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Gründe
23
I.
4Mit Antrag vom 2.1.1997 haben die Antragsteller die Unwirksamkeit u.a. der unter TOP 3 (Wirtschaftsplan) und TOP 5 (Falschparker/Abschleppvorgänge) in der Gesellschafterversammlung vom 10.12.1996 gefaßten Beschlüsse geltend gemacht. Hierzu haben sie sich zunächst im wesentlichen auf formelle Mängel im Verfahren berufen und die äußeren Umstände der Versammlung als nicht ordnungsgemäß gerügt. Nachdem das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen hatte, war die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde teilweise erfolgreich, da nach ergänzendem Vorbringen der Antragsteller in 2. Instanz der Beschluß zu TOP 3 für ungültig erklärt worden ist. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller ihren ursprünglichen Antrag zu TOP 5 weiter. Die Antragsgegner haben sich dem Rechtsmittel durch Einlegung einer unselbständigen Rechtsbeschwerde hinsichtlich der Wirksamkeit des beschlossenen Wirtschaftsplanes (TOP 3) angeschlossen.
5II.
6Beide Rechtsmittel sind gem. §§ 45 Abs. 1 WEG, 20, 22, 27, 29 FGG zulässig, insbesondere ist die sofortige weitere Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt worden. Die von den Antragsgegnern eingelegte Anschlußbeschwerde ist ebenfalls zulässig entsprechend §§ 521, 522, 577a ZPO.
7In der Sache bleiben beide Rechtsbeschwerden ohne Erfolg.
8Die landgerichtliche Entscheidung läßt keine Rechtsfehler erkennen, §§ 27 FGG, 550 ZPO. Die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses zu TOP 3 ist zu Recht erfolgt, da den Wohnungseigentümern vor Beschlußfassung keine Gelegenheit zur Einsichtnahme in sämtliche Einzelwirtschafts-pläne gegeben worden ist. Hingegen ist die Beschlußfassung zu TOP 5 nicht zu beanstanden; die der Versammlung zugrunde liegende Eventualeinberufung war im vorliegenden Fall zulässig, die dementsprechend zustande gekommene zweite Versammlung vom 10.12.1996 war mithin ordnungsgemäß, auch hinsichtlich der gerügten äußeren Umstände.
9zu TOP 5:
10Die Einberufung der Ersatzversammlung vom 10.12.1996 sowie deren Durchführung sind aufgrund der Regelung in § 12 Ziff. 4 der Gemeinschaftsordnung(GemO) und §§ 23, 25 WEG nicht zu beanstanden. Entgegen der Meinung der Antragsteller liegt kein Einberufungsmangel bzw. ein Verstoß gegen § 25 Abs. 3 und Abs. 4 WEG vor. Die Vorgehensweise der Verwaltung, die 1/2 Stunde nach Eröffnung der Erstversammlung und Feststellung zu deren Beschlußunfähigkeit wegen zu geringer Teilnehmerzahl eine erneute (zweite) Versammlung einberufen und deren Beschlußfähigkeit ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile festgestellt hat, steht nämlich in Einklang mit der GemO und der Regelung des § 25 WEG. Die unter dem 30.10.1996 erfolgte Einladung zur Eigentümerversammlung mit der gleichzeitigen Eventualeinladung zu einer Ersatzversammlung an demselben Tag um 18.30 Uhr unter Hinweis auf eine Beschlußfähigkeit ohne Rücksicht auf die Anzahl der vertretenen Anteile war zulässig. Somit ist die danach durchgeführte Ersatzversammlung ordnungsgemäß einberufen worden. Den Beschwerdeführern ist zwar darin zuzustimmen, daß eine vorsorgliche Einberufung einer Ersatzversammlung bereits am 30.10.1996 noch vor dem Scheitern der Erstversammlung in Anbetracht allein des § 25 Abs. 4 WEG unzulässig wäre, weil dieser vorsieht, daß eine Wiederholungsversammlung erst einberufen werden darf, wenn die Beschlußunfähigkeit der Erstversammlung festgestellt ist (vgl. Weitnauer/Lüke, WEG, 8.Aufl., § 25 Rz., 6; Senat v. 23.8.1989, NJW-RR 90,26 ). Indes übersehen die Rechtsbeschwerdeführer, daß § 25 Abs. 4 WEG abdingbar ist. In der GEmO kann durch entsprechende Regelungen von der gesetzliche Vorschrift abgewichen werden (vgl. Weitnauer/Lüke,aaO.m.w.N.). Eine derartige abweichende Regelung ist nach überwiegender Meinung, der sich der Senat anschließt, jedenfalls dann zulässig, wenn diese Bestimmung zugleich vorsieht, daß die Wohnungseigentümer bei der (Eventual-) Einberufung darauf hingewiesen werden, daß die Versammlung ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen und die Größe der vertretenen Anteile beschlußfähig ist (vgl. Weitnauer/Lüke, aaO.; die Entscheidung des Senats v. 23.8.1989 läßt ebenfalls die Möglichkeit einer von § 25 WEG abweichenden Regelung in der Teilungserklärung/GemO zu, NJW-RR 90,26 a.E.).
11Diese Anforderungen genügt die hier getroffene Bestimmung in § 12 Ziff. 4 GemO. Zwar sieht die Vorschrift nicht ausdrücklich die Zulässigkeit einer Eventualeinladung vor. Ihr insoweit klarer Wortlaut sieht sie indes eine Ersatzversammlung noch an demselben Tag vor, die ohne Rücksicht auf die gesetzlich vorgesehenen Mehrheiten (§ 25 Abs. 3, 4 WEG) beschlußfähig sein soll. Damit ist zwangsläufig auch die Zulässigkeit einer Eventualeinberufung vorgesehen, denn anderenfalls wäre die beschriebene Regelung sinnlos. Ferner sieht § 12 Ziff. 4 GemO den verlangten Hinweis an die Eigentümer bereits mit der Einberufung vor.
12Die weiteren Anforderungen an eine - abweichend von § 25 Abs. 4 WEG - geregelte - Eventualeinberufung sind hier ebenfalls erfüllt. So ist der Forderung nach Angabe eines eindeutigen Zeitpunktes zur Eventualversammlung bereits in der Einladung (vgl. BayObLG WuM 90, 658) Genüge getan. Des weiteren ist hier zwischen den beiden Versammlung ausdrücklich unterschieden und der Übergang in die zweite Versammlung förmlich festgestellt worden (vgl. BayObLG, WuM 90,459). Daß zwischen Eröffnung der Erst- und der Ersatzversammlung lediglich 30 Minuten zeitlicher Abstand lagen, erscheint dem Senat unbedenklich. Eines weiteren Zuwartens bei der Eröffnung der Ersatzversammlung bedarf es nicht, wenn die Teilungserklärung eine Ersatzversammlung noch am gleichen Tag ausdrücklich vorsieht. Denn eine entsprechend längere Wartezeit hätte allenfalls zur Folge, daß die erschienenen Eigentümer möglicherweise nicht mehr an der Ersatzversammlung teilnehmen könnten; andererseits gibt die hier vorgesehen Wartezeit von 30 Minuten verspäteten Mitgliedern die Möglichkeit der Teilnahme an der Zweitversammlung.
13Die übrigen Einwände gegen das Verfahren der Beschlußfassung aufgrund der äußeren Umstände der Versammlung hat das Beschwerdegericht zu Recht als unbegründet zurückgewiesen.
14In Anbetracht der Möglichkeit, die Versammlung kostenfrei in dem Mensazelt abhalten zu können, ist die Unannehmlichkeit einer niedrigen Außentemperatur für die Eigentümer noch hinnehmbar und führt nicht zur Beschlußunfähigkeit der Versammlung. Entsprechendes gilt für den Hinweis auf eine schlechte Akustik. Da - unbestritten - eine Lautsprecheranlage zur besseren Verständlichkeit eingesetzt worden war, worauf die Antragsgegner bereits in erster Instanz hingewiesen haben, hätte es hierzu näherer Darlegungen bedurft, um diesen Angriff gegen eine ordnungsgemäße Versammlung plausibel zu machen. Auch auf die diesbezüglichen Bedenken im amtsgerichtlichen Beschluß vom 30.4.1997 haben die Antragsgegner ihr Vorbringen nicht ergänzt.
15zu TOP 3:
16Der angegriffene Beschluß leidet zwar aus den dargelegten Gründen nicht an einem Einberufungsmangel; er ist indes unter Verstoß gegen § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 WEG iVm. §§ 259, 269 BGB zustandegekommen.
17Entsprechend dem Beschluß der Eigentümer zur Jahresgesamtabrechnung muß die Beschlußfassung zum Gesamtwirtschaftsplan auch die Einzelwirtschaftspläne enthalten, da andernfalls wesentliche Teile des Wirtschaftsplanes fehlen würden (Bärmann/Merle, WEG, 7.Aufl., § 28 Rz. 30 m.w.N.). Eine Beschlußfassung zum Gesamtwirtschaftsplan und den Einzelwirtschaftsplänen ist den Eigentümern allerdings nur zumutbar, wenn ihnen zuvor die Möglichkeit einer sachgerechten Prüfung sämtlicher Gegenstände der Beschlußfassung gegeben worden ist. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Kontrolle der Einzelwirtschaftspläne in Hinblick auf die Prüfung einzelner Guthaben der Mitglieder einerseits, einzelner Beitragsverpflichtungen andererseits. Ob hierzu eine so weitgehende Kontrolle der Einzelabrechnungen gefordert werden muß, wie es der Senat bei der Überprüfung der Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen bisher für unerläßlich gehalten hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29.3.1995 - FGPrax 95, 142; v. 24.9.1996 ,WE 97, 232; v. 4.6.1997 - 16 Wx 87/97 sowie Schuschke NZM 98, 432 m.w.N. ), kann dahin stehen. Zumindest muß den Eigentümern vor der Beschlußfassung die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Einzelwirtschaftspläne mit entsprechendem Hinweis hierauf gegeben sein, wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat. Hierzu ist erforderlich, daß die Einzelwirtschaftspläne in allgemein zugänglicher Weise in ausreichender Zeit vor der Versammlung ausliegen und dies den Eigentümern bekanntgegeben wird. Das ist hier nicht geschehen. Nach der Tatsachenfeststellung des Beschwerdegerichtes kann schon nicht festgestellt werden , daß die Einzelwirtschaftspläne vor Beschlußfassung vorlagen und darüber hinaus, daß die Versammlungsteilnehmer davon Kenntnis gehabt hätten. Die den Festellungen zugrundeliegende Beweiswürdigung der Vorinstanz, die keine Verfahrensfehler oder sonstigen Rechtsfehler erkennen läßt, ist bindend für das Verfahren der Rechtsbeschwerde.
18Einer Auseinandersetzung mit der Auffasung des OLG Stuttgart (WE 98,383 ) bedarf es hier -entgegen der Meinung der Antragsgegner - nicht, da es in der dortigen Entscheidung um die Auslegung eines nicht mehr anfechtbaren Beschlusses zur Jahresabrechnung ging, während hier im Rahmen des Verfahrens nach §§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG über die Fehlerhaftigkeit eines rechtzeitig angefochtenen Beschlusses zu entscheiden ist.
1920
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Für eine Erstattung außergerichtlicher Kosten abweichend vom Regelfall des § 47 S.2 WEG bestand keine Veranlassung.
2122
Die Entscheidung über den Geschäftswert folgt aus § 48 WEG; sie entspricht der nicht angegriffenen Festsetzung in der Vorinstanz.