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Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 11.03.2009 (15 O 461/08) abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2I.
3Der Kläger – ein nach §§ 3,4 UKlaG klagebefugter Verein – verlangt von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, nach denen Kunden für "Erklärungen im Zusammenhang mit der Abwicklung von notariellen Treuhandaufträgen oder bei Ablösung durch Fremdinstitute mit Treuhandauftrag (= Umschuldung ohne Objektverkauf)" EUR 200,00 ab 05.09.2005 berechnet werden.
4Die Beklagte erhebt diese Gebühr für ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit einer sie sichernden Treuhandvereinbarung, die sie mit einem Fremdinstitut trifft, wenn ein Darlehensnehmer nach Ablauf der Zinsfestschreibungsperiode das grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen bei der Beklagten ablösen und für die weitere Finanzierung zu einer anderen Bank wechseln möchte, diese andere Bank die Auszahlung des Kredits (und damit die Ablösung bei der Beklagten) aber von der Bestellung einer erstrangigen grundbuchrechtlichen Sicherung – und damit von einem entsprechenden Verzicht der Beklagten - abhängig macht.
5Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, dass es sich bei der streitgegenständlichen AGB-Klausel um eine kontrollfähige Preisnebenabrede handele, weil ohne sie § 489 Abs. 4 S. 1 BGB gelten würde. Die Klausel verstoße gegen § 307 BGB i.V.m. § 308 Nr. 7 b BGB in entsprechender Anwendung, da in der Gebühr ein im Vorgriff auf die Kündigung geltend gemachtes Entgelt zu sehen sei, das wirtschaftlich die Kündigung erschwere. Es handele sich letztlich um den Ersatz von Kosten aus Anlass einer Kündigung. Weil der Nachweis geringerer Aufwendungen nicht zugelassen werde, liege auch ein Verstoß gegen § 309 Nr. 5 b BGB vor.
6Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der gestellten Anträge sowie der rechtlichen Würdigung durch die Zivilkammer wird ergänzend auf die vorgenannte Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
7Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der zulässigen Berufung. Sie macht – unter Wiederholung und Vertiefung ihres bereits erstinstanzlich vertretenen Standpunktes – geltend, dass es sich bei der streitgegenständlichen AGB entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht um eine kontrollfähige Preisnebenabrede handele. Auch eine Analogie zu § 308 Nr. 7 b BGB komme nicht in Betracht. Bei dem erhobenen Entgelt handele es sich nicht um den Ersatz von infolge einer Kündigung entstehender Aufwendungen, sondern um eine entgeltpflichtige, freiwillige Sonderleistung.
8Die Beklagte beantragt,
9unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
10Der Kläger beantragt,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Rechtsstandpunktes. Dem Landgericht sei darin beizupflichten, dass es sich bei der fraglichen Klausel um eine kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingung handele, die gegen § 308 Nr. 7 b BGB verstoße.
13II.
14Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Abweisung der Klage. Bei der streitgegenständlichen AGB-Klausel handelt es sich entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht um eine kontrollfähige Preisnebenabrede, sondern um eine kontrollfreie Preisvereinbarung. Schon deshalb ist auf die Klausel auch die Vorschrift des § 308 Nr. 7 b BGB nicht anwendbar. Im Einzelnen gilt:
151.
16Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die weder von Rechtsvorschriften abweichen noch diese ergänzen, einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 BGB entzogen. Da die Vertragsparteien nach dem im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie Leistung und Gegenleistung frei bestimmen können, sind Klauseln, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und die dafür zu zahlende Vergütung unmittelbar bestimmen, kontrollfrei (BGH NJW 1999, 2276; NJW 2000, 577; VIZ 2002, 437; NJW 2002, 2386; Palandt-Grüneberg, Kommentar zum BGB, 68. Aufl., § 307 Rn. 59; Nobbe, WM 2008, 185 ff; Roller, BKR 2008, 221 ff). Neben den Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung sind auch solche Klauseln nicht kontrollfähig, die das Entgelt für eine zusätzlich angebotene Sonderleistung festlegen, wenn hierfür keine rechtlichen Regelungen bestehen (BGH NJW 1998, 383). Mithin stellen im nicht preisregulierten Markt Preisvereinbarungen für Haupt- und Nebenleistungen im Allgemeinen weder eine Abweichung noch eine Ergänzung von Rechtsvorschriften dar und unterliegen daher grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle. Zu unterscheiden sind solche Preisvereinbarungen von Preisnebenabreden (vgl. MüKo/Kieninger, Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 307 Rn. 18). Preisnebenabreden wirken sich nur mittelbar auf den Preis aus; an ihre Stelle kann bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung dispositives Gesetzesrecht treten (Palandt-Grüneberg, Kommentar zum BGB, 68. Aufl., § 307 Rn. 60).
17Die hier in Rede stehende Regelung betrifft eine freiwillige Leistung der Beklagten, mit der sie sich allein im Interesse des Darlehensnehmers und der die weitere Finanzierung übernehmenden Bank - an der Ablösung eines Darlehens durch die vorzeitige Freigabe ihrer Sicherheit beteiligt. Hierzu ist sie unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, denn ein Anspruch des Darlehensnehmers auf Freigabe (Löschung) der dinglichen Sicherheit besteht erst nach Rückzahlung des Darlehens (vgl. § 1144 BGB). Die der verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingung zugrunde liegende Situation ist im Gesetz auch an keiner Stelle geregelt; für die Vergütung des Aufwandes einer Bank im Zusammenhang mit dem zwischen den an einer vorzeitigen Ablösung eines Darlehens und der vorzeitigen Freigabe von Sicherheiten beteiligten Banken vereinbarten Treuhandverhältnissen gibt es keine dispositive gesetzliche Regelung. Mit dem Verlangen eines Entgeltes für eine Leistung, zu der die Beklagte gesetzlich verpflichtet ist, hat das ersichtlich nichts zu tun (ebenso für die vorliegende Fallgestaltung Nobbe, WM 2008, 185, 194). Eine AGB-Kontrolle findet daher nicht statt.
18Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 489 Abs. 4 Satz 1 BGB. Nach dieser Bestimmung darf das Recht des Kunden zur Kündigung nicht ausgeschlossen oder erschwert werden. Diese Regelung erfasst lediglich Fälle, in denen an die Kündigung selbst Sanktionen geknüpft werden, wie dies etwa bei Vorfälligkeitsentschädigungen oder Vertragsstrafen der Fall sein kann (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 68. Auflage 2009, § 489 Rdn. 19). Darum geht es im vorliegenden Fall nicht.
19Die vom Landgericht bejahte Frage einer analogen Anwendung der von ihrem Wortlaut her nicht anwendbaren Vorschrift des § 308 Nr. 7 b BGB (dabei geht es um einen unangemessen hohen Aufwendungsersatz bei Rücktritt und Kündigung) oder des § 309 Nr. 5 b BGB stellt sich mangels Kontrollfähigkeit der Klausel nicht.
20Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
21Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
22Ein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) besteht nicht. Die Sache hat – nachdem die maßgebliche Unterscheidung zwischen kontrollfähigen Preisnebenabreden und AGB-rechtlich nicht überprüfbaren Preisvereinbarungen in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes seit langem geklärt ist - weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
23Berufungsstreitwert: 3.200,00 €.