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G r ü n d e
21.
3Die Gläubiger betreiben gegen die Firma S. Telecom AG, vormals S. Zink AG, die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde. Die Schuldnerin hat seit dem vorigen Jahrhundert ihren Sitz in S. und ist seit dieser Zeit ununterbrochen bei dem für den Firmensitz zuständigen Amtsgericht im Handelsregister eingetragen. In mehreren Schreiben gab die Schuldnerin jeweils als Büroanschrift eine Adresse in K. an.
4Auf Antrag der Gläubiger führte der Gerichtsvollzieher unter dieser Anschrift am 18. Juni 1999 gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung durch, die ausweislich des Gerichtsvollzieherprotokolls vom 22. Juni 1997 fruchtlos verlief. Nachdem der für die Schuldnerin geladene Vorstand nicht zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erschien, hat das Amtsgericht Köln auf Antrag der Gläubiger am 7. Oktober 1999 gegen den Vorstand einen Haftbefehl erlassen. Auf die hiergegen am 12. Oktober 1999 eingegangene sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluß vom 11. November 1999 den Haftbefehl aufgehoben und den Antrag auf Erlaß eines Haftbefehls gegen den Vorstand der Schuldnerin zurückgewiesen. Gegen diese ihnen am 18. November 1999 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Gläubiger vom 1. Dezember 1999, die an diesem Tage bei Gericht eingegangen ist.
52.
6Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 793 Abs. 2 ZPO) und in rechter Frist (§ 577 Abs. 2 ZPO) eingelegt worden. Auch die Voraussetzungen des § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind im Streitfall erfüllt. Die Gläubiger werden durch den angefochtenen Beschluß des Landgerichts neu und selbständig beschwert, weil das Landgericht die ihnen günstige Entscheidung aufgehoben hat.
7Die weitere Beschwerde ist nicht begründet. Die Rügen der Gläubiger rechtfertigen keine Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses. Die Voraussetzungen für die Anordnung der Haft und den Erlaß eines Haftbefehls zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung durch den Vorstand der Schuldnerin liegen nicht vor.
8Zulässig ist der Antrag auf Anordnung eines Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung - und damit auch die Anordnung der Haft selbst - nur dann, wenn ein Schuldner verpflichtet ist, die Versicherung abzugeben. Hierbei müssen neben den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen die in § 807 ZPO bezeichneten, in jeder Lage des Offenbarungsverfahren von Amts wegen zu prüfenden (OLG Frankfurt, OLGZ 1974, 486 [488]; Schneider, MDR 1976, 533 [535]) besonderen Voraussetzungen der Verpflichtung zur eidesstattlichen Offenbarungsversicherung vorliegen.
9Hieran fehlt es. Die Gläubiger haben weder nachgewiesen, daß die Pfändung bei der Schuldnerin nicht zu einer vollständigen Befriedigung geführt hat (§ 807 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) noch haben sie glaubhaft gemacht, daß sie durch eine Pfändung keine vollständige Befriedigung erlangen können (§ 807 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
10Den Nachweis einer fruchtlosen Pfändung haben die Gläubiger nicht durch die Vorlage des Protokolls des Gerichtsvollziehers Wingens vom 22. Juni 1999 geführt. Zwar hat der Gerichtsvollzieher hierin bescheinigt, daß eine am 18. Juni 1999 in den Geschäftsräumen der Schuldnerin durchgeführte Vollstreckung erfolglos war. Dieser Vollstreckungsversuch unter der von der Aktiengesellschaft in verschiedenen Schreiben selbst angegebenen Büroanschrift in K. reicht jedoch zur Erfüllung der besonderen Vollstreckungsvoraussetzung des § 807 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht aus. Die Rechtsprechung verlangt von dem Gläubiger nicht nur einen erfolglosen Vollstreckungsversuch. Vielmehr muß er alle zumutbaren Pfändungsmaßnahmen ergreifen, insbesondere nachhaltige Vollstreckungsversuche in das bewegliche Vermögen des Schuldners. Dies entspricht den ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen des Gebots der Verhältnismäßigkeit und des angemessenen Interessenausgleichs. Kein Schuldner soll gezwungen werden, den Bestand seines Vermögens zusammenzustellen und eidesstattlich zu versichern, wenn der Gläubiger einer solchen Offenbarung nicht bedarf, weil er ohne diese umfassende Kenntnis durch die Zwangsvollstreckung Befriedigung erlangen kann (Senat, Rpfleger 1975, 441 [442]).
11Daher muß der Gläubiger die Pfändung in mehreren Wohnungen versuchen, wenn der Schuldner mehrere Wohnungen bewohnt. Ebenso hat der Gläubiger außer in den Geschäftsräumen des Schuldners auch in dessen Wohnung einen Pfändungsversuch zu unternehmen, bevor er einen Antrag auf Terminsbestimmung zur Ableistung der Offenbarungsversicherung nach § 807 ZPO stellen kann (Senat, Rpfleger 1975, 441 [442] = MDR 1976, 53; LG Berlin, DGVZ 1973, 190; LG Essen, MDR 1976, 53; LG Wuppertal, MDR 1964, 1012; Zöller/Stöber, ZPO, 21. Auflage 1999, § 807 Rdnr. 14; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Auflage 1999, § 807 Rdnr. 7; Schuschke/Walker; Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 2. Auflage 1997, § 807 Rdnr. 8 m.w.N. in FN. 27; a.A. OLG Frankfurt, Rpfleger 1975, 441, Musielak/Becker, ZPO, 1999, § 807 Rdnr. 3 jeweils für den Fall einer erfolglosen Pfändung am Hauptwohnsitz).
12Nichts anderes gilt, wenn eine Firma über einen im Handelsregister eingetragenen Firmensitz und daneben über eine weitere Büroanschrift verfügt. Auch in diesem Falle kann von einem Gläubiger aufgrund der vorstehend aufgezeigten Rechtsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und des angemessenen Interessenausgleichs verlangt werden, daß er die Vollstreckung unter allen ihm bekannten Anschriften, insbesondere am Firmensitz versucht. Insoweit läßt die Erfolglosigkeit der Vollstreckung unter der Büroanschrift noch keinen sicheren Rückschluß darauf zu, daß an dem im Handelsregister des Amtsgerichts Eschweiler - 10 HRB 0127 - eingetragenen Firmensitz in S. kein pfändbares Vermögen (mehr) vorhanden ist.
13Ob ausnahmsweise eine entsprechende Verpflichtung der Gläubiger dann nicht besteht, wenn die Anschrift am eingetragenen Firmensitz bei Ausschöpfung der zumutbaren Möglichkeiten nicht zu ermitteln ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Die Aktiengesellschaft verfügt in S. unter der den Gläubigern bekannten Anschrift "C.straße 69" weiterhin über ein Büro, in denen Mitarbeiter tätig sind. Ob der Vorstand der Schuldnerin sich - so die Gläubiger - dort "praktisch nie aufhält" und der Geschäftsbetrieb "de facto in K." liegt, hat auf die Notwendigkeit eines Vollstreckungsversuchs am Hauptsitz der Firma keinen Einfluß, zumal auch die Gläubiger nicht glaubhaft haben, daß ein Pfändungsversuch an dem Firmensitz nicht zu ihrer vollständigen Befriedigung führen würde.
14Die sofortige weitere Beschwerde ist mithin mit der Kostenfolge des §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
15Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 3.000,00 DM
16(wie Vorinstanz)