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Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 14. Januar 2005 gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 30. Dezember 2004 – 11 T 122/04 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde einschließlich der notwendigen Auslagen der Beteiligten zu 2. hat die Beteiligte zu 1. zu tragen.
G r ü n d e
21.
3Durch notariellen Vertrag vom 27. Juni 2003 (Urkundenrolle-Nr. xxx CN für 2003) erwarb die Beteiligte zu 1. als Käufer zu 1. 94/100 Geschäftsanteile an der M N Science Betriebs-GmbH) im Nennbetrag von 6.815.000,00 € mit allen Rechten und Pflichten. Der Kaufpreis für die Übertragung der Geschäftsanteile betrug 100,00 €, wovon die Beteiligte zu 1. 94,00 € für die Übertragung der Geschäftsanteile in den Nennbeträgen von 23.500,00 € und 6.791.500,00 € zu zahlen hatte. Dem Vertrag vorangestellt ist folgende Vorbemerkung:
4"Mit Urkunden 27. Juni 2002, UR.Nr. xx1/02 der Notarin Dr. J E in L und vom 26. Juni 2003, UR.Nr. xx2/2003 des Notars Dr. D O in L - nachfolgend auch "Bezugsurkunden" genannt -, wurden die für den heutigen Vertrag maßgeblichen Unterlagen festgestellt, und zwar:
5Urkunde vom 27. Juni 2002
6DIS-Schiedsgerichtsordnung 1998
7Urkunde vom 26. Juni 2003
8Anlage "1 STP": Anlagevermögen Stahlbau
9Anlage "1 BBP": Anlagevermögen Brückenbau
10Anlage "2 STP": vom Käufer zu übernehmende Stahlbau-Aufträge einschließlich zuzurechnender Vorräte
112 BBP": vom Käufer zu übernehmende Brückenbau-Aufträge
12einschließlich zuzurechnender Vorräte
13Anlage 3.1.: Übernahme Teilvertrag M Bahnhof
14Anlage 3.2.: Nachunternehmer-Vertrag Rest-Lohn-Fertigung
15U-Brücke
16Anlage 3.3.: Nachunternehmer-Vertrag T-Brücke
17Anlage 3.4.: Nachunternehmer-Vertrag Stahlbaufertigung
18BV O Tor
19Anlage "4 STP": Zu übernehmende Vertragsverhältnisse Stahlbau
20Anlage "4 BBP": Zu übernehmende Vertragsverhältnisse Brückenbau
21Anlage "5 STP": übergehende Arbeitsverhältnisse Stahlbau
225 BBP": übergehende Arbeitsverhältnisse Brückenbau
23Anlage 6: Muster Tagesbericht
24Anlage 7: Arbeitnehmerüberlassung
25Anlage 8: Verrechnungssätze Arbeitnehmerüberlassung
26Anlage 9: Nutzungsüberlassung Gerätschaften BBP
27Anlage 10: Lageplan Büro- und Archivräume
28Auf diese Bezugsurkunden wird verwiesen; die Bestimmungen und der gesamte Inhalt der Bezugsurkunden werden Bestandteil des hier abgeschlossenen Vertrags (nachstehend auch als "der Vertrag" bezeichnet). Die Bezugsurkunden lagen den Erschienenen bei der Beurkundung in Urschrift vor."
29In § 2 (4) des Vertrags heißt es:
30"Die Verpflichtung zur Leistung der neuen Stammeinlagen von € 6.791.500 und € 433.500 ist durch die Verkäufer zu 1. und 2. nach Maßgabe des Kapitalerhöhungsbeschlusses bis spätestens zum 7. Juli 2003 - auch in Erfüllung einer etwaigen Einlagepflicht der Käufer gemäß § 16 Abs. 3 GmbHG - zu erfüllen."
31Hinsichtlich der darin angesprochenen Kapitalerhöhung heißt es in § 1 (2):
32"Durch Gesellschafterbeschluss vom 25. Juni 2003 [UR-Nr. xx4/2003 des amtierenden Notars] wurde eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft von € 25.000 um € 7.225.000 durch Ausgabe von zwei weiteren Geschäftsanteilen in den Nennbeträgen von € 6.791.500 und € 433.500 beschlossen. Zur Übernahme der neuen Stammeinlage im Nennbetrag von € 6.791.500 wurde der Verkäufer zu 1. und zur Übernahme der neuen Stammeinlage im Nennbetrag von € 433.500 wurde der Verkäufer zu 2. zugelassen. Die Verkäufer zu 1. und 2. haben die Übernahme der neuen Stammeinlage in den Nennbeträgen von € 6.791.500 bzw. € 433.500 erklärt; die Einlagen sind noch nicht eingezahlt."
33In § 5 (2) ist ferner vereinbart:
34"Als Beschaffenheit des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens vereinbaren die Verkäufer zu 1. und 2. und die Käufer zu 1. und 2.:
35Hinsichtlich der Kosten des Vertrags haben die Vertragsparteien in § 8 (1) folgende Regelung getroffen:
38"Die Kosten der notariellen Beurkundung des GeschäftsanteilsÜbertragungsvertrages tragen die Käufer zu 1. und 2. als Gesamtschuldner. Die weiteren Kosten dieser Urkunde und ihres Vollzugs trägt der Verkäufer zu 1.
39Im übrigen trägt - soweit in diesem Vertrag nichts anderes vereinbart ist - jede Vertragspartei die ihr entstehenden Kosten selbst. Im Falle der Ausübung des Rücktrittsrechts gemäß § 7 tragen die bis dahin entstandenen Kosten die Verkäufer zu 1. und 2. als Gesamtschuldner."
40Unter dem 12. Januar 2004 haben die Beteiligten zu 2. dem Beteiligten zu 1. folgende Gebühren und Auslagen in Rechnung gestellt:
Geschäftswert (€) | Paragraphen der Kostenordnung | Gegenstand der Gebühr | Gebühr |
€ 7.225.000,- | Einzahlungsverpflichtung | ||
€ 100, | Kaufpreis | ||
€ 4.700.000.- | Wert Grundbesitz | ||
11.925.100,00 | § 36 II; 39 II; 20 | Vertrag | 24.010,00 € |
Hiervon zahlen Sie: 60,58 % | -9.464,74 € | ||
Netto-Gesamtsumme | 14.545,26 € | ||
§ 151 a | 16 % Umsatzsteuer | 2.327,24 € | |
(Steuernummer: 215/5035/0367) | |||
Rechnungsbetrag | 16.872,50 € |
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. richtet sich gegen den der Gebührenermittlung zugrunde gelegten Geschäftswert. Sie ist der Auffassung, statt des ausgewiesenen Geschäftswerts von 11.925.100,-- € hätte lediglich ein Wert von 100,-- € in Ansatz gebracht werden dürfen. Ein Marktwert für Gesellschaftsanteile an Stahlbauunternehmen existiere mangels Kaufinteressenten in der Bundesrepublik nicht. Der nach langen Verhandlungen erzielte Kaufpreis von 100,-- € sei im Hinblick auf die gesamte wirtschaftliche Situation und Ausstattung des übernommenen Unternehmens angemessen. Die Gesellschaft habe Vermögenswerte, aber auch Verpflichtungen gehabt. Dass die Verkäufer sich verpflichtet hätten, der Gesellschaft vor Übergang der Gesellschaftsanteile durch die Kapitalerhöhung und die Zuführung von Grundbesitz Mittel zuzuführen, habe den Wert der Gesellschaftsanteile nicht über 100,-- € hinaus erhöht.
43Die Beteiligten zu 2. sind der Beschwerde mit der Auffassung entgegengetreten, bei dem vereinbarten Kaufpreis von 100,00 € handele es sich um einen symbolischen Betrag. Der Wert der Leistung der Verkäufer bestehe auch in der Übertragung von Grundbesitz auf die Gesellschaft im Werte von 4.700.000,00 € sowie der Aufstockung des Stammkapitals um 7.225.000,00 €.
44Durch Beschluss vom 30. Dezember 2004 hat das Landgericht die Beschwerde der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1. mit der – von dem Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zugelassenen - weiteren Beschwerde vom 14. Januar 2005, die an diesem Tage bei Gericht eingegangen ist.
452.
46Die weitere Beschwerde ist statthaft, da sie vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zugelassen worden ist, § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO. Sie ist auch im übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb der Notfrist von einem Monat seit der Zustellung des Beschlusses am 12. Januar 2005 erhoben worden (§ 156 Abs. 2 Satz 1 KostO).
47Das Rechtsmittel ist indes unbegründet. Denn die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, §§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO, 546 ZPO.
48Zutreffend bewertet das Landgericht in Übereinstimmung mit der Auffassung des Senats (FGPrax 2000, 126) den Geschäftswert des notariellen Vertrages, der die Veräußerung eines Geschäftsanteils einer GmbH zum Gegenstand hat, nach § 39 Abs. 2 KostO und nicht nach § 20 Abs. 1 KostO, da sich letztere Bestimmung nur auf den Kauf von Sachen, nicht aber auf den von Rechten bezieht (vgl. auch OLG Frankfurt, DNotZ 1987, 179; KG, OLGR 1994, 44 [45]; KG, OLGR 1994, 215; OLG Jena, OLGR 1996, 226 [227); Assenmacher/Mathias, KostO, 15. Auflage 2004, Stichwort "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" Anm. 8.2; Bengel in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, Kostenordnung, 15. Auflage 2002, § 39 Rdnr. 11; Hartmann, Kostengesetze, 34. Auflage 2004, § 39 KostO Rdnr. 17 Stichwort "Geschäftsanteil").
49Ebenfalls ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich der Geschäftswert nicht ausschließlich an dem in der Urkunde ausgewiesenen Kaufpreis von 100,00 € orientiert. Der Geschäftswert bei der Abtretung eines Geschäftsanteils bestimmt sich zunächst nach dem Kurswert, der – wenn er nicht bekannt ist – auch aus einer Vermögensbilanz ermittelt werden kann (vgl. dazu Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 39 Rn 11 m.w.N.). Hat – wie in der Regel – der Anteil keinen Kurswert, so kann für dessen Wert auch auf den vereinbarten Kaufpreis zurückgegriffen werden. Nach den allgemeinen Regeln des Wirtschaftslebens kann in der Regel angenommen werden, dass ein Käufer für den Erwerb der Geschäftsanteile an der GmbH und den damit verbundenen Unternehmenserwerb nur den Kaufpreis zahlt, der dem Wert der Verkäuferleistung entspricht. Im Wert der Käuferleistung spiegelt sich daher in der Regel der tatsächlich zu realisierende Wert des von der GmbH betriebenen Unternehmens und damit des GmbH-Anteils selbst wieder (Senat, FGPrax 2000, 126 [127]; KG OLGR 1994, 44 [45]; KG, OLGR 1995, 58 [59]; OLG Jena, OLGR 1996, 226 [228]; Bengel in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, a.a.O., § 39 Rdnr. 11).
50Indes sind bei der Prüfung, ob der Kaufpreis im Einzelfall ausreichende Aussagekraft für den Wert der übertragenden Anteile besitzt, zusätzlich die von den Parteien in der notariellen Vereinbarung übernommenen sonstigen (untypischen) Verpflichtungen zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich ebenfalls um Leistungen der Vertragsparteien für die Überlassung des Unternehmens (vgl. Senat, FGPrax 2000, 126 [127] mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Vorliegend sind sowohl die Verkäufer als auch die Käufer weitere Verpflichtungen eingegangen. So verweist das Landgericht zutreffend auf den Wortlaut der notariellen Urkunde. In den Vorbemerkungen werden eine Vielzahl von Urkunden aufgeführt, die Bestand des streitbefangenen Vertrages sind. Die Käufer haben die Verpflichtung übernommen, in Verträge einzutreten und bestimmt Aufträge durchzuführen sowie Arbeitsverhältnisse zu übernehmen. Zudem haben sich die Verkäufer in der notariellen Urkunde verpflichtet, näher geregelte Voraussetzungen für die Übertragung der Geschäftsanteile zu schaffen.
51Ausgehend von diesen Überlegungen hat die Kammer ohne Rechtsfehler den Geschäftswert für die notarielle Beurkundung nach dem Wert der Leistungen der Verkäufer bemessen. Diese haben neben dem im Kaufpreis zum Ausdruck kommenden Wert des Geschäftsanteils von 100,00 € zusätzlich die Verpflichtung zur Ausstattung der Gesellschaft mit Eigenkapital in Höhe von 7.225.000,00 € und mit Grundbesitz in Werte von 4.700.000,00 € übernommen. Insoweit kann es dahinstehen, wie die Leistungen der Beteiligten zu 1. zu bewerten sind. Sollte, wie die weitere Beschwerde geltend macht, der Wert der von der Beteiligten zu 1. eingegangenen Verpflichtungen diesen Betrag nicht erreichen, so kommt es auf die Leistungen der Verkäufer an. Nach § 39 Abs. 2 KostO ist bei Verträgen, die den Austausch von Leistungen zum Gegenstand haben, nur der Wert der Leistung des einen Teils und, wenn der Wert der Leistungen verschieden ist, der höhere maßgebend.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
53Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde:
54bis 16.872,50 € (§§ 131 Abs. 2, 30 KostO)