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Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Rheinbach vom 14. Dezember 2004 - 18 F 48/04 - dahingehend angeändert, dass die Kosten des ersten Rechtszuges gegeneinander aufgehoben werden.
Die Kosten Beschwerdeverfahrens werden ebenfalls gegeneinander aufgehoben.
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger und die Mutter des Beklagten waren von 1998 bis zum 30. Juni 2004 (Rechtskraft der Scheidung) miteinander verheiratet. Nach Einleitung des Scheidungsverfahrens im Dezember 2001 wurde der Beklagte am 28. August 2002 geboren.
4Ende Februar 2004 hat der Kläger im vorliegenden Verfahren Vaterschaftsanfechtungsklage eingereicht. Zuvor hatte er mit Schreiben vom 12. August 2003 den Zeugen X., von dem der Beklagte nach übereinstimmenden Vortrag beider Parteien abstammt, aufgefordert, die Vaterschaft bei der Stadt N. anzuerkennen. Mit weiteren Schreiben vom 10. Dezember 2003 hatte er die Mutter des Beklagten gebeten, auf den Zeugen X. einzuwirken, dass er eine Vaterschaftsanerkennungserklärung abgebe. Zugleich erklärte der Kläger seine Bereitschaft, der Anerkennung zuzustimmen.
5Unter dem 26. Juli 2004 erkannte der Zeuge X. in einer Urkunde des Kreisjugendamts des Rhein-Sieg-Kreises seine Vaterschaft zu dem Beklagten mit Zustimmung der Mutter des Beklagten an. Am 27.9.2004 stimmte der Kläger der Vaterschaftsanerkennung zu. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger wäre im Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen. Es könne dahinstehen, ob der Zeuge X. und die Kindesmutter vor Klageeinreichung zur Vaterschaftsanerkennung aufgefordert worden seien oder nicht. Jedenfalls sei eine solche Aufforderung durch den Kläger "nicht unmittelbar nach Antragstellung" erfolgt. Etwaige Bemühungen des Klägers nach Klageeinreichung, den Rechtsstreit außergerichtlich beizulegen, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Beklagte habe "unbestritten ...vorgetragen", dass der Zeuge X. von Anfang an bereit gewesen sei, außergerichtlich die Vaterschaft anzuerkennen. Es sei somit nicht ersichtlich, dass der Beklagte Veranlassung zur Klageerhebung gegeben habe.
6Den Streitwert hat das Amtsgericht auf 500,00 EUR festgesetzt.
7Gegen diesen ihm am 29. Dezember 2004 zugestellten Beschluss hat der Klägervertreter am 30. Dezember 2004 Beschwerde erhoben, einerseits gegen die Streitwertfestsetzung, zum anderen gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts.
8Der Streitwertbeschwerde hat das Amtsgericht abgeholfen und den Streitwert auf 3.000,00 EUR festgesetzt. Der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung hat es nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der zuständige Einzelrichter hat die Entscheidung dem Senat als Kollegialgericht übertragen.
9Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
10II.
11Die gemäß § 91 a II ZPO statthafte und auch im Übrigen formell unbedenkliche Beschwerde führt zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. In Abänderung der angefochtenen Entscheidung waren die Kosten des ersten Rechtszuges gegeneinander aufzuheben.
121. Der während des ersten Rechtszuges zeitweise bestehende Mangel der ordnungsgemäßen Vertretung des Beklagten, der von Amts wegen zu beachten gewesen wäre, ist inzwischen behoben. Bis zur Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung durch den Zeugen X. hatten der Kläger und die Mutter des Beklagten für diesen das gemeinsame Sorgerecht (eine anderweitige Sorgerechtsentscheidung war nicht erfolgt, wie die Nachfrage des Senats ergeben hat), so dass zur ordnungsgemäßen Vertretung des Beklagten die - vom Kläger auch ausdrücklich mit Schriftsatz vom 15. Juni 2004 angeregte - Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich gewesen wäre (zur näheren Begründung vgl. Zöller/Philippi, Zivilprozessordnung, 24. Aufl. 2004, Rdn. 4 zu § 640b). Mit der Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung durch den Zeugen X. ist das Sorgerecht des Klägers entfallen und es ist davon auszugehen, dass die jetzt allein sorgeberechtigte Mutter des Beklagten die bisherige Prozessführung durch den Beklagtenvertreter genehmigt hat.
132. Auch wenn die Beschwerde hierzu keinen ausdrücklichen Antrag enthält, ergibt sich aus der Begründung des Rechtsmittels in Verbindung mit dem erstinstanzlichen Kostenantrag hinreichend deutlich, dass der Kläger die Auferlegung der gesamten Kosten auf den Beklagten erstrebt. Mit diesem Antrag kann der Kläger jedoch nur teilweise durchdringen. Aus den nachfolgenden Erwägungen waren die Kosten des ersten Rechtszuges gegeneinander aufzuheben.
14Über die Kosten eines in der Hauptsache erledigten Rechtsstreits ist gemäß § 91a I ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu befinden. Maßgebend ist dabei der ohne die Erledigung zu erwartende Ausgang des Rechtsstreits, wobei die allgemeinen Grundgedanken des Kostenrechts nach §§ 91 ff. ZPO heranzuziehen sind.
15Im vorliegenden Fall war daher in erster Linie entscheidend, ob die Vaterschaftsanfechtungsklage voraussichtlich Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht während des Prozesses zur Annerkennung der Vaterschaft durch den Zeugen X. mit der erforderlichen Zustimmung der weiteren Beteiligten gekommen wäre. Soweit das Amtsgericht hierzu ausgeführt hat, der Kläger wäre aller Voraussicht nach unterlegen, kann dies nicht nachvollzogen werden. Der Zeuge X. ist nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien der Erzeuger des Beklagten, so dass davon auszugehen ist, dass die vor Eintritt der Erledigung vom Amtsgericht bereits angeordnete Beweiserhebung durch Einholung eines Abstammungsgutachtens zum Ausschluss der Vaterschaft des Klägers und damit zum Erfolg der Anfechtungsklage geführt hätte. Das Amtsgericht vermengt demgegenüber die Frage der Erfolgsaussicht mit Überlegungen zur fehlenden Klageveranlassung und zur Mutwilligkeit (dazu näher im Folgenden). Das sind aber keine Gründe, die bei einer Fortführung des Rechtsstreits - ohne die zwischenzeitliche Vaterschaftsanerkennung - eine Abweisung der Klage hätte rechtfertigen können.
16Allerdings führt der voraussichtliche Erfolg der Anfechtungsklage nicht dazu, dass dem Beklagten die gesamten Kosten aufzuerlegen sind. Der Kläger verkennt insoweit offensichtlich, dass dies auch bei einer für ihn günstigen streitigen Entscheidung in der Hauptsache nicht der Fall gewesen wäre. Vielmehr hätten dann nach der - zwingenden - Vorschrift des § 93c Satz 1 ZPO die Kosten gegeneinander aufgehoben werden müssen. An dieser den Besonderheiten des Anfechtungsverfahrens Rechnung tragenden Spezialvorschrift hat sich auch die Billigkeitsentscheidung nach § 91a I zu orientieren (OLG Brandenburg, MDR 2000, 1380f. = FamRZ 2001, 503 in einem ähnlich gelagerten Fall).
17Auch die übrigen Erwägungen des Amtsgerichts vermögen eine Belastung des Klägers mit den gesamten Kosten des Rechtsstreits nicht zu rechtfertigen. Fehlende Klageveranlassung mag für die Kostenentscheidung in Verfahren eine Rolle spielen, in denen eine Anwendung des Rechtsgedankens aus § 93 ZPO in Betracht kommt (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rdn. 24 und 25 zu § 91a). Das ist aber für Statusverfahren auf Feststellung oder Anfechtung der Vaterschaft nicht der Fall, weil in derartigen Verfahren ein prozessual wirksames Anerkenntnis im Sinne von § 307 ZPO nicht möglich ist, §§ 640 I, 617 ZPO (vgl. auch OLG Brandenburg, a.a.O.). Den diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgerichts kann somit schon aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden.
18Abgesehen davon werden diese Ausführungen aber auch dem tatsächlichen Geschehensablauf nicht gerecht. Der Kläger hat sowohl die Mutter des Beklagten als auch den Zeugen X. vor Einreichung der Anfechtungsklage vergeblich zur Mitwirkung an der rechtlich möglichen außergerichtlichen Klärung der Vaterschaft zu bewegen versucht. Das Amtsgericht scheint darüber hinaus von einer mit Kostenfolgen verbundenen Obliegenheit des Klägers auszugehen, den Rechtsstreit während bereits rechtshängiger Klage durch außergerichtliche Einigungsbemühungen beizulegen. Eine solche Obliegenheit ist dem Zivilprozessrecht fremd.
19Eine andere als die jetzt getroffene Kostentscheidung kommt entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch nicht im Hinblick auf die Bereitschaft des Zeugen X. zur Anerkennung der Vaterschaft in Betracht. Auch insoweit ist schon der Tatsachenvortrag nicht zutreffend erfasst. Entgegen der Annahme des Amtsgerichts war der Zeuge X. nämlich nicht von vornherein bereit, die Vaterschaft bezüglich des Beklagten ohne Wenn und Aber anzuerkennen. Wie der Beklagte in seinen Schriftsätzen vom 6. August und 27. Oktober 2004 selbst ausgeführt hat, wollte der Zeuge X. - auf Empfehlung des Jugendamts - zunächst die Scheidung der Ehe des Klägers mit der Mutter der Beklagten abwarten und erst danach die Vaterschaft anerkennen. Dies war gerade keine unbedingte Bereitschaft zur Vaterschaftsanerkennung, die dem Kläger Anlass hätte geben können, auf die gerichtliche Klärung der Vaterschaft zu verzichten.
20Unabhängig davon hat das Amtsgericht verkannt, dass dem Kläger auch aus Rechtsgründen nicht angesonnen werden konnte, wegen des möglichen Verfahrens nach § 1599 II BGB von der Vaterschaftsanfechtungsklage Abstand zu nehmen. (näher dazu Senatsbeschluss vom 30.12.2004 - 14 WF 342/04 - FamRZ 2005, 743f.). § 1599 II BGB lässt die Möglichkeit der gleichzeitigen Anfechtungsklage unberührt (Gaul, FamRZ 1997, 1441ff. [1454 - 1456]). Im Verfahren nach § 1599 II BGB ist der gemäß § 1592 Nr. 1 BGB als Vater geltende Mann auf die Mitwirkungsbereitschaft der Kindesmutter und des anderen Mannes angewiesen. Weiterhin hängt die Wirksamkeit der Anerkennung von der Rechtskraft der Scheidung ab, deren Herbeiführung ebenfalls nicht allein in der Hand des Ehemanns liegt. Ob deshalb das Verfahren nach § 1599 II BGB vor Ablauf der zweijährigen Anfechtungsfrist nach § 1600b BGB zum Abschluss gebracht werden kann, ist oft ungewiss. Hinzu kommt, dass der nach § 1592 Nr. 1 BGB als Vater geltende Mann, solange die Vaterschaftsvermutung nicht beseitigt ist, sämtliche aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrührenden Verpflichtungen - insbesondere zur Gewährung von Unterhalt - zu tragen hat. Schon von daher kann ihm nicht verwehrt werden, seine Nichtvaterschaft so bald wie möglich gerichtlich feststellen zu lassen, gegebenenfalls auch bereits vor Rechtskraft der Scheidung. Letzteres lässt sich nur über die Anfechtungsklage erreichen.
21Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 92 I ZPO.
22Beschwerdewert:
23Kosten des ersten Rechtszuges