21.12.2007 sei mangels wichtigen Grundes und korrekter Abmahnung unwirksam.
14Der Kläger hat ferner die Ansicht vertreten, dass die ihm überreichte Aufstellung den Anforderungen an einen Buchauszug nicht genüge.
15Weiter hat der Kläger die Ansicht vertreten, ihm stehe auf Grund der von der Beklagten veranlassten eigenen fristlosen Kündigung ein Schadensersatzanspruch in Höhe der zu erwartenden Provisionen bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (31.03.2008) zu, den er unter Berücksichtigung von 10% ersparter Aufwendungen mit 5.300,00 € pro Monat, mithin 15.900,00 € beziffert hat.
16Schließlich hat der Kläger die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Ausgleichsanspruch zu, den er im Einzelnen berechnet und auf Grund der Kappungsgrenze mit 82.288,29 € ermittelt hat.
17Der Kläger hat hinsichtlich des Inhalts des Buchauszuges zunächst beantragt, dass dieser auch Angaben zur Höhe und zum Datum der Zahlungseingänge enthalten müsse. Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2009 erklärt hat, dass sie gegenüber dem Kläger auf Rückforderungsansprüche wegen gezahlter Provisionen aus dem Grund, dass der Kunde nicht gezahlt hat, für die Vergangenheit verzichte, hat der Kläger die Klage insoweit mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.
18Nach Teilrücknahme der Klage hinsichtlich des begehrten Buchauszuges hat der Kläger zuletzt beantragt,
19die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Buchauszug über sämtliche Verkaufsgeschäfte, die zwischen der Beklagten und den Kunden in den Postleitzahlengebieten 18, 25, 27356 bis einschließlich 27386, 27400 bis einschließlich 27499, 27586 bis einschließlich 27580, 27600 bis einschließlich 27699, 27711 bis einschließlich 27729, 28 und 29 mit dem Verkauf der Kollektion H B in dem Zeitraum 01.01.2005 bis 30.04.2005 und mit dem Verkauf der Kollektionen H B, F B, N N im Zeitraum vom 01.05.2005 bis zum 04.01.2008 zustande gekommen sind, zu erteilen, wobei der Buchauszug Auskunft über die folgenden Punkte zu geben hat:
20- Auftragsdatum und Auftragsnummer;
21- Auftragsumfang mit Angabe der Warenart und Warenmenge (ggf. mit Artikelnummer), Stückpreise und Auftragswert;
22- Datum, Nummer und Umfang der Auftragsbestätigung mit Angabe der Warenart und Warenmenge (ggf. mit Artikelnummer);
23- Datum und Umfang der Lieferung bzw. Teillieferungen;
24- Rechnungsdatum, Rechnungsnummer und Rechnungsbetrag;
25- Kunden mit genauer Anschrift (evtl. Kundennummer);
26- Stadium der Ausführung der Geschäfte;
27- Annullierungen, Nichtauslieferungen und Stornierungen nebst Angabe von Gründen;
28- Retouren nebst Angaben von Gründen.
29die Beklagte zu verurteilen, einen sich aus dem Buchauszug ergebenden noch zu beziffernden Restprovisionsbetrag nebst Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils ab Verzugszeitpunkt an ihn zu zahlen sowie
30die Beklagte zu verurteilen, an ihn 98.188,29 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.09.2008 zu zahlen.
31Die Beklagte hat beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, soweit ein Anspruch auf Erteilung des Buchauszuges bestanden habe, sei dieser erfüllt worden.
34Im Übrigen hat die Beklagte bezüglich der begehrten Erteilung des Buchauszuges die Einrede der Verjährung erhoben und sich insoweit auf die Regelung in § 15 des Handelsvertretervertrages gestützt, worin eine Verkürzung der Verjährung auf 2 Jahre vorgesehen ist.
35Weiter hat die Beklagte die Ansicht vertreten, wegen der wirksamen eigenen fristlosen Kündigung bestehe weder ein Anspruch auf Schadensersatz noch ein Ausgleichsanspruch des Klägers.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des erstinstanzlichen Vorbringens des Parteien wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Köln vom 04.09.2009 sowie auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
37Das Landgericht hat die Beklagte mit Teilurteil vom 04.09.2009 verurteilt, einen Buchauszug hinsichtlich der näher aufgeführten Punkte zu erteilen sowie an den Kläger 98.188,29 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.09.2008 zu zahlen. Wegen des weitergehenden Antrages auf Erteilung des Buchauszuges (Datum, Nummer und Umfang der Auftragsbestätigung mit Angabe der Warenart und Warenmenge, gegebenenfalls Artikelnummer) sowie des weitergehenden Zinsanspruchs hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges auf Grund des Handelsvertretervertrages in Verbindung mit § 87c Abs. 2 HGB zu. Dieser sei nicht durch Erfüllung erloschen. Die dem Kläger überlassenen Unterlagen, insbesondere die Auftrags- und Retourenliste für den Zeitraum vom 01.11.2006 bis zum 31.12.2007, stellten keinen ordnungsgemäßen Buchauszug dar. Auch habe die Beklagte entgegen ihrer Zusicherung in der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2009 keine Ergänzung vorgelegt. Der Anspruch sei auch für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2006 nicht verjährt. Die gesetzliche Verjährungsfrist nach § 195 BGB sei für im Jahr 2005 vermittelte Geschäfte mit dem 31.12.2008 abgelaufen. Da die Klageschrift vom 22.12.2008 am 30.12.2008 bei Gericht eingegangen und der Beklagten demnächst, nämlich am 22.01.2009 zugestellt worden sei, sei die Verjährung rechtzeitig gemäß § 204 BGB, § 167 ZPO gehemmt worden. Auch sei die Verjährungsfrist nicht wirksam verkürzt worden. § 15 Abs. 1 des Vertrages sei nach § 307 BGB unwirksam. Denn die gewählte Formulierung sei nicht ausreichend klar, da nach dem Wortlaut der Klausel die Verjährung bereits vor dem Ablauf von 2 Jahren seit Fälligkeit eintreten könne, wenn die Kenntnis von den Umständen, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigen, vor Eintritt der Fälligkeit liege.
38Dem Kläger stehe ferner ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 15.900,00 € nach § 89a Abs. 2 HGB zu. Die fristlose Kündigung des Klägers sei wirksam. Wichtiger Grund sei die unwirksame fristlose Kündigung der Beklagten. Ein wichtiger Grund auf Seiten der Beklagten habe nicht vorgelegen.
39Schließlich bestehe ein Anspruch auf Handelsvertreterausgleich in Höhe von 82.288,29 € brutto aus § 89b HGB. Dieser sei nicht nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB ausgeschlossen, da ein wichtiger Grund, der eine Kündigung der Beklagten rechtfertigte, nicht vorlag. Auch hindere die durch den Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung den Ausgleichsanspruch nicht, da die Beklagte durch die unberechtigte fristlose Kündigung Anlass zur Kündigung gegeben habe.
40Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
41Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Zur Begründung ihrer Berufung führt die Beklagte aus: Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, die Verjährungsklausel des § 15 Abs. 1 des Handelsvertretervertrages sei wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB unwirksam. Das Landgericht habe die Klausel sinnentstellend ausgelegt. Insbesondere sei auf Grund der unstreitigen Liefer- und Abrechnungspraxis keine Fallgestaltung denkbar, in der die Kenntnis eines Anspruchs der Fälligkeit (mehr als zwei Jahre) vorausgehen könne. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass die Beklagte keine Abzüge oder Rückbelastungen vornehme, wenn ein Kunde seine Rechnung nicht zahle. Dies sei im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.07.2009 rechtsverbindlich erklärt worden. Zwischen den Parteien sei daher abweichend vom Vertrag vereinbart worden, dass Provisionen im Monat der Auslieferung der Ware unbedingt entstünden, so dass Kenntnis und Fälligkeit immer zusammenfielen. Dies habe das Landgericht bei der Prüfung der Klausel unberücksichtigt gelassen. Die Beklagte ist ferner der Ansicht, ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht, da ihre fristlose Kündigung wirksam gewesen sei. In diesem Zusammenhang wiederholt sie ihren erstinstanzlichen Vortrag zu den Kündigungsgründen.
42Die Tätigkeit des Klägers für die … GmbH habe ihren Geschäftsbereich berührt. Sie sei da-her zu Recht untersagt worden. Das Landgericht habe den Vortrag der Beklagten zur weiteren dahingehenden Tätigkeit des Klägers zu Unrecht als unsubstantiiert bewertet. Eine werbende Tätigkeit des Klägers stelle unabhängig von einem konkreten Vorfall eine Vertragsverletzung dar. Es sei zu befürchten gewesen, dass der Kläger die Geschäftskontakte zu Augenoptikern für eigene Zwecke missbrauche. Das Landgericht habe dem weiteren Beweisangebot durch Vernehmung des Zeugen A nachgehen müssen.
43Ebenso stelle die Tätigkeit des Klägers für die Firma E einen Missbrauch der Geschäftskontakte dar. Der Kläger habe die Tätigkeit jedenfalls anzeigen müssen. Er habe seine Tätigkeit verheimlicht, wodurch eine weitere Zusammenarbeit wegen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses unzumutbar geworden sei.
44Die Kundenbeschwerden könnten trotz des Zeitablaufs unter Würdigung der bis zum 18.12.2008 bekannt gewordenen Umstände - Tätigkeit für andere Firmen - mit zur Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung beitragen.
45Das Landgericht habe zudem den Umstand, dass die Ehefrau des Klägers Brillen-Modelle der Beklagten verkauft habe, die zuvor dem Kläger abhanden gekommen waren, nicht zu-treffend gewürdigt. Der Kläger habe nicht in ausreichendem Maß nachgewiesen, dass seine Ehefrau die Brillen rechtmäßig erworben habe. Soweit das Landgericht sich auf den nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 31.07.2009 und die darin bezeichnete Rechnung vom 25.01.2007 bezieht, habe es der Beklagten keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang vorgelegte Rechnung sei unergiebig. Einen Erwerb der Sonnenbrillen durch die Ehefrau des Klägers von der Firma Brillen C bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen. Die Ehefrau sei keine Kundin der Beklagten, so dass ein Erwerb auf diesem Wege ausgeschlossen sei. Selbst wenn man annähme, dass die einzelnen Fälle jeweils keinen Grund zur fristlosen Kündigung darstellten, ergebe jedoch die Würdigung der Gesamtumstände, dass ihr eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger unzumutbar sei.
46Aus vorgenannten Gründen bestehe auch kein Ausgleichsanspruch. Ein solcher sei zudem aus Billigkeitsgründen nicht gerechtfertigt und auf null zu kürzen. Wie schon erstinstanzlich vorgetragen, sei der Kundenstamm der Beklagten durch das Verhalten des Klägers erheblich beeinträchtigt. Die Beklagte habe also keine Vorteile mehr. Der Kläger habe weiterhin fortwährend unerlaubte Zusagen getroffen und dadurch den eigenen Umsatz erhöht. Zudem habe der Kläger sich durch seine Nebentätigkeiten eine neue wirtschaftliche Grundlage geschaffen, so dass der Kompensationsgedanke des Ausgleichsanspruchs nicht greife.
47Die Beklagte beantragt,
48das Urteil des Landgerichts Köln vom 04.09.2009 (Aktenzeichen: 89 O 1/09) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
49Der Kläger beantragt,
50die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
51Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Das Landgericht habe die Verjährungsklausel des § 15 Abs. 1 des Handelsvertretervertrages zu Recht für unwirksam gehalten. Die Beklagte berücksichtige nicht, dass der Kläger auch Provisionsansprüche aus nicht selbst vermittelten Geschäften beanspruchen könne. Daher liege nicht immer Kenntnis vor. Zudem habe die Beklagte einen Informationsvorsprung hinsichtlich Nichtauslieferungsstornierungen und Retouren, die gegebenenfalls auch provisionsrelevant sein könnten (§ 87 Abs. 3 HGB). Auch habe der Kläger keine Abschlussvollmacht gehabt, so dass ihm der tatsächliche Umfang der letztlich getätigten Geschäfte zunächst unbekannt sei. Schließlich komme die Rückforderung von Provisionsvorschüssen in Betracht. Die Verjährungsklausel sei auch aus dem Grunde unwirksam, weil sie nicht auf Kenntniserlangung abstelle ("spätestens"), ferner beziehe sie sich auch auf Ansprüche, die aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung resultieren und lasse schließlich den Verjährungsbeginn nicht erkennen.
52Das Landgericht sei weiter zutreffend von der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung der Beklagten vom 21.12.2007 ausgegangen. Die vom Kläger geplante Tätigkeit für die ... GmbH habe schon keine Konkurrenztätigkeit dargestellt. Zudem habe der Kläger das Konzept bei der Beklagten angezeigt und nach deren Ablehnung die Tätigkeit aufgegeben. Soweit die Beklagte sich auf den Zeugen A bezogen habe, habe sie eine spätere Tätigkeit des Klägers schon nicht vorgetragen. Hinsichtlich des behaupteten Diebstahls von Musterware verkenne die Beklagte die Beweislastverteilung. Es sei nicht Aufgabe des Klägers, seine Unschuld zu beweisen. Die Tätigkeit für die Firma E stelle keine Konkurrenztätigkeit dar. Eine Anzeigepflicht sehe der Vertrag nicht vor. Die Vorwürfe hinsichtlich einer unzureichenden Betreuungstätigkeit seien inhaltlich unzutreffend. Die Kündigungserklärung sei zu spät erfolgt. Zudem habe es an einer Abmahnung gefehlt. Der Handelsvertreterausgleichsanspruch sei nicht aus Billigkeitsgründen zu reduzieren. Insoweit fehle es schon an substantiiertem Vortrag. Ein negativer Einfluss der Nebentätigkeit auf die Haupttätigkeit sei nicht dargelegt. Ein Billigkeitsabzug könne zudem nur von der Rohverlustberechnung vorgenommen werden. Da diese unstreitig mit 160.827,59 € mehr als 100 % über der Kappungsgrenze liege, wäre ein Billigkeitsabzug bis zu 50 % ohne Wirkung.
53II.
54Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
551.
56Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 04.01.2008 aus § 87c Abs. 2 HGB zu.
57a)
58Soweit die Beklagte erstinstanzlich im Hinblick auf an den Kläger übersandte Dokumente die Einwendung der Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) geltend gemacht hat, hält sie hieran in der Berufungsinstanz nicht mehr fest.
59b)
60Das Landgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2006 nicht verjährt ist.
61Die Parteien haben die Verjährungsfrist nicht wirksam verkürzt. Das Landgericht hat zu-treffend angenommen, dass ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges für den zuvor genannten Zeitraum unbeschadet der in § 15 Abs. 1 des Handelsvertreter-Vertrages vor-gesehenen Verjährungsfrist von zwei Jahren durchsetzbar ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der in § 87c Abs. 2 HGB vorgesehene Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs einen solchen "aus diesem Vertrag" im Sinne des § 15 Abs. 1 oder nur ein Hilfsrecht zu dem (von § 15 Abs. 1 jedenfalls erfassten) vertraglichen Provisionsanspruch darstellt, mit dessen Verjährung er gegenstandslos würde (vgl. Emde in Staub, HGB, 5. Auflage, § 87c Rn. 128; Schröder in Schlegelberger, HGB, 5. Auflage, § 87c Rn. 11b).
62aa)
63Die Klausel ist nach § 307 Abs. 1 BGB unter Berücksichtigung der Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs (§ 310 Abs. 1 S. 2 BGB) unwirksam. Unstreitig handelt es sich hierbei um eine von der Beklagten gestellte Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. § 15 Abs. 1 des Handelsvertreter-Vertrags ist unverständlich und stellt eine unangemessene Benachteiligung des Handelsvertreters dar. Nach dem Wortlaut der Klausel - insbesondere durch die Formulierung "...spätestens gerechnet von Erlangung der Kenntnis des Berechtigten von den Umständen, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigt..." - ist unklar, ob zur Fälligkeit Kenntnis hinzukommen muss, so dass der Anspruch frühestens zwei Jahre nach Fälligkeit verjähren kann, oder ob frühere Kenntnis die Verjährung vor Fälligkeit in Gang setzt.
64Letztere Auslegungsalternative führte aus Sicht des Handelsvertreters dazu, dass etwa bei frühzeitiger Kenntnis der Entstehung des Anspruchs auf Provisionsvorschuss dieser vor Fälligkeit verjähren kann. § 7 Abs. 5 des Vertrags regelt, dass der Anspruch auf Vorschuss entsteht, sobald die Beklagte das provisionspflichtige Geschäft ausführt, d.h. die Ware an den Kunden geliefert hat. Hinsichtlich der Fälligkeit des Anspruchs verweist § 7 Abs. 6 des Handelsvertretervertrages auf den Zeitpunkt, in dem gemäß § 11 Abs. 1 des Handelsvertretervertrages spätestens über ihn abzurechnen ist. Dies ist zum Ende des der unbedingten Entstehung des Provisionsanspruches folgenden Kalendermonats. Legt man die Regelung, die ausdrücklich nur den unbedingten Provisionsanspruch betrifft, dahingehend aus, dass sie auch für den Provisionsvorschussanspruch gilt, kann dieser zeitgleich mit dem unbedingten Provisionsanspruch fällig werden. Unabhängig davon, wie sich die zwingende Vorschrift des § 87a Abs. 1 S. 2 HGB (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., Rn. 9) hierauf auswirkt, ist es jedenfalls aus Sicht des Klausel-Adressaten denkbar, dass dieser bereits Kenntnis von der Auslieferung der bestellten Ware - und damit von der Entstehung seines Provisionsvorschussanspruchs (§ 7 Abs. 5 des Handelsvertretervertrages) - hat, bevor der Kunde den Kaufpreis begleicht und der Vorschussanspruch fällig wird (§§ 7 Abs. 6; 11 Abs. 1 des Handelsvertretervertrages). In einem solchen Fall ist es denkbar, dass der Provisionsvorschussanspruch des Handelsvertreters gemäß § 15 Abs. 1 des Handelsvertretervertrages verjährt, bevor er überhaupt fällig geworden wäre. Eine solche Regelung verstößt gegen § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, der für den Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs verlangt (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 69. Auflage, § 99 Rn. 3) und als vom Gesetzgeber sorgfältig abgewogene Verjährungsregelung bei der Inhaltskontrolle Leitbildfunktion im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB hat (vgl. OLG München NJW 2007, 227, 229).
65Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der vertraglich geregelte Provisionsvorschussanspruch sei tatsächlich hinfällig gewesen, weil die Provisionen zeitnah nach der Auslieferung der Ware an die Kunden endgültig abgerechnet und ausgezahlt worden seien. Bei der Inhaltskontrolle einer AGB-Klausel kommt es nicht darauf an, ob die Bestimmung im konkreten Einzelfall, also im Verhältnis der konkreten Parteien, angemessen ist. Vielmehr ist in einer überindividuell-generalisierenden, von den konkreten Umständen des Einzelfalls absehenden Betrachtungsweise zu prüfen, ob die Regelung generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise den Vertragspartner unangemessen benachteiligt (BGH NJW 2002, 1713, 1715; 2000, 2106, 2107). Der Prüfung der Angemessenheit einer AGB-Klausel ist deshalb ihr vertraglich geregelter Inhalt und nicht ihre tatsächliche Handhabung im Einzelfall zu Grunde zu legen. Eine unangemessene AGB-Klausel kann folglich nicht deswegen aufrecht erhalten werden, weil der Verwender nicht in vollem Umfang von der Klausel Gebrauch macht (Kieninger in Münchener Kommentar, BGB, 5. Auflage, § 307 Rn. 35).
66Auch soweit die Beklagte geltend macht, das Landgericht habe bei der Auslegung berück-sichtigen müssen, dass zwischen den Parteien abweichend vom Formularvertrag konkludent vereinbart worden sei, dass Provisionen im Monat der Auslieferung unbedingt entstehen, somit Kenntnis und Fälligkeit immer zusammen fallen, ist dem nicht zu folgen. Dagegen spricht zum einen die in § 17 Abs. 3 des Handelsvertretervertrages vereinbarte Schriftform. Zudem haben die Parteien erst in der mündlichen Verhandlung vom 14.07.2009 erklärt, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger auf eventuelle Rückforderungsansprüche bezüglich gezahlter Provisionen aus dem Grund, dass der entsprechende Kunde nicht gezahlt hat, verzichte.
67Geht man mit der anderen möglichen Auslegungsvariante des § 15 Abs. 1 des Handelsvertretervertrages davon aus, dass für den Beginn der Verjährung die Fälligkeit des Anspruchs maßgeblich ist, ohne dass der Handelsvertreter zu diesem Zeitpunkt bereits (nur den spätesten Zeitpunkt des Verjährungsbeginn markierende) Kenntnis von der Entstehung des Anspruchs haben muss, kann ein fälliger Provisionsanspruch kenntnisunabhängig verjähren. Der unbedingte Provisionsanspruch (§ 7 Abs. 1, 2 des Handelsvertretervertrages) wird nach den §§ 7 Abs. 4, 6; 11 Abs. 1 des Handelsvertretervertrages (in Übereinstimmung mit §§ 87a Abs. 1, 4; 87c Abs. 1 HGB) mit dem Zeitpunkt der Abrechnungsreife - der nicht mit demjenigen der tatsächlichen Abrechnung übereinstimmen muss - und damit spätestens am Ende des Folgemonats, nachdem der Kunde den Kaufpreis gezahlt hat, fällig. Eine Kenntnis des Handelsvertreters von der Kaufpreiszahlung ist allerdings nicht gesichert. Demnach erscheint es jedenfalls möglich, dass der Handelsvertreter von einzelnen Provisionsansprüchen erst nach Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist erfährt, sie somit nicht mehr erfolgreich geltend machen kann. Die Klausel ist somit wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Handelsvertreters i.S.d. § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam (BGH NJW 1996, 2097, 2099; BGH NJW-RR 1991, 35, 37). Auch in diesem Zusammenhang ist - wie aufgezeigt - eine möglicherweise abweichende Abrechnungspraxis im Einzelfall nicht zu berücksichtigen.
68Die vorstehenden Erwägungen gelten gleichermaßen für den in § 7 Abs. 5 des Handelsvertretervertrages vorgesehenen Provisionsvorschussanspruch. Auch insoweit ist es nicht gesichert, dass der Handelsvertreter von der Zahlung des Kaufpreises durch den Kunden, welche nach den §§ 7 Abs. 6; 11 Abs. 1 des Handelsvertretervertrages die Fälligkeit des Provisionsvorschussanspruchs ausgelöst, zeitnah Kenntnis erlangt. Insofern tritt verschärfend hinzu, dass der - für den Verjährungsbeginn maßgebliche - Zeitpunkt der Fälligkeit des Provisionsvorschussanspruchs an Hand der unklaren Regelungen in den §§ 7 Abs. 6; 11 Abs. 1 des Vertrags nicht eindeutig zu ermitteln ist. Ist aber nicht sichergestellt, dass der Verjährungsbeginn für den Anspruchsinhaber ohne Weiteres erkennbar ist, so stellt auch dies eine unangemessene Benachteiligung des Gläubigers bei der Geltendmachung seiner Ansprüche dar (OLG München NJW-RR 1996, 991, 992).
69bb)
70Auf Bedenken stößt zudem, dass der zweijährigen Verjährungsfrist des § 15 des Handelsvertretervertrages alle vertraglichen Schadensersatzansprüche - somit auch solche aus vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schädigung - unterworfen sind. Die Verkürzung gesetzlich vorgesehener Verjährungsfristen gegenüber einem Verbraucher ist im Hinblick auf das Haftungsfreizeichnungsverbot des § 309 Nr. 7 b) BGB unwirksam, da der Anspruchsgegner nach Ablauf der verkürzten Frist für keinerlei schuldhafte Pflichtverletzung mehr haften muss (BGH NJW 2009, 1486, 1487; BGH NJW-RR 2008, 1129, 1134). Zwar ist das Haftungsfreizeichnungsverbot des § 309 Nr. 7 b) BGB gegenüber einem Unternehmer nicht unmittelbar anzuwenden. Auch im Verkehr zwischen Unternehmern darf der Vertragspartner aber darauf vertrauen, dass ihn der Klauselverwender nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig schädigt. Deshalb besteht grundsätzlich auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern ein Verbot der Freizeichnung von der Haftung für grobes Verschulden, da hierdurch der Vertragszweck gemäß § 307 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB gefährdet wird (BGH NJW 2007, 3774, 3775; Fuchs in Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, 10. Auflage, § 307 BGB Rn. 285). Da die Klausel des § 15 Abs. 1 des Handelsvertretervertrages schon nach § 307 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist (s.o.), bedarf es einer abschließenden Entscheidung, ob die Klausel zusätzlich nach § 307 Abs. 1, 2 BGB aus diesem Grund als unwirksam zu bewerten ist, nicht.
712.
72Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 15.900,00 € aus § 89a Abs. 2 HGB zusteht. Auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils wird insoweit Bezug genommen. Ein Grund zur fristlosen Kündigung auf Seiten der Beklagten ist auch nach dem Vorbringen in der Berufungsinstanz nicht erkennbar.
73a)
74Ein wichtiger Grund ist nicht in der Tätigkeit des Klägers für die ... GmbH zu sehen.
75Allerdings mag es sich hierbei um eine verbotene Konkurrenztätigkeit gehandelt haben. Eine Konkurrenzlage besteht in sachlicher Hinsicht zwischen den vom Handelsvertreter nach dem Vertrag zu vertreibenden Produkten des Unternehmers und denjenigen seiner Konkurrenten, wenn deren Aufgabe und Zweck aus Sicht der in Frage kommenden Abnehmer gleichermaßen erfüllt werden können und sie damit austauschbar sind. Identität, Gleichartigkeit oder auch nur Vergleichbarkeit der Waren nach Preis oder Qualität sowie ein Überschneiden der Produktpalette sind nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, ob aus Sicht der Kunden eine Konkurrenzlage besteht, weil diese bereit sein könnten, an Stelle der Waren des Unternehmers auf diejenigen des Konkurrenten zuzugreifen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.12.2005 - 16 U 45/05, zitiert in Vertriebsrecht 1/2007, S. 2). Folgt man dem Vortrag der Beklagten, wäre es aus Sicht der Augenoptiker nicht mehr notwendig, Brillenmodelle auf Vorrat über die Beklagte zu beziehen, wenn sich diese Modelle über die Software der ... GmbH virtuell an den interessierten Kunden darstellen lassen. Zwar müssten dann für den Verkauf noch Brillen bezogen werden. Es ist jedoch Geschäftsmodell der Beklagten, auch Brillen an Optiker zu verkaufen, die nicht zwingend an Endkunden gelangen. Es liegt eine Risikoverteilung zu Lasten der Augenoptiker vor, die bei Verwendung des Systems der ... GmbH umgekehrt würde. Somit lässt sich eine Konkurrenzsituation noch bejahen.
76Allerdings ist dieser Kündigungsgrund durch die - unstreitig erfolgte - Abmahnung verbraucht. Einen weiteren Verstoß hat der Kläger bestritten. Soweit die Beklagte nun darauf abstellt, das Landgericht hätte hierzu den durch sie benannten Zeugen A anhören müssen, ist dem nicht zu folgen. Dieser wurde als Beweismittel für die Behauptung angeboten, die Beklagte habe am 18.12.2007 erfahren, dass der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer der ... GmbH fortgeführt und Rechtsgeschäfte vorgenommen habe. Eine Vernehmung hat das Landgericht zu Recht als unzulässige Ausforschung abgelehnt. Die Beklagte hat nicht dargelegt, in welcher Form oder zu welchem Zeitpunkt der Kläger weiter für die ... GmbH tätig gewesen sein soll. Andere Anzeichen für eine Tätigkeit des Klägers - somit für den Wahrheitsgehalt der abstrakten Behauptung - bestehen nicht. Der Kläger hat seine Pläne von Anfang an nicht verheimlicht, sondern mit der Beklagten abzusprechen versucht. Für eine Ausforschung spricht weiter, dass es sich bei dem Zeugen A um die Person handeln soll, die die Geschäftsanteile des Klägers nach dessen Ausscheiden aus der ... GmbH übernommen hat, somit jedenfalls denkbar über einer Ausforschung zugängliche Informationen verfügen kann.
77Auch in ihrer Berufungsbegründung hat die Beklagte ihren Sachvortrag nicht weiter substantiiert, so dass für eine abweichende Bewertung kein Raum ist.
78b)
79Zutreffend ist das Landgericht weiter zu dem Ergebnis gekommen, dass die Tätigkeit des Klägers für die Firma E keinen Kündigungsgrund darstellt. Unstreitig handelt es sich nicht um eine Konkurrenztätigkeit. Die Produkte - Reinigungsmittel - sind nicht austauschbar. Eine generelle Informationspflicht bezüglich etwaiger Nebentätigkeiten lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten aus § 14 des Handelsvertretervertrages nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Dies kann letztlich auch dahinstehen, da sich aus den vorgelegten Dokumenten ergibt, dass die Tätigkeit des Klägers für E der Beklagten bekannt war. So hat die Beklagte - in anderem Zusammenhang - unter dem 15.02.2007 ein Schreiben an den Beklagten unmittelbar an E adressiert (Anlage K 30, Anlagenmappe). Alleine die von der Beklagten vorgetragene abstrakte Gefahr, dass die Firma E vom Vertrieb von Unkrautvernichter abweichend optische (Konkurrenz-) Produkte in ihr Sortiment aufnehmen könnte, und der Kläger dafür die gewonnenen Kontakte nutzt, kann aus objektiver Sicht eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nicht begründen.
80c)
81Das Landgericht geht weiter zutreffend davon aus, dass sich eine fristlose Kündigung nicht auf eine unzureichende Betreuungstätigkeit des Klägers stützen lässt. Auf die Entscheidungsgründe wird insoweit Bezug genommen. Für eine abweichende Entscheidung fehlt es an substantiiertem Sachvortrag in der Berufung.
82d)
83Eine fristlose Kündigung lässt sich auch nicht auf die Verkaufstätigkeit der Ehefrau des Klägers stützen. Das Landgericht ist in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass nicht erwiesen ist, ob die fraglichen Brillen tatsächlich aus der Kollektion der Beklagten (d.h. aus dem vom Kläger behaupteten Diebstahl) stammen. Es obliegt insoweit nicht dem Kläger, den von der Beklagten erhobenen Vorwurf der Unterschlagung auszuräumen. Vielmehr liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des hieraus hergeleiteten Kündigungsgrundes bei der Beklagten.
84Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine andere Sicht als jene des Landgerichts. Soweit die Beklagte das Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 31.07.2009 aufgreift und anführt, die damit vorgelegte Rechnung der Fa. Brillen C aus Salzgitter vom 25.01.2007 sei unsubstantiiert, stellt dies kein substantiiertes Vorbringen der Beklagten zum behaupteten Kündigungsgrund dar und vermag dieses auch nicht zu ersetzen. Auch damit ist nicht dargetan, dass die Brillen, die von der Ehefrau des Klägers weitergegeben worden sind, solche waren, die vom Kläger als gestohlen gemeldet worden waren und von diesem an seine Ehefrau weitergeben worden sein sollen. Ebenso wenig reicht hierfür das Bestreiten des Vortrags des Klägers, dass dessen Ehefrau 100 verschiedene Sonnenbrillen von der Firma Brillen C erworben habe, mit Nichtwissen. Gleiches gilt für den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten, dass die Fa. Brillen C kein Kunde bei ihr sei und zu keinem Zeitpunkt Einkäufe bei ihr getätigt habe, zumal dies nichts dafür hergibt, dass die Fa. Brillen C ihrerseits die Sonnenbrillen nicht anderweitig erworben und an die Ehefrau des Klägers weiterveräußert haben kann.
85Auch lassen die Umstände keine Verdachtskündigung zu. Eine Verdachtskündigung kann zwar auch beim Handelsvertreter-Vertrag ausnahmsweise Anwendung finden, wenn sichere Anhaltspunkte den dringenden Verdacht eines wichtigen Grundes rechtfertigen, der Kündigende alles Mögliche und Zumutbare zur Sachaufklärung unternommen hat, ein Abwarten bis zur endgültigen Klärung nicht möglich und zumutbar ist und vor Ausspruch der Kündigung eine Anhörung erfolgt ist (Emde, Vertriebsrecht, 5. Auflage, § 89a Rn. 23). Eine Verdachtskündigung liegt hier aber schon nach dem Wortlaut der Erklärung objektiv nicht vorl. Selbst wenn man aber die Kündigungserklärung dahingehend umdeuten könnte und zudem ausreichende Anhaltspunkte unterstellen würde, fehlt es vorliegend an jeglichen Aufklärungsversuchen. Auch eine Anhörung des Klägers zu den Vorwürfen vor Ausspruch der Kündigung ist nicht erfolgt. Eine nachträgliche Heilung ist nicht möglich. Insoweit kommt es auf den neuen Vortrag der Beklagten (Bl. 244 f. GA) zum Schriftsatz des Klägers vom 31.07.2009 nicht an. Und dem Landgericht oblag es dementsprechend nicht, dem Beklagten eine Stellungnahmemöglichkeit zum Schriftsatz des Klägers vom 31.07.2009 einzuräumen oder den "Sachverhalt weiter aufzuklären".
86e)
87Auch eine Gesamtschau sämtlicher Vorfälle rechtfertigt eine fristlose Kündigung nicht. Grundsätzlich können zwar mehrere Gründe erst gemeinsam für eine solche ausreichen (Sonnenschein/Weitemeyer in Heymann, HGB, 2. Aufl., § 89a Rn. 10; Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 89a Rn. 9 m.w.N.). Im vorliegenden Fall sind die aufgezählten Gründe aber nicht nachgewiesen, nicht vorhanden oder durch Abmahnung verbraucht. Übrig bleibt allenfalls ein behaupteter Vertrauensverlust. Dieser allein führt unter Berücksichtigung des Verhaltens der Beklagten nicht dazu, dass ein Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar gewesen wäre.
883.
89Zu Recht hat schließlich das Landgericht dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung des Handelsvertreterausgleichs in Höhe von 82.288,29 € brutto aus § 89b HGB zugesprochen. Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe wird insoweit Bezug genommen.
90Unbestritten geblieben und nicht zu beanstanden sind insoweit die Berechnungen des Rohausgleichsanspruchs durch den Kläger (allein 160.827,59 € brutto für die Kollektion H B) sowie die Berechnung der Kappungsgrenze nach § 89b Abs. 2 HGB auf 82.288,29 €. Gründe, die einen Billigkeitsabzug auf null rechtfertigen könnten, hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen. Soweit die Beklagte sich auch in diesem Zusammenhang auf die im Rahmen der Kündigung vorgebrachten Gründe beruft, rechtfertigen diese nach den vorstehenden Ausführungen einen Billigkeitsabzug nicht. Jedenfalls könnten diese Gesichtspunkte - selbst die Richtigkeit des Vortrags insgesamt unterstellt - keinesfalls dazu führen, dass ein vom Rohausgleich vorzunehmender Abzug sich in dem Maße auswirkte, dass der nach der Kappungsgrenze errechnete Betrag unterschritten würde.
914 .
92Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.
935.
94Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
95Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO.
96Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung.
97Streitwert für das Berufungsverfahren: 106.188,29 €