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T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung B. Flur Nr. , auf dem die Firma R. als Mieterin einen SB-Warenmarkt betrieb.
3Dieses Grundstück hatte die H.-M. Versicherungs-AG aufgrund notariellen Kaufvertrages vom 30.04.1982 von der Beklagten erworben. Die H.-M. Versicherungs-AG verpflichtete sich zur Errichtung eines Gebäudes und zum Betrieb eines SB-Warenhauses mit Vollsortiment auf dem Grundstück. Die Beklagte verpflichtete sich gemäß § 4 Ziffer 5,
4"...im Wohnsiedlungsbereich B.ein SB-Warenhaus oder ähnlichen Betrieb, z. B. Kaufhaus mit mehr als 1.500 m² Verkaufsfläche, soweit rechtlich möglich, bis zum Jahre 2000 nicht zu zulassen..."
5Am 01.10.1983 schloss die H.-M. Versicherungs-AG mit der Firma R. einen Mietvertrag mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2003. Die Klägerin erwarb das Grundstück am 07.05.1997 und trat in das Mietverhältnis mit der Firma R. ein.
6Auf ein Schreiben der Firma R. vom 20.01.1997 kam es zu Verhandlungen mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin über die Verlängerung der Vertragslaufzeit des Mietvertrages. Am 21.02.1997 (Bl. 160 AH) übersandte die Rechtsvorgängerin der Klägerin der Firma R. einen Nachtrag zum Mietvertrag, in dem die Verlängerung der festen Mietzeit um 15 Jahre sowie eine Option für 8 Jahre vorgesehen waren.
7Am 01.07.1997 fasste der Rat der Beklagten den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 38 a/B., der eine Ausweisung des Gebietes der ehemaligen Zuckerfabrik für großflächigen Einzelhandel, unter anderem die Errichtung eines SB-Warenhauses mit ca. 5.000 m² Verkaufsfläche, vorsah. Dieses Gebiet liegt ca. 1 km von dem SB - Warenmarkt auf dem Grundstück der Klägerin entfernt.
8Mit Schreiben vom 30.06.1997 (Bl. 163 AH) bat die Klägerin die Fa. R. im Hinblick auf deren Ablehnung der Unterzeichnung des angebotenen Nachtrags um Prüfung einer Verlängerung des Mietverhältnisses zumindest bis zum 31.12.2010.
9Mit Schreiben vom 03.07.1997 (Bl. 162 AH) teilte die Firma R. der Klägerin mit, sie sei an einer Verlängerung des Mietvertrages zur Zeit nicht interessiert. Ein geändertes Angebot der Klägerin vom 09.07.1997 (Bl.164 AH), das die Verlängerung der Laufzeit des bestehenden Mietvertrages bis zum 31.12.2010 vorsah, lehnte die Firma R. unter dem 04.08.1997 (Bl. 165 AH) aufgrund der sich abzeichnenden, veränderten Wettbewerbssituation ab.
10Am 29.06.1999 wurde dem Betreiber des SB-Marktes auf dem Gebiet der ehemaligen Zuckerfabrik eine Baugenehmigung erteilt, nachdem die Beklagte am 25.02.1999 ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB erteilt hatte. Am 14.12.1999 wurde der Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan, der am 16.03.1999 gefasst worden war, wieder aufgehoben. Es erfolgte eine geänderte Planung. Am 09.05.2000 wurde der neue SB-Markt auf dem Gebiet der ehemaligen Zuckerfabrik eröffnet.
11Mit der Klage verlangt die Klägerin unter Bezugnahme auf die Abtretungsurkunde vom 10.02.1999 (Bl. 50 AH) die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten aufgrund der Aufstellung des Bebauungsplanes und des Bekanntwerdens der Planungsabsichten.
12Die Klägerin hat behauptet, aufgrund der Ausweisung des neuen Einkaufszentrums sei es nicht zu einer Mietvertragsverlängerung mit der Firma R. gekommen. Durch den Verstoß der Beklagten gegen § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages sei ihr, der Klägerin, ein Schaden von mindestens 6,2 Millionen DM entstanden. Für die Jahre 2004 bis 2019 werde ein erheblicher Mietausfall entstehen.
13Die Klägerin hat beantragt,
14festzustellen, dass die Beklagte ihr sämtliche Schäden zu ersetzen hat, die ihr durch die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 38 a/B. zur Ausweisung eines großflächigen Einzelhandelszentrums in unmittelbarer Nähe des SB-Warenmarktes der Klägerin durch die Beklagte entgegen der vertraglichen Vereinbarung vom 30.04.1982 und das Bekanntwerden dieser Planungsabsichten - insbesondere durch den entstehenden Mietausfall und die Wertminderung des Objektes - entstanden sind und entstehen werden.
15Hilfsweise,
16festzustellen, dass die Beklagte ihr sämtliche Schäden zu ersetzen hat, die ihr durch die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens im Sinne des § 36 in Verbindung mit § 33 BauGB durch die Beklagte am 25.02.1999 für die Errichtung des großflächigen Einzelhandelszentrums auf dem Gebiet der ehemaligen Zuckerfabrik in B.- insbesondere durch den entstehenden Mietausfall und die Wertminderung des Objektes - entstanden sind und entstehen werden.
17Die Beklagte hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die Beklagte hat gemeint, die Regelung gemäß § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages sei nichtig, weil sie sich vertraglich nicht wirksam habe verpflichten können, auch nach einem Zeitraum von mehr als 15 Jahren im Wohnsiedlungsbereich von B. kein SB-Warenhaus zuzulassen. Darüber hinaus liege kein Verstoß gegen § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages vor, weil mit dem Begriff des Zulassens die tatsächliche Ansiedlung eines Konkurrenzbetriebes gemeint gewesen sei. Die Ansiedlung des neuen SB-Marktes sei erst nach dem vertraglich festgelegten Zeitpunkt 01.01.2000 erfolgt, nämlich erst am 09.05.2000. Die Firma R. habe zudem im Jahre 1997 das Interesse an dem Standort unabhängig von den Planungen der Beklagten wegen des schlechten Zustandes des Gebäudes und der ungünstigen Ertragslage verloren.
20Durch Urteil vom 06.03.2001 - 5 O 209/00 -, auf das wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Verpflichtung der Beklagten gemäß § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages, im Wohnsiedlungsbereich B. ein SB-Warenhaus mit mehr als 1.500 m² Verkaufsfläche bis zum Jahre 2000 nicht zuzulassen, sei wegen Verstoßes gegen § 1 BBauG/BauGB nach § 134 BGB nichtig, weil die Unterlassungsverpflichtung in die gemeindliche Planungshoheit eingreife. Im Übrigen habe die Beklagte gegen die Unterlassungsverpflichtung nicht verstoßen, weil es nicht auf den Beginn der Bauleitplanung sondern auf die tatsächliche Eröffnung des Konkurrenzbetriebes ankomme, die unstreitig erst am 09.05.2000 erfolgt sei.
21Gegen dieses ihr am 23.03.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.04.2001 Berufung eingelegt, die sie nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 21.06.2001 begründet hat.
22Die Klägerin meint, § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages vom 30.04.1982 sei nicht nichtig, sondern in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Übernahme der Gewährleistung oder Risikoübernahme anzusehen bzw. gemäß § 140 BGB in eine solche umzudeuten. Da der Prozess der Zulassung des Konkurrenzbetriebes mit dem Erlass des Planaufstellungsbeschlusses vom 01.07.1997 begonnen habe, liege auch ein Verstoß der Beklagten gegen § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages vor.
23Im Wege der Klageerweiterung verlangt die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten aufgrund einer Änderung der verkehrsmäßigen Erschließung ihres Objektes. Hierzu trägt sie vor, die Beklagte beabsichtige, den Verkehr von den südlich des Ortes gelegenen Wohngebieten zu der L.straße nicht mehr wie bisher über den Bahnübergang zuzulassen, sondern über die A.-S.-Straße zu führen, an der das neue Fachmarktzentrum liege. Die Verkehrsführung über zwei Kreisel und eine neu geschaffene Querspange oberhalb des Grundstücks der Klägerin stelle zukünftig den einzigen Zugang aus südlicher Richtung zur B.er Haupteinkaufsstraße dar. Durch den bereits erfolgten Bau der Querspange, einer inzwischen stark befahrenen Straße, habe die Beklagte 137 Parkplätze, die sich auf dem S. befänden, von dem SB-Markt abgeschnitten, weil im Bereich des SB-Marktes kein Verkehrsüberweg vorhanden sei. Sowohl die verwirklichte als auch die zur Zeit nur konzeptionell geänderte Straßenführung hätten eine Vermietbarkeit des Gebäudes unmöglich gemacht, wodurch der Verkaufswert der Immobilie von 18 Millionen auf sechs bis acht Millionen gesunken sei. Die Änderung der Verkehrsführung stelle einen Verstoß gegen § 3 l) des Kaufvertrages dar, wonach die Beklagte verpflichtet sei, den nach der Planung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgesehenen Funktionszusammenhang von verkehrsmäßiger Erschließung und Einbindung der Parkplätze zu gewährleisten und die kürzeste Verbindung zwischen den südlichen Wohngebieten und dem Grundstück der Klägerin sicherzustellen.
24Die Klägerin beantragt,
25das Urteil des Landgerichts Köln 5 O 209/00 vom 06.03.2001 abzuändern und gemäß ihren Schlussanträgen aus erster Instanz zu entscheiden;
26ferner,
27festzustellen, dass die Beklagte ihr den Schaden zu ersetzen hat, der ihr durch die geänderte verkehrsmäßige Erschließung ihres Immobilienobjekts L.straße 4, B.(K 37 N - Südumgehung B.- und Schließung Bahnübergang L.straße sowie Bau der Querspange entsprechend der als ANLAGE BB 1 beigefügten Darstellung des Ing.-Büro B. und R., B.) entstanden ist und noch entsteht.
28Die Beklagte beantragt,
29die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und der Beklagten zu gestatten, zulässige oder erforderliche Sicherheiten auch durch Bürgschaft einer im Währungsgebiet ansässigen Bank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
30Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie rügt die Aktivlegitimation der Klägerin und trägt vor, weder der Planaufstellungsbeschluss vom 01.07.1997 noch die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 BauGB am 25.02.1999 stellten einen Verstoß gegen § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages dar. Die Klausel enthalte keine Risikoübernahme. Zudem habe das Konkurrenzunternehmen erst nach Ablauf der Bindungsfrist eröffnet. Erst zu diesem Zeitpunkt sei der Tatbestand des Zulassens im Sinne der Vertragsklausel abgeschlossen gewesen.
31Die Beklagte hat in die Klageänderung betreffend die geänderte Verkehrsführung nicht eingewilligt und hält diese für nicht sachdienlich. § 3 l) des Kaufvertrages sei nicht einschlägig, weil mit dieser Klausel lediglich die Erfüllung der Stellplatzpflicht nach der Bauordnung Nordrhein Westfalen sichergestellt werden solle. Daran habe sich durch die neue Verkehrsführung nichts geändert.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
33E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
34Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts entspricht der Sach- und Rechtslage, das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Klageerweiterung ist zulässig, aber nicht begründet.
35I.
36Der in erster Instanz als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte wegen der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 38 a und dem Bekanntwerden dieser Planungsabsichten zu.
371.
38Die Feststellungsklage ist zulässig, denn die Parteien streiten über eine aus dem Kaufvertrag vom 30.04.1982 resultierende Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz eines noch in der Entwicklung befindlichen Schadens (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 256 Rn. 7 a m. w. N.).
392.
40Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die von ihr vorgelegte Abtretungsurkunde vom 10.02.1999 kann nur so verstanden werden, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin sämtliche ihr aus dem notariellen Kaufvertrag vom 30. April 1982 "zustehenden Rechte" an die Klägerin abgetreten hat, wie die Klägerin dies in erster Instanz unwidersprochen vorgetragen hat. Die Worte "zustehenden Rechte" sind offensichtlich versehentlich nicht geschrieben worden. Eine solche Abtretung umfasst die primären Erfüllungsansprüche, die Ansprüche bei Leistungsstörungen und alle selbständigen Gestaltungsrechte (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 398 Rn. 18, 19).
413.
42Der Kaufvertrag vom 30.04.1982 stellt auch unter Berücksichtigung der in §§ 3 l), 4 Ziffer 5 sowie unter Ziffer B getroffenen öffentlich-rechtlichen Absprachen aus dem Bereich des Bauplanungs-, Umlegungs- und Erschließungskostenrechts insgesamt eine privatrechtliche Regelung dar, denn sein Schwerpunkt liegt auf kaufrechtlichem Gebiet. Die von der Beklagten in § 4 Ziffer 5 eingegangene Verpflichtung, kein weiteres SB-Warenhaus oder ähnlichen Betrieb mit mehr als 1500 m² Verkaufsfläche bis zum Jahre 2000 zu zulassen, diente nur dem Ziel, die in dem Vertrag vereinbarte bauliche Nutzung des verkauften Grundstücks sicherzustellen (vgl. BGHZ 76, 17 ff).
434.
44Die in § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages enthaltene Verpflichtungserklärung der Beklagten stellt eine vertragliche Risikoübernahme dar, durch die die Beklagte das Risiko der künftigen Bebaubarkeit des Grundstücks übernommen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 76, 17 ff), können gegen § 2 Abs. 3 Halbsatz 2 BauGB verstoßende und damit unwirksame Planzusagen als Risikoübernahme ausgelegt oder gemäß § 140 BGB in eine solche umgedeutet werden. Nach dieser Rechtsprechung liegt eine vertragliche Risikoübernahme vor allem dann nahe, wenn Verkäufer und Träger der Planungshoheit identisch sind, weil dann die im Vertrag vorausgesetzte Verwendbarkeit der Kaufsache nicht allein vom Willen eines Dritten abhängt. Die Auslegung einer solchen Klausel und die Bestimmung des Umfangs der Risikoübernahme hat sich am Vertragszweck und der beiderseitigen Interessenlage auszurichten.
45Eine Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ergibt im vorliegenden Fall, dass die Parteien mit § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages einen Kauf mit Übernahme des Planungsrisikos durch die Beklagte vereinbart haben.
46Für eine solche Auslegung spricht zum einen die in § 4 Ziffer 5 formulierte Einschränkung, ein SB-Warenhaus "soweit rechtlich möglich" bis zum Jahre 2000 nicht zuzulassen. Aus diesem Wortlaut ergibt sich, dass die Beklagte sich nicht ohne Rücksicht auf das geltende öffentlich-rechtliche Bauplanungsrecht verpflichten wollte, das Risiko eines Scheiterns der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin getätigten Investitionen zu übernehmen. Die Vertragsparteien sind ersichtlich davon ausgegangen, dass für die Beklagte keine Möglichkeit zum Fernhalten von Konkurrenz bestand, wenn etwa eine Baugenehmigung ohne Aufstellung eines Bebauungsplanes nach § 34 BauGB erteilt werden musste.
47Auch die von den Vertragsparteien übernommenen umfangreichen Verpflichtungen weisen auf eine beabsichtigte Risikoübernahme durch die Beklagte hin. Denn unstreitig hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin auf Wunsch der Beklagten neben dem finanziellen Aufwand von 1,4 Millionen DM für den Kauf des Grundstücks und die Verlegung eines Parks die Verpflichtung zu einer bestimmten Investition, nämlich zur Bebauung des Grundstücks entsprechend den Plänen des Architekturbüros H. und L. mit einem vereinbarten Raumprogramm übernommen. Aufgrund des mit dem Kaufvertrag verbundenen Ablösungsvertrages hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin ferner verschiedene Leistungen zur Erschließung des Grundstücks erbracht. Zu diesen langfristigen Investitionen war die Klägerin für die Beklagte erkennbar nur bereit, wenn sie nicht das Risiko eines Konkurrenzunternehmens in der Nachbarschaft einging, dieses Risiko vielmehr die Beklagte trug, deren Interesse an dem Abschluss des Kaufvertrages in der Erweiterung des innerörtlichen Angebotes des ansässigen Einzelhandels bestand.
48Selbst wenn man die in § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages enthaltene Planzusage nicht als Risikoübernahme auslegte, wäre die Klausel jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und unter Berücksichtigung ihrer oben dargestellten Bedeutung gemäß § 140 BGB in eine solche umzudeuten.
495.
50Die Beklagte hat durch die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 38 a/B.nicht gegen ihre Verpflichtungen aus § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages vom 30.04.1982 verstoßen. Weder unter Berücksichtigung des Wortlautes der Risikoübernahmeklausel noch des Vertragszwecks und der beiderseitigen Interessenlage lässt sich ein Verstoß der Beklagten feststellen.
51a.
52Die Parteien haben in dem notariellen Vertrag den Begriff des "Zulassens" innerhalb der Frist bis zum Jahr 2000 nicht näher definiert. Nach der konkreten Sachlage zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kann damit die Erteilung einer Baugenehmigung, die Aufstellung eines Bebauungsplanes oder die Ermöglichung einer Ansiedlung durch Verkauf eines Grundstücks oder der Eintritt der konkreten Konkurrenzsituation bis zum Jahr 2000 gemeint gewesen sein.
53Der von den Vertragsparteien verwendete Begriff "Zulassen" könnte seinem Wortlaut nach zwar für den Vorgang der Erteilung einer Baugenehmigung sprechen. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass die Baugenehmigung selbst nur noch konkrete Fragen des Bauvorhabens im Sinne des Bauordnungsrechts regelt und den Abschluss eines längeren Zulassungsverfahrens darstellt. Die Zulassung der Nutzung eines Grundstücks für Einkaufszentren oder großflächige Handelsbetriebe erfolgt durch die Festlegung eines Sondergebietes im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO NW bei Erlass eines Bebauungsplanes. Das Verfahren zum Erlass eines Bebauungsplanes wird auch - wie hier am 01.07.1997 geschehen - durch einen Planaufstellungsbeschluß eingeleitet.
54Nach dem Sinn und Zweck des Kaufvertrages vom 30.04.1982 und unter Berücksichtigung der Interessenlage der Parteien ist der in § 4 Ziffer 5 verwendete Begriff "zuzulassen" aber im Sinne einer tatsächlichen Inbetriebnahme eines Konkurrenzbetriebes zu verstehen.
55Aus dem Zusammenhang der Regelungen in § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrags ergibt sich, dass die Vertragsparteien der Käuferin über einen gewissen Zeitraum sämtliche Konkurrenz fernhalten wollten, damit sich für sie die Investitionen in das mit dem Kaufvertrag ermöglichte Projekt lohnten. Solange die Rechtsvorgängerin ein SB-Warenhaus mit Vollsortiment betrieb, sollte die Gefahr von Umsatzeinbußen als Folge der Geschäftstätigkeit gleichartiger oder ähnlicher Unternehmen verhindert werden. Der Prozess des Zulassens im Sinne der Vertragsklausel konnte daher erst abgeschlossen sein, wenn ein Konkurrenzbetrieb tatsächlich eröffnete und nicht lediglich angekündigt war. Die Inbetriebnahme des neuen Einkaufszentrums ist unstreitig jedoch erst am 09.05.2000, d. h. nach Ablauf der Bindungsfrist, erfolgt. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Mieterin der Klägerin konkurrenzlos.
56Legte man den Begriff des Zulassens wie die Klägerin aus, beinhaltete die Regelung in § 4 Ziffer 5 des Vertrages einen Konkurrenzschutz über 18 Jahre hinaus, denn das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplanes erstreckt sich erfahrungsgemäß über einen längeren Zeitraum, der unter Umständen - wie hier - mehrere Jahre betragen kann. Eine solche zeitliche Ungewissheit hinsichtlich der Dauer der vertraglichen Verpflichtung kann nach der dargestellten Interessenlage der Vertragsparteien nicht gemeint gewesen sein. Die Beklagte wollte sich vielmehr lediglich verpflichten, im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür sorgen, dass kein gleichartiger Betrieb seine Geschäftstätigkeit vor Ablauf der Bindungsfrist, d. h. dem 01.01. 2000, aufnahm.
576.
58Selbst wenn man von einem Vertragsverstoß der Beklagten ausginge, fehlte es jedenfalls an der Kausalität eines solchen Verstoßes für den Eintritt des Schadens. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist weder der Planaufstellungsbeschluss vom 01.07.1997 noch das Bekanntwerden der Planung kausal für die Nichtverlängerung des Mietvertrages mit der Firma R.. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben vom 30.06.1997 (Anlage K 18, Bl. 163 AH) ergibt sich, dass die Firma R. bereits im Juni 1997, das heißt vor Aufstellung des Planaufstellungsbeschlusses am 01.07.1997, von einer Verlängerung des Mietvertrages Abstand genommen hatte, weil firmenintern eine Entscheidung zur langfristigen Sicherung des Standortes nicht getroffen werden konnte. Da der R. die Planungsabsichten der Beklagten zu dieser Zeit - soweit vorgetragen und ersichtlich - noch nicht bekannt sein konnten, ist davon auszugehen, dass andere Überlegungen für die R.-Gruppe maßgeblich gewesen sind. Auch die Einstellung des Betriebes schon vor Ablauf des Mietvertrages bei voller Fortzahlung der Miete spricht dafür, dass die Aufgabe des Standortes nicht aus Konkurrenzgründen, sondern aus firmeninternen Gründen geschehen ist.
59II.
60Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 in Verbindung mit § 33 BauGB durch die Beklagte am 25.02.1999 für die Errichtung eines großflächigen Einzelhandelszentrums auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik in B., denn mit der Erklärung des Einvernehmens hat die Beklagte nicht gegen ihre Verpflichtungen aus § 4 Ziffer 5 des Kaufvertrages verstoßen. Ein Anspruch der Klägerin scheitert hier aus den gleichen Gründen wie unter Ziffer I. dargelegt.
61III.
62Der zulässige Klageerweiterungsantrag ist nicht begründet. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz im Zusammenhang mit der geänderten und noch geplanten Verkehrsführung durch die Beklagte zu.
631.
64Die Klageerweiterung ist gemäß §§ 523, 263 ZPO zulässig, denn sie ist sachdienlich. Da die Klägerin ihren neuen Feststellungsantrag auf den Kaufvertrag vom 30.04.1982 stützt und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich ist, kann der Senat über das neue Begehren abschließend entscheiden. Damit wird der gesamte Streitstoff im Rahmen dieses Prozesses ausgeräumt und weiteren Rechtstreitigkeiten zwischen den Parteien vorgebeugt (vgl. Zöller/Gummer,ZPO, 22. Aufl., § 523 Rn. 8 m. w. N.).
652.
66Der Feststellungsantrag ist gemäß § 256 ZPO zulässig, jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat durch die bereits geänderte und noch geplante Verkehrsführung nicht gegen Ziffer 3 l) des Kaufvertrages vom 30.04.1982 verstoßen.
67Nach § 3 l) hat sich die Beklagte verpflichtet, dafür einzustehen, dass hinsichtlich des Kaufgrundstückes die städtebauliche Durchführung der vorgesehenen Bauplanung, insbesondere die verkehrsmäßige Erschließung des Warenhauses, auf Dauer sichergestellt wird. Ferner hat die Beklagte die laut Bauschein nachzuweisenden notwendigen PKW-Stellplätze auf dem kleinen Parkplatz und die restlichen auf dem großen Parkplatz auf Dauer und unentgeltlich vorzuhalten und baulich zu unterhalten.
68Die Beklagte hat durch ihre bereits verwirklichte und die erst geplante zukünftige Verkehrsführung weder gegen die Verpflichtung zur verkehrsmäßigen Erschließung noch gegen die Verpflichtung zur Vorhaltung und baulichen Unterhaltung der Parkplätze verstoßen.
69a.
70Die von der Klägerin vorgenommene Interpretation des § 3 l), wonach die Beklagte den nach der Planung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgesehenen Funktionszusammenhang von verkehrsmäßiger Erschließung und Anbindung der Parkplätze an das Grundstück des SB-Marktes/Warenhauses gewährleisten müsse, lässt sich aus dem Wortlaut der Klausel nicht entnehmen. Eine solche Auslegung ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck dieser Regelung.
71Zwar hat die Klägerin vorgetragen, dass bei Vertragsschluss maßgebliche Konzept habe vorgesehen, dass der Kundenkreis aus dem Süden von B. mit dem PKW über die L.straße den SB-Markt anfahren und dort entweder auf einem der wenigen Parkplätze auf dem Grundstück oder auf dem S. habe parken und von dort unter Nutzung des Einkaufswagens seine Einkäufe habe tätigen könne. Es ist aber weder konkret vorgetragen noch ersichtlich, dass die Parteien vor oder bei Vertragsschluss von einem gemeinsamen Konzept für den Betrieb des SB-Marktes oder von einer von der Beklagten vorgesehenen oder schon verwirklichten Planung hinsichtlich der Straßenführung und des ruhenden Verkehrs im Zusammenhang mit dem SB-Markt ausgegangen sind und diese Überlegungen zum Gegenstand ihrer vertraglichen Vereinbarungen machen wollten.
72Soweit die Rechtsvorgängerin der Klägerin davon ausgegangen ist, dass der für den wirtschaftlichen Betrieb des Marktes notwendige Kundenstamm durch die kürzeste Verbindung der südlichen Wohngebiete mit der Innenstadt von B., nämlich über die L.straße, gewährleistet war, handelt es sich vielmehr nur um eine einseitige Erwartung der Käuferin, nicht jedoch um einen von den Vertragsparteien gemeinsam vorausgesetzten und in ihren Willen aufgenommenen Umstand.
73Mangels hinreichender Anhaltspunkte für die von der Klägerin vertretene Auslegung kann § 3 l) des Kaufvertrages daher entsprechend seinem Wortlaut nur im Sinne einer Gewährleistung der Beklagten für das Vorhandensein einer öffentlichen Straße als Zugang zu dem verkauften Gelände verstanden werden. Durch die beabsichtigte Verlegung des Bahnüberganges von der L.straße in die G.straße werden die Zugangsstraßen zum Gelände der Klägerin nicht stillgelegt; es findet lediglich eine zeitweise Umleitung der Verkehrsströme aus den südlich des Ortes gelegenen Wohngebieten statt. Das Gelände der Klägerin ist über den äußeren Ring und die Querspange erreichbar.
74b.
75Eine Verpflichtung der Beklagten zur Wahrung der Einheit zwischen den 18 PKW-Stellplätzen auf dem kleinen Parkplatz unmittelbar vor dem Markt und den restlichen 137 Parkplätzen des B.er Schlosses in dem von der Klägerin vorgetragenen Sinne besteht nach § 3 l) des Kaufvertrages nicht. Mit der Bestimmung des § 3 l) wollten die Vertragsparteien, soweit erkennbar, lediglich die Erfüllung der Stellplatzpflicht nach der Bauordnung Nordrhein Westfalen sicherstellen.
76Aus dem Wortlaut der Vertragsbestimmung lässt sich die Auffassung der Klägerin, dass damit der Verkehr auf der Straße zwischen dem Kaufgrundstück und dem S. so gering gehalten werden sollte, dass die Verbindung zwischen dem großen Parkplatz und dem Warenhaus durch den Verkehrsfluss nicht gestört wurde, nicht entnehmen. Die Formulierung "...die lt. Bauschein nachzuweisenden notwendigen PKW-Stellplätze..." weist vielmehr nur auf die Absicht der Parteien zur Regelung des von ihnen erkannten bauordnungsrechtliche Erfordernisses zur Schaffung von Parkplätzen hin.
77Soweit die Klägerin meint, die Beklagte habe den Funktionszusammenhang zwischen verkehrsmäßiger Erschließung und direkter Anbindung der Parkplätze an das Grundstück des SB-Marktes zu gewährleisten, bestand, soweit erkennbar, ein Zusammenhang zwischen Erschließung und Schaffung der Parkplätze nur insoweit, als auch eine verkehrsmäßige Anbindung der Parkplätze bestehen musste, so dass diese als Stellplätze im Sinne der Bauordnung nutzbar waren. Dass die nach den entsprechenden Bestimmungen der Bauordnung NW verlangten Voraussetzungen wegen des Baus der Querspange nicht mehr erfüllt wären, behauptet die Klägerin nicht.
78Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass schon die Abtrennung der Parkplätze durch eine Straße ihre Nutzung aus psychologischer Sicht verhindere und sich kein Kunde mit einem Einkaufswagen über eine innerörtliche Straße mit erheblichem Verkehrsaufkommen wage, weil es an einer geeigneten Wegeführung in Form von abgesenkten Bordsteinen, Fußgängerüberwegen und Lichtzeichenanlagen fehle, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Die Beklagte mag aus ordnungsbehördlichen Gründen in ihrer Funktion als zuständige Straßenverkehrsbehörde verpflichtet sein, für die Besucher des SB-Marktes einen geeigneten und gefahrlosen Überweg zu schaffen und einen solchen für die Dauer der gewerblichen Nutzung des Grundstücks zu gewährleisten. Eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin zur Unterlassung einer bestimmten Straßenführung kann sich aus der damit für die Kunden des SB-Marktes verbundenen erschwerten Zugangsmöglichkeit aber nicht ergeben. .
79V.
80Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
81Streitwert: Berufungsantrag : 4.390.000,00 DM
82Klageerweiterungsantrag: 4.390.000,00 DM
83Eine Addition dieser Streitwerte findet nicht statt.
84Wert der Beschwer für die Klägerin: über 60.000,00 DM