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G r ü n d e
2Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen "einer leichtfertigen Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 5, 9 WiStG, 17 OWiG" zu einer Geldbuße von 5.000,00 DM verurteilt und gleichzeitig die Rückerstattung eines Mehrerlöses von 4.489,20 DM an die frühere Mieterin der Betroffenen angeordnet. In den Feststellungen hat das Amtsgericht im einzelnen dargelegt, die Betroffene habe im Zeitraum vom 1. Mai 1993 bis zum 30. November 1995 für die Überlassung einer Zwei-Zimmer-Altbauwohnung in Köln ein die um 20 % erhöhte, ortsübliche Vergleichsmiete um 30,75 % (für die Zeit vom 1. Mai 1993 bis 31. Mai 1994) bzw. um 21,15 % (für die Zeit vom 01.06.94 bis 30.11.95) unangemessen hoch übersteigendes Entgelt gefordert und angenommen. Hinsichtlich des subjektiven Tatvorwurfs heißt es in der angefochtenen Entscheidung wie folgt:
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"Die Betroffene handelte auch leichtfertig, da sie die Vermietung der Wohnung einer Hausverwaltungsgesellschaft (erg.:) überließ und sich nicht weiter darum kümmerte, insbesondere keine weiteren Erkundigungen einzog. Es bestehen erhebliche Zweifel daran, daß die beauftragte Hausverwaltung die Höhe des Mietzinses ohne die Kenntnis und Zustimmung der Betroffenen festgesetzt hat. Selbst wenn dies so wäre, könnte dies keine Entlastung der Betroffenen bedeuten, denn sie hätte in jedem Fall weitere Erkundigungen bei einer kompetenten Stelle über die örtliche Vergleichsmiete einholen und sich auch über die Marktlage vergewissern müssen."
5Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.
6Das Rechtsmittel hat (vorläufigen) Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (§§ 354 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 6 OWiG).
7Die Verfahrensrüge bedarf hier keiner Entscheidung, weil schon die allgemeine Sachrüge durchgreift. Die Annahme des Amtsgerichts, die Betroffene habe leichtfertig ein unangemessen hohes Entgelt im Sinn des § 5 WiStG gefordert und angenommen, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand; dies wird von den insoweit lückenhaften Feststellungen nicht getragen.
8Leichtfertigkeit setzt generell einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit voraus, der in etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts entspricht (vgl. Meyer in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Band 4, § 5 WiStG Anmerkung 6 b und § 4 WiStG Anmerkung 8 b; siehe auch BGHSt 14, 240 ff (255); Tröndle, StGB, 48. Auflage, § 15 Rn. 20 m.w.N.). Dementsprechend wird für ein leichtfertiges Verhalten im Sinn des § 5 WiStG allgemein gefordert, daß der Vermieter die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten subjektiv zumutbare Sorgfalt bei der Festlegung des Mietzinses gröblich verletzt hat (vgl. Bub in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Auflage, Kap. II Rn. 693; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetz, 6. Auflage, Teil D, Rn. 49; Meyer a.a.O.). Eine solche Sorgfaltspflichtverletzung wird regelmäßig dann bejaht, wenn der Vermieter seiner Verpflichtung, sich in ausreichendem Maße und bei kompetenter Stelle nach der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu erkundigen, nicht nachgekommen ist (vgl. BayObLGSt 1977, 52 = ZMR 1977, 339; ZMR 1981, 69; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 279; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., D 51).
9Wenn das Amtsgericht hier unter Hinweis auf diese Rechtsansicht einen Verstoß der Betroffenen gegen die ihr obliegende Erkundigungspflicht bejaht hat, so wird dies den festgestellten Umständen des Falles nicht gerecht. Das Amtsgericht hat dabei nicht hinreichend beachtet, daß die Betroffene die Vermietung des gesamten Hauses einer Hausverwaltungsgesellschaft überlassen hat. Den Urteilsfeststellungen kann nicht entnommen werden, welche Aufgaben die Hausverwaltungsgesellschaft übernommen hat. Wenn die Gesellschaft - sei es auch nur konkludent - die Verpflichtung übernommen hatte, bei der Vereinbarung des Mietzinses die Grenzen des § 5 WiStG zu beachten, durfte sich die Betroffene darauf verlassen, soweit sie nicht Anlaß hatte an der Zuverlässigkeit der Gesellschaft zu zweifeln. Auch ein Vermieter darf zur Erfüllung seiner Verpflichtungen geeigente Hilfspersonen heranziehen. Auf erprobte und sachkundige Hilfspersonen darf er sich verlassen. Ein Verschulden trifft ihn in diesem Fall nur, soweit er entweder bei der Auswahl der Hilfspersonen nicht genügend sorgfältig vorgegangen ist oder er seinen Kontroll- und Aufsichtspflichten nicht nachgekommen ist (vgl. SenE vom 6.12.1996 - Ss 619/96 zu Verantwortung eines Kfz-Halters). Insoweit läßt sich dem Urteil nichts entnehmen. Das Amtsgericht hätte im einzelnen prüfen und darlegen müssen, warum diese Revisions- und Treuhandgesellschaft nicht als kompetente Stelle zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete angesehen werden konnte und inwiefern der Betroffenen zum Vorwurf gemacht werden kann, daß sie dies nicht erkannt hat. Regelmäßig wird nämlich die Erkundigung bei einem ortsansässigen Makler bereits für ausreichend erachtet (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., D 51; Bub/Treier, a.a.O., II 693). In diesem Zusammenhang hätte das Gericht die naheliegenden Fragen, wie hoch die Miete der übrigen Wohnungen des Hauses festgesetzt war und ob sich vielleicht daraus für die Betroffene ein Hinweis auf eine Mietpreisüberhöhung ergeben mußte, erörtern müssen. Zu bedenken gewesen wäre auch, ob sich der Betroffenen, von der nicht mitgeteilt wird, wann und wie sie das Eigentum an dem Mietobjekt erlangt hat, aufgrund anderweitiger Erfahrungen, etwa durch die frühere eigenhändige Vermietung der Wohnungen oder durch die Vermietung sonstiger Immobilien, der Verdacht einer unkorrekten Mietzinsvereinbarung hätte aufdrängen müssen. Ohne diesbezügliche ergänzende Feststellungen kann der Betroffenen jedenfalls nicht vorgeworfen werden, sie habe allein dadurch, daß sie sich auf eine korrekte Abrechnung der beauftragten Hausverwaltung verlassen hat, leichtfertig gehandelt. Da insoweit jedoch noch weitere Feststellungen möglich erscheinen, sieht sich der Senat an einer eigenen Sachentscheidung gehindert. Das Urteil war daher mit den getroffenen Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Die Aufhebung erfaßt auch die Entscheidung über die Rückerstattung des Mehrerlöses.
10Für die erneute Verhandlung weist der Senat vorsorglich noch auf folgendes hin:
11Sollte das Amtsgericht aufgrund neuer Verhandlungen wiederum zu einer Verurteilung der Betroffenen gelangen, so wird es im Rahmen der Strafzumessung zu beachten haben, daß bei der Berechnung des aus der Tat gezogenen wirtschaftlichen Vorteils i.S.d. § 17 Abs. 4 OWiG der nachträgliche Wegfall eines erlangten Vorteils zu beachten ist (vgl. OLG Düsseldorf wistra 1995, 75, MDR 1994, 1237; Göhler, OWiG, 11. Auflage, § 17 Rn. 39 m.w.N.). Dementsprechend muß zugunsten der Betroffenen vorwiegend die Anordnung der Rückerstattung des Mehrerlöses des § 9 WiStG berücksichtigt werden.