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T a t b e s t a n d :
2Der Kläger unterhält bei der Beklagten drei Lebensversicherungsverträge mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen. Aus diesen macht er Ansprüche auf Zahlung monatlicher Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsbefreiung, beginnend mit dem 14.05.1994, geltend. Gem. § 1 der besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung besteht Anspruch auf Beitragsbefreiung bei einer Berufsunfähigkeit in Höhe von mindestens 33 1/3 bzw. 50 %. Die Ansprüche richten sich nach der jeweils festzustellenden akuten Höhe der Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers. Ab einer Berufsunfähigkeit in Höhe von 66 2/3 % besteht Anspruch auf die volle Versicherungsleistung.
3Der Kläger hat behauptet, infolge eines Jagdunfalles vom 28.11.1992 (Tritt durch ein Pferd) sei er zunächst arbeitsunfähig gewesen und sodann zu 50 % berufsunfähig geworden. Hierfür bezieht er sich auf Privatgutachten von Professor
4Dr. S. und Dr. P.. Zu seiner beruflichen Tätigkeit hat er vorgetragen, er sei Leiter eines selbständigen Unternehmensbereichs für Ausbildung im Kongreßwesen. Diese Tätigkeit sei mit schweren körperlichen Belastungen verbunden gewesen, da er die hierbei einzusetzenden Gerätschaften, insbesondere Computeranlagen, selbst zu den jeweiligen Tagungsorten habe transportieren und auch selbst habe aufbauen müssen. In diesem Zusammenhang hat der Kläger vorgetragen, er leide an schmerzbedingten Funktionsbeeinträchtigungen und Behinderungen im Bereich des rechten Arms einschließlich der Hand, der linken Hand, der linken Hüfte und des rechten Beins. Infolgedessen könne er weder längere Reisen mit dem Pkw zurücklegen noch längere Zeit stehen oder sitzen.
5Nach Erlaß eines klageabweisenden Versäumnisurteils hat der Kläger nach rechtzeitiger Einspruchseinlegung beantragt,
6das Versäumnisurteil aufzuheben und die Beklagte zu
7verurteilen,
81. an ihn rückwirkend ab dem 14.05.1994 monatlich und
9jeweils im voraus 3.002,45 DM zu zahlen,
102. an ihn 12.350,04 DM zu zahlen.
11Die Beklagte hat beantragt,
12das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
13Sie hat den Eintritt einer Berufsunfähigkeit von 50 % verneint und die Ansicht vertreten, daß der Kläger leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von Zwangshaltung im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen bei geistig voller Belastbarkeit verrichten könne. Sie hat im übrigen die Ansicht vertreten, der Kläger habe die Einzelheiten seiner beruflichen Tätigkeit nicht ausreichend präzise dargelegt. Ggf. müsse er auch seine anstrengenderen Tätigkeiten umorganisieren und entsprechendes Personal heranziehen.
14Durch Urteil vom 03.07.1996, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht das klageabweisende Versäumnisurteil vom 26.02.1996 aufrechterhalten und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, selbst unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens lasse sich nach Maßgabe der vorliegenden Privatgutachten nicht feststellen, daß der Kläger zu mindestens 50 % berufsunfähig sei. Die Abläufe der vom Kläger geschilderten Beispielsarbeitstage ließen erkennen, daß er vorwiegend leitende Tätigkeit ausgeübt habe. Er übe eine in jeder Hinsicht abwechslungsreiche Tätigkeit aus, die nicht notwendigerweise einen nennenswerten körperlich kraftaufwendigen Einsatz erfordere. Charakteristisch für seine Tätigkeit seien Vorträge, Besprechungen und Präsentationen. Daß er hierbei auch anstrengende Montagetätigkeiten zu verrichten habe, sei nicht nachvollziehbar. Jedenfalls seien sie nicht so prägend, daß sie die erforderliche Berufsunfähigkeit von 50 % erreichen ließen, was auch für die vom Kläger behaupteten beruflichen Pkw-Fahrten gelte. Vor dem Hintergrund eines derartigen Tätigkeitsbildes könne auch nach Maßgabe der vom Kläger eingeholten Privatgutachten nicht von einer mindestens 50 %igen Berufsunfähigkeit ausgegangen werden.
15Gegen dieses am 24.07.1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.08.1996 Berufung eingelegt und diese am 08.11.1996, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.01.1996, begründet.
16Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, dem landgerichtlichen Urteil sei nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Umstände und Fachkenntnisse der Einzelrichter in der Lage gewesen sein könne, selbst anhand der vorliegenden Gutachten eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit zu verneinen. Hierzu fehle dem Landgericht die medizinische Fachkompetenz. Außerdem habe es verkannt, daß die Annahme einer Berufsunfähigkeit von weniger als 50 % nicht etwa zur vollständigen Leistungsfreiheit der Beklagten führe, sondern nach den besonderen Bedingungen dann eine anteilige Leistungspflicht nach Maßgabe der tatsächlich bestehenden teilweisen Berufsunfähigkeit auslöse.
17Daß eine - wenn auch nur teilweise - Berufsunfähigkeit in jedem Fall gegeben sei, ergebe sich aus den vorliegenden Privatgutachten.
18Das Landgericht habe die von ihm beschriebenen Leistungsbereiche anhand von mehreren Beispielsarbeitstagen nicht ausreichend ausgewertet. Insbesondere habe das Landgericht auch zu Unrecht das Berufsbild des Klägers nicht umfassend abgeklärt. Nach der Art der Ausgestaltung seiner Tätigkeit lasse sich nicht präzise quantifizieren, welchen Anteil an einem Tagesablauf sitzende, stehende, fahrende oder sonst körperlich anstrengende Tätigkeit habe. Jeder Tagesablauf sei unterschiedlich. Jedenfalls habe er im Rahmen seiner Tätigkeit auch körperlich schwere Arbeiten zu verrichten. So habe er z. B. im Rahmen von Präsentationen oder Schulungen Geräte wie Computer, Videokameras o. ä. selbst aufzubauen oder zumindest am Aufbau mitzuwirken. Es entspreche nicht der Üblichkeit in seinem Geschäftsbereich, solche Tätigkeiten auf Mitarbeiter zu übertragen. Auch könne er Langstreckenfahrten nicht umorganisieren, hierbei insbesondere nicht auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, weil er z. B. bei Computerdemonstrationen auf Schulungen oder Tagungen die entsprechende Hardware seiner Firma stets mit sich führen müsse, weshalb er auf das Fahren im eigenen Pkw angewiesen sei. Auch habe das Landgericht die von ihm geklagten und objektivierbaren Beschwerden sowohl im rechten Bein als auch im rechten Arm nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere die Probleme mit der rechten Hand behinderten ihn beträchtlich bei der Bedienung von Computeranlagen. Die Schmerzzustände als solche beeinträchtigten ihn auch stark in seiner Konzentrationsfähigkeit.
19Der Kläger beantragt,
20die Beklagte zu verurteilen,
211. an ihn für die Zeit vom 14.05.1994 bis
2231.07.1994 eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe
23von 7.748,26 DM zu zahlen,
242. an ihn eine jeweils zum 01.08.1994, 01.11.1994
2501.02.1995, 01.05.1995, 01.08.1995 und 01.11.1995
26fällige Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von
279.007,35 DM zu zahlen,
283. die Beklagte zu verurteilen, an ihn bis zum
2901.11.1996 eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von
309.200,95 DM zu zahlen
31u n d
32jeweils zum 01.02., 01.05., 01.08., und 01.11. ei- nes Jahres eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von
339.315,55 DM zu zahlen, beginnend erstmals mit dem
3401.02.1997.
354. an ihn weitere 12.350,04 DM nebst 4 % Zinsen
36seit dem 23.08.1995 (Rechtshängigkeit) zu zahlen
37ferner:
38festzustellen, daß die zwischen ihm und der Be-
39klagten bestehenden Versicherungsverträge, die unter
40der Inkassonummer 9071733 zusammengefaßt sind, ab dem
4114.05.1994 beitragsfrei sind.
42Schließlich,
43dem Kläger zu gestatten, zulässige oder erforderliche
44Sicherheiten auch durch Bürgschaft einer deutschen
45Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Spar-
46kasse zu leisten.
47Die Beklagte beantragt,
48die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
49Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt unter Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil nach wie vor die Ansicht, beim Kläger liege keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vor. Tatsächlich habe er keine nennenswert belastenden Arbeiten durchzuführen. Die mit seiner Tätigkeit verbundenen körperlichen Belastungen hielten sich in erträglichen Grenzen und könnten vom Kläger, bei dem im wesentlichen lediglich geringfügige Beeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet vorlägen, ohne weiteres bewältigt werden. Eine Berufsunfähigkeit von 50 %, die jedenfalls nach 2 der bei ihr unterhaltenen Verträge erforderlich sei, liege nicht vor und auch keine solche von mindestens 33 1/3 %.
50Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
51Der Senat hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluß vom 05.02.1997 durch Vernehmung des Zeugen G. sowie ferner nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 05.05.1997 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. H./Privatdozent Dr. Sch.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 06.10.1997 Bezug genommen.
52Auf Antrag des Klägers hat der Senat den Sachverständigen Privatdozent Dr. Sch. ferner mündlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der Senatssitzung vom 11.02.1998 Bezug genommen.
53E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
54Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg, denn der Kläger hat auch nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme nicht nachzuweisen vermocht, daß er in einem gem. § 1 der besonderen Bedingungen anspruchsbegründenden Umfang - also mindestens 33 1/3 % bzw. 50 % - berufsunfähig ist.
55Dabei geht der Senat von dem beruflichen Tätigkeitsbild des Klägers aus, wie dieser selbst es in der Anlage zu seinem Schriftsatz vom 10.05.1986 tabellarisch geschildert hat bzw. wie es sich aus der Aussage des vom Kläger hierfür benannten Zeugen G. ergibt. Hiernach übte der Kläger eine Tätigkeit aus, die häufigere - auch längere - Fahrten mit dem Pkw erforderlich machte und ferner das Befördern und Auf- und Abbauen von - auch schwerem - Arbeitsmaterial. Vor dem Hintergrund der eigenen tabellarischen Aufstellung des Klägers hat der Zeuge G., der diese im Kern als richtig bestätigt hat, geschildert, daß der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit zu ca. 1/3 der Zeit außer Hause habe tätig sein müssen. Er habe hierbei auch des öfteren Material mitbringen oder transportieren müssen, wobei es sich dabei mitunter nur um einige DIN A 4 Ordner gehandelt habe, manchmal aber auch um schwerere PC Soft- und Hardware. Insbesondere bei Messen habe der Kläger sich seinen Pkw selbst mit Material volladen und mehr oder weniger selbständig die Aufbauten durchführen müssen. Bei solchen Gelegenheiten sei die Außer-Haus-Tätigkeit bis auf die Hälfte der gesamten Arbeitszeit angewachsen. Dabei sei der Materialtransport nicht etwa nur ausnahmsweise, sondern regelmäßig angefallen. Es seien in der Regel 2 Pilotenkoffer gefüllt mit Material zu transportieren gewesen und evtl. noch PC-Laptops oder Projektionsgeräte.
56Vor dem Hintergrund einer derartigen Tätigkeit ergibt sich beim Kläger nach Maßgabe der den Senat in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H./Privatdozent Dr. Sch. allenfalls eine Berufsunfähigkeit von 30 %.
57Der Sachverständige hat die vom Kläger geklagte Symptomatik, die erhobenen Befunde und die vorliegenden Behandlungsunterlagen eingehend referiert, ausgewertet und die hiernach angenommene Berufsunfähigkeit von 30 % nachvollziehbar und überzeugend begründet. Dabei decken sich seine eigenen anamnestischen und Befunderhebungen in nahezu allen wesentlichen Punkten mit denen des Privatgutachters des Klägers, Prof. Dr. S., in dessen Gutachten vom 11.07.1994, sowie des Privatgutachters der Beklagten - Dr. P. vom 29.08.1995. Hiernach zeigen sich beim Kläger Verschleißerscheinungen an der Halswirbelsäule, degenerative Veränderungen als Folge eines Ausrißbruches am Unterrand der Kniescheibe, eingeschränkte Beugefähigkeit des rechten Knies und Reibegeräusche dort, eine Innenmeniskusschädigung sowie ein Knorpelschaden am linken Knie und eine Weichteilverkalkung an der linken Hüfte (so Prof. Dr. S.). Dr. P. hat ein chronisch rezidivierendes Cervikalsyndrom degenerativer Genese, ein Impingementsyndrom an der rechten Schulter, Zustand nach operativ versorgter Schultereckgelenkverletzung, Zustand nach Handgelenksverletzung rechts mit periartikulärer Schwellung und Flexionskontraktur von
5820 % festgestellt, ferner als aktuelle Symptomatik abklingende Weichteilverletzung der linken Hand, verkalkende Insertionstendopathie am linken Trochanter major, ausgeprägte Femoropatellararthrose rechts und Zustand nach Innenmeniskusteilresektion und Chondroplastik linkes Kniegelenk festgestellt. In Übereinstimmung hiermit hat der Gutachter Prof. Dr. H./ Dr. Sch. als Diagnosen Aufbraucherscheinungen der rechten Kniescheibenrückfläche, initiale Aufbraucherscheinungen beider Hüftgelenke, Daumengrundgelenksarthrose links, operativ versorgte Schultereckgelenksprengung links, Beugefehlstellungs des rechten Zeigefingers und des linken Mittelfingers, Muskelansatzreizung im Bereich des linken großen Rollhügels und Hohlfuß rechts ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigung diagnostiziert. Ferner haben alle Gutachter bei ihren Umfangsmessungen nahezu seitengleiche Maße beider oberer und unterer Extremitäten und seitengleiche Beschwielung der Hand- und Fußinnenflächen festgestellt, wobei Maßdifferenzen bis zu
591 cm nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch. ohne Bedeutung sind.
60Nach diesen Erhebungen ist festzustellen, daß beim Kläger zwar insbesondere auf orthopädischem Gebiet ein symptomatisches Krankheitsbild vorliegt, welches aber nur mäßig ausgeprägt ist und die Wertung des Sachverständigen Prof. Dr. H./Dr. Sch. mit einer Berufsunfähigkeit von
6130 % in jeder Hinsicht überzeugend erscheinen läßt.
62Die hierüber hinausgehende Einschätzung der Berufsunfähigkeit auf über 50 % durch den Privatgutachter des Klägers, Prof. Dr. S., vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Sie läßt bereits nicht erkennen, ob der Gutachter bei dieser Einschätzung auf das konkrete Tätigkeitsbild des Klägers abgestellt hat. Seine Ausführungen dazu, daß der Kläger Arbeiten im Knien und in der Hocke sowie alle Tätigkeiten, welche mit schwerer Belastung der Beine verbunden sind, nur noch eingeschränkt verrichten kann, sprechen eher hiergegen; denn selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Kläger auch Auf- und Abbauarbeiten von PC-Geräten u. ä. durchführen mußte, kann nicht davon ausgegangen werden, daß er hierbei vorwiegend im Hocken und Knien tätig gewesen sei. Zum anderen läßt die Einschätzung der Berufsunfähigkeit durch den Privatgutachter Dr. S. auf über 50 % auch eine nachvollziehbare Begründung vermissen, worauf auch der Gerichtssachverständige zutreffend hingewiesen hat.
63Entsprechendes gilt hinsichtlich des Privatgutachters Dr. P..
64Demgegenüber hat der Sachverständige Prof. Dr. H./Dr. Sch. - dies inbesondere auch anläßlich der mündlichen Anhörung vor dem Senat - eingehend dargelegt, aufgrund welcher Erwägungen er zur Annahme einer Berufsunfähigkeit von nur 30 % gelangt ist. Diese basiert auf den von ihm gestellten Diagnosen unter besonderer Berücksichtigung des Umstandes, daß die körperlichen Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet beim Kläger im wesentlichen im Bereich des rechten Kniegelenkes liegen, wo sich eine Retropatellararthrose mit funktionell beeinträchtigender Belastungsminderung bei Tätigkeiten in der Hocke und bei längeren belastenden Beugestellungen des Beins findet, die auch eine Beeinträchtigung beim Treppensteigen sowie bei Gehstrecken über 1 Stunde möglich erscheinen läßt. Die weiter beim Kläger erhobenen Befunde wie die Aufbauerscheinungen im Bereich der Hüftgelenke sowie der Daumengrundgelenksarthrose links und Beugefehlstellung des rechten Zeigefingers sowie des linken Mittelfingers bedingen demgegenüber nach den Ausführungen des Sachverständigen keine wesentlichen Beeinträchtigungen, dies ebensowenig wie die im Bereich der linken Schulter nachweisbare Aufbraucherscheinung des Schultereckgelenkes.
65Gegen eine nennenswerte Beeinträchtigung des Klägers im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit durch die festgestellte Symptomatik spricht insbesondere auch der Umstand, daß - worauf der Sachverständige ausdrücklich und überzeugend hingewiesen hat - sich beim Kläger nahezu seitengleiche Muskelumfänge beider unteren Extremitäten finden sowie ein seitengleicher Knochen-Kalksalzgehalt in der Hüft- und Knieregion. Auch der nahezu seitengleiche Abnutzungsgrad der Schuhe, die seitengleiche Beschwielung der Fußsohlen, die nahezu identischen Muskelumfangsmaße im Bereich der oberen Extremitäten mit der typischen Vermehrung der rechten Seite bei einem Rechtshänder im Rahmen von 1 cm Umfangsdifferenz bestätigen die Feststellung des Sachverständigen, daß dem Kläger eine seitengleiche funktionelle Einsatzmöglichkeit seiner äußeren Extremitäten möglich ist und auch durchgeführt wird und deshalb nur von einer vergleichsweisen geringfügigen Beeinträchtigung ausgegangen werden kann, wobei sich die Feststellungen des Sachverständigen zu den nahezu seitengleichen Umfangsmaßen pp. mit den dahingehenden Feststellungen des Privatgutachters Prof. Dr. S. im wesentlichen decken.
66In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige Dr. Sch. ausdrücklich darauf hingewiesen, daß man die Angaben des Klägers zu Schmerzen und Verspannungen als richtig unterstellt hat, die bildgebenden und sonstigen Untersuchungsbefunde jedoch lediglich altersentsprechende Degenerations- und Verschleißerscheinungen ohne objektiven Krankheitswert ergeben haben.
67Im einzelnen hat der Sachverständige insbesondere anläßlich seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat hierzu dargelegt, zwar seien beim Kläger Verschleißerscheinungen im orthopädischen Bereich festzustellen, die auch zu Verspannungsschmerzen führen könnten. Diese seien jedoch nur geringen Ausmaßes und hielten sich im altersentsprechenden Rahmen des Klägers. Nervenkompressionen im Bereich der Halswirbelsäule seien nicht festzustellen gewesen, weshalb man auch keine Indikation für weitere neurologische Untersuchungen oder weitere röntgonologische Diagnostik gesehen habe. Auch die Feinmotorik der Hände/Finger sei nicht nennenswert beeinträchtigt, die Hüftgelenke seien trotz endgradiger Schmerzhaftigkeit seitengleich beweglich, und in diesem Bereich bestünden keine ernsthaften Behinderungen. Hinsichtlich der Fähigkeit zum Autofahren sei trotz einer Vorschädigung des rechten Kniegelenkes die nötige Kraft zum Bedienen der Pedale in jedem Fall vorhanden, und angesichts der nahezu seitengleichen Muskulaturmaße sei auch von einer entsprechenden fortdauernden Tätigkeit des Klägers auszugehen. Die gesamten orthopädischen Symptome führten nur zu geringgradigen Beeinträchtigungen des Klägers und damit auch nur zu einer vergleichsweise geringfügigen Berufsunfähigkeit.
68Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen hat der Sachverständige nachvollziehbar erläutert, daß eine Berufsunfähigkeit von mehr als 30 % nicht annehmbar sei und dies überzeugend damit begründet, daß die von ihm nach Maßgabe seines schriftlichen Gutachtens gestellten Diagnosen (die vorstehend bereits zitiert wurden) insgesamt nur zu einer Berufsunfähigkeit von höchstens 30 % führen könnten, wobei die einzelnen Symptome jeweils lediglich Beeinträchtigungen in einem Umfang von 10 - 15 % ergeben könnten bzw. zum Teil sogar im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers unerheblich seien, so z. B. die Daumengrundgelenksarthrose links, die operativ versorgte Schultereckgelenkssprengung links, die Beugefehlstellung des rechten Zeigefingers und des linken Mittelfingers sowie der Hohlfuß rechts, der ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigung sei.
69Die Einholung eines neurologischen Gutachtens erschien dem Senat nicht geboten. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch. hat dieser im Rahmen seiner orthopädischen Begutachtung bereits eine grob neurologische Untersuchung veranlaßt bzw. durchgeführt. Bei dieser Untersuchung wurden nach seiner Schilderung die Motorik, die Sensibilität und die Reflexe geprüft, wobei in diesen Bereichen keine pathologischen Auffälligkeiten festgestellt worden sind außer den vergleichsweise geringfügigen am Daumen, die auch - nur - auf eine Angabe des Klägers beruht. Der Sachverständige hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß man keine Anhaltspunkte für die Annahme einer Wurzelschädigung habe feststellen können, wobei hiergegen auch spreche, daß keine Muskelatrophien aufgetreten seien, die aber bei einer Nervschädigung unabdingbar seien. Wenn er in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen hat, daß man deshalb keinen Anlaß gesehen habe, eine neurologische Zusatzbegutachtung zu veranlassen, die jedoch erfolgt wäre, wenn man bei der Befunderhebung Hinweise dafür gefunden hätte, so erscheint dies in jeder Hinsicht überzeugend.
70Daß auf neurologischem Gebiet keine die Funktionsfähigkeit der oberen und unteren Extremitäten nennenswert beeinträchtigenden Symptome und Beschwerden beim Kläger vorliegen können, zeigt - wie bereits mehrfach erwähnt - nicht zuletzt auch der Umstand, daß die Umfangsmaße beidseits nahezu identisch (Abweichungen bis zu 1 cm sind nach den Ausführungen des Sachverständigen unerheblich) sind, was auch aus den dahingehenden Messungen der beiden Privatgutachter hervorgeht.
71Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten und auch bei seiner mündlichen Anhörung überzeugend darauf hingewiesen, daß die Muskelumfangsmaße und die seitengleiche Beschwielung auf eine nahezu ungehinderte Benutzung sämtlicher Extremitäten hindeuten. Angesichts der damit erwiesenermaßen festzustellenden nahezu unbeeinträchtigten seitengleichen Belastung besteht kein Anlaß zu weiterer - neurologischer - Beweiserhebung. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß entscheidend vorliegend nicht die Suche nach einer evtl. neurologischen Ursache der vom Kläger geklagten und subjektiv unter Umständen empfundenen Beschwerden und deren medizinischer Abklärung ist, sondern lediglich die Prüfung ihrer evtl. Auswirkungen auf die organische Funktionstüchtigkeit und eine hieraus evtl. resultierender Berufsunfähigkeit des Klägers. Eine solche ist aber angesichts des Sachverständigengutachtens in einem
7230 % übersteigenden Maße zu verneinen, weshalb, da erst eine Berufsunfähigkeit ab 33 1/3 % Ansprüche begründen könnte, die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge des
73§ 97 ZPO zurückzuweisen war.
74Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
75Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer des Klägers:
76227.987,49 DM (siehe so schon Beschluß des Senats vom 09.01.1997)