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G r ü n d e :
2Der Zeuge, Bruder des Beklagten, ist ordnungsgemäß und rechtzeitig zum Termin am 4.5.1998 geladen worden (GA 377), gleichwohl ohne Mitteilung von Gründen nicht erschienen. Gegen ihn ist deshalb ein Ordnungsgeld verhängt und ihm sind die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt worden. Drei vom Kläger benannte Zeugen sind zu dem Termin erschienen und vernommen worden. Der Zeuge beantragt die Aufhebung der gegen ihn getroffenen Anordnungen unter Hinweis darauf, er habe von dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Beklagten die Auskunft erhalten, er brauche nicht zu erscheinen, da es zu der vorgesehenen Beweisaufnahme nicht kommen werde und er durch sein Erscheinen nur die Kostenlast für die Prozeßparteien erhöhen werde.
3Die Frage, ob es berufsrechtlichen Bedenken begegnet, daß der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten im Ordnungsmittelverfahren den Zeugen vertritt, da insoweit eine gegenläufige Interessen-lage besteht (die Parteien des Rechtsstreits haben ein Interesse daran, daß die durch das Ausbleiben des Zeugen verursachten Kosten nicht von ihnen zu tragen sind, sondern dem Zeugen auferlegt werden; es ist deshalb anerkannt, daß die Parteien insoweit antrags- und beschwerdeberechtigt sind, vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 20. Aufl., § 381 RN 5; Zöller-Greger, ZPO, 19. Aufl., § 380 RN 10), kann dahinstehen, da die prozessuale Wirksamkeit des von ihm für den Zeugen gestellten Gesuchs hierdurch jedenfalls nicht berührt wird. Dem Antrag kann jedoch nicht entsprochen werden, da der Zeuge sein Nichterscheinen nicht genügend entschuldigt hat i.S.d. § 381 I 2 ZPO.
4Soweit in der Kommentarliteratur die Auffassung vertreten wird, ein entschuldbarer Irrtum über die Erscheinenspflicht liege stets dann vor, wenn dem Zeugen von einem Rechtsanwalt eine falsche Auskunft dazu erteilt worden sei (Damrau in MüKo-ZPO, § 381 RN 7), kann dem in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden (dagegen auch Baumbach/Lauterbach, ZPO, 56. Aufl., § 381 RN 5 "Abbestellung"; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 24. Aufl., § 51 RN 12; einschränkend Löwe/Rosenberg/Meyer, StPO, 23. Aufl., § 51 RN 10). Diese weitgehende Auffassung wird durch die in Bezug genommenen Gerichtsentscheidungen auch nicht gestützt:
5Der Entscheidung OLG Bamberg MDR 1982, 585 lag der Sachverhalt zugrunde, daß eine Verlegung des Termins beantragt und dem Zeugen von seinem Rechtsanwalt mitgeteilt worden war, er werde benachrichtigt, wenn der Termin wider Erwarten doch stattfinden werde. Eine generelle Aussage dahin, daß bei unzutreffenden Auskünften eines Rechtsanwalts über die Erscheinenspflicht eine ausreichende Entschuldigung anzunehmen ist, ergibt sich aus der Entscheidung nicht.
6Ähnlich gelagert war der dem Beschluß OLG Oldenburg MDR 1976, 336 zugrundeliegende Sachverhalt; dort hatte der von dem Zeugen beauftragte Anwalt zugesagt, für diesen unter Angabe von Hinderungsgründen bei Gericht um eine Entbindung von der Pflicht zum Erscheinen nachzusuchen.
7Soweit in den Entscheidungen OLG Stuttgart Justiz 1973, 180 u. OLG Köln MDR 1975, 320 Ordnungsbeschlüsse aufgehoben worden sind, beruhte dies insbesondere darauf, daß in den dortigen Verfahren durch fehlerhafte Sachbehandlung bei Gericht unklare Situationen entstanden waren (den Prozeßbevollmächtigten war nicht mitgeteilt worden, daß der Zeuge geladen bzw. das persönliche Erscheinen der Partei angeordnet worden war). Eine allgemeine Aussage dahingehend, daß unrichtige Auskünfte eines Rechtsanwalts über die Erscheinenspflicht stets entschuldigend wirken, enthalten die Entscheidungen nicht.
8Da Absender der Zeugenladung das Gericht ist und nicht eine Prozeßpartei oder deren Bevollmächtigter, obliegt es dem Empfänger dann, wenn er trotz der unmißverständlichen Ladung aus irgendwelchen Gründen Zweifel daran hat, ob er erscheinen muß, bei Gericht nachzufragen. Diese Feststellung ist eine Selbstverständlichkeit, die keiner weiteren Begründung zugänglich ist und von der erwartet werden kann, daß sie jedem Empfänger einer Ladung einleuchtet. Wenn er gleichwohl Anlaß sieht, bei einem Dritten Erkundigungen einzuholen, geht er damit von vornherein ein vermeidbares Risiko ein. Wenn einer der Sachverhalte gegeben ist, wie er den vorstehend erörterten Gerichtsentscheidungen zugrundelag, dann mag dies Anlaß sein, den Zeugen als genügend entschuldigt anzusehen. Vorliegend war ein vergleichbarer Sachverhalt jedoch nicht gegeben. Eine unklare Verfahrenssituation aufgrund fehlerhafter Sach-behandlung bei Gericht bestand nicht. Es war auch keine Aufhebung des Termins oder eine Entbindung des Zeugen von seiner Erscheinenspflicht beantragt. Eine Nachfrage bei Gericht hätte auch zu der Auskunft geführt, daß der Zeuge zu erscheinen habe; irgendein Sachverhalt, der eine andere Auskunft hätte rechtfertigen können, ergibt sich aus den Gerichtsakten nicht.
9Abgesehen davon waren die von dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Beklagten angeführten Gründe auch nicht annähernd geeignet, eine Abbestellung des Zeugen als angezeigt erscheinen zu lassen. Auch dann, wenn der Beklagte in dem Termin vom 4.5.1998 anwaltlich nicht vertreten gewesen wäre, hätte die Beweisaufnahme durchgeführt werden können, wie sich aus § 367 I ZPO ohne weiteres ergibt; da bereits in einem früheren Termin verhandelt worden war, konnte auch eine Entscheidung gem. § 331a ZPO getroffen werden. Kosten, die eine Prozeßpartei unnötig belasteten, konnten durch das Erscheinen des Zeugen nicht entstehen, da dieser auf Zeugengebühren verzichtet hatte.