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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
2Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das im Tenor näher bezeichnete Urteil des Landgerichts Köln ist zulässig. Das Rechtsmittel hat derzeit insoweit Erfolg, als dem Grunde nach eine Schadensersatzverpflichtung des Beklagten ausgesprochen wird.
31. Es liegt ein Planungsmangel des Beklagten vor. Jedenfalls nach Erlaß der Neufassung der DIN 50930 Teil 5 im Februar 1993 und damit vor Beginn der Ausführungsarbeiten ist ein Hartlöten von wasserführenden Kupferrohren im linksrheinischen Gebiet von Köln als ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik anzusehen, so daß die Frage, auf welchen Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens eines Mangels abzustellen ist (vergl. Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 8. Aufl., Rdnr. 1467; BGH, MDR 1998, 1026), vorliegend nicht abschließend beantwortet werden muß. Soweit in der Rechtslehre die Meinung vertreten wird, für die Frage der Mangelhaftigkeit sei auf den Stand der Technik zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (hier: 23.03.1992) abzustellen, kann dies nicht richtig sein, da der Auftraggeber selbstredend erwarten kann, daß der Auftragnehmer bei der Ausführung des Auftrags einen ggf. geänderten Stand der Technik berücksichtigt.
4Zu der Planungsaufgabe des Beklagten gehörte es, dem ausführenden Unternehmen, der Fa. H., genau vorzugeben, in welchem Lötverfahren die Arbeiten auszuführen sind, da sich unstreitig die Wahl des Lötverfahrens -auch aus damaliger Sicht- auf die Korrosionsbeständigkeit auswirken konnte, aber auch weitere, auf Bl. 5 der Berufungserwiderung (Bl. 227 GA) von dem Beklagten selbst aufgeführte Gesichtspunkte, die für oder gegen ein Hart- oder Weichlöten sprechen können, zu berücksichtigen waren. Dieser Frage kam auch ausweislich der vom Beklagten erstellten technischen Anlagenbeschreibung (Bl. 99 AH) sowie Nr. 5.1. des von ihm erstellten Leistungsverzeichnisses (Bl. 53 der Akte 13 H 5/95 AG Mühlheim/Ruhr) besondere Bedeutung zu ("Sollte es aufgrund der Wasserqualität erforderlich sein, so müssen alle Rohre bis 28 mm weichgelötet werden.").
5Ein Planungsmangel liegt vor, weil zumindest im linksrheinischen Gebiet von Köln die Wasserqualität bereits 1992/1993 so beschaffen war, daß diese eine erhebliche Lochfraßgefahr jedenfalls für Rohre mit einem Durchmesser, wie sie vorliegend im Objekt des Klägers verlegt worden sind, im Falle eines Hartlötens mit sich brachte. Dies haben sowohl der Sachverständige Dipl.-Ing. K. im selbständigen Beweisverfahren wie auch der Sachverständige Dipl. Chem. Dr. Kr. im Hauptverfahren übereinstimmend festgestellt. Dementsprechend gibt die Streitgehilfin jedenfalls ab Oktober 1994 die Empfehlung ab, nicht im Hartlötverfahren vorzugehen.
62. Das für § 635 BGB erforderliche Verschulden ist gegeben, da der Beklagte als Sonderfachmann die in Fachkreisen zumindest seit 1988 erfolgte Diskussion um die Gefahren des Hartlötens hätte nachverfolgen müssen. Diese Diskussionen waren ihm auch ausweislich seiner persönlichen Eingaben im selbständigen Beweisverfahren -s. Bl. 34, 38 der o.g. Beweissicherungsakte- bekannt. Er kann sich deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die Neufassung der DIN 1988, die die besonderen Korrosionsgefahren berücksichtigt, erst 1995 in Kraft getreten ist
7( vergl. insoweit auch OLG Köln, OLG-Report 1997, 76 f; der 11. Zivilsenat beschäftigt sich in dieser Entscheidung zutreffend mit der Frage der anerkannten Regeln der Technik im Zusammenhang mit dem Lochfraß; s. auch BGH, MDR 1998, 1026 f, wonach DIN-Normen die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben, aber auch dahinter zurückbleiben können).
8Ob als bewiesen angesehen werden kann, daß Mitarbeiter der Streitgehilfin dem Beklagten oder der Fa. H. gegenüber geäußert hätten, gegen ein Hartlöten keine Bedenken zu haben, ist unerheblich. Denn der Beklagte trägt nicht vor, sich nach der Wasserzusammensetzung erkundigt zu haben, um alsdann eigenverantwortlich das Korrosionsrisko zu überprüfen. Er hat allenfalls nach dem Ergebnis der Einschätzung irgendwelcher Außendienstmitarbeiter der Streitgehilfin gefragt, die -wie aus dem Schreiben der I. an die Streitgehilfin vom 06.10.1992 (Bl. 52 der Beweissicherungsakte) ersichtlich und in der
9erstinstanzlichen Beweisaufnahme bestätigt- in erster Linie deshalb am 06.10.1992 auf der zukünftigen Baustelle erschienen sind, damit der Rückbau der Gas- und Wasserzähler in dem abzureißenden Altbau abgestimmt werden konnte. Nach der DIN 1988, Teil 7 unter 3.2. (s. 57 der Beweissicherungsakte) soll gerade nicht nur das Ergebnis der Einschätzung des zuständigen Wasserversorgungsunternehmens über die Vertretbarkeit des Hartlötens abgefragt werden. Der Beklagte kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, die (angebliche) Auskunft von Mitarbeitern der Streitgehilfin sei wie die Auskunft eines Sonderfachmanns im baurechtlichen Sinne zu behandeln und könne ihn deshalb entlasten. Inwieweit Mitarbeiter der G. zutreffende oder unzutreffende Angaben über die Korrosionsgefahr gemacht haben, kann daher im vorliegenden Verfahren dahinstehen.
103. Ob dem Kläger der geltend gemachte Zahlungsanspruch allerdings nach Maßgabe der Sanierungskosten auf Gutachtenbasis zusteht, ist noch offen. Der Kläger kann zwar nach
11§ 635 BGB grundsätzlich verlangen, so gestellt zu werden, als sei die Planung des Beklagten mangelfrei G.esen. Demnach kann er grundsätzlich die Kosten geltend machen, die für eine Erneuerung des Rohrystems im Weichlötverfahren anfallen. Durchgreifende Gründe, die im konkreten Fall gegen ein Weichlöten sprechen, hat der Beklagte nicht hinreichend dargetan. Nach den Ausführungen der Sachverständigen ist auch davon auszugehen, daß ein zukünftiger Wasserrohrbruch infolge der durch das Hartlöten begünstigten Korrosionsgefahr jedenfalls nicht gänzlich unwahrscheinlich ist. Insoweit schließt sich der Senat insbesondere den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.Chem. Dr. Kr. an, die dieser anläßlich seiner Anhörung vor der Kammer gemacht hat (Bl. 155 GA). Grundsätzlich ist es dem Kläger nicht zuzumuten, die Schadensgeneigtheit der Rohranlage hinzunehmen und auf einen Schadenseintritt zu warten, der ggf. zu hohen Folgekosten führen kann. Andererseits ist jedoch zu überprüfen, ob eine jetzige Sanierung angesichts der damit verbundenen Kosten als wirtschaftlich sinnvoll angesehen werden kann (Rechtsgedanke aus § 633 II S. 3 BGB). Die Wahrscheinlichkeit, daß in näherer oder fernerer Zukunft ein Rohrbruch eintritt, ist nach den im Kern übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen als eher gering einzustufen. Ob die konkreten Verhältnisse in einem Nachbarhaus, in dem noch zehn Jahre nach Fertigstellung der Anlage Lochfraß in erheblichem Umfang aufgetreten sein soll, mit den Verhältnissen im Objekt des Klägers vergleichbar sind, ist nicht ersichtlich, zumal nach den Ausführungen der Sachverständigen gerade die besonderen Verhältnisse im Leitungssystem in den ersten Stunden nach der Befüllung mitentscheidend dafür sind, ob die Voraussetzungen für eine spätere Korrosion begünstigt werden. Da sich die Sanierungskosten allein für die Rohrleitungen im Keller des Objektes Neusser Str. 210 nach den Ermittlungen des Sachverständigen K. auf über 25.000,- DM belaufen und die Kosten für die Sanierung der Leitungen im Erdgeschoß hinzukommen -eine Teilsanierung brächte eher die Gefahr mit, daß Stellen, die die Disposition zum Lochfraß haben, tatsächlich korrodieren-, erscheint es fraglich, ob dem Kläger ein Zahlungsanspruch nach Maßgabe der von ihm angenommenen Sanierungskosten zugesprochen werden kann.
12Dies gilt ebenso für die Sanierung der auf Bl. 9 des o.g. Gutachtens des Sachverständigem Dipl. Ing K. erwähnten mangelhaft erstellten Ventile (s. Bl. 85 f der Beweissicherungsakte), die laut Sachverständigengutachten mit einem Nettobetrag von 405,- DM zu bewerkstelligen ist. Der Beklagte hat für diesen Mangel zwar wegen schuldhafter Verletzung der ihm unstreitig ebenfalls übertragenen Überwachung der Ausführung der Sanitärarbeiten einzustehen. Für die Zweckmäßigkeit der Teilsanierung der Ventile ist jedoch nichts dargetan.
13Der Kläger hat jedoch -bereits erstinstanzlich- substantiiert dargetan, daß sich der Mangel im Leitungssytem auch auf einen etwaigen Verkaufspreis erheblich mindernd auswirke; hiermit hat er seinen bezifferten Zahlungsanspruch hilfsweise begründet. Insoweit hat er Sachverständigenbeweis angeboten, der zu erheben ist. Erst nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme läßt sich abschließend beantworten, ob eine Sanierung zum jetzigen Zeitpunkt wirtschaftlich vertretbar ist oder nicht.
144. Da über den geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht
15abschließend befunden werden kann, ist auch eine Entscheidung über die hilfsweise gestaffelten Feststellungsanträge, deren Streitgegenstand sich nach dem Umfang des berechtigten Zahlungsbegehrens richtet, derzeit nicht möglich. Eine Abweisung der Feststellungsanträge als unzulässig kommt angesichts des Umstandes nicht in Betracht, daß eine G.isse Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen Schadens infolge eines korrosionsbedingten Rohrbruchs besteht (-bereits die konkrete Möglichkeit eines Schadenseintritts reicht für die Bejahung der Zulässigkeit einer Feststellungsklage, vergl. BGH, NJW-RR 1991, 917, 918 f, NJW 1972, 198, NJW 1991, 2707, 2708), zumal die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht (vergl. zum letztgenannten Gesichtspunkt, der für ein Feststellungsinteresse spricht, BGH, NJW-RR 1991, 917, 918). Der vom Landgericht angezogenen Entscheidung BGH, BauR 1992, 115 f, in der ein Feststellungsinteresse verneint wurde, liegt ein abweichender Sachverhalt zugrunde: Der Bauherr hatte lediglch vorgetragen: Da ein Sachverständiger bereits etliche Mängel festgestellt habe, würden wohl auch noch weitere, nicht näher konkretisierte Mängel vorliegen. In Bezug auf letztere begehrte er die Feststellung, daß der Beklagte zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sei. Wenn jedoch nichtmals klar ist, welcher Mangel konkret streitgegenständlich sein soll, so fehlt es nachgerade an einem Rechtsschutzinteresse, für nur vermutete und nicht näher bezeichnete Mängel gleichsam vorsorglich einen Feststellungstitel zu erwirken. Vorliegend jedoch ist der Mangel konkret vorgetragen.
165. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Mangels vollstreckungsfähigen Inhalts und im Hinblick auf § 713 ZPO ist für den Ausspruch einer Abwendungsbefugnis kein Raum.
17Streitwert für das Grundurteil: bis zu 20.000,- DM
18Die Beschwer des Beklagten übersteigt nicht 60.000,- DM.