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G R Ü N D E
2I.
3Die Klägerin ist die Tochter des Beklagten. Die Ehe der Eltern wurde am 18.02.1997 geschieden. Die elterliche Sorge für die Klägerin (V.) wurde der Mutter übertragen. In einer Scheidungsfolgenvereinbarung verpflichtete sich der Beklagte, monatlich 570,- DM Kindesunterhalt für V. zuzüglich des hälftigen Kindergeldes zu zahlen.
4Wegen ungünstiger Entwicklung der schulischen Leistungen V., die damals noch die Grundschule besuchte, schloß die Mutter am 22.04.1997 einen Unterrichtsvertrag mit dem Studienkreis B., an den ab 01.05.1997 monatlich 200,- DM zu zahlen waren und der V. zweimal wöchentlich schulbegleitend unterstützte. Die ursprünglich nur bis zum Februar 1998 vorgesehene Maßnahme wurde bis 30.6.1998 verlängert, so daß Kosten von insgesamt 2800,- DM entstanden. Der Beklagte hat dem Vortrag, er habe sich vor Beginn des Ergänzungsunterrichts damit einverstanden erklärt, nicht widersprochen. Er ist nur der Klägerin unterhaltsverpflichtet und sein monatliches Nettoeinkommen beträgt nach seinen Angaben im Scheidungstermin ca. 3500 DM monatlich.
5Ferner hat V. in der Zeit vom 02.02.1998 bis 06.02.1998 an einer Klassenfahrt zur Jugendherberge H. teilgenommen, durch die Kosten von 200,- DM entstanden sind.
6Mit der Klage macht die Klägerin Sonderbedarf in Höhe von 2050,- DM geltend (1850,- DM als Teilbetrag der Studienkreiskosten + 200,- DM als Kosten der Klassenfahrt.
7Das Amtsgericht hat Prozeßkostenhilfe versagt, da es sich bei den Studienkreiskosten um laufenden Mehrbedarf gehandelt habe, der im Wege der Abänderungsklage habe geltend gemacht werden müssen. Die Kosten für die Klassenfahrt hätten aus dem laufenden Unterhalt angespart werden können.
8II.
9Die gem. § 127 II ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache mit der Maßgabe begründet, daß die Entscheidung aufzuheben und die Sache zur weiteren Prüfung der Prozeßkostenhilfebedürftigkeit zurückzuverweisen ist.
101)
11Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sind die Kosten für die Teilnahme V. am Studienkreis als Sonderbedarf anzusehen.
12Nach § 1613 II BGB a.F. (ab 01.07.1998 § 1613 II Nr.1 BGB) ist zusätzlicher notwendiger Lebensbedarf Sonderbedarf, wenn er unregelmäßig anfällt. Entscheidend ist insoweit, ob dieser Bedarfsbestandteil bei der Bemessung des allgemeinen Lebensbedarfs nicht vorhersehbar und deshalb dort nicht einkalkulierbar war. Im Streitfall ist der Unterhalt im Scheidungsfolgenvergleich vom 18.02.1997 ohne Berücksichtigung der Studienkreiskosten festgelegt worden und die Entstehung dieser Kosten war auch nicht hinreichend zuverlässig absehbar. Unwidersprochen hat sich erst zwei Monate nach der Scheidung ergeben, daß wegen der Schulschwierigkeiten V. die Inanspruchnahme schulbegleitenden Unterrichts erforderlich war. Unwidersprochen ist der Beklagte erst nach der Scheidung darauf angesprochen worden und er hat sich damit einverstanden erklärt, wenn auch wegen der Kosten keine Absprache getroffen worden ist. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Dauer solcher schulbegleitender Maßnahmen dann nicht genau vorhersehbar ist, wenn die Inanspruchnahme nicht aufgrund dauerhafter allgemeiner Schulschwierigkeiten, sondern aufgrund einer konkreten Belastungssituation (Schulwechsel, Krankheit, Trennungs- oder Scheidungsbelastung) erforderlich ist. Auf eine Abänderungsklage könnte die Klägerin daher nur dann verwiesen werden, wenn sichergestellt wäre, daß dieser nicht der bloß vorübergehende Charakter der zeitlich begrenzten Zusatzkosten entgegengehalten würde. Die gesetzliche Sonderregelung des Sonderbedarfs hat den Zweck, die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Verpflichteten wegen solcher Zusatzkosten, die nicht aus dem laufenden Unterhalt getragen werden können, zeitlich zu erweitern, nicht aber die Deckung notwendiger Kosten, die nicht aus dem laufenden Bedarf gedeckt werden können, einzuschränken (vgl. auch OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 967 m.w.N.). Durch die weiteren Voraussetzungen der Geltendmachung von Sonderbedarf, daß es sich nämlich um außergewöhnlich hohe Kosten handeln muß und die Inanspruchnahme des Verpflichteten zu einer angemessenen Lastenverteilung zwischen den Eltern führen muß (BGH FamRZ 1982, 145), wird sichergestellt, daß der Verpflichtete nicht unbillig belastet wird. Es kann nicht zweifelhaft sein - davon geht auch das Amtsgericht aus - daß die monatlichen Kosten von 200,- DM außergewöhnlich hoch sind, denn ein Unterhalt von 570,- DM deckt lediglich den laufenden Lebensbedarf und aus ihm können keine Rücklagen für solche Zwecke gebildet werden.
13Die angemessene Lastenverteilung zwischen den beiden unterhaltspflichtigen Eltern ist gewahrt, denn die Mutter leistet ihren Unterhaltsbeitrag durch die Betreuung des Kindes (§ 1606 III BGB) und eine Ausnahme von diesem Regelfall ist auch beim Sonderbedarf nicht gegeben, wenn, wie hier, der Vater nur einem Kind unterhaltspflichtig ist und 3500,- DM verdient. Außerdem macht die Mutter mit der Klage nur 2/3 des Sonderbedarfs geltend. Schließlich ist der Beklagte auch unwidersprochen rechtzeitig auf das Entstehen der Kosten hingewiesen worden, so daß er sich in seinen finanziellen Dispositionen darauf einstellen konnte (OLG Frankfurt FamRZ 1995, 631).
142)
15Nach Auffassung des Senats sind auch die Kosten für die Klassenfahrt Sonderbedarf (vgl. Kalthoener/Büttner, Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Aufl. (1997) Rn. 283 m.w.N.) Sie sind wegen der jeweils erforderlichen Entscheidung der Klassenpflegschaft nicht zuverlässig voraussehbar und in den laufenden Unterhalt einkalkulierbar. Auch hier gilt, daß die Kosten von 200,- DM nicht zumutbarerweise aus dem laufenden Unterhalt gedeckt werden können, da ein monatlicher Unterhalt von 570,- DM nur das Existenzminimum des Kindes deckt (vgl. Scholz FamRZ 1993, 125 (128) m.w.N.). Die niedrigeren Sätze der RegelbetragsVO und der unteren Gruppen der Düsseldorfer Tabelle beruhen nur auf einem Kompromiß zwischen Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit, wie schon der Vergleich mit den effektiven Sozialhilfesätzen zeigt. Das gilt auch für einen Unterhalt nach Gruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle. Es kann daher nicht auf ein Ansparen aus dem laufenden Unterhalt verwiesen werden, jedenfalls dann nicht, wenn die Zusatzkosten vom Barunterhaltspflichtigen ohne jede Beeinträchtigung des angemessenen Selbstbehalts zusätzlich erbracht werden können.
163)
17Da das Amtsgericht die Bedürftigkeit der Klägerin noch nicht geprüft hat- dazu gehören auch die Prüfung von Prozeßkostenvorschußansprüchen - war die Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.