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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht gerechtfertigt.
3Das Landgericht hat dem Kläger den geltend gemachten Auskunftsanspruch zu Recht zuerkannt, da die mit dem Beklagten getroffene Pauschalpreisvereinbarung bezüglich des streitigen Honorars wegen Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI unwirksam ist und er deshalb den ihm zustehenden Anspruch nach den Mindestsätzen nur berechnen kann, wenn die Beklagten ihm die geforderte Auskunft über die Kosten der Baukonstruktionen und Installationen erteilen.
4Die Rüge der Beklagten betreffend einen angeblichen Verstoß des Landgerichts gegen § 308 ZPO durch Individualisierung des Klageantrags dahin, dass die von ihnen begehrte Auskunft ihr Wohn- und Geschäftshaus in M., Sch. Straße, betrifft, ist unbegründet. Das Gericht hat die Anträge nach dem Inhalt der Schriftsätze auszulegen. Diese auch hier gebotene Auslegung ergab eindeutig, auf welches Objekt sich der Auskunftsantrag beziehen sollte.
5Dass die Pauschalpreisvereinbarung wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Schriftform (§ 4 Abs. 1 HOAI), jedenfalls aber wegen Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI (§ 4 Abs. 2 HOAI) unwirksam ist, ist zwischen den Parteien ersichtlich nicht streitig.
6Zu Unrecht meinen die Beklagten allerdings, sie könnten für ihre Verweigerung der verlangten Auskunft die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Anspruch nehmen bzw. sich auf die Voraussetzungen eines nachträglichen, stillschweigend abgeschlossenen Erlassvertrages nach § 397 BGB berufen.
7Es ist den Beklagten zuzugeben, dass sich der Kläger widersprüchlich verhält, wenn er in Kenntnis der Mindestsätze der HOAI eine unwirksame Pauschalpreisvereinbarung eingeht und anschließend unter Berufung auf die Unwirksamkeit dieser Vereinbarung nach den Mindestsätzen abrechnen will, zumal er nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten auch bei früheren, mit dem Architekten B. durchgeführten Objekten niemals Nachforderungen geltend gemacht hat.
8Es ist dem Kläger jedoch nur dann nach Treu und Glauben verwehrt sich auf die Unwirksamkeit der Pauschalpreisvereinbarung zu berufen, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat und vertrauen durfte und wenn sich dieser darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (BGH NJW 97, 2329, 2331).
9Diese für die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben unabdingbaren Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.
10Schon aufgrund des ihnen gemäß § 166 BGB zuzurechnenden Wissens des Architekten B. ist es den Beklagten verwehrt, sich darauf zu berufen, sie hätten auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertrauen dürfen (selbst wenn sie es tatsächlich getan haben sollten). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Eheleute der Beklagten nicht nur Rechtsanwälte, sondern beide auch Dipl.-Ingenieure sind und einer von ihnen sogar Statikerleistungen erbringen darf. Von der Erbringung der Leistung der dem Kläger übertragenen Arbeiten hat er allerdings abgesehen, weil er selbst die Arbeiten wegen mangelnder Erfahrung nicht billiger erbringen konnte.
11Da das widersprüchliche Verhalten des Auftragnehmers allein der Geltendmachung der Mindestsätze nach Treu und Glauben nicht entgegensteht, sondern hinzukommen muss, dass die Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut haben und auf sie vertrauen durften, fehlt es nach alledem bereits an dieser wesentlichen Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben, weil die Beklagten nach Lage der Dinge nicht auf die Wirksamkeit der Vereinbarung mit dem Kläger vertrauen durften.
12Darüber hinaus ist auch die abschließende Finanzierung unter Einrechnung lediglich des den Mindestsatz unterschreitenden Statikerhonorars keine hinreichende Begründung dafür, dass sich die Beklagten in einer Weise auf die Wirksamkeit der Pauschalpreisvereinbarung eingerichtet hätten, dass ihnen die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden könnte. Anders mag das sein, wenn es sich beispielsweise um zu verkaufende Eigentumswohnungen handelt, und sich die Auftraggeber bei der Ermittlung der Angebotspreise für die Eigentumswohnungen an dem vereinbarten Pauschalpreishonorar orientiert haben (vgl. BGH NJW 97, 2331).
13Die Beklagten können sich auch nicht darauf berufen, dass sie ohne ein entsprechendes, vom Kläger gesetztes Vertrauen auf die Angebote K. oder Sch. zurückgegriffen hätten, denn auch eine Pauschalpreisvereinbarung mit diesen Anbietern wäre wegen Verstoßes gegen die Mindestsätze unwirksam gewesen und hätte dieselben Folgen zu Lasten der Beklagten ausgelöst wie die Beauftragung des Klägers.
14Entgegen der Auffassung der Beklagten ist schließlich auch nicht von einem stillschweigenden nachträglichen Erlassvertrag der Parteien auszugehen. Nach gefestigter Rechtsprechung steht der rechtlichen Wirksamkeit eines solchen Erlassvertrages die HOAI zwar nicht entgegen, da diese nur für nicht erledigte, also noch nicht abgeschlossene Aufträge gilt. Deshalb hat das Oberlandesgericht Hamm (NJW-RR 98, 811 ff) auch erkannt, dass in der abschließenden Berechnung des wegen Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI und mangelnder Schriftform unwirksam vereinbarten Pauschalhonorars durch den Statiker und dessen Zahlung durch sachkundigen Bauherren der stillschweigende Abschluss eines Erlassvertrages hinsichtlich der weitergehenden Vergütung auf der Grundlage einer Mindestsatzabrechnung liegen kann. Eine abschließende Berechnung des Pauschalhonorars ist aber von dem Kläger vorliegend noch nicht vorgenommen worden. Zwar hat er nach Erteilung der 4. Abschlagsrechnung vom 19.08.1996 (Bl. 33) insgesamt 21.867,98 DM von geschuldeten 22.500,00 DM erhalten. Danach sind aber immerhin noch 633,00 DM des Pauschalpreishonorars offen und auch die nach der Pauschalpreisvereinbarung auszugleichende Baukontrolle ist noch nicht abgerechnet. Eine Schlussrechnung oder eine ähnliche Dokumentation eines Erklärungswillens, der auf das Angebot zum Abschluss eines Erlassvertrages deuten könnte, ist nicht ersichtlich. Anders als in dem der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (NJW-RR 98, 811 ff) zugrunde liegendem Fall liegt hier eine abschließende Berechnung des Pauschalpreishonorars gerade nicht vor. Die bloße Untätigkeit des Klägers aber während 1 1/2 Jahren seit Erteilung der letzten Abschlagsrechnung am 19.08.1996 reicht weder für die Annahme eines stillschweigenden Erlassangebotes noch für die Annahme einer etwaigen Verwirkung seines Anspruchs auf Abrechnung nach dem Mindestsätzen der HOAI aus, zumal die für die Statikerleistungen geltende kurze Verjährung von 2 Jahren gemäß § 196 Nr. 7 BGB bei Geltendmachung des Auskunftsanspruchs bei weitem noch nicht abgelaufen war.
15Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
16Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 2.000,00 DM
17Die Urteilsbeschwer für die Beklagten liegt unter 60.000,00 DM.