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G r ü n d e
21.
3Durch Beschluß vom 17.11.1999 hat das Amtsgericht Bielefeld das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und die Beteiligte zu 2) als Treuhänderin ernannt. Durch Beschluß vom 28.3.2000 hat es eine Postsperre angeordnet. Die gegen die Anordnung der Postsperre vom Schuldner mit Schriftsatz vom 29.3.2000 erhobene sofortige Beschwerde hat das Landgericht Bielefeld zurückgewiesen mit der Begründung, die Anordnung der Postsperre sei weiterhin erforderlich, um für die Gläubiger nachteilige Rechtshandlungen des Schuldners aufzuklären oder zu verhindern. Gegen diesen ihm am 19.5.2000 zugestellten Beschluß des Landgerichts wendet sich der Schuldner mit der auf den 29.3.2000 datierten und am 24.5.2000 eingegangenen, weiteren Beschwerde.
4Der angefochtene Beschluß enthält als Sachverhaltsdarstellung lediglich die Feststellung, der Schuldner habe, auch nach Erlaß der Postsperre, nicht mitgeteilt, welcher beruflichen Tätigkeit mit welchen Einkünften er nachgehe oder wie er sonst seinen Lebensunterhalt bestreite.
52.
6Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß § 7 Abs. 3 InsO in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Zusammenfassung der Entscheidungen über die weiteren Beschwerden in Insolvenzsachen vom 6. November 1998 (GVBl. NW 1998, 550; NZI 1999, 66) zur Entscheidung über das von dem Schuldner gegen den Beschluß des Landgerichts Bielefeld vom 27. Januar 2000 eingelegte Rechtsmittel berufen.
7a)
8Der Senat läßt das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gemäß § 7 Abs. 1 InsO zu.
9Das von dem Schuldner angebrachte Rechtsmittel ist statthaft. Es liegt eine dem Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde grundsätzlich zugängliche Ausgangsentscheidung des Landgerichts im Sinne des § 7 InsO vor (vgl. hierzu: Senat, ZIP 1999, 586 [587]; HK/Kirchhof, InsO, 1999, § 7 Rdnr. 5). Gegen die Anordnung der Postsperre findet gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 InsO die sofortige Beschwerde statt.
10Die sofortige weitere Beschwerde, die wegen der offenkundigen Interesssenlage zugleich als Zulassungsantrag des Schuldners auszulegen ist (vgl. hierzu: Kirchhof in HK-InsO, § 7 Rn. 4), ist form- und fristgerecht eingereicht worden (§§ 4, 7 InsO, 569, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Auch wenn die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts im Ergebnis mit der erstinstanzlichen Entscheidung übereinstimmt, findet § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wonach in der Beschwerdeentscheidung ein neuer, selbständiger Beschwerdegrund gegeben sein muß, keine Anwendung (Senat, ZIP 1999, 1929 [1930]; BayObLG, NZI 1999, 451; Becker in: Nerlich/Römermann, InsO, 1999, § 7 Rdnr. 8; HK/Kirchhof, a.a.O., § 7 Rdnr. 9; Smid, InsO, 1999, § 7 Rdnr. 15).
11Die weiteren Voraussetzungen für eine Zulassung des Rechtsmittels nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO sind ebenfalls gegeben. Der Schuldner stützt das Rechtsmittel auf eine Verletzung des Gesetzes. Die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bereits deshalb geboten, weil der zur Entscheidung stehenden Frage, welche Anforderungen an die Abfassung einer Beschwerdeentscheidung in Insolvenzsachen zu stellen sind, grundsätzliche Bedeutung zukommt.
12b)
13Die zulässige sofortige weitere Beschwerde des Schuldners ist mit der Maßgabe begründet, daß der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen ist.
14Der angefochtene Beschluß des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 7 Abs. 1 Satz 2 InsO, 550, 561 ZPO), da die Entscheidung keine subsumtionsfähige Sachverhaltsdarstellung enthält. Die Beurteilung durch den Senat unterliegt im Rahmen der Rechtsbeschwerde im Insolvenzverfahren wie bei der weiteren Beschwerde gemäß § 27 FGG, in deren engen Anlehnung die weitere Beschwerde nach der Insolvenzordnung ausgestaltet worden ist (BT-DRS 12/2443, S. 111 = Kübler/Prütting, Das neue Insolvenzrecht, 1994, S. 161), nur dasjenige Vorbringen, das aus dem Sachverhalt der angefochtenen Entscheidung ersichtlich wird, § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dementsprechend sind die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts der Erstbeschwerde nach §§ 7 Abs. 1 Satz 2 InsO, 561 Abs. 2 ZPO für das Rechtsbeschwerdegericht auch grundsätzlich bindend (Senat, NZI 2000, 80; Senat, NZI 2000, 133 = ZInsO 2000, 117 LS; FK/Schmerbach, InsO, 2. Auflage 1999, § 7 Rdnr. 9; Becker in: Nerlich/Römermann, a.a.O., § 7 Rdnr. 18; HK/Kirchhof, a.a.O., § 7 Rdnr. 19).
15Die dem Gericht der weiteren Beschwerde obliegende rechtliche Nachprüfung ist nur möglich, wenn sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, von welchem konkreten Sachverhalt das Gericht der Erstbeschwerde ausgegangen ist und wie es ihn festgestellt hat. Dazu ist grundsätzlich eine vollständige Sachverhaltsdarstellung nötig, die lediglich durch konkrete Bezugnahme auf bestimmte Urkunden oder Aktenteile ersetzt werden darf. Genügt die angefochtene Entscheidung diesen Anforderungen nicht, so zwingt dieser Mangel, wie der Senat wiederholt für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit und auch schon für den Anwendungsbereich der Insolvenzordnung entschieden hat, zur Aufhebung und Zurückverweisung. Das Rechtsbeschwerdegericht ist nicht befugt, sich den Sachverhalt, von dem das Landgericht ausgegangen ist, aus den Akten zu bilden und der rechtlichen Überprüfung zugrunde zu legen (Senat, NZI 2000, 80 = ZInsO 2000, 54 LS; Senat, ZInsO 2000, 117 LS; Senat, NZI 2000, 133 = ZInsO 200, 117 LS; Senat, Beschluß vom 26. Januar 2000, 2 W 226/99; FK/Schmerbach, a.a.O., § 7 Rdnr. 22; jeweils für die Insolvenzordnung; Senat, MDR 1981, 1028; Senat, Rpfleger 1984, 352; Senat, NJW-RR 1987, 223 [223 f.]; Senat, ZIP 1989, 572 [575]; OLG Frankfurt, NJW-RR 1996, 529 [530]; jeweils für das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit).
16Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, daß der Schuldner auch nach Erlaß der Postsperre nicht mitgeteilt habe, welcher beruflichen Tätigkeit mit welchen Einkünften er nachgehe oder wie er sonst seinen Lebensunterhalt bestreite. Darüber, wann und ggf. in welcher Weise der Schuldner zu entsprechenden Auskünften aufgefordert worden ist und wie er konkret auf diese Aufforderungen reagiert hat, läßt sich dem Beschluss des Landgerichts Bielefeld nicht entnehmen. Es ist daher dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich, an Hand des Inhalts der Beschlußgründe zu prüfen, ob die Kammer bei ihrer Entscheidung von zutreffenden Feststellungen ausgegangen ist und diese unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes rechtsfehlerfrei dahingehend gewertet hat, daß die Anordnung der Postsperre notwendig ist, um für die Gläubiger nachteilige Rechtshandlungen des Schuldners aufzuklären oder zu verhindern ( § 99 Abs. 1 Satz 1 InsO).
173.
18Da mit der Zurückverweisung noch nicht feststeht, ob die Erstbeschwerde im Ergebnis Erfolg hat, muß auch die Entscheidung über die Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens dem Landgericht übertragen werden.