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Sturz eines Fußgängers auf nassem Kopfsteinpflaster
BGB §§ 823 Abs. 1, 276 Abs. 1; ZPO § 114 1. Wer auf nassem Kopfsteinpflaster läuft -anstatt zu gehen-, lässt nicht allein deshalb die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht. 2. Kommt es hierbei zu einem Sturz, durch den fremdes Eigentum beschädigt wird, trifft den Geschädigten im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB die volle Darlegungs- und Beweislast für ein Verschulden des Fußgängers. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises finden keine Anwendung. 3. Hinreichende Erfolgsaussicht i.S. von § 114 ZPO ist zu verneinen, wenn der darlegungs- und beweispflichtige Antragsteller Beweis für seine - bestrittene - Sachdarstellung nur durch Parteivernehmung des Gegners angetreten hat.
G r ü n d e :
2I. Der Antragsteller unterhielt als Teilnehmer eines am 16.04.1998 bei regnerischem Wetter auf dem Neumarkt in K. stattfindenden Trödelmarktes einen Verkaufstisch, auf dem er diverse Gegenstände - u.a. Porzellan, Ammoniten und Edelsteinskulpturen - aufgebaut hatte. Als sich die Antragsgegnerin, die den Trödelmarkt besuchte, dem Stand des Klägers näherte, kam sie zu Fall und stürzte auf den Verkaufstisch des Antragstellers. Hierbei wurden zahlreiche der zum Verkauf angebotenen Gegenstände zerstört oder beschädigt. Der Kläger beziffert seinen Schaden mit 32.855,00 DM und begehrt Prozesskostenhilfe für eine entsprechende Klage gegen die Antragsgegnerin. Er wirft der Antragsgegnerin im wesentlichen vor, sich angesichts des nassen und rutschigen Kopfsteinpflasters auf dem Neumarkt zu schnell und unvorsichtig fortbewegt zu haben. Das Landgericht hat dem Antragsteller Prozesskostenhilfe in Höhe eines Teilbetrages von 8.765,00 DM bewilligt, im übrigen aber verweigert, weil ein höherer Schaden nicht hinreichend dargelegt sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
3II. Die nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Dem Antragsteller kann Prozesskostenhilfe über den im angefochtenen Beschluss bewilligten Umfang hinaus nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, § 114 ZPO.
41. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB, der hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, sind nicht schlüssig dargelegt. Anders als der Antragsteller - und mit ihm das Landgericht - meint, fehlt es auch bei Zugrundelegung seines Vorbringens jedenfalls an einem Verschulden der Antragsgegnerin.
5Allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin auf nassem und deshalb rutschigem Boden zu Fall gekommen ist, rechtfertigt gegen sie keinen Fahrlässigkeitsvorwurf. Für eine von der Antragsgegnerin zu widerlegende Verschuldensvermutung, wie sie das Landgericht ohne nähere Begründung angenommen hat, ist kein Raum. Insbesondere greifen die Grundsätze des Anscheinsbeweises hier nicht zugunsten des Antragstellers ein, weil es ersichtlich nicht um einen typischen Geschehensablauf geht, sondern um die Beurteilung einer individuell geprägten Verhaltensweise (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl. Vorbem. v. § 249 Rdnr. 165 m.w.N.). In derartigen Fällen ist es allein Sache des Antragstellers, im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB diejenigen Umstände darzulegen, aus denen sich ein zumindest fahrlässiges Verhalten der Antragsgegnerin ergibt. Daran fehlt es:
62. Soweit der Antragsteller behauptet, die Antragsgegnerin sei kurz vor dem Schadensereignis über eine Pfütze gesprungen und bei der Landung weggerutscht, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn die Antragsgegnerin angesichts dessen zu vorsichtiger Fortbewegungsweise verpflichtet gewesen wäre, lässt sich daraus nicht im Umkehrschluss ableiten, dass der spätere, zum Schaden führende Sturz auf einer unvorsichtigen Gehweise beruht.
7Die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, die Antragsgegnerin sei "nicht den widrigen Umständen angepasst über den Neumarkt gegangen, sondern im Bereich seines Standes vorbei gelaufen" und aufgrund ihrer "rasanten" Fortbewegung zu Fall gekommen, widerspricht dem ursprünglichen Vorbringen des Antragstellers in seiner Antragsschrift. Danach soll die Antragsgegnerin "im Zugehen" auf seinen Stand ausgerutscht und auf den Verkaufstisch gestürzt sein. Abgesehen von diesem - nicht erläuterten - Wechsel des Sachvortrags fehlt der Behauptung auch die für einen Fahrlässigkeitsvorwurf erforderliche Substantiierung. Wer auf nassem Kopfsteinpflaster läuft - anstatt zu gehen -, lässt nicht allein deshalb die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht. Dass und ggfls. welche Besonderheiten des Trödelmarktes der Antragsgegnerin eine langsame, bedächtige Fortbewegungsweise nahe legen mussten, lässt sich dem Vorbringen des Antragstellers nicht entnehmen.
83. Ungeachtet dessen hat der Antragsteller für seine - bestrittene - Sachdarstellung Beweis lediglich durch Parteivernehmung der Antragsgegnerin angetreten. Die Antragsgegnerin wird aber - was der Senat im PKH-Prüfungsverfahren unterstellen darf (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl. § 114 Rdnr. 26) - bei einer etwaigen Vernehmung als Partei nichts anderes aussagen als sie bereits schriftsätzlich vorgetragen hat. Vor diesem Hintergrund fehlt dem Vorbringen des Antragstellers jedenfalls eine realistische Beweisführungsmöglichkeit und damit auch die hinreichende Erfolgsaussicht.
9Auf die zwischen den Parteien streitige Höhe des geltend gemachten Schadens kommt es nicht mehr an.
10Da der Senat wegen des Verschlechterungsverbots lediglich gehindert ist, die teilweise Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch das Landgericht aufzuheben, nicht aber, die Erfolgsaussicht insgesamt zu verneinen, war die Beschwerde zurückzuweisen.
11Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 127 Abs. 4 ZPO.
12Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 4.000,00 DM