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GRÜNDE:
2Die Antragsteller sowie die Antragsgegner zu 2) bis 24) sind die Mitglieder der eingangs genannten Eigentumswohnanlage, die in 24 Wohneinheiten aufgeteilt ist. Die Antragsteller erwarben ihre Eigentumswohnung im Jahre 1978. Die Anlage verfügt über 2o offene Kfz.Abstellplätze auf der Außenanlage sowie 11 Garagen, wobei 6 Garagen im Gemeinschaftseigentum und 5 Garagen im Sondereigentum bestimmter Eigentümer stehen.
3In der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 1o.3.72 war einstimmig (= 24 Ja-Stimmen) zu TOP 2 beschlossen worden, für die 15 Wohnungseigentümer, die bereit waren, die Kosten für einen Stellplatz zu übernehmen, auf dem Gemeinschaftseigentum je einen Kfz.- Abstellplatz herstellen zu lassen, und diesen Wohnungseigentümern zuzuweisen (Bl. 2o/21 GA). In gleicher Weise wurde in der Versammlung zu TOP 4 beschlossen, auf der Außenanlage 6 im Gemeinschaftseigentum stehende Garagen errichten zu lassen und diese im Wege der Auslosung bestimmten Wohnungseigentümern zuzuweisen. Die Nutzung dieser Garagen soll für die Nutzungsberechtigten nach den gesondert abgeschlosssenen Verträgen mit Ablauf des 31.12.2o22 enden (Bl. 22 GA). Der Beschluß ist unangefochten geblieben. In der Folgezeit bis 1978 wurden auf den Wunsch weiterer Eigentümer die weiteren offenen Kfz.-Stellflächen auf der Außenanlage erstellt und diesen zugeordnet.
4Die Antragsteller, die die Nutzung einer Gemeinschaftsgarage anstreben, haben die Beendigung der bisherigen Nutzungsverhältnisse und die Neuordnung der Nutzung der Gemeinschaftsgaragen- und der Stellplatznutzung mit Vergabe im Losverfahren verlangt. In der Eigentümerversammlung vom 4.7.95 lehnten die Eigentümer zu TOP 4 b) den Antrag der Antragsteller mit Mehrheit ab, und beschlossen dagegen zu TOP 4 c) mehrheitlich u.a., daß die derzeitigen Nutzungsverhältnisse an den 6 Gemeinschaftsgaragen, wie sie gemäß Vertrag vom 7.11./12.11.72 geregelt sind, und an den 2o offenen Stellplätzen bestehenbleiben.
5Das Amtsgericht hat den Antrag der Antragsteller, den vorgenannten Mehrheitsbeschluß zu TOP 4 c) für ungültig zu erklären und die Antragsgegner zu verpflichten, ihrem Antrag auf Neuregelung der Nutzungsverhältnisse zuzustimmen, abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde hat das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde den Eigentümerbeschluß insoweit für ungültig erklärt, als eine Neuregelung der Kosten der Instandsetzung, Instandhaltung und Unterhaltung der Gemeinschaftsgaragen und Stellplätze (c), und eine Verteilung der Notar- und Grundbuchkosten für die Eintragung der Sondernutzungsrechte in die Grundbücher zu Lasten der Wohnungseigentümer zu je 1/24-stel getroffen wurde (zu d) Abs. 2). Gegen den ihnen am 1o.11.97 zugestellten Beschluß haben die Antragsteller unter dem 21.11.97 weitere sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre Anträge weiterverfolgen, soweit ihnen nicht bereits stattgegeben wurde.
6Die form- und fristgerecht eingelegte weitere sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 43 Abs.1 Nr.1 + 4, 45 Abs.1 WEG, 2o, 22 Abs.1, 27, 29 FGG), in der Sache hat sie teilweise Erfolg.
71) Die Entscheidung des Landgerichts, den Beschluß der Wohnungseigentümer über das Beibehalten der bestehenden Nutzungsverhältnisse an den Gemeinschaftsgaragen und den Stellplätzen nicht für ungültig zu erklären, hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27, 55o ZPO).
8Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob der Beschluß der Eigentümer vom 1o.3.72 ordnungsgemäß gefaßt wurde und auch gegenüber den Antragstellern wirke. Jedenfalls seien die in dem Beschluß geregelten Nutzungsberechtigungen in der Folgezeit von sämtlichen Miteigentümern anerkannt und in die Praxis umgesetzt worden, so daß die Antragsteller - was der Senat in einer anderen Sache mit Beschluß vom 8.1.97 - 16 Wx 319/96 entschieden habe - an die bestehenden Nutzungsverhältnisse sowohl aus dem Gesichtspunkt der stillschweigend getroffenen Vereinbarung als auch aus dem Gesichtspunkt der Verwirkung gebunden seien, zumal sie selbst den ihnen zugeteilten Stellplatz bereits seit 1978 nutzen.
9Die Entscheidung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Der angefochtenen Regelung liegt die Feststellung zugrunde, daß für eine abändernde Nutzungsregelung keine begründete Veranlassung besteht. Damit ist der Beschlußinhalt nicht zu beanstanden, denn er entspricht der bestehenden Rechtslage in der Gemeinschaft und mithin ordnungsgemäßer Verwaltung des Gemeinschaftseigentums (§ 21 Abs. 3 WEG).
10Den Beteiligten zu 1) bis 24) steht ein Recht auf alleinige Nutzung des ihnen bzw. ihren Rechtsvorgängern in den Jahren 1972 bis 1978 jeweils zugewiesenen Stellplatzes bzw. der Gemeinschaftsgarage zu, und zwar hinsichtlich der 6 Gemeinschaftsgaragen und der 14 Stellplätze aufgrund des einstimmigen bestandskräftigen Beschlusses vom 1o.3.72 und hinsichtlich der restlichen 6 Stellplätze aufgrund einer stillschweigend getroffenen Gebrauchsregelung i.S. des § 15 Abs.1 WEG. Für eine Abänderung der Nutzungsregelungen fehlt die Rechtsgrundlage.
11a) Bei dem einstimmigen Beschluß vom 1o.3.72 liegt - wie der Senat bereits entschieden hat (Senat im Beschluß v 27.3.92 = WE 92, 26o = DWE 92, 121) - eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den beteiligten Wohnungseigentümern über die Einräumung bestimmter Nutzungsrechte vor, wobei die entsprechenden Nutzungsberechtigten auch die Herstellungskosten für ihren Stellplatz bzw. ihre Gemeinschaftsgarage übernommen und getragen haben. Dieser den jeweiligen Wohnungseigentümern wirksam zugewiesene Nutzungsanspruch kann diesen nicht beliebig, sondern nur im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung wieder entzogen werden, wenn die dafür vereinbarten Voraussetzungen vorliegen - wie bei den Garagen nach Ablauf der vereinbarten Zeitspanne - bzw. wenn eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse dies gebietet. Die Nutzungsberechtigten müssen im Rahmen ihrer Dispositionen darauf vertrauen können, daß sie begünstigende bestandskräftige Beschlüsse fortgelten, wenn nicht eine Veränderung der Verhältnisse eintritt, die auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und des Vertrauensschutzes eine Abänderung geboten erscheinen läßt (Senat aaO). Eine solche Veränderung der Umstände ist hier ersichtlich nicht gegeben, insbesondere kann sie nicht schon nur der bisherige Zeitablauf begründen.
12b) Hinsichtlich der übrigen 6 Stellplätze, deren Zuweisung in der Folgezeit unter den gleichen Bedingungen erfolgt ist, und zwar teils aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses vom 7.3.77 (Bl. 146 GA) sowie eines nur schriftlichen Beschlusses vom 11.4.72, wobei in der Urkunde allerdings die Unterschrift von 3 Eigentümern fehlt (Bl. 144 GA) - der angeblich weitere schriftliche Beschluß betreffend den Eigentümer C. liegt dem Verwalter nicht vor - ist jedenfalls aufgrund deren langjähriger faktischen Nutzung mit Billigung auch der Antragsteller eine schuldrechtliche Verpflichtung der Eigentümergemeinschaft entstanden.
13Es ist anerkannt, daß durch eine Vereinbarung aller WE i.S. des § 1o Abs. 1 S. 2 WEG ein Teil des gemeinschaftlichen Eigentums zur alleinigen Nutzung unter Ausschluß der anderen WE vom Mitgebrauch (Sondernutzung) einem oder mehreren WE überlassen werden kann (Senat, NJW-RR 92, 598; Beschlüsse vom 26.4.96 = WuM 97, 59 = WE 97, 197, und vom 8.1.97 = OLGReport 97,234; BayObLG NJW-RR 92, 81, 83; Weitnauer/Lüke WEG § 15 Rdnr. 23, 25 mwN). Eine solche das Gemeinschaftsverhältnis gestaltende Vereinbarung ist als schuldrechtlicher Vertrag formlos gültig (BGH NJW 84, 612; BayObLG DWE 93, 168) und gewährt dem begünstigten Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch gegen die übrigen auf Gewährung des ausschließlichen Gebrauchs. Die Vereinbarung kann entsprechend der Rechtsprechung des Senats auch stillschweigend durch langjährige faktische Nutzung mit Billigung aller WE geschlossen werden. Dabei muß den Eigentümern bewußt sein, daß sie eine Regelung treffen, die auch für die Zukunft gelten soll (vgl. den von den Vorinstanzen zitierten Beschluß des Senats vom 8.1.97 = OLGReport 97, 234). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen haben die Vorinstanzen ohne Rechtsfehler bejaht. Die Antragsteller sind seit 1978 Eigentümer einer Wohnung und Nutzungsberechtigte eines Stellplatzes und haben selbst jahrelang die Nutzungsregelungen bezüglich auch der anderen Stellplätze sowie der Garagen hingenommen. Die Investitionskosten der Nutzungsberechtigten sowie das Verhalten der Eigentümer begründen danach das schutzwürdige Vertrauen der Antragsgegner - wie auch der Antragsteller - auf eine auch zukünftige Gewährung des ausschließlichen Gebrauchs der Gemeinschaftsgarage bzw. des Stellplatzes. Die Antragsteller sind mithin an die konkludent unter den WE zustandegekommenen Nutzungsregelungen gebunden, auch wenn nur schuldrechtlich vereinbarte Sondernutzungsrechte vorliegen.
142) Die Entscheidung des Landgerichts, der von den Antragstellern angefochtene Beschluß sei auch insoweit rechtmäßig, als die Teilungserklärung notariell i.S. der bestehenden Nutzungsregelungen geändert und die Änderung in den Grundbüchern eingetragen werden soll, ist hingegen aus Rechtsgründen zu beanstanden (§ 27 FGG). Der Beschluß verstößt gegen die zwingenden Bestimmungen der §§ 873 Abs. 1, 877 BGB und damit gegen Rechtsvorschriften, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann (§ 23 Abs. 4 S. 2 WEG).
15Zwar hat das Landgericht nicht verkannt, daß die Einräumung eines dinglichen, d.h. in den Grundbüchern eingetragenen Sondernutzungsrechts die Teilungserklärung ändert und nicht mit Mehrheit beschlossen werden kann. Es meint jedoch, hier läge der Fall anders, weil die Sondernutzungsrechte bereits durch stillschweigende Vereinbarung bzw. Verwirkung wirksam auch schon gegenüber dem jeweiligen Sonderrechtsnachfolger eingeräumt worden seien, so daß die Grundbucheintragung nur deklaratorische Wirkung habe und nicht einmal erforderlich sei. Damit läßt sich indes die beschlossene Durchführung der Abänderung der Teilungserklärung mit entsprechender Grundbucheintragung nicht rechtfertigen.
16Die Einräumung eines dinglichen Sondernutzungsrechts, das den Vorteil hat, daß es unentziehbar ist und auf einen Rechtsnachfolger übergeht, führt zum Ausschluß der übrigen Miteigentümer von der Befugnis zum Mitgebrauch und stellt daher eine Inhaltsänderung des jeweiligen Sondereigentums i.S. des § 877 BGB dar (BGH NJW 84, 24o9 = JZ 84, 1114; BayObLG DNotZ 9o, 383; OLG Frankfurt OLGZ 86, 38). Sie bedarf deshalb der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer, die die Eintragung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch auch gemäß § 19 GBO bewilligen müssen, und kann danach grundsätzlich nur aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung i.S. des § 1o WEG erfolgen (Senat im Beschluß vom 5.3.97 - 16 Wx 279/96 = NJW-RR 97, 1442 = DWE 97, 126 mwN sowie im Beschluß vom 23.1.95 - 16 Wx 2o2/ 94), an der es hier ersichtlich fehlt.
17Den Antragsgegnern steht auch nicht etwa ein materiellrechtlicher Anspruch auf Zustimmmung zu einer solchen Änderung der Teilungserklärung mit entsprechender Eintragung in den Grundbüchern zu. Selbst durch den einstimmigen Beschluß aus dem Jahre 1972 haben die Nutzungsberechtigten kein dingliches Sondernutzungsrecht an den Gemeinschaftsgaragen bzw. den Stellplätzen erworben bzw. erwerben sollen. Ein Wille der Eigentümer zur Verdinglichung der Rechtsposition läßt sich nicht feststellen, denn es ist nicht zugleich beschlossen worden, die Teilungserklärung entsprechend zu ändern und die Änderung im Grundbuch zu bewilligen und einzutragen.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. In der Regel entspricht es billigem Ermessen, die Gerichtskosten in Übereinstimmung mit dem Ausgang des Streits in der Hauptsache zu verteilen. Deshalb sind gemäß § 47 S.1 WEG die Antragsteller einerseits und die Antragsgegner andererseits jeweils mit der Hälfte der Gerichtskosten zu belasten, da diese jeweils etwa hälftig obsiegt haben bzw. unterlegen sind. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten ist hingegen nicht anzuordnen. Gemäß § 47 S. 2 WEG haben die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten grundsätzlich selbst zu tragen. Für eine davon abweichende Billigkeitsentscheidung bestand mangels Vorliegens besonderer Umstände kein Anlaß.
19Die Wertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, daß das Interesse der Antragsteller an der Beschlußanfechtung einerseits und der verlangten Neuregelung der Nutzungsverhältnisse an den Garagen und den Stellplätzen andererseits - abweichend von der Wertfestsetzung des Landgerichts - mit einem Betrag von jeweils 25.ooo,- DM angemessen bewertet ist.