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G r ü n d e
2I.
3Für den seit 1997 unter Betreuung stehenden Betroffenen bestellte das Amtsgericht am 3.8.2000 anläßlich der Anordnung einer Begutachtung auch zur Frage der geschlossenen Unterbringung den Beteiligten zu 2. zum Verfahrenspfleger. Auf Nachfrage des Beteiligten zu 2. mit Schriftsatz vom 17.8.2000, ob er vorliegend in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger bestellt worden sei, erließ das Vormundschaftsgericht am 8.9.2000 einen Beschluss, wonach die am 3.8.2000
4"angeordnete Bestellung eines Rechtsanwalts als Verfahrenspfleger deshalb erfolgt ist, weil dies zur Wahrung der Interessen des Betroffenen erforderlich erschien".
5Ferner erfolgte die Festsetzung des Gegenstandswertes.
6Am 4.10.2000 suchte der Beteiligte zu 2. den Betroffenen auf, der nicht mehr ansprechbar war und erstellte dazu einen Bericht vom 6.10.2000. Der Betroffene verstarb 3 Tage später am 9.10.2000. Am 17.10.2000 erstellte der Beteiligte zu 2. gegenüber dem Vormundschaftsgericht eine Kostenrechnung über 624,52 DM nach der BRAGO. Der Rechtspfleger wies den Beteiligten zu 2. auf Bedenken hinsichtlich einer Gebührenfestsetzung nach der BRAGO hin. Der Beteiligte zu 2. blieb jedoch bei der von ihm beantragten Kostenfestsetzung. Nach Übersendung der Akten am 7.2.2002 an den zuständigen Bezirksrevisor zum Vergütungsantrag vom 17.10.00 legte dieser am 15.2.2002 Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 8.9.2000 ein. Das Landgericht hat auf dieses Rechtsmittel den angegriffenen Beschluss abgeändert, den Antrag auf Beiordnung des Beteiligten zu 2. als Rechtsanwalt zurückgewiesen und zur Klarstellung festgestellt, dass die Bestellung nicht als anwaltlicher Verfahrenspfleger erfolgt ist. Gegen diese Entscheidung wendet sich das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2.
7II.
8Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2. ist als einfache weitere Beschwerde statthaft.
9Im Verfahren über die Vergütung eines Verfahrenspflegers unterliegen gem. den §§ 67 Abs. 3 S. 3, 56g Abs. 5 FGG nur die in § 56g Abs. 1 S. 1 - 3 FGG genannten Entscheidungen der sofortigen Beschwerde, wozu insbesondere Beschlüsse über die Festsetzung der zu bewilligenden Vergütung gehören. Zwar ist hier ein entsprechender Antrag vom Beteiligten zu 2. gestellt worden, der indes noch nicht beschieden wurde.
10Anfechtbar nach § 20 FGG sind der landgerichtliche Beschluss vom 4.4.2002 und der zugrunde liegende Beschluss vom 8.9.2000. Diese Entscheidungen fallen indes nicht unter § 56g Abs. 1 FGG ( vgl. Beschluss des Senats vom 12.1.2001 - 16 Wx 147/00 ). Die - angegriffene - Feststellung beruht auf der Anregung des Bundesverfassungsgerichts an die Fachgerichte im Beschluss vom 07.06.2000 - 1 BvR 23/00 - (FamRZ 2000, 1280), die der Senat mit Beschluss vom 12.01.2001 - 16 Wx 147/00 - aufgegriffen hat. Sie dient der Rechtssicherheit und Klarheit. Dies gilt nicht nur für sogenannte "Altfälle" d.h. bei Verfahrenspflegschaften, in denen die Bestellung vor den beiden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 07.06.2000 erfolgt war, sondern für sämtliche Fälle der Bestellung eines Verfahrenspflegers, bei denen nicht offensichtlich ist, in welcher Eigenschaft ein Rechtsanwalt berufen wurde, somit wohl für die Mehrzahl der Fälle. Auch eine nachträgliche Feststellung - wie hier - ist in solchen Zweifelsfällen als zulässig zu erachten. Diese (Zwischen-) Entscheidung ist als mit der einfachen Beschwerde anfechtbar anzusehen (vgl. zu der ähnlichen Problematik des § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB: BayObLG FGPrax 20001, 79 und OLG Frankfurt FGPrax 2001, 76 jeweils mit weiteren Nachweisen).
11III.
12In der Sache hat die auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung (§§ 27 FGG, 550 ZPO) stand.
13Die Feststellung erster Instanz, dass der Beteiligte zu 2. die Verfahrenspflegschaft in seiner Funktion als Rechtsanwalt geführt hat, war fehlerhaft, da es sich um eine typische Routinesache ohne tatsächliche und vor allem ohne rechtliche Schwierigkeiten gehandelt hat. Die abändernde Entscheidung des Landgerichts läßt keine Rechtsfehler erkennen.
141.
15Maßgeblich für die Frage, ob die Verfahrenspflegschaft eine anwaltliche ist, ist die Situation zum Zeitpunkt der Bestellung des Beteiligten zu 2. zum Verfahrenspfleger. Bei der Beurteilung ist jeweils vom Einzelfall auszugehen und darauf abzustellen, ob anwaltsspezifische Aufgaben zu erfüllen sind, bei deren Lösung ein Laie typischerweise einen Rechtsanwalt hinzuziehen würde. Allein die Schwere eines Eingriffs läßt nicht regelmäßig den Schluss auf rechtliche Schwierigkeiten zu ( ständige Rechtsprechung des Senats: vgl. Beschluss v. 12.1.2001 - 16 Wx 147/00-; v. 11.5.2001 16 Wx 77/01; v. 5.12.2000- 16 Wx 154/00 - ).
16Hier liegen weder ein überdurchschnittlicher, tiefgreifender Eingriff in die Lebensstellung des Betroffenen, der evtl. anwaltlichen Rat erfordern könnte, noch besondere rechtliche Schwierigkeiten vor. Zum Zeitpunkt der Verfahrenspflegerbestellung am 3.8.2000 stand der Betroffene bereits seit mehreren Jahren unter Betreuung. Ferner hatte der den Betroffenen behandelnde Neurologe und Psychiater schon eine schriftliche Stellungnahme zur Notwendigkeit der Unterbringung des Betroffenen abgegeben. Die Schwere der Erkrankung des Betroffenen, der sich bereits in einem Pflegeheim befand, war im Übrigen allen Beteiligten zu diesem Zeitpunkt bekannt. Anlaß der Verfahrenspflegerbestellung war die Überprüfung, welche weiteren Maßnahmen angeordnet werden sollten, um eine bestehende Verletzungsgefahr möglichst gering zu halten. So sollte der Gutachter insbesondere eine Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung des Heimes und die Anbringung eines Bettgitters in Betracht ziehen. Diese Maßnahmen, die hier mit keiner schwierigen rechtlichen Problematik verbunden waren, stellten für den bereits im Heim wohnenden Betroffenen keinen so schwerwiegenden Eingriff dar, dass ein anwaltlicher Rat in dieser Situation erforderlich geworden wäre. Vielmehr konnte die Frage, welche Maßnahmen zur Sicherung der körperlichen Unversehrtheit des Betroffenen angebracht erscheinen, auch von einem nicht juristisch ausgebildeten Laien anhand der ärztlichen Gutachten beurteilt werden.
17Soweit sich schließlich der Beteiligte zu 2. in Anbetracht des Zeitablaufs auf den Vertrauensgesichtspunkt beruft, da er erst 1 1/2 Jahre später von der abweichenden rechtlichen Einordnung seiner Tätigkeit Kenntnis erhalten habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zwar ist ihm zuzugeben, dass die zeitliche Verzögerung bei der Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung auf einem Verfahrensfehler des Vormundschaftsgerichts zurückzuführen ist . Allerdings hat dieser Verfahrensfehler im Ergebnis keinen Einfluss auf die von dem Beteiligten zu 2. entfaltete Tätigkeit, deren Honorierung hier verlangt wird.
18Das Amtsgericht hat versäumt, den Beschluss vom 8.9.2000 umgehend dem Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse zuzuleiten, so dass dieser u.U. zeitnah ein Rechtsmittel einlegen konnte. Dass der Bezirksrevisor beschwerdebefugt i. S. d. § 20 Abs. 1 FGG, entspricht der Rechtsprechung des Senats ( vgl. Senat v. 11.5.2001, a. a. O. ). Bei der - hier noch nicht erfolgten - Festsetzung der Vergütung des Beteiligten zu 2. würden dem Vertreter der Landeskasse andernfalls Einwendungen gegen eine Entlohnung nach der BRAGO dem Grunde nach abgeschnitten, falls die angefochtene Entscheidung bestandskräftig werden würde. Wie bei der Feststellung der berufsmäßigen Führung der Betreuung (vgl. hierzu BayObLG BtPrax 2000, 34 = FamRZ 2000, 34 = NJW-RR 2001, 580; OLG Hamm FGPrax 2001, 18 = JMBl.NRW 2001, 56), ist die Entscheidung darüber, dass die Verfahrenspflegschaft eine anwaltliche ist, für das Vergütungsfestsetzungsverfahren konstitutiv.
19Die hier vorliegende zeitliche Verzögerung hatte allerdings für die Übernahme der Verfahrenspflegschaft und das Tätigwerden des Beschwerdeführers keine Auswirkungen mehr. Der Beteiligte zu 2. suchte nämlich am 4.10.2000 den Betroffenen auf und erstellte seinen Bericht am 6.10.2000. Am 9.10.2000 verstarb der Betroffene.
20Hätte das Vormundschaftsgericht den am 20.9.2000 in den Postausgang gelangten Beschluss dem Bezirksrevisor umgehend zugeleitet, wäre dessen Rechtsmittel frühestens Anfang Oktober 2000 zu den Akten gelangt und dem Beteiligten zu 2. erst einige Tage später mitgeteilt worden. Eine abändernde Entscheidung des Beschwerdegerichts hätte kaum vor November 2000 ergehen können; zu diesem Zeitpunkt hatte der Beteiligte zu 2. seine hier in Rechnung gestellte Tätigkeit abgeschlossen. Der Beteiligte zu 2. kann sich mithin nicht mit Erfolg auf einen eventuellen Vertrauensschutz berufen, da angesichts der dargestellten zeitlichen Abläufe ein Vertrauenstatbestand zum Zeitpunkt seines Tätigwerdens noch nicht vorlag.
21Im Übrigen könnten Ansprüche aufgrund Vertrauensschutzes nur unter ganz engen Voraussetzungen begründet werden, da ein Rechtsanwalt, der in (Neben-) Tätigkeit Verfahrenspflegschaften übernimmt und weiß, dass diese normalerweise gerade nicht nach der Gebührenordnung des Hauptberufes honoriert werden, das Risiko der Honoraränderung der Höhe nach bei seiner Entscheidung einkalkulieren kann ( vgl. Rspr. des Senats, Beschluss vom 11.5.2001 - 16 Wx 77/01 ).