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HGB §§ 439, 414, AGNB § 26 Zur Einbeziehung des AGNB in einen Frachtvertrag.
27 U 41/98 43 0 91/97 - LG Aachen -
Anlage zum Protokoll vom 04.11.1998 Verkündet am 04.11.1998 Rienhoff, JOS´n als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14.10.1998 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jährig und der Richter am Oberlandesgericht Schmitz und Müller
f ü r R e c h t e r k a n n t:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 24.04.1998 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 43 0 91/97 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
3Das Landgericht hat die Beklagte mit Recht aus § 429 Abs. 2 HGB in Verb. mit § 430 Abs. 1 HGB in der bis zum 30.06.1998 geltenden Fassung zum Schadensersatz verurteilt. Diese Vorschriften finden mangels einer abweichenden Übergangsvorschrift im Transportgesetz vom 25.06.1998, das nach Art. 12 Abs. 2 am 01.07.1998 in Kraft getreten ist, auf den vorliegenden Fall Anwendung, weil grundsätzlich ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht unterliegt, das zur Zeit der Verwirklichung seines Entstehungstatbestandes galt (Palandt, Komm. zum BGB, 56. Aufl., Rn. 29 vor § 241). Dieser Zeitpunkt liegt vor dem Inkrafttreten des Transportgesetzes. Abgesehen hiervon hat das Transportgesetz in den hier einschlägigen Vorschriften inhaltlich zu keiner Änderung geführt.
4Wegen der Begründung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten wegen Nichtablieferung des Gutes nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug, denen er beitritt.
5Das Landgericht hat auch zutreffend ausgeführt, daß die Einrede der Verjährung nicht durchgreift, weil die einjährige Verjährungsfrist gem. §§ 439 S. 1, 414 Abs. 1 S. 1 HGB a.F. bei Zustellung des Mahnbescheids am 05.05.1997 noch nicht abgelaufen war. Die Beklagte beruft sich zu Unrecht auf die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 26 AGNB. Die Beklagte hat nicht hinreichend dargetan, daß sie und die Firma D. für den Frachtauftrag vom 04.09.1996 die Geltung der AGNB vereinbart haben. Die Beklagte kann sich für ihre Behauptung nicht mit Erfolg auf den von ihr vorgelegten Lohnfuhrvertrag mit der Firma D. stützen. Nach § 3 A gilt der Vertrag nur für Transporte innerhalb der "obengenannten" - das ist in § 2 des Vertrages - Standorte und Fahrzeuge. In § 2 sind fünf Fahrzeuge mit amtl. Kennzeichen aufgeführt. Unstreitig ist aber der Transport nicht mit einem dieser Fahrzeuge, sondern mit einem Fahrzeug mit dem amtl. Kennzeichen ...... durchgeführt worden. Ist aber der Transport mit einem anderen nicht im Vertrag aufgeführten Fahrzeug durchgeführt worden, wird er nicht durch den Vertrag, der sich auf bestimmte Fahrzeuge mit bestimmten Standorten beschränkt, erfaßt. Änderungen und Ergänzungen zu der Auflistung in § 2 müssen nach § 2 Abs. 2 des Vertrages als Nachträge dem Vertrag beigefügt werden. Solche - schriftlichen - Änderungen und Ergänzungen in Bezug auf das Fahrzeug .......... behauptet die Beklagte aber nicht.
6Die Beklagte hat zum Nachweis dafür, daß für alle von ihr für die Firma D. durchgeführten Transporte die Haftung gem. den AGNB gelten sollen, mit Schriftsatz vom 14.10.1998 ein Schreiben der Firma D. vom 11.11.1985 vorgelegt. Da der Lohnfuhrvertrag jedoch nicht datiert ist und die Beklagte auch nicht vorträgt, wann er abgeschlossen worden ist, bleibt offen, ob dieses Schreiben vor oder nach Abschluß des Lohnfuhrvertrages der Beklagten übersandt worden ist und durch den Abschluß des Lohnfuhrvertrages möglicherweise überholt ist.
7Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin die Geltung der AGNB auf den Frachtvertrag nicht mit bindender Wirkung zugestanden. Der Senat verweist zur Begründung auch insoweit auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin im Schriftsatz vom 03.12.1997 vorgetragen hat, nach Auskunft der Firma D. seien die AGNB vereinbart. In diesem Vortrag liegt nicht das antizipierte bindende Geständnis, die AGNB seien vereinbart worden. Diesen Vortrag hat die Klägerin zu einem Zeitpunkt gebracht, zu dem von einem antizipierten Geständnis der Klägerin in der Klageschrift wegen des Bestreitens der Beklagten im Schriftsatz vom 31.10.1997 keine Rede sein konnte.
8Der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.1998 gibt zu einer anderen Beurteilung der Einbeziehung der AGNB keinen Anlaß. Zwar sollen bei Kaufleuten grundsätzlich die zur Einbeziehung der ADSp geltenden Grundsätze auch auf die Einbeziehung der AGNB zur Anwendung kommen. Anders als bei der ADSp erfolgt jedoch nicht schon dann eine stillschweigende Unterwerfung unter die AGNB, wenn der Auftraggeber der Geltung der AGNB nicht widerspricht. Die AGNB sind nämlich nicht so allgemein gebräuchlich wie die ADSp (Kolle, Transportrecht, 3. Auflage, § 1 AGNB Rn. 4; MüKo/Dubischar, Komm. zum HGB, § 1 AGNB Rn. 1). Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BGH (LM-AGNB, Nr. 37) steht dem nicht entgegen.
9Selbst wenn aber die Beklagte und die Firma D. auch für den Frachtauftrag vom 04.09.1996 die AGNB vereinbart hätten, wäre die Schadensersatzforderung nicht verjährt. Denn nach § 26 AGNB verjähren die Ansprüche des Berechtigten in sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem er Kenntnis von dem Anspruch hat. Diese Kenntnis ist vorhanden, wenn dem Geschädigten zuzumuten ist, aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage, sei es auch nur eine Feststellungsklage zu erheben, die bei verständiger Würdiung der von ihm vorgetragenen Tatsachen Erfolgsaussicht hat. Diese Kenntnis hatte die Firma D. nicht vor dem 30.10.1996. Denn im Schreiben vom 21.10.1996 an die Firma M., ihre Auftraggeberin, hat die Firma D. sich unter Stützung auf den Ablieferungsnachweis und eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen K. auf den Standpunkt gestellt, die Ware sei ordnungsgemäß abgeliefert worden. Kenntnis vom Verlust der Sendung konnte die Firma D. deshalb erst in dem Zeitpunkt erhalten, in dem sie die Information der Firma Standard-K. in deren Fax an die Firma M. vom 30.10.1996 erhielt, daß die Empfangsunterschrift auf dem Speditionsübergabeschein bei der Firma Standard-K. nicht bekannt und die Ware dort nicht eingegangen sei. Dieser Zeitpunkt konnte aber nicht vor dem 30.10.1996 liegen, da das Fax vom selben Tag stammt. Danach lief die sechsmontige Verjährungsfrist am 30.04.1997 ab. Sie wurde gem. § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB i. V. mit § 693 Abs. 2 ZPO mit dem am 28.04.1997 eingegangenen Antrag auf Mahnbescheid, der alsbald zur Zustellung des Mahnbescheids führte, unterbrochen; die Unterbrechung dauert gem. § 211 Abs. 1 BGB fort.
10Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf j§ 97, 708 Nr. 10 ZPO.
11Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten: 17.682,66 DM.
12Dr. Jährig Müller Schmitz
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