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Auswahl des Betreuers
BGB §§ 1896, 1897 1) Die nur für ein von mehreren Konten des Betroffenen von diesem einer Person seines Vertrauens erteilte uneingeschränkte Vollmacht ist nicht mit einer sämtliche Geschäfte regelnden Altersvorsorgevollmacht, die gegebenenfalls die Anordnung der Betreuung entbehrlich mach kann, gleichzusetzen. 2) Erhebliche Konflikte unter den nahen Angehörigen des Betroffenen, die ihrerseits zur Übernahme der Betreuung bereit wären, rechtfertigen nur dann die Bestellung eines familienfremden Berufsbetreuers, wenn der Betroffene diese Spannungen wahrnimmt und ihnen leidet und wenn die Auswahl eines familienfremden Betreuers die Spannungen zu mindern geeignet ist.
G r ü n d e
2Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 27, 29 FGG zulässig, insbesondere ist die Beteiligte zu 3) als Tochter der Betroffenen hinsichtlich der Anordnung der Betreuung sowie der Person der Betreuerin beschwerdeberechtigt, § 69 g Abs.1 FGG.
3In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts läßt keine Rechtsfehler erkennen, §§ 27 Abs. 1 S.2 FGG, 550 ZPO.
4Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ist die Entscheidung verfahrensfehlerfrei zustandegekommen. Nicht zu beanstanden ist, daß die ursprüngliche Verfahrenspflegerin zur Betreuerin bestellt worden. Bis zur Entscheidung über die Anordnung der Betreuung im Beschluß vom 23.8.1996 stand der Betroffenen im amtsgerichtlichen Verfahren eine Verfahrenspflegerin zur Seite, so daß es auf die Prüfung der Frage, ob deren Bestellung zur Wahrnehmung der Interssen der Betreuten notwendig war, nicht ankommt, § 67 I S. 1 FGG. Ein Fall der besonderen Schutzwürdigkeit, in dem die Bestellung eines Verfahrenspflegers obligatorisch ist, war jedenfalls nicht gegeben, § 67 I S. 2 Nr. 1 - 3 FGG.
5Zu Recht hat das Landgericht die Voraussetzungen für eine Betreuung für die angeordneten Aufgabenkreise bejaht, § 1896 Abs. 1, 2 BGB. Die Erforderlichkeit ergibt sich aus dem Gutachten Dr. L., der bei der Betroffenen ein hirnorganisches Psychosyndrom und Hypakusis festgestellt hat. Sie ist nach seinen Feststellungen nicht in der Lage, sich einen orientierenden Überblick über ihre Situation zu verschaffen, andere Personen mit ihren Angelegenheiten zu beauftragen oder diese zu kontrollieren. Ebensowenig sei eine sinnvolle Verständigung mit der inzwischen hilflosen Betroffenen möglich. Dieses sachverständig gewonnene Ergebnis hat das Landgericht rechtsfehlerfrei gewürdigt. Das Ergebnis des Sachverständigengutachtens steht im übrigen im Einklang mit dem Eindruck des erstinstanzlichen Richters nach Anhörung der Betroffenen.
6Aufgrund dieser Feststellungen ist für den Bereich der Vermögenssorge zu Recht eine Betreuungsanordnung getroffen worden. Soweit die Beteiligte zu 3 ) für eines der fünf Konten der Betroffenen Kontovollmacht hat, ändert dies nichts an der Erforderlichkeit der Betreuung in diesem Bereich. Denn diese Vollmacht ist nicht gleichzusetzen mit einer sämtliche Geschäfte regelnden Altervorsorgevollmacht, die ggfs. die Anordnung der Betreuung entbehrlich machen kann ( vgl. dazu Palandt/Diederichsen, 58. Aufl., Vor § 1896, Rz. 6 ff ). Da die Betroffene ferner nicht mehr in der Lage ist, für ihre medizinische Versorgung Sorge zu treffen, haben die Vorinstanzen auch für diesen Aufgabenkreis zutreffend eine Betreuung angeordnet. Schließlich ist zu Recht für die Entscheidungen über das Umgangsrecht eine Betreuungsanordnung erfolgt. Deren Notwendigkeit folgt aus den unstreitigen Vorfällen in der Vergangenheit, als für die Beteiligten zu 4) und 5) über einen längeren Zeitraum keine Besuchsmöglichkeiten mehr bestanden, obwohl regelmäßige Kontakte zu allen drei Kindern im Interesse der Betroffenen lagen, wie aus dem Akteninhalt, insbes. den Äußerungen verschiedener Beteiligter erkennbar ist. Somit besteht auch auf diesem Gebiet ein Betreuungserfordernis.
7Entgegen den Einwänden der Beteiligen zu 3 ) ist im vorliegenden Fall die Bestellung einer familienfremden Berufsbetreuerin gerechtfertigt. Die Auswahl der Person des Betreuers hat nach § 1897 Abs. 1, 4 und 5 BGB zu erfolgen, wobei das Wohl und der Wille des Betroffenen entscheidend sein müssen (vg. Münch/Kommm/Schwab, BGB, 3. Aufl., § 1897, Rz. 17 ). Die Betroffene hat hierzu keinen Vorschlag gemacht, § 1897 Abs. 4 BGB. Mithin hat die Auswahl des Betreuers nach § 1897 Abs. 5 BGB zu erfolgen. Danach stehen die familiären Bindungen des Betroffenen im Vordergrund. Zu Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, daß grundsätzlich Familienangehörige Vorrang bei der Betreuerauswahl genießen. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Senats (zuletzt Beschluß v. 10.2.1999 - 16 Wx 210/98; v. 11.12.1998 - 16 Wx 180/98 ). Gleichwohl kommt hier die zur Betreuung bereite Beteiligte zu 3) als Tochter, die im übrigen mit der Betroffenen seit Jahren zusammenlebt und diese zuverlässig versorgt, nicht als Betreuerin für die genannten Aufgabenbereiche in Betracht. Denn ihre Bestellung stünde im Widerspruch zum Wohl der Betroffenen. Die Stellungnahmen der Beteiligten sowie die Berichte der ehemaligen Verfahrenspflegerin und jetzigen Betreuerin machen deutlich, daß zwischen den drei Geschwistern erhebliche Konflikte bestehen, die auch und gerade beim Zusammentreffen mit der Betroffenen, ihrer Mutter, zum Ausdruck kommen, und daß diese unter den Spannungen zwischen den Kindern leidet. Zwar läßt sich aus jetzigen Verhalten der Betroffenen nicht mehr unmittelbar ablesen, daß sie diese Auseinandersetzungen zwischen den Geschwistern ablehnt und Wert auf ein ruhiges, konfliktfreies Zusammensein mit ihren Kindern legt. Daß ihr familiäre Treffen in ruhiger Atmosphäre wichtig sind und sie deshalb z.B. darum bat, die Schwiegerkinder mögen nicht mehr mitkommen, hat sie indes in früheren Jahren, als sie sich noch deutlich äußern konnte, unzweideutig zum Ausdruck gebracht, so beispielsweise gegenüber Rechtsanwalt H. im Jahre 1994. Da die Betroffene nach dem Eindruck der Betreuerin und den Angaben der Beteiligten zu 3 ) trotz ihrer Hypakusis durchaus noch wahrnehmungsfähig ist, zumindest was visuelle Eindrücke anlangt, sich allerdings fast nicht mehr äußern kann, stünde zu befürchten, daß durch die Betreuerbestellung der ältesten Tochter diese familiären Konflikte auch in ihrer Gegenwart noch zunehmen und damit ihr gesamtes Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen würden. Es erscheint deshalb sachgerecht, dieses Konfliktpotential, unter dem die Betroffene leidet, soweit als möglich abzubauen, indem eine fammilienfremde Betreuerin die oben aufgeführten Aufgabengebiete wahrnimmt. Daß dies ohne Zweifel für die Regelung des Umgangs der Betroffenen mit ihren Familienangehörigen erforderlich ist, liegt auf der Hand. Nach Ansicht des Senats ist ferner ein familienfremder Betreuer auch für die weiteren Aufgaben der Vermögenssorge und der Gesundheitsfürsorge notwendig, da auch in diesen Bereichen Streifragen zwischen den uneinigen Geschwistern vorstellbar sind, die möglicherweise unter Teilnahme der Betroffenen ausgetragen werden könnten.
8Die Bestellung der Beteiligten zu 2 ) als Berufsbetreuerin begegnet keinen Bedenken. Weder sind konkrete Einwände gegen ihre Person erhoben worden, noch bestehen sonst Anhaltspunkte für eine Ungeeignetheit.
9Eine Kostenentscheidung ist in Hinblick auf §§ 131 III KOstO, 13 a Abs. 1 FGG nicht veranlaßt.
10Gegenstandswert der weiteren Beschwerde: 8.000,- DM