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Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28.3.2002 - 24 O 343/01 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Sicherheit kann auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse geleistet werden.
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks O. 22 in W., welches mit einem in den 30er Jahren errichteten Fachwerkhaus bebaut ist, an dessen hintere Giebelwand ein Neubau mit Flachdach angebaut wurde. Die Ränder des Flachdachs sind durch eine Balkenlage um etwa 5 cm erhöht. Zur Giebelwand hin befindet sich ein Wandanschlussblech, das über den erhöhten Dachrand hinausreicht. Das Dach wird über ein Entwässerungsrohr entwässert. Wegen der Einzelheiten wird auf die von der Beklagten zur Akte gereichten Lichtbilder (Bl. 65-67R d. GA) Bezug genommen.
3Am 3.5.2001 zwischen 18:00 und 19:00 Uhr ereignete sich in W. ein Unwetter mit massiven Regen- und Hagelschauern. Durch den Hagel wurde das Entwässerungsrohr des Flachdachs verstopft. In der Folge trat Regenwasser über das Wandanschlussblech des Flachdachs zur Giebelwand hin aus und gelangte hinter die Verblendung der Giebelwand, wo es in die Fachwerkwand eindrang und diese bis in den Keller hinab durchfeuchtete. Außerdem drang das Wasser in die Decken und Wände des Ess- sowie des Schlafzimmers. Die 40 cm dicke Lehmdecke des Esszimmers war völlig durchfeuchtet und drohte einzustürzen. Es wurde eine komplette Decken- und Wandsanierung inklusive Abriss der Decke und der Drempelwand im Schlafzimmer erforderlich. Die Arbeiten wurden vom Unternehmen des Sohnes des Klägers - des Zeugen M. - durchgeführt und mit 29.046,40 DM in Rechnung gestellt. Das Wasser drang auch in die Abdichtungs- und Zwischenlagen des Flachdachs einschließlich der Wärmedämmung ein. Das Flachdach wurde daher ebenfalls saniert. Hierfür stellte das Unternehmen des Sohnes des Klägers 15.600,- DM in Rechnung. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Rechnungen vom 3.7.2001 und 2.8.2001 (Bl. 9, 10 und 25 d. GA) Bezug genommen. Durch die durchnässte und modernde Lehmdecke wurden die aufliegenden Teppiche und Gummierungen zerstört. Dadurch entstand ein weiterer Sachschaden von 4.718,35 DM. Insoweit wird auf die Aufstellung des Klägers vom 6.6.2001 (Bl. 26 d. GA) Bezug genommen.
4Der Kläger war zum Zeitpunkt des Schadensereignisses bei der Beklagten mit dem sog. "ProHaus"-Tarif im Rahmen einer Wohngebäude-Sturm-Versicherung versichert. Dem Vertrag lagen als Versicherungsbedingungen die ProHB 98 zugrunde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein und die in Kopie vorliegenden Versicherungsbedingungen (Bl. 27 ff. und 134 d. GA) Bezug genommen. Der Kläger zeigte der Beklagten den Schaden am 10.5.2001 an. Wegen der Einzelheiten der Anzeige wird auf das Schadensformular (Bl. 52 d. GA) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 10.7.2001 lehnte die Beklagte die Regulierung ab.
5Der Kläger hat behauptet, am 3.5.01 zwischen 18:00 und 19:00 Uhr seien an seinem Wohnort Gewitterböen mit einer Windstärke von bis zu 9 Beaufort aufgetreten; der Sturm habe Regen und Hagel "wie mit Eimern" gegen die an das Flachdach angrenzende Giebelwand geworfen; dadurch sei diese durchfeuchtet worden. Gleichzeitig habe der Sturm das auf dem Flachdach angesammelte Niederschlagswasser wellenartig gegen die Giebelwand gepeitscht, so dass es über das Wandanschlussblech hinaus nach oben gedrückt worden sei. Durch den Wind habe das Wasser nicht an anderer Stelle über den dort niedrigeren Rand des Flachdachs abfließen können.
6Der Kläger hat beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, an ihn 49.364,75 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (28.8.2001) zu zahlen.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie hat behauptet, es habe am Schadenstag kein Sturm geherrscht; vielmehr sei es zu sintflutartigen Regenfällen gekommen. Dadurch habe sich das Wasser auf dem Flachdach gesammelt und sei schließlich über das Wandanschlussblech hinweg "übergelaufen". Sie hat die Ansicht vertreten, es handele sich daher nicht um einen Sturm-, sondern um einen typischen Niederschlagsschaden.
11Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 28.3.2002, auf das Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es handele sich vorliegend nicht um einen Sturmschaden.
12Gegen das ihm am 2.4.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 17.4.2002 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 31.5.2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
13Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und behauptet, sein Haus sei vor dem Schadenstag in einem einwandfreien Zustand gewesen; die Beklagte selbst sei in ihrem Schreiben vom 2.7.2001 vom Vorliegen eines Sturmes ausgegangen. Auch die Ortslagen B., O. W. und B. seien am Schadenstag von Sturmereignissen betroffen gewesen; auch dort habe es Sturmschäden gegeben. Das Niederschlagswasser sei durch den Sturm in die Giebelwand gedrückt worden, ohne dass das Wasser das Flachdach "benutzt" hätte.
14Der Kläger beantragt,
15Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Sie wiederholt und vertieft ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21Die zulässige, insbesondere statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
22Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch aus §§ 1 I 1, 49 VVG in Verbindung mit §§ 1 Nr. 1 a, Nr. 2, 3 Nr. 3 a, 6 Nr. 1 b (2); Nr. 2 a, d (1) der Versicherungsbedingungen ProHaus 1998 (Pro HB 98) - der einzigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage - nicht zu.
23Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Schadensereignisses bei der Beklagten mit dem sog. "ProHaus"-Tarif im Rahmen einer Wohngebäude-Sturm-Versicherung versichert war. Dem Versicherungsvertrag lagen als Versicherungsbedingungen die Pro HB 98 zugrunde. Die Voraussetzungen einer Eintrittspflicht für Sturm- und Hagelschäden regelt § 3 Ziff. 3 Pro HB 98. Er lautet:
24Die Klage kann keinen Erfolg haben, weil der Kläger nicht schlüssig vorgetragen hat, dass sein Gebäude- und Möbelschaden auf einer der unter § 3 Ziff. 3 a (1) bis (3) genannten Ursachen beruht. Dabei kann die Frage, ob ein Sturm im Sinne der Pro HB 98 am 3.5.2001 zwischen 18:00 und 19:00 vorlag, offenbleiben. Es fehlt an den übrigen Voraussetzungen des § 3 Ziff. 3 a (1) bis (3) Pro HB 98, selbst wenn man das Vorliegen eines Sturmes annähme.
30Versichert sind nach § 3 Ziff. 3 a (1) Pro HB 98 Schäden "durch unmittelbare Einwirkung des Sturms / Hagels auf versicherte Sachen". Dies bedeutet, dass der Sturm oder der Hagel die "zeitlich letzte Ursache" des Sachschadens bilden muss, wobei Mitursächlichkeit ausreicht (OLG Köln, r+s 1995, 390; LG Köln, r+s 1995, 350; Prölss / Martin, VVG 26. Aufl. VGB 62, § 5 Rn 2). Dies ist z. B. dann der Fall, wenn der Sturm oder Hagel die Substanz des Gebäudes beschädigt - etwa das Dach abdeckt oder Scheiben zerstört -, oder auch, wenn nicht ordnungsgemäß geschlossene Türen oder Fenster aufgedrückt und dadurch beschädigt werden. Demgegenüber fehlt es an der Unmittelbarkeit, wenn der Schaden dadurch verursacht wird, dass im Gefolge des Sturmes oder des Hagels Feuchtigkeit eindringt, die die Gebäudesubstanz in Mitleidenschaft zieht. In diesem Fall setzt erst das eindringende Wasser die letzte Ursache für den Schaden. Dementsprechend hat das OLG Celle (r+s 1993, 384) entschieden, dass es an einem Sturmschaden im Sinne des § 5 Ziff. 2 VGB 62 fehle, wenn ein Feuchtigkeitsschaden des versicherten Gebäudes erst dadurch entstanden sei, dass ein Sturm das auf dem Gebäudedach ständig stehende Wasser in einen schon vor dem Sturm vorhandenen Einriss der Dachhaut hineingedrückt habe. Der Senat ist zu demselben Ergebnis in einem Fall gelangt, in dem sich ein Lichtschacht infolge eines Rückstaus der durch Hagel blockierten Hausabflüsse mit Wasser aufgefüllt und der Druck dieses Wassers sodann das Fenster des Lichtschachts zerstört hat (r+s 1995, 390 im Anschluss an LG Köln, r+s 1995, 350).
31Ebenso wie in den geschilderten Beispielsfällen fehlt es auch vorliegend an der unmittelbaren Ursächlichkeit des Sturmes oder Hagels für den Schaden. Der Hagel hat die vorhandene Flachdachentwässerung unwirksam gemacht, indem er den Abfluss verstopft hat. Anschließend sammelte sich auf dem Flachdach eine größere Menge stehenden Wassers. Wenn es stimmt, dass die Einfassung des Flachdachs an allen Seiten niedriger ist als die Oberkante des Wandanschlussbleches zur Giebelwand, hätte das Wasser eigentlich an einer anderen Stelle überfließen müssen. Der Übertritt über das Wandanschlussblech in die Giebelwand hinein wäre dann in der Tat nur durch die Wirkung des Windes erklärbar. Den Schaden hat aber selbst dann letztlich weder der Wind ("Sturm") noch der Hagel unmittelbar verursacht, sondern erst das eindringende Wasser, das die Bauteile durchweicht und zerstört hat.
32Nach § 3 Ziff. 3 a (2) Pro HB 98 sind außerdem Schäden versichert, die dadurch entstehen, dass der "Sturm / Hagel Gebäudeteile, Bäume, oder andere Gegenstände auf versicherte Sachen wirft". Entgegen der Auffassung des Klägers liegen indes auch diese Voraussetzungen hier nicht vor. Es ist zwar anerkannt, dass zu den anderen Gegenständen auch Hagelkörner gehören können (OLG Köln, VersR 1999, 1364 zu § 5 VGB 62). Es mag demnach vorliegend so gewesen sein, wie der Kläger vorträgt, dass der Wind Regen und Hagel "wie mit Eimern" gegen die an das Flachdach angrenzende Giebelwand "geworfen" hat. Dadurch sind indes nicht die Feuchtigkeitsschäden eingetreten. Soweit der Kläger in der Berufung behauptet, der aufprasselnde Regen bzw. Hagel hätte die Giebelwand durchfeuchtet, "ohne dass das Wasser das Flachdach benutzt' hätte, widerspricht dies den naturgesetzlichen Realitäten und muss daher ohne weiteres als ausgeschlossen betrachtet werden. Der Wandanschluss zwischen Flachdach und Giebelwand ist auf den Fotos, die der Regulierungsbeauftragte der Beklagten angefertigt hat, zu erkennen (Bl. 65 ff. d, GA). Es wurde vor der Anfertigung der Bilder eigens ein Stück der Kunststoffverblendung entfernt, die das Anschlussblech aus Zink von oben her überlappt. Um in die Giebelwand eindringen zu können, musste das Wasser zunächst unter der Kunststoffverblendung nach oben steigen und die Oberkante des Zinkblechs überwinden. Erst dann konnte es sich der Schwerkraft folgend in der Wand seinen Weg suchen. Diese steigende Bewegung des Wassers kann unmöglich allein durch das Anprasseln von Regen und Hagel erklärt werden. Der Regen kann nicht "ohne das Flachdach zu benutzen' " die Überlappung überwunden haben, weil er sich sonst "im freien Fall" unter der Unterkante der Verblendung hindurch und sodann - entgegen der Schwerkraft - wieder nach oben hätte bewegen müssen. Dies gilt erst recht für die dickeren und zudem schwereren Hagelkörner. Vielmehr ist der Wasserschaden nur durch überschwappendes "stehendes" Wasser auf dem Flachdach erklärbar, das möglicherweise der Wind an der Giebelwand zusätzlich hochdrückte. Demnach sind auch die Voraussetzungen des § 3 Ziff. 3 a (2) Pro HB 98 vorliegend auszuschließen.
33Schließlich lassen sich die vorliegenden Feuchtigkeitsschäden auch nicht als Folgeschäden im Sinne des § 3 Ziff. 3 a (3) Pro HB 98 auffassen. Dies würde nämlich voraussetzen, dass zunächst einmal Sturm- oder Hagelschäden im Sinne des § 3 Ziff. 3 a (1) oder (2) Pro HB 98 eingetreten sind. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Sturm oder Hagel ein ordnungsgemäß verschlossenes Fenster zerstört hat, durch welches dann Wasser eindringt. So war es vorliegend aber gerade nicht. Es hat nicht zunächst der Wind oder der Hagel einen Gebäudeschaden herbeigeführt, dessen Folge der Feuchtigkeitsschaden wäre. Vielmehr ist der Feuchtigkeitsschaden der erste und einzige Gebäudeschaden. Die Verstopfung des Abflusses mit Hagelkörnern stellte für sich genommen noch keinen Gebäudeschaden dar, da sich die Verstopfung durch Abtauen selbst beseitigte und daher nicht als bleibende Beschädigung aufgefasst werden kann.
34Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 91, 108, 708 Nr. 10 und 711 ZPO n.F.
35Ein Anlass, gemäß § 543 II ZPO n.F. die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
36Streitwert des Berufungsverfahrens: 49.364,75 DM
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