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Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.
G r ü n d e
2Das AmtsgE.ht hat gegen den Betroffenen "wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 StVO in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Ziffer 4 StVO in Verbindung mit 24 StVG" eine Geldbuße von 250,00 DM sowie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
3Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts führt gem. § 206 a StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG zur Verfahrenseinstellung, weil die Verkehrsordnungswidrigkeit, die der Betroffene am 27.09.1998 begangen haben soll, wegen Verjährung nicht mehr verfolgt werden kann. Die vom Betroffenen eventuell begangene Verkehrsordnungswidrigkeit war bereits bei Erlass des Bußgeldbescheids vom 09.02.1999 verjährt. Die Verfolgungsverjährung trat nach § 26 Abs. 3 StVG drei Monate nach der Tat ein, also mit Ablauf des 26.12.1998 (zur Fristberechnung, vgl. Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 31 Rn. 16), da die Verjährung vorher nicht wirksam nach § 33 OWiG unterbrochen wurde. Hinsichtlich etwaiger Unterbrechungshandlungen ergibt sich aus dem Akteninhalt Folgendes:
4Die Bezirksregierung Köln (Autobahninspektion West, Eschweiler) sandte am 21.10.1998 einen Zeugen-Fragebogen mit Fahrerfoto an die als Halterin des Fahrzeugs ermittelte Firma B. Textil in N., der nicht zurückgesandt wurde. Diesen Sachverhalt teilte die Bezirksregierung unter dem 16.11.1998 der Polizeiinspektion N. mit der Bitte um "Ermittlung und Anhörung des/der Betroffenen" mit. In diesem Schreiben heißt es weiter: "Nach Übersendung eines Fotos wurden durch den eingeschalteten Rechtsanwalt keine Angaben zum Fahrzeugführer gemacht. Bei dem Fahrer könnte es sich um einen E. M., weitere Personalien nicht bekannt, handeln." Am 30.11.1998 erhielt die Bezirksregierung den Ermittlungsvorgang mit folgendem Vermerk der Polizeiinspektion N. zurück: "... Am heutigen Tag gegen 16:30 Uhr meldete sich der Firmenverantwortliche E. M. ... und gab an, dass die Firma von einem Rechtsanwalt vertreten wird. Herr M. war nicht gewillt, sich das Beweisfoto anzusehen. Von der Stadt N. (Einwohnermeldeamt) wurde ein Passfoto von Herrn M. angefordert, dass dem Vorgang beigelegt wird. Da ich selbst Herrn M. nicht gesehen habe, obliegt Ihnen die Auswertung, ob der Fahrer auf dem Beweisfoto mit dem Passfoto identisch ist." Am selben Tag veranlasste der Polizeibeamte K. die Übersendung eines Anhörungsbogens an den Betroffenen E. M.. Dieser Vorgang ist dokumentiert in einem am Computer erstellten Ausdruck mit Datum 05.01.1999, der eine tabellarische Übersicht über die "Ermittlungen" enthält. In dieser Übersicht sind vier Vorgänge aufgeführt (Zeugen-Bogen ...; Ermittlung ...; Akteneinsicht ...; Anhörungsbogen). In der Spalte "bearbeitet von versandt am" steht jeweils "K., PK" sowie das Datum der Versendung, bezüglich des Anhörungsbogens das Datum 07.12.1998. Auf diesem Ausdruck befindet sich weder die Unterschrift noch das Handzeichen des Polizeibeamten K.. Die Tabelle ist nach ihrem Ausdruck am 05.01.1999 von dem Polizeibeamten Mevißen mit Paraphe und Stempel versehen worden, und zwar neben der Spalte "bearbeitet von versandt an".
5Danach ist die Verjährung nicht etwa bereits am 21.10.1998 durch die an die Firma B. Textil als Halterin erfolgte Versendung eines Zeugen-Fragebogens unterbrochen worden. Die Versendung eines Zeugen-Fragebogens gehört nicht zu den in § 33 Abs. 1 OWiG - abschließend - aufgeführten Unterbrechungshandlungen. Im Übrigen hätte selbst die Versendung eines Anhörungsbogens (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) an den Fahrzeughalter nicht die Verjährung gegenüber dem - mit dem Fahrzeughalter nicht identischen - Betroffenen unterbrochen (vgl. BGHSt. 24, 321; Senatsentscheidung VRS 95, 119). Gemäß § 33 Abs. 4 Satz 1 OWiG wirkt die Unterbrechung nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.
6Das Amtshilfeersuche der Bezirksregierung vom 16.11.1998 an die Polizeiinspektion N. hat ebenfalls nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung geführt. Ein solches Ersuchen stellt nur dann eine Vernehmungsanordnung im Sinne des § 33 Abs. 1
7Nr. 1 OWiG dar, wenn dadurch um die Vernehmung eines bereits "der Person nach" bekannten Täters ersucht wird (vgl. BGH NJW 1997, 598; Senatsentscheidung vom 14.03.1997 - Ss 663/95 B). Solange die ersuchende Behörde sogar noch Zweifel hinsichtlich der Person des Täters hat - wie hier die Bezirksregierung: "Bei dem Täter könnte es sich um einen E. M., weitere Personalien nicht bekannt, handeln." -, ist dies indes selbst dann nicht der Fall, wenn sich bei den Akten ein Foto des Täters befindet, das zu seiner Identifizierung geeignet ist (vgl. BGH NJW 1997, 598). Das gilt unabhängig davon, ob der Kreis der in Betracht kommenden Fahrzeugführer (wie unter Umständen bei einem Firmenfahrzeug) eingegrenzt oder (wie möglicherweise bei einem privaten Pkw) auf wenige Personen beschränkt ist (BGH a.a.O.; Senatsentscheidung vom 14.03.1997 - Ss 663/95 B).
8Die Verjährungsfrist nach § 26 Abs. 2 StVG ist schließlich auch nicht durch die Übersendung eines Anhörungsbogens an den Betroffenen unterbrochen worden.
9In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Übersendung eines Anhörungsbogens zur Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG) verjährungsunterbrechende Wirkung nur dann hat, wenn entweder aktenkundig gemacht ist, wer die Anordnung vorgenommen hat, und der zuständige Sachbearbeiter durch Unterschrift oder Handzeichen die Verantwortung für die Richtigkeit der Beurkundung des Datums übernommen hat (OLG Köln, 3. Strafsenat, VRS 66, 362; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsentscheidung VRS 72, 208 und vom 14.03.1997 - Ss 663/95 B; Göhler a.a.O., § 33 Rn. 11, 45) oder der Anhörungsbogen mittels einer EDV-Anlage gefertigt worden ist (OLG Köln a.a.O.; Senatsentscheidung NZV 1994, 78, 79; OLG Düsseldorf NZV 1998, 254; Göhler a.a.O., § 33 Rn. 12, 46), ohne dass der Sachbearbeiter zuvor in den vorprogrammierten Arbeitsablauf des Computers eingegriffen hat (vgl. Senatsentscheidung vom 08.09.1998 - Ss 421/98 Z; Weller in KK - OWiG, § 33 Rn. 32).
10Im vorliegenden Fall hat der die Versendung des Anhörungsbogens verfügende Sachbearbeiter K. seine Verfügung nicht durch Un-
11terschrift oder Handzeichen dokumentiert, so dass eine Verjährungsunterbrechung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG nur dann eingetreten wäre, wenn der Anhörungsbogen mittels einer EDV-Anlage gefertigt worden wäre. Letzteres ist indes nicht der Fall. Für die Annahme eines EDV-gefertigten Anhörungsbogens bestehen nach dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte. Der hier in Rede stehende Anhörungsbogen vom 07.12.1998 ist nicht im Rahmen eines eingespeicherten (vorprogrammierten) Ablaufs eines Computerprogramms (zu diesem Erfordernis, vgl.: OLG Köln a.a.O.; Weller in KK - OWiG, § 33 Rn. 31, 32 m. w. N.) erstellt worden, sondern aufgrund einer Individualentscheidung des Sachbearbeiters K.. Die oben beschriebene tabellarische Übersicht der "Ermittlungen" und damit auch der Anhörungsbogen sind zwar mittels eines Computers erstellt worden, aber nicht im Rahmen eines automatischen Programmablaufs, sondern als Ergebnis eines Textverarbeitungsprogramms, dessen sich der Sachbearbeiter - anstelle einer (herkömmlichen) Schreibmaschine - als Schreibhilfe bedient hat, wie die Rechtsbeschwerde zutreffend hervorhebt. Ein solcher Einsatz des Computers rechtfertigt es nicht, von dem vorgeschriebenen Grundsatz abzuweichen, dass bei einer Individualentscheidung des Sachbearbeiters der Versendung des Anhörungsbogens nur dann Unterbrechungswirkung im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG zukommt, wenn der (zuständige) Sachbearbeiter den Vorgang sogleich mit seiner Unterschrift oder seinem Handzeichen dokumentiert.
12Das Verfahren war somit wegen des von Amts wegen zu beachtenden Prozesshindernisses der Verfolgungsverjährung einzustellen. Ein Freispruch, auf den vorrangig zu erkennen gewesen wäre (vgl. Senatsentscheidung vom 14.03.1997 - Ss 663/95 B), kommt aufgrund der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen ersichtlich in Betracht.
13Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 StPO in Verbindung mit § 46 OWiG.