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Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten verworfen.
Gründe
2I.
3Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Köln vom 26. Mai 2000 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Haschisch in 6 Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Abgabe an Personen unter 18 Jahren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Seine Berufung hat das Landgericht Köln mit Urteil vom 24. August 2000 gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen; zur Begründung hat es (formularmäßig) festgestellt, der Angeklagte sei ungeachtet der durch Urkunde vom 10.08.2000 nachgewiesenen Ladung zur Hauptverhandlung nicht erschienen und auch nicht in zulässiger Weise vertreten worden. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, die mit der - nicht ausgeführten - Rüge der Verletzung sachlichen Rechts begründet worden ist.
4II.
5Das statthafte und auch ansonsten in formeller Hinsicht unbedenkliche Rechtsmittel des Angeklagten ist nicht begründet.
6Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revisionsbegründung lässt einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erkennen. Sie führt nicht zur Feststellung einer fehlenden Verfahrensvoraussetzung oder eines vorliegenden Verfahrenshindernisses. Eine weitergehende Rechtskontrolle, insbesondere in Bezug auf die Frage, ob das Landgericht die Bestimmung des § 329 Abs. 1 StPO rechtsfehlerfrei zur Anwendung gebracht hat, ist durch die allein erhobene Sachrüge nicht veranlasst.
71.
8Nach bislang nahezu einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum führt die Erhebung der allgemeinen Sachrüge gegenüber einem Verwerfungsurteil nach § 329 Abs. 1 StPO lediglich zu der Prüfung des Revisionsgerichts, ob Prozessvoraussetzungen vorliegen oder Verfahrenshindernisse bestehen (BayObLG NStZ-RR 2000, 307; OLG Düsseldorf JMBl NW 1986, 249; OLG Hamm MDR 1973, 694 m. w. Nachw.; OLG Koblenz DAR 1974, 221; OLG Karlsruhe GA 1981, 91; OLG Saarbrücken VRS 23, 298; OLG Saarbrücken VRS 44, 190 [192]; SenE v. 20.06.1986 - Ss 723/85 - = VRS 71, 371 [372]; SenE v. 13.02.1970 - Ss 433/69 - GA 1971, 27; vgl. ferner Gollwitzer, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 329 Rdnr. 97 m. w. Nachw.; Gössel, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 412 Rdnr. 51; Kuckein, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Aufl., § 344 Rdnr. 31; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 329 Rdnr. 49; KMR-Paulus § 329 StPO Rdnr. 69; AK-Dölling § 329 StPO Rdnr. 47; Rautenberg, in: Heidelberger Kommentar, StPO, § 329 Rdnr. 50; Pfeiffer, StPO, 2. Aufl., § 329 Rdnr. 12; Dahs/Dahs, Die Revision im Strafprozeß, 5. Aufl., Rdnr. 451; zu § 74 Abs. 2 OWiG: SenE v. 28.01.1986 - Ss 826/85 - = VRS 70, 458 [459] = JMBl NW 1986, 226 = VM 1986, 52; SenE v. 17.03.1987 - Ss 118/87 B - = VRS 72, 442 [443]).
9Dagegen ist nunmehr das OLG Dresden (NJW 2000, 3295) der Ansicht, dass die Verletzung des § 329 Abs. 1 StPO auch mit der Sachrüge geltend gemacht werden könne und deshalb ein entsprechender Rechtsfehler vom Revisionsgericht schon auf Grund einer nicht ausgeführten Sachrüge zu berücksichtigen sei.
10Diese Auffassung hat früher ebenfalls das OLG Karlsruhe (MDR 1957, 760) vertreten: Ob der Angeklagte i.S.v. § 329 Abs. 1 StPO ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben ist, habe das Revisionsgericht auch bei der Rüge der Verletzung materiellen Rechts nachzuprüfen. Dagegen könne zwar sprechen, dass die Vorschriften des § 329 StPO, welche die Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung bilden, rein prozessualer Natur seien. Die Frage des unentschuldigten Ausbleibens sei aber dem Bereich der Verfahrensvoraussetzungen zuzuordnen; das unentschuldigte Ausbleiben des Angeklagten sei als besondere Verfahrensvoraussetzung anzusehen. Wenn die Sachrüge zulässig erhoben sei, so erwachse hieraus für das Revisionsgericht die Verpflichtung, von Amts wegen nicht nur die allgemeinen Prozessvoraussetzungen, sondern auch die besonderen Voraussetzungen gerade des in der Tatsacheninstanz eingeschlagenen Verfahrens selbst dann festzustellen, wenn diese ausschließlich verfahrensrechtlichen Charakter hätten. Hierher gehöre auch das unentschuldigte Ausbleiben des Angeklagten i.S.v. § 329 StPO. Denn es werde allgemein anerkannt, dass der Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung die Bedeutung einer Verfahrensvoraussetzung zukomme. Sei dies der Fall, so müssten die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise trotz Abwesenheit des Angeklagten verhandelt und entschieden werden kann, gleicher Natur sein.
11Die Rechtsprechung ist dieser Sichtweise jedoch nicht gefolgt.
12Das OLG Hamm (NJW 1960, 1544 L.) ist ihr entgegengetreten; das Revisionsgericht könne nicht nachprüfen, ob die besonderen rechtlichen Voraussetzungen des § 329 StPO gegeben waren, wenn die Revision des Angeklagten gegen ein Verwerfungsurteil nach § 329 StPO nur die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Da es damit von der Entscheidung des OLG Karlsruhe abweichen wollte, hat es die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
13Dieser (BGHSt 15, 287 = MDR 1961, 435 = NJW 1961, 567) hat den Standpunkt des OLG Hamm bestätigt und entschieden, dass das unentschuldigte Ausbleiben des Angeklagten zu Beginn der Berufungshauptverhandlung keine vom Revisionsgericht auch ohne besondere Rüge von Amts wegen zu prüfende Voraussetzung für die Verwerfung der Berufung nach § 329 Abs. 1 StPO ist. Er verweist darauf, dass der Gesetzgeber für die Berufung des Angeklagten bewusst eine Ausnahme von dem Grundsatz geschaffen hat, dass gegen einen abwesenden Angeklagten kein Urteil erlassen werden darf. Die Berufungsverwerfung trotz ausreichender Entschuldigung stelle einen groben Verstoß gegen die Vorschrift des § 329 Abs. 1 StPO, nicht aber das Außerachtlassen eines Verfahrenshindernisses dar, dem das Revisionsgericht auch ohne entsprechende Rüge nachzugehen hätte.
14Weitergehend hat das OLG Braunschweig später aus dem mangelnden sachlich-rechtlichen Inhalt des Verwerfungsurteils nach § 329 Abs. 1 StPO ableiten wollen, dass die allein mit der allgemeinen Sachrüge begründete Revision unzulässig sei. Auf Vorlage hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 6. Juni 1967 (BGHSt 21, 242 = NJW 1967, 1476) demgegenüber klargestellt, dass trotz fehlenden materiell-rechtlichen Gehalts des Urteils für die Sachrüge Raum ist; denn das Verwerfungsurteil "kann das sachliche Recht deshalb verletzen, weil ... ein Verfahrenshindernis besteht, das auch dem sachlichen Strafrecht angehört".
15Soweit später durch das OLG Saarbrücken (NStZ 1991, 147 f.) und nunmehr durch das OLG Dresden wiederum die Ansicht vertreten wird, die allgemeine Sachrüge ermögliche eine Überprüfung des Verwerfungsurteils auch darauf, ob nach den Urteilsfeststellungen zu Recht eine nicht genügende Entschuldigung für das Ausbleiben des Angeklagten angenommen worden ist, beruht dies auf der Erwägung, dass die Sachrüge - ungeachtet der Art der angewendeten Rechtsnormen - die Überprüfung des Urteils auf eine sich aus ihm selbst ergebende Fehlerhaftigkeit veranlasse und dass § 329 Abs. 1 StPO die sachliche Grundlage für die Berufungsverwerfung bilde; die Anfechtung der insoweit vorzunehmenden Subsumtion entspreche daher dem Angriff gegen die Anwendung des sachlichen Rechts.
162.
17Nach Ansicht des Senats ist daran festzuhalten, dass die Verletzung des § 329 Abs. 1 StPO durch rechtsfehlerhafte Annahme der Voraussetzungen für eine Berufungsverwerfung nur Gegenstand einer den Vorschriften des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Verfahrensrüge sein kann (so bisher BayObLG NJW 1999, 3424; OLG Brandenburg NStZ 1996, 249; OLG Düsseldorf StV 1982, 216 = JMBl NW 1982, 68; OLG Hamm NJW 1963, 65; OLG Hamm MDR 1973, 694 m. w. Nachw.; OLG Hamm VRS 59, 43 [44]; OLG Hamm VRS 98, 203 [204] = NStZ-RR 2000, 84; OLG Hamburg NJW 1965, 315 m. w. Nachw.; OLG Karlsruhe NStZ 1982, 433; SenE v. 09.02.1988 - Ss 40/88 - VRS 75, 113 [115] = StV 1989, 53 m. w. Nachw.; SenE v. 25.06.1999 - Ss 255/99 - 1 Ws 15/99 = VRS 97, 362 [364]; Gollwitzer a.a.O. Rdnr. 99; AK-Dölling a.a.O. Rdnr. 46; KMR-Paulus § 329 StPO Rdnr. 68; Pfeiffer a.a.O.; zu § 412 StPO: BayObLGSt 1959, 275 = NJW 1960, 208; OLG Düsseldorf NStZ 1984, 331 = StV 1984, 148 [149]; zu § 74 Abs. 2 OWiG: BayObLG VRS 61, 48 [49]; OLG Düsseldorf VRS 80, 465 [466]; OLG Düsseldorf VRS 65, 446 [447] = NStZ 1983, 513 L.; OLG Zweibrücken VRS 61, 50 [51]; OLG Düsseldorf NStZ 1983, 270; SenE v. 17.03.1987 - Ss 118/87 B - = VRS 72, 442 [443]; SenE v. 04.06.1999 - Ss 217/99 (B) - VRS 97, 370 [371] = NStZ-RR 1999, 337; SenE v. 14.03.2000 - Ss 10/00 - = VRS 99, 270 [276]).
18Maßgeblich für die Zuordnung einer Revisionsrüge ist gemäß § 344 Abs. 2 S. 1 StPO, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Für die weitere Frage, ob eine Bestimmung dem Verfahrensrecht zuzurechnen ist oder nicht, kommt es nicht auf ihre Stellung innerhalb des Gesetzes an; entscheidend ist also nicht, ob eine Norm in der Strafprozessordnung oder in einem anderen Gesetz steht. Maßgebend ist vielmehr die Funktion (Hanack, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 337 Rdnr. 66).
19Verfahrensnormen sind solche Bestimmungen, die den Weg betreffen, auf dem der Richter zur Urteilsfindung berufen und gelangt ist (BGHSt 19, 273 [275] = NJW 1964, 1234; BGHSt 25, 100 [101 f.] = NJW 1973, 523 [524]) bzw. auf dem die anderen Prozessbeteiligten diese Urteilsfindung vorbereiten oder auf sie einwirken. Alle anderen Vorschriften gehören dem sachlichen Recht an und unterliegen der Sachrüge (Hanack a.a.O.). Dabei ist die Urteilsfindung in der Sache, also in Bezug auf den Verfahrensgegenstand, gemeint. Ziel der Sachrüge ist die Überprüfung der fehlerfreien Anwendung des materiellen Rechts (BGH NStZ 1993, 592 [594]; Kuckein a.a.O. § 344 Rdnr. 25).
20Das Verwerfungsurteil nach § 329 StPO enthält als reines Prozessurteil keine Sachentscheidung in Bezug auf den Verfahrensgegenstand (OLG Bremen NJW 1962, 881; OLG Hamburg NJW 1965, 315 m. w. Nachw.; OLG Karlsruhe GA 1981, 91; OLG Düsseldorf StV 1982, 216 = JMBl NW 1982, 68) und kann daher einer Überprüfung im Hinblick auf Fehler bei der Anwendung des sachlichen Rechts nicht zugänglich sein (OLG Bremen NJW 1962, 881; Sarstedt/Hamm, Die Revision in Strafsachen, 5. Aufl., Rdnr. 192; zu § 74 Abs. 2 OWiG: SenE v. 28.01.1986 - Ss 826/85 - = VRS 70, 458 [459] = JMBl NW 1986, 226 = VM 1986, 52). Es ergeht ausschließlich aufgrund verfahrensrechtlicher Vorschriften (zu § 74 Abs. 2 OWiG: OLG Zweibrücken VRS 61, 50 [51]; SenE v. 28.01.1986 - Ss 826/85 - = VRS 70, 458 = JMBl NW 1986, 226 = VM 1986, 52) und beendet das Verfahren, ohne sich mit dessen Gegenstand, dem Anklagevorwurf, zu befassen. § 329 Abs. 1 StPO zieht die verfahrensrechtliche Konsequenz aus der Unterstellung des Gesetzgebers, dass der säumige Angeklagte an der Durchführung der Berufungshauptverhandlung kein Interesse hat und auf die sachliche Überprüfung des angefochtenen Urteils verzichtet (vgl. nur Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 329 Rdnr. 2 m. w. Nachw.).
21Von der ausschließlich verfahrensrechtlichen Natur der Berufungsverwerfung in Anwendung des § 329 Abs. 1 StPO geht ersichtlich auch der Bundesgerichtshof in den angeführten Entscheidungen aus. Ansonsten wären Erwägungen dazu, ob das Unentschuldigtsein des Ausbleibens als Verfahrensvoraussetzung anzusehen ist (BGHSt 15, 287 = MDR 1961, 435 = NJW 1961, 567), überflüssig gewesen. Anlass dazu bestand nämlich nicht, wenn auf die erhobene Sachrüge die fehlerfreie Annahme der Voraussetzungen des § 329 Abs. 1 StPO zu überprüfen gewesen wäre. Auch in BGHSt 21, 242 = NJW 1967, 1476 wird die Zulässigkeit der Sachrüge nicht daraus hergeleitet, dass schon nach ihrem Wesen - ungeachtet der Art der angewendeten Rechtsnormen - zu prüfen ist, "ob allgemein die Urteilsfeststellungen die Rechtsanwendung tragen" (so OLG Saarbrücken NStZ 1991, 147 f.). Vielmehr wird darauf abgestellt, dass das Verwerfungsurteil auch sachliches Recht verletzen kann, indem ein Verfahrenshindernis besteht, das auch dem sachlichen Strafrecht angehört. Später weist der BGH (BGHSt 25, 384 [387] = NJW 1979, 2319 [2320]) zwar darauf hin, dass Feststellungen des Tatrichters zur Frage der Säumnis "nicht etwa nur die wertungsfreie Wiedergabe förmlicher Geschehensabläufe" enthalten, "sondern ... zugleich die 'sachliche' Grundlage der Entscheidung nach § 329 I 1 StPO" bilden und "damit ... den Feststellungen in einem die Schuld- und Straffrage erörternden Urteil vergleichbar" sind. Diese Vergleichbarkeit führt aber nicht dazu, dass es sich bei der Entscheidung nach § 329 Abs. 1 StPO um die Anwendung sachlichen Rechts handelt. Auch der BGH geht in einer späteren Entscheidung vom 11.11.1986 (NJW 1987, 1776 [1777]) wiederum davon aus, dass die selbständige Prüfung des Revisionsgerichts (aufgrund eigener Ermittlungen und Würdigung im Wege des Freibeweises) eine Rüge in der Form des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO voraussetzt.
22§ 329 Abs. 1 StPO ist nicht nur, wie das OLG Dresden meint, formal dem Verfahrensrecht zugehörig, sondern auch von der Funktion her. Die Bestimmung regelt die Voraussetzungen einer allein das Verfahren betreffenden Entscheidung, die keine Sachentscheidung enthält. Sie besagt, wie mit einer Berufung des Angeklagten weiter zu verfahren ist, wenn dieser zur Hauptverhandlung, in der an sich über ihre sachliche Berechtigung entschieden werden soll, nicht erscheint. Dabei sieht sie eine Erledigung des Rechtsmittels im Wege des Prozessurteils - also ohne die mit ihm an sich angestrebte Sachentscheidung - vor. Dass bei der Anwendung des Norm im Einzelfall eine Subsumtion stattfindet, die der revisionsgerichtlichen Überprüfung zugänglich ist, ändert nichts daran, dass es sich um einen ausschließlich verfahrensrechtlichen Vorgang handelt.
23Wegen der Notwendigkeit einer rechtlichen Bewertung in Bezug auf den Begriff der genügenden Entschuldigung ähnelt die - durch eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge eröffnete - Überprüfung des Verwerfungsurteils freilich weitgehend der Überprüfung eines Sachurteils auf die allgemeine Sachrüge hin (OLG Hamm NJW 1963, 65; vgl. a. OLG Zweibrücken StV 1987, 10). Das Revisionsgericht kann nur unter Bindung an die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts (BGHSt 25, 384 [387] = NJW 1979, 2319 [2320]; OLG Karlsruhe NStZ 1982, 433; OLG Düsseldorf StV 1982, 216 = JMBl NW 1982, 68; SenE v. 09.02.1988 - Ss 40/88 - VRS 75, 113 [115] = StV 1989, 53 m. w. Nachw.) nachprüfen, ob der Tatrichter die vorliegenden Entschuldigungsgründe überhaupt einer sachlichen Prüfung - soweit notwendig im Wege der tatsächlichen Aufklärung - unterzogen hat und ob er dabei den Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung richtig angewendet hat (OLG Hamm NJW 1963, 65). Dies nimmt der Entscheidung des Tatrichters aber nicht den Charakter der Anwendung von Verfahrensrecht. Es führt deshalb auch nur dazu, dass die Anforderungen an die Begründung der Verfahrensrüge teilweise eingeschränkt werden können (SenE v. 09.02.1988 - Ss 40/88 - VRS 75, 113 [115] = StV 1989, 53 m. w. Nachw.).
24Die Rüge, das Ausbleiben des Angeklagten habe nicht als unentschuldigt angesehen werden dürfen, genügt, um eine Überprüfung der schriftlichen Urteilsgründe auf die rechtsfehlerfreie Annahme der Säumnis herbeizuführen, wenn dort eine Erörterung mitgeteilten oder sonst bekannt gewordenen Entschuldigungsvorbringens vorgenommen worden ist. Denn es wäre formalistisch, die Zulässigkeit der Rüge davon abhängig zu machen, dass die Revisionsbegründung den Urteilsinhalt wiederholt. Das Revisionsgericht kann vielmehr schon aufgrund dieser sog. "unsubstantiierte Verfahrensrüge" prüfen, ob die Urteilsgründe rechtsfehlerhafte Erwägungen zum Begriff der genügenden Entschuldigung erkennen lassen (BayObLG NJW 1999, 3424; OLG Brandenburg NStZ 1996, 249 m. w. Nachw.; OLG Hamm NJW 1963, 65 [66]; OLG Hamburg NJW 1965, 315 m. w. Nachw.; OLG Zweibrücken StV 1987, 10; SenE v. 09.02.1988 - Ss 40/88 - VRS 75, 113 [115] = StV 1989, 53 m. w. Nachw.; zu § 412 StPO: OLG Düsseldorf NStZ 1984, 331 = StV 1984, 148 [149]; zu § 74 Abs. 2 OWiG: SenE v. 17.03.1987 - Ss 118/87 B - = VRS 72, 442 [443]).
25Fehlt es an der Erwähnung von Entschuldigungsgründen im Urteil, so bleibt es im Hinblick auf § 344 Abs. 2 S. 2 StPO dabei, dass der Beschwerdeführer darzutun hat, dass eben in dem Übergehen eines bekannten oder erkennbaren Entschuldigungsgrundes ein Rechtsfehler begründet ist, der zur Urteilsaufhebung führen muss. Hatte der Angeklagte überhaupt keine Entschuldigungsgründe vorgebracht und waren dem Berufungsgericht auch sonst keine Umstände bekannt oder - insbesondere aufgrund des Akteninhalts - erkennbar, die das Ausbleiben entschuldigen konnten, dann kann es nicht als ein Rechtsfehler angesehen werden, wenn das Berufungsgericht die Verwerfung nur formularmäßig damit begründet, dass das Ausbleiben nicht oder nicht genügend entschuldigt sei (OLG Hamm NJW 1963, 65 [66]).
263.
27Eine Vorlageverpflichtung gemäß § 121 Abs. 2 GVG begründet die hier vertretene Rechtsauffassung nicht, weil das OLG Dresden von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweicht. In einem solchen Fall braucht das Oberlandesgericht, das sich dem BGH anschließen will, nicht vorzulegen (BGH GA 59, 338 [Herlan]; Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. § 121 GVG Rdnr. 7). Gleichgültig ist dabei, ob die frühere OLG-Entscheidung vor oder - unter Verletzung der Vorlegungspflicht - nach der des Bundesgerichtshofs ergangen ist (BGHSt 13, 149 [151 ff.] = NJW 1959, 1450; Hannich, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Aufl., § 121 GVG Rdnr. 26).
284.
29Die Kostentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.