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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
2Die zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht Köln die Schadensersatzklage der Klägerin aus übergegangenem bzw. abgetretenem Recht abgewiesen.
3Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 459, 425 Abs. 1 HGB, 398 ff. BGB bzw. 67 VVG zu.
4Dabei kann - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - die Aktivlegitimation der Klägerin dahinstehen, denn jedenfalls hat sie nicht nachweisen können, dass die Beklagte als Fixkostenspediteurin gemäß § 459 BGB wegen des Verlustes des hier streitgegenständlichen Transportgutes auf Schadensersatz haftet.
5Eine mögliche Haftung der Beklagten ergäbe sich aus dem Recht der Frachtführer und nicht der Spediteure. Die Klägerin ist Fixkostenspediteurin gemäß § 459 BGB. Sie hat sich der Firma Transporte K. als Subunternehmer (Unterfrachtführer) bedient. Damit hat die Beklagte hinsichtlich der Beförderung die Rechte und Pflichten eines Frachtführers.
6Da vorliegend nicht die typischen Obliegenheiten des Spediteurs in Frage stehen, ergibt sich die Haftung der Beklagten dagegen nicht aus dem Speditionsrecht.
7Gemäß § 425 Abs. 1 HGB haftet der Frachtführer unter anderem für den Schaden, der durch Verlust des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung entsteht. Nach dem Ergebnis der vor dem Senat wiederholten Beweisaufnahme kann nicht festgestellt werden, dass der Verlust des Frachtgutes während dieser Zeit erfolgt ist. Die Beweislast hierfür trägt die Klägerin. Zwar hat die Beklagte bzw. deren Nahverkehrsunternehmer von der Firma A. 3 Paletten mit 47 Kartons übernommen. Die streitgegenständliche Sendung bestand ausweislich des Speditionsauftrages vom 29.10.1998 aus 3 Paletten mit 47 Kartons. Daran muss sich die Beklagte festhalten lassen (§ 409 HGB), zumal sie die Anzahl der Paletten und Kartons aus dem Speditionsauftrag in die Rollkarte übertragen hat. Grundsätzlich muss der Spediteur bwz. Frachtführer beweisen, dass er die übernommenen Waren auch abgeliefert hat.
8Die Beweislast hat sie jedoch vorliegend gemäß der Vermutung des § 438 Abs. 1 bzw. Abs. 2 HGB zu Lasten der Klägerin umgekehrt, so dass diese beweisen muss, dass der Nahverkehrsunternehmer K. nicht 47, sondern nur 42 Kartons abgeliefert hat. Denn weder die Frist für einen äußerlich erkennbaren Mangel (§ 438 Abs. 1 HGB: spätestens bei Anlieferung) noch diejenige für einen nicht erkennbaren Verlust (§ 438 Abs. 2 HGB: innerhalb von 7 Tagen nach Ablieferung) ist eingehalten worden.
9Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die von der Firma P. unterschriebene Rollkarte entsprechend dem vorgedruckten Vermerk eine Quittung über die Übernahme der Sendung in vollständigem und einwandfreiem Zustand darstellt oder ob dem der handschriftliche Vermerk auf der Rollkarte entgegensteht. Weder die Firma A. noch die Firma P. haben eine angebliche Fehlmenge gegenüber der Beklagten gemäß § 438 HGB rechtzeitig in der geforderten Schriftform angezeigt. Eine solche Schadensanzeige ist erstmals in dem Faxschreiben der Firma A. vom 3.12.1998 (Bl. 29 GA) zu sehen.
10Dabei kann - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - offen bleiben, ob es sich bei der angeblichen Fehlmenge um einen äußerlich erkennbaren oder nicht erkennbaren (verdeckten) Schaden gehandelt haben würde. Jedenfalls war der Vermerk in der Rollkarte "unter Vorbehalt, da Palette nicht gut gewickelt" keine ausreichende Schadensanzeige im Sinne des § 438 HGB. Dieser Vorbehalt bezog sich auf die Verpackung und nicht auf das Gut selbst. Mangels hinreichender Konkretisierung lässt sich dem Vorbehalt auch nicht entnehmen, ob die Firma P. einen (Teil) Verlust oder eine Beschädigung anzeigen wollte.
11Der Firma P. kam aber gerade aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Umwicklung der Palette die Obliegenheit zu, diese darauf zu überprüfen, ob der Inhalt der Palette vollständig und einwandfrei war. Diese Überprüfung hat sie bei der Ablieferung der streitgegenständlichen Sendung unterlassen. Ebenso wenig hat sie innerhalb von 7 Tagen nach der Ablieferung eine angebliche Fehlmenge von 5 Kartons dem Nahverkehrsunternehmer K. bzw. der Beklagten - schriftlich - angezeigt. Dies hat gemäß § 438 HGB eine Umkehr der Beweislast zur Folge.
12Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis nicht geführt. Auch nach der vom Senat wiederholten Beweisaufnahme steht gerade nicht fest, dass der Verlust der Ware vor Übergabe der hier streitgegenständlichen abgelieferten Paletten eingetreten ist.
13Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren vorgetragen hat, ein Verlust bzw. eine Entwendung der fehlenden Ware vom Lager der Firma P. sei nicht möglich, hat sich diese Behauptung nicht bestätigt. Vielmehr ist der Senat nach Anhörung der Zeugen zu der Überzeugung gelangt, dass ein Abhandenkommen der Ware durchaus auf dem Lager der Firma P. möglich war.
14Dabei kann dahinstehen, ob der Aussage des Zeugen U. dahin zu folgen ist, dass bei Übergabe der Ware der Lieferschein mit übergeben worden ist. Insoweit stehen sich die Aussagen des Zeugen U. einerseits und der Zeugen W. und G. andererseits widersprechend gegenüber, ohne daß der Senat Anhaltspunkte hätte, der einen oder anderen Aussage mehr Glauben zu schenken. Es ist nicht auszuschließen, dass bei Übergabe der Ware dem Lieferschein gar nicht die Bedeutung beigemessen wurde, wie sie nunmehr von der Klägerin vorgetragen wird. Gerade die Aussage des Zeugen W. hat anschaulich ergeben, dass dieser unter zeitlichem Druck stand und beim Abladen möglicherweise gar nicht die ganze Zeit zugegen war. Der Zeuge hat im übrigen zugegeben, dass er sich an den konkreten Vorfall zeitbedingt nicht mehr gut erinnern könne. Er glaubt aber sicher zu wissen, dass der Lieferschein gefehlt habe.
15Dagegen meinte der Zeuge U. sicher bestätigen zu können, dass der Lieferschein vorhanden gewesen sei. Der Zeuge G. konnte hierzu aus eigener Anschauung nichts sagen, da er mit dem eigentlichen Entladevorgang nicht befasst war und nur über den Zeugen W. informiert wurde.
16Zweifel daran, dass der Lieferschein bei Übergabe fehlte, konnten zunächst schon deswegen auftreten, weil die Klägerin bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung lediglich einen Lieferschein in Kopie zu den Akten gereicht hatte, der nicht per FAX übermittelt worden war.
17Zu der Frage, wie die Fa. P. in den Besitz dieses Originallieferscheins zu welchem Zeitpunkt gelangt ist, ist die Klägerin die Antwort schuldig geblieben.
18Auch der Umstand, dass die Klägerin nach Schluß der mündlichen Verhandlung nunmehr die Kopie eines Lieferscheins zu den Akten gereicht hat, der der Fa. P. am 3.11.1998 um 15.57 Uhr per FAX von der Fa. A. übermittelt worden sein soll, gibt dem Senat keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
19Die Übermittlung des Lieferscheins per FAX rechtfertigt es nicht, die Glaubwürdigkeit der Zeugen W. und G. einerseits sowie U. andererseits sowie die Glaubhaftigkeit der Aussagen anders zu beurteilen. So kann auch an Hand der übersandten Kopie der Zeitpunkt nicht festgestellt werden, wann das Fehlen oder etwa der Verlust des Originallieferscheins festgestellt wurde. Auch kann dem Lieferschein nicht entnommen werden, wann und durch wen die auf diesem vermerkten Fehlmengen festgestellt wurden.
20So konnte der Zeuge K., der damals bei der Firma A. beschäftigt war, den entsprechenden hierzu behaupteten Vortrag der Klägerin nicht bestätigen.
21Damit ist aber die Klägerin den Beweis schuldig geblieben, dass die Firma P. in zeitlich nahem Zusammenhang mit der Übergabe der Ware den angeblichen Teilverlust gemeldet hat.
22Zweifel an einer zeitnahen Schadensmeldung gemäß den Erfordernissen des § 438 Abs. 1 bzw. 2 HGB bestehen auch deswegen, weil die Beweisaufnahme nicht klären konnte, wer denn die angebliche Fehlmenge festgestellt hat. So haben wechselseitig der Zeuge G. und der Zeuge W. dem jeweils anderen die Überprüfung zugeordnet. Der Zeuge W. glaubte bekunden zu können, dass der Zeuge G. nach Erhalt des Lieferscheines die Ware kontrolliert habe. Dagegen meinte der Zeuge G. definitiv feststellen zu können, dass jedenfalls nicht er die Ware überprüft habe. Entsprechend müsse dies der Zeuge W. gewesen sein.
23Damit ergeben sich zu der Frage, wann und wo der Verlust der Ware aufgetreten ist, bereits 2 Unsicherheitsfaktoren, da weder die überprüfende Person noch der genaue Zeitpunkt der Überprüfung festgestellt werden konnte.
24Dies wiegt um so schwerer, als entgegen der Behauptung der Klägerin durchaus die Möglichkeit bestand, dass die angeblich in Verlust geratene Ware auf dem Lager der Firma P. abhanden gekommen sein kann. Entgegen der Behauptung der Klägerin hatten zu dem Lager der Firma P. neben den Zeugen W. und G. auch noch andere Personen Zutritt. Dies waren zunächst die beiden bei der Firma P. beschäftigten Fahrer. Diese konnten ungehindert und unüberprüft das Lager betreten. Diesen beiden Fahrern kam neben ihrer eigenen Fahrertätigkeit auch die Aufgabe zu, beim Be-, Ent- und Umladen, soweit sie hierzu Zeit hatten, behilflich zu sein. Darüber hinaus hatten sie die Möglichkeit, das Lager zu betreten, auch wenn sich der Zeuge W. bzw. der Zeuge G. nicht unmittelbar im Lager befanden, sondern im Büro oder außerhalb des eigentlichen Firmenbereiches der P..
25Darüber hinaus konnten die Zeugen letztendlich auch nicht ausschließen, dass während der hier streitgegenständlichen Zeit die Rolltore zu dem Lager kurzzeitig geöffnet wurden, sei es weil die Fahrer ihre Fahrzeuge be- bzw. entladen mussten oder weil andere Ware durch Kunden angeliefert wurde. Gerade im Hinblick auf die Aussage des Zeugen W., wonach dieser beim Be- und Entladen von Waren nicht ständig auf dem Lager zugegen war, bestand somit durchaus die Möglichkeit, dass durch Dritte die als verlustig gemeldete Ware abhanden gekommen ist.
26Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass gerade nicht mehr geklärt werden konnte, welche Zeitspanne zwischen Übergabe der Ware und Überprüfung lag. Fehlt aber eine zeitliche Eingrenzung, so erweitert sich automatisch der Personenkreis, der möglicherweise zwischenzeitlich das Lager betreten hatte.
27Die abhanden gekommene Ware war auch nicht so sperrig, dass es nicht möglich gewesen wäre, diese in einem unbeobachteten Augenblick bei Seite zu schaffen. Dass die Aufmerksamkeit der beiden Zeugen G. und W. nicht besonders geschärft war, ergibt sich gerade aus deren eigenen Aussagen. Im Betrieb der Firma P. herrschte - wie der Aussage des Zeugen W. anschaulich zu entnehmen ist - betriebsame Geschäftigkeit. Die Aufgaben waren im einzelnen nicht klar verteilt. Jeder war gehalten dem anderen zu helfen. Es herrschte Zeitdruck. Von daher stellte sich die Situation entgegen dem Vortrag der Klägerin bei der Firma P. gerade nicht so dar, dass eine bewusste und ständige Überwachung des dortigen Lagers erfolgt wäre.
28Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass gerade im Hinblick auf die Beschädigung der einen Palette zwingend davon auszugehen sei, dass bereits während des Transportes durch den Subunternehmer der Beklagten der Verlust aufgetreten sein müsste. Zum einen konnte nicht definitiv geklärt werden, wie sich die Beschädigung der Verpackung im einzelnen darstellte. Zum anderen war nicht mehr feststellbar, ob denn tatsächlich die angeblich in Verlust geratene Ware sich auf der verpackungsbeschädigten Palette befand.
29All dies geht zu Lasten der Klägerin. Die Fa. P. hat die Transportware ungeprüft entgegengenommen und erst später, zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt überprüft.
30Für den Senat konnte letztendlich auch nicht überzeugend von den Zeugen erklärt werden, warum denn nicht vor Ort sofort eine zumindest grobe Überprüfung der Lieferung bezüglich der Vollständigkeit erfolgt ist. Offenkundig war, dass auf 3 Paletten 47 Kartons angeliefert werden sollten. Die Zeugen konnten nicht plausibel erklären, aus welchem Grunde diese Angaben nicht hätten ganz schnell überprüft und somit die Fehlmenge festgestellt werden können.
31Damit ist aber der Klägerin der Beweis, dass die Warenlieferung bei Anlieferung unvollständig war, nicht gelungen.
32Die Beklagte hat einen evtl. Schadensersatzanspruch auch nicht anerkannt. Ihr Schreiben vom 14. Dezember 1998 beinhaltet gerade kein Anerkenntnis dahin, für den Verlust von 5 Kartons verantwortlich zu sein, sondern enthält reine tatsächliche Angaben. Gerade der Umstand, dass als Schadensstifter "unbekannt" angegeben ist, zeigt, dass die Beklagte keinesfalls die Verantwortung für den Verlust "ohne Wenn und Aber" übernehmen wollte. Vielmehr ließ das Schreiben völlig offen, ob die Ware bereits bei der Firma A. oder bei der Firma P. abhanden gekommen war. Jedenfalls lässt sich der Mitteilung nicht entnehmen, dass die Beklagte zugestehen wollte, dass der Verlust während ihres Transportes entstanden war.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
34Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
35Berufungsstreitwert und Beschwer der Klägerin: 19.200,00 DM