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Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19. Januar 2006 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 15 O 393/05 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin jeweils 4.074,24 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23. 06. 2005 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 90 % und die Beklagten jeweils 5 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betra-ges abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e:
2I.
3Die Klägerin verlangt im eigenen Namen und aus abgetretenem Recht ihrer fünf Geschwister weitere Zinsen aus insgesamt 24 Sparverträgen, die am 25. 09. 1986, 02. 04. 1987, 03. 07. 1987 und 30. 03. 1989 seitens der Eltern für ihre Kinder mit der Beklagten zu 1) mit einer Laufzeit von jeweils 15 Jahren und einer vereinbarten Bonuszahlung von 15 % am Vertragsende abgeschlossen wurden. Bei Verträgen von drei Geschwistern fand ein Vertragswechsel auf die Beklagte zu 2) statt. Für alle Sparverträge ist eine 48-monatige Kündigungsfrist und eine variable Verzinsung vereinbart, wobei nach den Vertragsbedingungen Zinsanpassungen in das Ermessen der Beklagten gestellt sind. Die Bedingungen der Beklagten für Sparverträge sehen vor, "dass die Bank dem Sparkontoinhaber im Rahmen der geltenden Bestimmungen die von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum der kontoführenden Stelle bekannt gegebenen Zinsen vergütet und dass eine besondere Mitteilung mit dem Tag in Kraft tritt, der durch Aushang im Kassenraum bekannt gegeben wird". Die Zinsen wurden der Klägerin und ihren Geschwistern vereinbarungsgemäß jährlich gutgeschrieben.
4Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (WM 2004, 825 ff.) hält die Klägerin die in der Vergangenheit gewährte Verzinsung der Spareinlagen für erheblich zu niedrig und die vorerwähnte Zinsänderungsklausel für unwirksam. Mit der Klage nimmt sie die Beklagte zu 1) auf Zahlung von 38.698,62 € und die Beklagte zu 2) auf Zahlung von 37.812,57 € in Anspruch. Die Klägerin meint, die von den Beklagten vorgenommene Verzinsung auf der "Basis der Wiederanlage aller Sparplan-Einlagen am Kapitalmarkt, gebündelt und fünfjährig rollierend" sei nicht marktgerecht und deshalb nicht angemessen. Diese Methode berücksichtige nicht die konkrete Anlageform, nämlich die vollständige Einzahlung des gesamten Kapitals am Beginn der Anlage im Unterschied zu monatlich anzusparenden Verträgen. Sie meint ferner, bei zutreffender Verzinsung der Anlagen unter Zugrundelegung der "Zeitreihe WZ 9816" ohne Berechnung eines Mittelwerts aus 5 Jahren und Ermittlung der Differenz zwischen Vertragszins und Referenzzins zu Vertragszins und Beibehaltung des so ermittelten Abstandes über die gesamte Vertragslaufzeit ergäben sich die aus der Aufstellung Seite 12 f. der Klageschrift (Bl. 12 f. GA) aufgeführten Zinsen und Differenzbeträge. Jedenfalls müsse der Zinssatz für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist, der sogenannte "Spareckzins", herangezogen werden, woraus sich die auf Seite 15. der Klageschrift (Bl. 15 f. GA) aufgeführten Beträge ergäben. Berechne man hilfsweise die Zinsen neu nach dem Zinssatz für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von vier Jahren und der Zeitreihe SU0028 ergäben sich Zinsen, wie auf Seite 18 f. der Klageschrift (Bl. 18 f. GA) dargestellt sei. Auch bei einer Neuberechnung nach dem Kapitalmarktzins der "Zeitreihe WZ 9816" mit einem Mittelwert der letzten 5 Jahre ergäben sich Nachzahlungsansprüche, nämlich die auf Seite 20 f. der Klageschrift (Bl. 20 f. GA) dargelegten Beträge.
5Mit Urteil vom 19. 01. 2006, auf das hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, etwaige Zinsnachforderungen seien verjährt bzw. verwirkt.
6Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiter verfolgt.
7Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
81. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie 38.698,62 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. 06. 2005 zu zahlen,
92. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an sie 37.812,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. 06. 2005 zu zahlen.
10Die Beklagten beantragen,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Sie verteidigen das angefochtene Urteil und treten den Angriffen der Berufung entgegen.
13Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 11. 10. 2006 (Bl. 237 f. GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L X vom 23. 02. 2007 (Bl. 250 ff. GA) und sein Ergänzungsgutachten vom 09. 09. 2007, wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
14II.
15Die Berufung hat nur teilweise Erfolg.
16Die der Klägerin und den Zedenten in den abgeschlossenen 24 Sparverträgen vom 25. 09. 1986, 02. 04. 1987, 03. 07. 1987 und 30. 03. 1989 von den Beklagten zu 1) und 2) vergütete Verzinsung war für den Zeitraum ab 31. 12. 1999 bis zum jeweiligen Vertragsende marktgerecht, so dass der Klägerin insoweit keine Zinsnachforderungsansprüche zustehen. Lediglich für den Vertragszeitraum bis 31. 12. 1993 kann die Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht gem. §§ 700 Abs. 1, 488, 398 BGB eine Zinsnachzahlung von den Beklagten zu 1) und 2) in Höhe von jeweils 4.074,24 €, insgesamt 8.148,48 €, verlangen.
171.
18Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung sind die maßgeblichen Grundsätze, die sich aus der Entscheidung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 17. 02. 2004 - XI ZR 140/03 - ( = WM 2004, 825 ff.) zur Unwirksamkeit von formularmäßigen Zinsänderungsklauseln in Prämiensparverträgen ergeben. Danach darf die Bank bei langfristigen Sparverträgen den in der laufenden Verzinsung liegenden Teil ihrer Gegenleistung für die Spareinlagen der Sparer formularmäßig nicht ohne Rücksicht auf das bei Vertragsbeginn bestehende Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung ändern und die Sparer damit während der Laufzeit einem unkalkulierbaren Zinsänderungsrisiko aussetzen. Der Bundesgerichtshof hat dabei eine völlig unbegrenzte Zinsanpassungsklausel insbesondere deshalb als für den Sparer unzumutbar und – auch unter Berücksichtigung der Interessen der Bank – mit § 308 Nr. 4 BGB unvereinbar angesehen, weil auch die über die laufende Verzinsung hinausgehende – keiner Änderungsbefugnis unterworfene – Sparprämie im dortigen Fall in den ersten drei Jahren der Laufzeit überhaupt nicht und danach nur auf der Grundlage der Jahressparleistung, nicht aber des gesamten Sparguthabens berechnet wurde. In diesem Zusammenhang gibt der BGH (WM 2004, 825, 827) den Banken auf, unter den "Bezugsgrößen des Kapitalmarkts diejenigen oder eine Kombination derjenigen auszuwählen", die den tatsächlichen "Gegebenheiten ihres Geschäfts" - hier mithin den der tatsächlichen Zinsanpassung bei Sparverträgen mit Langfristcharakter - "möglichst nahe kommen", und sie zum "Maßstab für künftige Zinsänderungen zu machen".
192. Die Zinsberechnung der Beklagten wird diesen Anforderungen gerecht. Nach dem Ergebnis der hierzu durchgeführten Beweisaufnahme steht aufgrund des eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. X vom 23. 02. 2007 (Bl. 250 ff. GA) und seines Ergänzungsgutachtens vom 09. 09. 2007 (Bl. 334 ff. GA) zur Überzeugung des Senats fest, dass die von den Beklagten gewählten Bezugsgrößen für die Zinsfestlegung das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahren und sich deshalb auch im Rahmen des § 315 BGB halten:
20Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen werden variable Geschäfte in der Bankpraxis produktweise – nicht einzelgeschäftsbezogen – gesteuert und üblicherweise mit der Methode der gleitenden Durchschnitte kalkuliert. Die von den Beklagten zu 1) und 2) vorgenommene Orientierung an einem Gleitzinssatz mit der Methode der gleitenden Durchschnitte und einer zugrundeliegenden Ablauffiktion (hier: gleitend 5 Jahre, vom Sachverständigen abgekürzt mit "GD5" bezeichnet) ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden. Der Sachverständige hat hierzu unter Ziffer 2.2 und 2.3 seines Gutachtens vom 23. 02. 2007 (Seite 4 bis 15 des Gutachtens) ausgeführt, dass der Maßstab GD5 den tatsächlichen Gegebenheiten des Kapitalmarkts am ehesten nahe kommt. Er hat die von den Beklagten gewählte Berechnungsweise der variablen Vertragszinsen als sachgerecht bewertet. Das von den Beklagten verwendete Modell des Rechnens mit gleitendem Durchschnitt berücksichtigt einerseits die bankmäßigen Gegebenheiten des zinsvariablen Geschäfts, nämlich das träge Anpassungsverhalten im zinsvariablen Geschäft und Bodensatzüberlegungen. Andererseits basiert es auf dem im Urteil des BGH WM 2004, 825, 827 postulierten Äquivalenzprinzip, wonach die bei Vertragsbeginn zwischen den Vertragsparteien implizit vereinbarte Marge für die gesamte Laufzeit des Vertrags gelten soll.
21Die von der Klägerin in Anlehnung an die Vorschläge der Verbraucherzentrale NRW genannten Alternativen hat der Sachverständige hingegen als ungeeignet verworfen: Eine Orientierung am Spareckzins (SU0028) scheidet aus, weil dieser sich auf Einlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist bezieht, hier aber eine 48-monatige Kündigungsfrist vereinbart wurde. Zudem ist die entsprechende Datenreihe seit 12/1996 nicht mehr verfügbar. Eine Heranziehung der jeweiligen 5-Jahreszinssätze (WZ 9816) kommt nicht in Betracht, weil der Zinssatz dann ab Vertragsschluss für die nächsten 5 Jahre fixiert gewesen wäre, die Parteien aber gerade keine Festzinsvereinbarung getroffen haben. Entgegen der Auffassung der Klägerin macht es auch keinen Unterschied, ob - wie hier - eine vollständige Einmaleinzahlung auf den Sparvertrag am Beginn der Anlage oder eine ratierliche Einzahlung erfolgt ist. Denn die Bank verteilt den Einmalsparbetrag intern auf die einzelnen Tranchen, um den erforderlichen Glättungseffekt bei der Zinsanpassung zu erzielen, wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat.
22Der gegen das Gutachten von der Klägerin erhobene Einwand (Seite 2 f. des Schriftsatzes vom 25. 04. 2007, Bl. 286 f. GA), der Sachverständige habe sich lediglich mit den von den Parteien angeführten Bezugsgrößen auseinandergesetzt, aber keine alternativen längerfristigen Kapitalmarktsätze auf ihre Geeignetheit überprüft, geht fehl. Der Sachverständige hat die von den Parteien umfänglich vorgetragenen Berechnungsgrößen untersucht. Dabei hat er - über die von den Parteien diskutierten Berechnungsmodelle hinaus - andere geeignete Bezugsgrößen des Kapitalmarkts nicht festgestellt. Auch die Klägerin selbst, die durch die Verbraucherzentrale NRW sachkundig beraten ist, hat solche alternativen Kapitalmarktzinssätze nicht substantiiert benannt.
23Unbegründet ist ferner der Einwand der Klägerin, als Bezugsgrößen des Kapitalmarkts dürften nur solche Kapitalmarktgrößen herangezogen werden, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitgegenständlichen Verträge bekannt waren. Der Sachverständige hat insoweit in seinem Ergänzungsgutachten vom 09. 09. 2007 (Ziffer 2.3 Seite 8 ff.) überzeugend ausgeführt, dass der Maßstab GD5 in Verbindung mit der Zeitreihe WZ9816 an Kapitalmarktrenditen anknüpft, die die Bundesbank bereits seit Februar 1972 fortlaufend ermittelt hat, wodurch die Kapitalmarktrenditen umfassend abgebildet werden. Da die lange Kündigungsfrist von 48 Monaten eine Koppelung an kurzfristige Referenzzinssätze ausschließt – so auch den Spareckzins – war es sachgerecht, auf den Gleitzins abzustellen. Es ist zwar zutreffend, dass diese Kalkulationsmethode bei Abschluss der Sparverträge noch unbekannt war. Aber der Gleitzinssatz GD5 ist eine sachgerechte und plausible Referenzgröße, die angemessen ist und sich im Rahmen des § 315 BGB hält. Auf eine solche – sachgerechte und plausible – Referenzgröße hätten sich die Parteien im Zweifel bei Vertragsschluss auch verständigt. Abgesehen davon muss die Auswahl der Bezugsgrößen, wenn – wie im Streitfall – das Äquivalenzprinzip gewahrst ist, dem geschäftspolitischen Ermessen der Bank überlassen bleiben (vgl. auch Bruchner, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 78 Rn. 71 b, c).
24Fehl geht auch der Einwand der Klägerin, der Sachverständige habe in den Gutachten ihre Interessenlage völlig unberücksichtigt gelassen. Hierfür ist zunächst davon auszugehen, dass die Klägerin und die Zedenten bei Abschluss der streitgegenständlichen Verträge - ohne besondere ausdrückliche anderweitige Vereinbarung - nicht erwarten konnten, dass die Beklagten zu 1) und 2) im Rahmen eines standardisierten Geschäfts individuell ausschließlich auf den Fall der Klägerin und der Zedenten zugeschnittene Zinsänderungsmechanismen entwickeln würde, nach denen ihre Verträge abgewickelt würden. Der Sachverständige hat in Ziffer 2.3 seines Gutachtens vom 23. 02. 2007 (Seite 12 ff.) die Alternativen zur Kalkulation mit gleitenden Durchschnitten diskutiert und diese unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage - auch der zu berücksichtigenden Interessen der Klägerin und der Zedenten - verworfen. Im Ergänzungsgutachten vom 09. 09. 2007 hat er dies noch einmal unter Ziffer 2.2 (Seite 6 bis 8) in überzeugender Weise erläutert.
253. Hinsichtlich der Zinserträge im Einzelnen hat der Sachverständige für den Zeitraum ab 31. 12. 1999 bis zum jeweiligen Vertragsende (Ziffer 2.4.3.1 des Gutachtens, Seite 18 f.) festgestellt, dass die Beklagten die jeweiligen Zinserträge korrekt ermittelt hat. Es ergaben sich insoweit lediglich geringfügige - zu vernachlässigende - Rundungsdifferenzen von bis zu 15,- € pro Vertrag, die aus einer unterschiedlichen Behandlung der Kapitalertragssteuer (KapESt) herrühren. Dem folgt der Senat.
264. Für den Vertragszeitraum bis 31. 12. 1999 hingegen kann die Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht eine Zinsnachzahlung von der Beklagten zu 1) und 2) in Höhe von jeweils 4.074,24 €, insgesamt 8.148,48 €, verlangen.
27Diesen Betrag hat der Sachverständige bei seiner Nachberechnung unter Berücksichtigung der Kapitalertragssteuer ermittelt. Soweit der Sachverständige ohne Berücksichtigung der Kapitalertragssteuer einen Nachforderungsbetrag von 19.864,62 € errechnet hat (Ziffer 2.4.3.2 des Gutachtens, Seite 21 f.), ist dieser höhere Betrag nicht zugrunde zulegen. Denn die Klägerin, die für den geltend gemachten Anspruch darlegungs- und beweispflichtig ist, hat nicht schlüssig dargetan, ob und in welchem Umfang für die einzelnen Sparverträge Freistellungsaufträge erteilt worden sind, so dass lediglich von einem – hälftig zwischen beiden Beklagten aufzuteilenden - Nachforderungsbetrag von 8.148,48 € auszugehen ist.
285. Die Zinsnachforderungsansprüche für den Zeitraum bis Ende 1999 sind entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gemäß § 197 BGB a.F. nach Ablauf von vier Jahren verjährt. Denn bei ordnungsgemäßer Kontoführung wären die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet gewesen, die – höheren – Zinsen jeweils zum Jahresende dem Kapital zuzuschlagen, so dass sich die Hauptforderung entsprechend erhöht hätte. Die in Rede stehenden Nachforderungsansprüche verjähren daher ebenso wie die Hauptforderung in 30 Jahren (§ 195 BGB a.F.). Dies hat die Rechtsprechung (OLG Frankfurt NJW 1998, 997, 999; vgl. auch BGH BKR 2002, 690, 692) für die Behandlung von Zinsen bei jahrelang nicht vorgelegten Sparbüchern entwickelt. Dem liegt zugrunde, dass der Inhaber eines Sparbuches mit Sparguthaben aufgrund der generellen vertraglichen Absprache zwischen der Bank und ihm erwarten kann und in der Regel erwartet, dass die Zinsen jeweils zum Jahresende dem Kapital zugeschlagen werden und damit vereinbarungsgemäß als umgewandelt anzusehen sind, auch wenn er das Sparbuch jahrelang nicht zum Nachtrag vorlegt (vgl. OLG Frankfurt NJW 1998, 997, 999). Diese Grundsätze sind auch hier anwendbar. Denn eine vertragliche Absprache zwischen den Parteien, dass die Zinsen jeweils zum Jahresende dem Kapital zuzuschlagen sind, wurde auch hier getroffen, so dass die Zinsen vereinbarungsgemäß als in einen Teil der Hauptforderung umgewandelt anzusehen sind, ohne dass es auf den lediglich deklaratorischen Akt der Zinsgutschrift auf dem Konto des Gläubigers ankommt. Im Übrigen ändert sich die Rechtsnatur des Zinsnachforderungsanspruchs nicht unabhängig davon, ob die Zinsgutschrift wegen Nichtvorlage des Sparbuchs unterblieben ist, wie dies der Entscheidung des OLG Frankfurt NJW 1998, 997, 999 zugrunde lag, oder – wie hier – wegen Falschberechnung zu niedrig ausgefallen ist. Stehen dem Gläubiger die höheren Zinsen zu, dann müssen sie auch verjährungsrechtlich so behandelt werden, als wären die Zinsen in der zu beanspruchenden Höhe gutgeschrieben worden. Die hier in Rede stehenden Zinsnachforderungsansprüche unterliegen deshalb derselben Verjährung wie das übrige angesparte Kapital.
296. Die begründeten Zinsnachforderungsansprüche sind, anders als das Landgericht sowohl für die in den Jahren 2001 und 2002, als auch die im Jahr 2004 endenden Sparverträge angenommen hat, nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn es illoyal verspätet geltend gemacht wird. Dieser Tatbestand des Verstoßes gegen Treu und Glauben liegt dann vor, wenn zu dem Zeitablauf besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die bei objektiver Betrachtungsweise das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (vgl. BGHZ 105, 290, 298). Die bloße – auch lang währende – Untätigkeit des Berechtigten als solche schafft noch keinen Vertrauenstatbestand für die Bank, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. BGH BKR 2000, 690, 692 mit w. Nachw.). Auch wenn der Schuldner – wie hier – davon ausgehen muss, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nicht weiß, fehlt der für eine Verwirkung erforderliche Vertrauenstatbestand (vgl. BGH NJW 2000, 140, 142).
307. Der Ausspruch hinsichtlich der Verzugszinsen ist gemäß den §§ 288 Abs. 1, 286 BGB gerechtfertigt.
31III.
32Die vorstehende Würdigung des Streitstoffes bietet keinen Grund zu einer Revisionszulassung gemäß § 543 Abs. 2 ZPO. Die prozessualen Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
33Streitwert der Berufung: 76.511,19 €
34(hinsichtlich der Beklagten zu 1): 38.698,62 €)
35(hinsichtlich der Beklagten zu 2): 37.812,57 €).