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Schadensersatz für vom Gemeinschaftseigentum ausgehende Schäden am Sondereigentum
WEG § 14 Nr. 4 S. 2 War das Gemeinschaftseigentum anfänglich vom Bauunternehmer fehlerhaft erstellt worden und erleidet später das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers aufgrund dieses Mangels Schäden, so haftet die Gemeinschaft dem Wohnungseigentümer, wenn sie es unterläßt, den Mangel am Gemeinschaftseigentum zu beheben, sobald dieser erkennbar wird.
Oberlandesgericht Köln Beschluß
16 Wx 2o/98 -------------29 T 251/96, 253/96 LG Köln --------------------2o4 II 384/94 AG Köln
In der Wohnungseigentumssache pp.
(Es folgen weitere Beteiligte)
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung seiner Mitglieder Dr. Schuschke, Dr. Ahn-Roth und Reinemund am 3o.3.98
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Die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3) bis 9) gegen den Beschluß des Landgerichts Köln vom 27.12.97 - 29 T 251/96, 253/96 - wird zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Beteiligten zu 3) bis 9). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1o.ooo,- DM festgesetzt.
G r ü n d e
2Die Beteiligten zu 1) bis 13) sind die Wohnungs- bzw. Teileigentümer der eingangs bezeichneten und aus zwei Gebäuden bestehenden Eigentumswohnanlage. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Eigentümer der jeweils im Kellergeschoß gelegenen "Hobbyräume", die mit einer Fußbodenheizung ausgestattet sind. Im Zusammenhang mit der wegen Undichtigkeit erforderlich gewordenen Sanierung der Kellerbodenplatte faßten die Eigentümer in der Versammlung vom 31.1o.94 zu TOP 2 Nr.2 folgenden Beschluß:
3"Die Heizungserneuerung in den Hobbyräumen "Hohwalter und Niemeyer" steht in der Entscheidung der betroffenen Sondereigentümer (Fußboden- oder Radiatoren-Heizung). Die anfallenden Kosten sind von den betroffenen Sondereigentümern der Hobbyräume zu tragen."
4Die Beteiligten zu 1) und 2) sind der Ansicht, daß sich die Gemeinschaft an den Kosten zu beteiligen habe, da ihre Fußbodenheizung durch einen Defekt der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bodenplatte zerstört worden sei, und haben deshalb den zweiten Teil des Beschlusses angefochten. Das Amtsgericht hat daraufhin den Satz 2 des vorgenannten Eigentümerbeschlusses antragsgemäß für ungültig erklärt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluß vom 27.12.97 zurückgewiesen. Gegen diesen ihnen am 6.1.98 zugestellten Beschluß haben die Beteiligten zu 3) bis 7) sowie die Beteiligten zu 8) und 9) jeweils am 2o.1.98 weitere sofortige Beschwerde eingelegt. Die form- und fristgerecht eingelegte weitere sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 43 Abs.1 Nr.4, 45 Abs.1 WEG, 2o, 22 Abs.1, 27, 29 FGG). In der Sache hat sie keinen Erfolg. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind aus Rechtsgründen (§§ 27 FGG, 55o ZPO) nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3) bis 9) gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 2.9.96, das den Eigentümerbeschluß vom 31.1o.94 zu TOP 2 Nr.2 insoweit für ungültig erklärt hat, als darin die Kosten der Erneuerung der Fußbodenheizung den betroffenen Sondereigentümern - den Beteiligten zu 1) und 2) - auferlegt wird, zurückgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Die Eigentümergemeinschaft sei auch ohne ein ihr an der Zerstörung der Fußbodenheizung anzulastendes Verschulden zur Tragung der Kosten für deren Erneuerung aus dem Gesichtspunkt der Aufopferung verpflichtet. Der Umstand, daß die Fußbodenheizung infolge irreparabler Schädigung ohnehin hätte erneuert werden müssen, stehe dem Ausgleichsanspruch nicht entgegen, weil ein Entstehen des vollumfänglichen Schadens bereits durch den erstmaligen Feuchtigkeitseintritt infolge mangelhafter Bauausführung und mithin eine von Anfang an bestehende Funktionslosigkeit oder irreparable Zerstörung der Heizung nicht feststellbar sei. Ebensowenig bestünden genügende Anhaltspunkte dafür, daß die Heizung jedenfalls beim Erwerb durch den Beteiligten zu 1) im Jahre 1989 irreparabel defekt gewesen sei. Schließlich könne nicht festgestellt werden, daß die Antragsteller bereits anderweitigen Ausgleich für ihren Schaden erhalten haben. Beim Teileigentum des Antragstellers zu 1) sei nicht erkennbar, daß die defekte Fußbodenheizung sich auf den Versteigerungserlös mindernd ausgewirkt hat. Die Einbehalte der Antragsteller zu 2) gegenüber dem Bauträger ließen sich nicht mehr exakt zuordnen, weil einerseits davon mehrere Wohneinheiten betroffen waren und andererseits die Höhe des noch ausstehenden Werklohns streitig war. Die Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Zutreffend ist die Annahme der Vorinstanzen, daß die Kosten für die Erneuerung der Fußbodenheizung in den "Hobbyräumen" nicht allein die betroffenen Beteiligten zu 1) und 2) zu tragen haben, und mithin die Gemeinschaft sich daran zu beteiligen hat. Rechtsirrtumsfrei hat das Landgericht die Eigentümergemeinschaft gemäß § 14 Nr.4 S. 2 WEG für ersatzpflichtig angesehen. 1) Die Bodenplatte, aber auch ihre Isolierung stehen, da sie das Gebäude gegen Durchfeuchtung schützen soll und daher für den Bestand des Gebäudes erforderlich ist, zwingend im Gemeinschaftseigentum (vgl. etwa Bärmann/Pick/Merle WEG § 5 Rdnr.27 aE; OLG Köln OLGZ 76, 142). Deshalb können die Antragsteller nach dem dem § 9o4 S.2 BGB nachgebildeten § 14 Nr.4 WEG einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn sie aus Anlaß von Sanierungsarbeiten der Bodenplatte die Beschädigung der - nach der Teilungserklärung in ihrem Sondereigentum stehenden - Fußbodenheizung hinnehmen mußten (vgl. Senat WE 97,199; OLG Hamm DWE 95, 127; BayObLG NJW-RR 94, 11o4; OLG Frankfurt OLGZ 89, 423 mwN; Weitnauer/Lüke WEG § 13 Rdnr. 6 mwN; Pick in Bärmann/ Pick/Merle WEG § 14 Rdnr. 69). So ist es vorliegend. Unstreitig war mit der Sanierung der Bodenplatte des Kellers die Entfernung der auf ihrer Isolierung im oder unter dem Estrich gelegenen Fußbodenheizungen verbunden. 2) Ferner hat das Landgericht mit Recht angenommen, daß der Umstand nichts an der Ersatzpflicht der Eigentümergemeinschaft ändert, daß im Zeitpunkt der Aufnahme der Sanierungsarbeiten die Fußbodenheizungen bereits irreparabel zerstört waren und deshalb ohnehin hätten erneuert werden müssen. Zunächst einmal ist die Annahme des Landgerichts nicht zu beanstanden, die Fußbodenheizung sei nicht von Anfang an, insbesondere nicht bei der Abnahme im Juni 78 bereits defekt gewesen. Ein Ausfall oder Defekt auch der Fußbodenheizungen ist im Abnahmeprotokoll (Bl. 285 ff GA) nicht aufgeführt. Ebensowenig ist vorgetragen, daß ein solcher Fehler gerügt´, aber bewußt oder versehentlich im Protokoll nicht eingetragen worden ist, so daß dem Landgericht darin zu folgen ist, daß diese jedenfalls zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß funktionierte. Dagegen wird auch nichts eingewendet. Zum Zeitpunkt der Abnahme war aber die Bodenplatte bzw. ihre Feuchtigkeitsisolierung bereits defekt, was durch die im Kellerbereich aufgetretene Feuchtigkeit und die entsprechende Aufnahme von Feuchtigkeitsschäden im Abnahmeprotokoll (Bl. 285 GA) belegt ist. Damit ist die Annahme des Landgerichts berechtigt, die Fußbodenheizungen seien erst im Laufe der Zeit durch immer wieder eingedrungene Feuchtigkeit zerstört worden. War indes die Fußbodenheizung nicht bereits durch die ersten Feuchtigkeitseinwirkungen defekt geworden, muß der Umstand unberücksichtigt bleiben, daß grundsätzlich für Schäden am Sondereigentum eines Wohnungseigentümers, die wie hier ihre Ursache im gemeinschaftlichen Eigentum (insbesondere einem nicht baumängelfrei errichteten, d.h. schadhaften Gebäudeteil) haben, die übrigen Wohnungseigentümer grundsätzlich nur haften, wenn sie an dem Auftreten der schadensursächlichen Mängel ein Verschulden trifft oder sie es schuldhaft unterlassen haben, für die rechtzeitige Behebung dieser Mängel Sorge zu tragen (vgl. BayObLG NJW 86, 345; OLG Düsseldorf NJW-RR 95, 587; Weitnauer/Lüke WEG § 21 Rdnr. 48). Eine verschuldensunabhängige Haftung kraft Gesetzes für solche Schäden besteht nicht (vgl. KG NJW-RR 86, 1o78; Bärmann aaO § 21 Rdnr. 176 aE; Weitnauer aaO § 13 Rdnr. 6). Darauf, ob die Gemeinschaft an dem Schadenseintritt auch ein Verschulden - was die Beschwerdeführer verneinen - belastet, weil sie es unterlassen hat, für die sofortige Sanierung der Bodenplatte Sorge zu tragen, kommt es hier nämlich nicht an. Der Senat teilt die Ansicht des Landgerichts, daß sich die Eigentümergemeinschaft so behandeln lassen muß, als hätte sie die Sanierung der Bodenplatte bereits nach dem Auftreten der Feuchtigkeitsschäden im Jahre 1978 und nicht erst zu einem Zeitpunkt durchgeführt, als die Fußbodenheizungen inzwischen funktionsuntüchtig und irreparabel schadhaft waren. In diesem Fall wären die zusätzlichen Kosten für die Wiederherstellung der - noch nicht schadhaft gewesenen - Fußbodenheizungen den Sanierungskosten der Bodenplatte, d.h. den Kosten der gemeinschaftlichen Instandhaltung und Instandsetzung zuzurechnen gewesen. Der Umstand, daß die Eigentümergemeinschaft - selbst wenn schuldlos - die an sich erforderliche Sanierung der Bodenplatte indes durchzuführen unterlassen hatte, kann sie nicht besser stellen, zumal da selbst die Zerstörung auf das schadhafte Gemeinschaftseigentum zurückgeht. 3) Schließlich ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß es das Landgericht nicht für bewiesen angesehen hat, daß die Antragsteller wie behauptet vom Voreigentümer bzw. dem Bauträger für die funktionsunfähigen Fußbodenheizungen bereits einen Wertausgleich erhalten haben. a) Es kann als richtig unterstellt werden, daß der Antragsteller zu 1) sein Teileigentum im Jahre 1989 entsprechend der Behauptung der Beschwerdeführer "weit unter Preis" erworben hatte, und daß zu diesem Zeitpunkt die Fußbodenheizung bereits irreparabel beschädigt war. Das könnte noch kein hinreichendes Indiz dafür sein, daß im Versteigerungserlös und mithin im letztlich gezahlten Kaufpreis ein irgendwie gearteter Abzug für eine funktionsunfähige Fußbodenheizung enthalten ist. Zutreffend führt das Landgericht an, daß in das im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens eingeholte Wertgutachten L. vom 12.11.87 über das Teileigentum der Antragsteller (Bl. 325 ff GA) ein Defekt der Fußbodenheizung nicht eingeflossen war, was auch die Beschwerdeführer nicht verkennen. Damit aber fehlt für eine Annahme, daß sich eine Funktionsuntüchtigkeit der Fußbodenheizung bei der Ermittlung des Verkehrswerts des Objekts oder in der Folgezeit wertmindernd ausgewirkt hat, die Grundlage. b) In der Sache zutreffend ist das Landgericht auch zu dem Ergebnis gelangt, daß nicht feststellbar sei, daß die Antragsteller zu 2) für die defekte Fußbodenheizung einen Ausgleich bereits durch die Regelung im Anwaltsvergleich vom 19.6.92 (Bl. 395 ff GA) erhalten haben. Die dazu angeführten Kriterien, die die Beschwerdeführer nicht bestreiten, tragen die Entscheidung. Die Einwände der Beschwerdeführer lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen. Richtig ist zwar, daß die Antragsteller, soweit sie vom Bauträger bereits einen Ausgleich erhalten hätten dadurch, daß der Bauträger auf die vereinbarte Vergütung für die Lieferung und Montage der Fußbodenheizung ganz oder teilweise verzichtet hat, sich diesen Betrag im Wege des Vorteilsausgleichs zurechnen müßten. Der Umstand, daß der Antragsteller zu 2) im Anwaltsvergleich auf seine Gewährleistungsansprüche gegen den Bauträger und dieser im Gegenzug auf den geltend gemachten Restwerklohn verzichtet haben, belegt indes entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer den behaupteten Ausgleich nicht, auch wenn der Antragsteller zu 2) im Prozeß bereits im Jahre 198o wegen der defekt gewordenen Fußbodenheizung wie behauptet einen "erheblichen oder beträchtlichen" Einbehalt gemacht hat. Selbst eine auch nur grobe Größenordnung des etwaigen Einbehalts ist nach wie vor nicht dargelegt noch belegt, so daß im Hinblick auf den Streit auch über die Höhe des berechtigten Restwerklohns und mithin den Verzicht des Bauträgers jeder Anhaltspunkt dafür fehlt, daß durch den Vergleich ein etwaiger Einbehalt zum Zuge gekommen sein könnte. Nur der Verzicht auf die Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Bauträger bedeutet ersichtlich nicht zugleich den Ausgleich des fortbestehenden Anspruchs der Antragsteller zu 2) gegen die Gemeinschaft auf Ersatz ihres gesamten Schadens, d.h. Entfernung der zerstörten und Installation einer neuen Fußbodenheizung. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, den unterlegenen Beteiligten zu 3) bis 9) die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen (§ 47 S. 1 WEG). Für eine Anordnung der Erstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandener außergerichtlicher Kosten (§ 47 S.2 WEG) bestand keine Veranlassung, zumal da der Senat die Antragsteller am Rechtsbeschwerdeverfahren mangels Erfolgsaussicht des Rechtsmittels nicht beteiligt hat. Die Geschäftswertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Wertfestsetzung des Landgerichts.
5Richterin am OLG Dr. Ahn-Roth ist infolge Urlaubs an der Unterzeichnung geindert. Dr. Schuschke Dr. Schuschke Reinemund 8
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