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Tatbestand
2Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Kaskoentschädigung aus dem behaupteten Diebstahl ihres bei der Beklagten versicherten PKW in Anspruch.
3Die Klägerin war Eigentümerin eines Pkw Daimler Benz S 330 Turbo D, amtl. Kennzeichen ......, für das sie bei der Beklagten eine Teil- sowie eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hatte.
4Am 12.12.1994 gegen 12.00 Uhr meldete die Klägerin ihr vorgenanntes Fahrzeug bei der Polizei in K. als gestohlen. Noch am selben Tag erstattete die Klägerin in den Räumen der Fa. G. Assekuranz, einer Agentur der Beklagten, schriftliche Schadenanzeige ( Bl. 33 d.A. ). Hierbei gab sie an, das Fahrzeug sei zwischen 17.00 Uhr des 11.12.1994 und 9.00 Uhr des 12.12.1994 entwendet worden. Die Frage "Wann und in welchem Umfang hatte Ihr Fahrzeug bereits vorher Schäden durch Unfall, Diebstahl, Brand usw. erlitten ?" beantwortete die Klägerin mit "keine". In den Antwortzeilen der daran anschließenden Fragen "Waren diese Beschädigungen durch Reparatur vollständig behoben ?" und "Welche Fahrzeugteile wurden ausgetauscht oder erneuert ?" fügte sie lediglich Striche ein. Tatsächlich war es am 19.09.1994 zu einer Beschädigung ihres Fahrzeuges gekommen. Auf der Zoobrücke in Köln war auf das von ihrem Ehemann gesteuerte Fahrzeug ein anderes Kraftfahrzeug aufgefahren. Hierdurch waren Schäden an der Stoßstange entstanden, deren fachgerechte Beseitigung gemäß einem von der Klägerin eingeholten Kostenvoranschlag 3.618,40 DM gekostet hätte. Unter dem 11.10.1994 machte die Klägerin aus Anlaß dieses Verkehrsunfalles Schadensersatzansprüche gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners, die Vereinigte Haftpflicht Versicherung ( VHV ), geltend. Der an dem Fahrzeug der Klägerin entstandene Schaden wurde nicht in einer Fachwerkstatt behoben, sondern von deren Ehemann durch Ausspachteln der Stoßstange beseitigt.
5Am 13.12.1994 trat die Klägerin eine Urlaubsreise an. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wegen Diebstahls ihres Fahrzeuges wurde die Klägerin am 06.01.1995 polizeilich vernommen. In dieser Vernehmung verneinte sie zunächst die Fragen nach Vorschäden allgemein wie nach Unfallschäden. Auf Vorhalt des Vernehmungsbeamten, daß der Auffahrunfall, in den ihr Ehemann verwickelt gewesen sei, bekannt sei, räumte die Klägerin diesen ein und erklärte, sie habe den Unfall vergessen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vernehmungsniederschrift vom 06.01.1995 ( Bl. 15ff d. Ermittlungsakte 51 Js 390/95 StA Köln Bezug genommen ). Gegen die Klägerin wurde im Anschluß an diese Vernehmung ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vortäuschung einer Straftat und des versuchten Betruges eingeleitet, das durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Köln vom 18.09.1995 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt wurde.
6Wenige Tage nach der polizeilichen Vernehmung vom 06.01.1995 rief die Klägerin in der Agentur G. Assekuranz der Beklagten an und berichtete von dem von ihrem Ehemann erlittenen Verkehrsunfall vom 19.09.1994. In einem unter dem 25.01.1995 ausgefüllten Fragebogen "Entwendung eines Kraftfahrzeuges" der Beklagten ( Bl. 34ff. d. A. ) gab die Klägerin auf entsprechende Frage den Verkehrsunfall ebenfalls an und teilte weiter mit, daß der Schaden von ihrem Ehemann behoben worden sei.
7Mit Schreiben vom 31.10.1995 lehnte die Beklagte Leistungen mit der Begründung ab, die Klägerin habe den Beweis, daß das Fahrzeug ihr entwendet worden sei, nicht geführt. Außerdem berief sie sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung, weil die Klägerin in der Schadenanzeige angegeben hatte, das Fahrzeug habe keine Vorschäden gehabt.
8Die Klägerin hat behauptet, sie habe das Fahrzeug am Sonntag, dem 11.12.1994 gegen 17.00 Uhr auf der linken Seite der Nerthusstraße, einer Einbahnstraße, und zwar etwa 8 bis 10 Meter hinter einem dort befindlichen Kiosk geparkt. Sie habe das Fahrzeug ordnungsgemäß abgeschlossen und die Wegfahrsperre aktiviert. Anschließend habe sie sich in ihre Wohnung begeben und am Morgen des 12.12.1994 gegen 9.00 Uhr festgestellt, daß das Fahrzeug nicht mehr an dem Ort stehe, an dem es abgestellt worden sei. Die Frage nach Vorschäden habe sie in der schriftlichen Schadenanzeige vom 12.12.1994 nicht vorsätzlich, sondern versehentlich verneint. Sie habe den Vorschaden in der Eile und Aufregung vor der anstehenden Urlaubsreise schlicht vergessen. Der erlittene Schaden sei unwesentlich, weil er nicht einmal in einer Fachwerkstatt habe repariert werden müssen.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an sie 67.800,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19.01.1995 zu zahlen.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie hat den Diebstahl des Fahrzeuges bestritten und gemeint, der Klägerin kämen mangels Glaubwürdigkeit Beweiserleichterungen nicht zugute. Sie hat sich weiterhin auf Obliegenheitsverletzung berufen.
14Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat hierzu ausgeführt, es spreche vieles für eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin. Ob deshalb Leistungsfreiheit der Beklagten bestehe, könne aber offen bleiben, weil die Klägerin den behaupteten Diebstahl nicht zu beweisen vermöge. Denn der Klägerin stünden Zeugen für das Nichtwiederauffinden nicht zur Verfügung. Eine persönliche Anhörung der Klägerin scheide mangels Glaubwürdigkeit aus. Letztere manifestiere sich in dem Verschweigen des Vorschadens, Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem hier interessierenden Diebstahl, Vorstrafen der Klägerin wegen Versicherungsbetruges (1985) und Hehlerei (1986) und eine vom Amtsgericht Köln (Urteil vom 18.9.1986 - 246 C 86/95) festgestellten Beteiligng einem fingierten Verkehrsunfall.
15Gegen dieses ihr am 06.11.1996 zu Händen ihres Prozeßbevollmächtigten zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 06.12.1996 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.02.1997 mit weiterem, am 17.01.1997 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
16Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, die Falschbeantwortung der Frage nach Vorschäden in der Schadenanzeige vom 12.12.1994 sei schon deshalb nicht relevant gewesen, weil der Versicherungsnehmer in der Regel außer dem Schadenanzeigeformular einen weiteren Fragebogen erhalte, wie es auch hier geschehen sei. Im übrigen habe sie, so meint die Klägerin weiter, ihre falschen Angaben vollkommen freiwillig der Beklagten gegenüber korrigiert, und zwar bevor die Beklagte aus Anlaß der Schadenanzeige weitere Ermittlungen habe anstellen können.
17Die Klägerin beantragt,
18unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem erstinstanzlichen Schlußantrag der Klägerin zu erkennen;
19ihr zu gestatten, zulässige oder erforderliche Sicherheiten auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse leisten zu dürfen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
22Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint ergänzend, es spreche eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Klägerin den Diebstahl lediglich vorgetäuscht habe.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen. Der Senat hat die Akten 51 Js 390/95 StA Köln beigezogen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
24Entscheidungsgründe:
25Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
26Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatzleistung aus Anlaß des behaupteten Diebstahlsfalles aus §§ 1, 49 VVG, § 12 Nr. 1 I b der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung ( AKB ) nicht zu.
27Dabei neigt der Senat - mit dem Landgericht - dazu anzunehmen, daß die Klägerin den Beweis des Versicherungsfalls der Entwendung im Sinne des § 12 Nr. 1 I b AKB nicht geführt hat und auch nicht führen kann, da ihr eine Zeugin nur für das Abstellen des Fahrzeuges, nicht jedoch für die Tatsache, daß sie es nicht wieder aufgefunden hat, zur Verfügung steht. Es spricht zudem - insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf das angefochtene Urteil verwiesen werden, - § 543 Abs. 1 ZPO - vieles dafür, daß die Klägerin nicht glaubwürdig und redlich ist, ihre persönliche Anhörung gemäß § 141 ZPO zum Nachweis des Versicherungsfalles daher nicht in Betracht kommt. Dies kann aber letztlich offen bleiben. Denn die Beklagte ist jedenfalls infolge Obliegenheitsverletzung der Klägerin gemäß § 7 Nr. V Abs. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden.
28Gemäß § 7 Nr. I Abs. 2 S. 3 AKB ist der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann. Dazu gehört auch die Pflicht, den Versicherer wahrheitsgemäß und vollständig über solche Umstände zu unterrichten, die für die Höhe des Schadens von Bedeutung sind. Die Auskünfte des Versicherungsnehmers müssen es dem Versicherer ermöglichen, sachgemäße Feststellungen über das Schadenausmaß zu treffen, um den Schaden regulieren zu können. Das gilt besonders in Entwendungsfällen, weil der Versicherer keine Möglichkeit hat, selbst Feststellungen zum Wert des Fahrzeuges zu treffen und insoweit ausschließlich auf die Angaben des Versicherungsnehmers angewiesen ist ( vgl. nur Senat OLG-Report 1997, 60 ). Grundsätzlich sind alle sachdienlichen Fragen des Versicherers zu beantworten, wobei gestellte Fragen im Zweifel als sachdienlich anzusehen sind ( Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 16. Aufl., § 7 AKB Rn. 44, 47 ). Deshalb müssen insbesondere auch Angaben zu Vorschäden richtig sein (vgl. BGH VersR 1984, 224; OLG Hamm, VersR 1985, 30; OLG Zweibrücken SP 1995, 47; Prölss/Martin VVG, 25. Auflage, § 7 AKB Anm. 2 B d.).
291.
30Gegen diese Obliegenheit verstieß die Klägerin objektiv, wie sie selbst nicht in Abrede stellt, indem sie in der Schadenanzeige vom 12.12.1994 die Frage nach früheren "Schäden durch Unfall, Diebstahl, Brand usw." mit "keine" beantwortete und die weiteren Fragen nach Behebung von Beschädigungen durch Reparatur durch einen Strich verneinte, obwohl das streitgegenständlich Fahrzeug unstreitig am 19.09.1994 - also nur knapp 3 Monate vorher - einen Schaden dadurch erlitten hatte, daß ein anderes Fahrzeug aufgefahren war.
312.
32Soweit die Klägerin meint, dieser Verstoß sei jedoch nicht vorsätzlich geschehen, sondern allenfalls fahrlässig, weil sie für den nächsten Tag Urlaub gebucht gehabt habe und der Vorschaden bei Aufnahme der Schadenanzeige in der Eile und Aufregung der Urlaubsvorbereitungen schlicht vergessen worden sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG zu entkräften. Nach der Fassung des § 6 Abs. 3 VVG obliegt es nämlich dem Versicherungsnehmer zu beweisen, daß die Verletzung der Obliegenheit nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht ( vgl. BGH VersR 1986, 1233, 1234; r+s 1993, 321, 322; OLG Köln VersR 1984, 378; OLG Saarbrücken VersR 1993, 569, 570; OLG Frankfurt/M. VersR 1994, 927, 928; Senat r+s 1995, 206 ).
33Der von der Klägerin verschwiegene Unfall lag erst knapp drei Monate zurück, als am 12.12.1994 der behauptete Diebstahl geschah und die Klägerin noch am selben Tag die Schadenanzeige fertigte bzw. von dem Agenten der Beklagten nach ihren Angaben fertigen ließ. Wegen des Auffahrunfalls hatte die Klägerin erst unter dem 11.10.1994 Schadensersatzansprüche gegen die VHV als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners geltend gemacht, also fast exakt 2 Monate vor dem behaupteten Diebstahlsereignis. Daß die Klägerin dies "vergessen" haben sollte und der Unfall ihr auch nicht wieder einfiel, als sie am 12.12.1994 in der Schadenanzeige ausdrücklich nach "Schäden durch Unfall ..." befragt wurde, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen.
34Die von der Klägerin angeführte Rechtfertigung, sie habe den Vorschaden bei Aufnahme der Schadenanzeige in der Eile und Aufregung der Urlaubsvorbereitungen schlicht vergessen, vermag nicht zu überzeugen. Auch eine Hektik, wie sie die Klägerin für sich in Anspruch nimmt, könnte allenfalls erklären, daß die Klägerin nicht von sich aus an den Verkehrsunfall vom 19.09. 1994 gedacht hat. Eine solche Hektik macht aber nicht nachvollziehbar, daß sie sich selbst auf ausdrückliche und unmißverständliche Frage nach früheren Unfällen nicht erinnert haben will. Im übrigen überzeugt das Vorbringen der Klägerin auch deshalb nicht, weil die Schadenanzeige in anderen Punkten nicht die behauptete Eile und Aufregung erkennen läßt. So konnte die Klägerin etwa recht detaillierte Angaben zu einem Austausch des Motors ebenso machen wie zu der eingebauten Wegfahrsperre. Sie hatte sogar daran gedacht, bezüglich der Wegfahrsperre eine Bescheinigung zur Aufnahme in der Schadenanzeige mitzubringen und dieser beizufügen ( vgl. Bl. 33R d.A. ), war also durchaus in der Lage, umsichtig und ihre Interessen wahrend zu handeln. Daß sie zwar an all dies trotz Urlaubshektik und Zeitdruck dachte, aber den Unfall vergessen haben und auch auf ausdrückliche Frage nicht erinnert haben will, leuchtet daher nicht ein.
35Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß die Klägerin im Fragebogen vom 25.01.1995 den Verkehrsunfall vom 19.09.1994 angab und zudem nähere Einzelheiten zur Reparatur mitteilte. Diese Tatsache läßt entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Rückschluß dergestalt zu, daß sie bei Abgabe der Schadenanzeige nicht vorsätzlich gehandelt hätte. Dabei kann dahinstehen, ob ein solcher Rückschluß aus einem späteren Verhalten überhaupt möglich und der Vorsatz der zutreffende Anknüpfungspunkt im Falle einer freiwilligen Korrektur falscher Angaben des Versicherungsnehmers ist ( vgl. Senat OLG-Report 1997, 60, 61, wo eine freiwillige Korrektur falscher Angaben des Versicherungsnehmers unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben erörtert wird ). Dieser Schluß ist hier schon deshalb nicht möglich, weil die Klägerin - entgegen ihrer Auffassung - ihre Angaben nicht vollkommen freiwillig korrigiert hat.
36Wie nämlich schon das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, hatte die Klägerin im Januar 1995 keine andere Wahl, als nunmehr den Verkehrsunfall vom 19.09.1994 anzugeben. Denn sie hatte bei ihrer polizeilichen Vernehmung am 06.01.1995, bei der sie erneut zunächst auf Befragen einen Vorschaden und insbesondere auch einen Unfall abgestritten hatte ( Bl. 20 d. EA. ), auf den konkreten Vorhalt des Vernehmungsbeamten den Unfall einräumen müssen ( Bl. 21 d. EA. ). Dies geschah, da es erst auf ausdrücklichen Vorhalt erfolgte, der Klägerin durch diesen Vorhalt also klar wurde, daß der Unfall ohnehin bereits bekannt und folglich nicht mehr zu bestreiten war, gerade nicht spontan und freiwillig, also aus unbeeinflußtem eigenem Entschluß, sondern aufgrund eines von außen kommenden Anstoßes. Daß die Klägerin sodann in dem Fragebogen vom 25.01.1995 den Vorschaden angab, kann ebenfalls nicht als vollkommen freiwillig angesehen werden. Denn vom Zeitpunkt der polizeilichen Vernehmung vom 06.01.1995 an konnte die Klägerin, die über nicht unerhebliche Erfahrungen im Umgang sowohl mit Strafverfolgungsbehörden als auch mit Versicherern verfügte, wie ihre unstreitigen Vorstrafen, namentlich diejenige wegen Betruges aufgrund von Vortäuschung und mehrfachen Abrechnungen von Versicherungsfällen zeigen, nicht mehr annehmen, der Unfall könne der Beklagten verheimlicht werden.
37Daß sie sofort nach der polizeilichen Vernehmung vom 06.01.1995 bei dem Agenten anrief und den Unfall mitteilte, ist ebenfalls unerheblich. Auch das war nach der polizeilichen Vernehmung und mithin nicht mehr freiwillig. Ebensowenig kommt es darauf an, ob die Beklagte zu diesem Zeitpunkt von dem Vorschaden bereits Kenntnis erlangt hatte.
383.
39Die Voraussetzungen der sogenannten Relevanzrechtsprechung sind schließlich ebenfalls erfüllt.
40Nach dieser Rechtsprechung muß die folgenlose Verletzung der Obliegenheit, um zur Leistungsfreiheit des Versicherers zu führen, generell geeignet gewesen sein, dessen Interessen ernsthaft zu gefährden. Ferner muß den Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden treffen und er muß ausreichend darüber belehrt worden sein, daß bewußt unwahre Angaben zum Verlust des Versicherungsschutzes führen können, auch wenn dem Versicherer hierdurch kein Nachteil entsteht ( vgl. BGH VersR 1982, 742 für die Kfz-Haftpflichtversicherung; BGH VersR 1984, 228 für die Kaskoversicherung ).
41Das Verschweigen eines Vorschadens ist generell geeignet, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden. Denn bei der Frage nach Vorschäden handelt es sich unverkennbar um eine für die Entschädigungshöhe ganz entscheidende Frage. Gemäß § 13 AKB beschränkt sich die Versicherungsleistung in Entwendungsfällen grundsätzlich auf den Wiederbeschaffungswert. Da dieser Wert ganz maßgeblich von dem technischen und optischen Zustand des Fahrzeuges beeinflußt wird, sind Vorschäden für die Wertschätzung eines Kraftfahrzeugs auch dann relevant, wenn sie fachgerecht beseitigt worden sind ( vgl. BGH VersR 1984, 228f ). Gerade in Entwendungsfällen, in denen der Versicherer keine Möglichkeit hat, selbst Feststellungen zum Wert des Fahrzeuges zu treffen, ist er zur Erzielung einer zutreffenden Wertermittlung auf vollständige und vor allen Dingen zutreffende Angaben des Versicherungsnehmers angewiesen ( OLG Köln VersR 1991, 766, 767; Senat OLG-Report 1997, 60 ).
42Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß der Schaden vorliegend - gemessen am Fahrzeugwert - angesichts von Reparaturkosten von 3.618,40 DM relativ gering war. Das Verschweigen des Schadens war auch unter diesen Umständen relevant. Dabei kann dahinstehen, ob bei dem Unfall lediglich ein kleines Loch und ein Kratzer in der Stoßstange entstanden sind. Denn auch in diesem Fall ergibt sich gerade aus der Tatsache, daß der Ehemann der Klägerin die Reparatur dadurch durchgeführt hat, daß er ein Loch in der Stoßstange lediglich zuspachtelte, die Relevanz des Vorschadens. Denn bei dieser Art der Schadensbehebung handelt es sich unzweifelhaft um eine nicht fachgerechte Reparatur, die sich bei einem Luxusfahrzeug der hier vorliegenden Art, das erst wenig mehr als ein Jahr alt war ( Erstzulassung 28.09.1993 ) wertmindernd auswirkt. Gerade bei solchen Fahrzeugen wird auf einen einwandfreien optischen Zustand und fachgerechte Reparaturen eingetretener Beschädigungen geachtet, auch wenn die Schäden nur geringfügig sind. Eine Reparatur, deren Kosten fachmännisch auf 3.618,40 DM geschätzt worden sind, ohne finanziellen Aufwand allein durch Beispachteln durchzuführen, führt daher zu einer Wertminderung des Fahrzeugs.
43Etwas anderes ergibt sich schließlich - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht daraus, daß ein Versicherungsnehmer in der Regel neben der Schadenanzeige einen weiteren Fragebogen erhält, in dem weitere detaillierte Angaben abgefragt werden. Dies entbindet den Versicherungsnehmer nicht von seiner Obliegenheit, in der Schadenanzeige zutreffende Angaben zu machen. Der Versicherungsnehmer muß grundsätzlich immer Fragen wahrheitsgemäß beantworten. Nach allgemeiner Auffassung, der der Senat folgt, sind für die Leistungspflicht des Versicherers primär die Angaben in der Schadenanzeige selbst entscheidend (vgl. OLG Frankfurt VersR 1994, 927; LG Frankfurt, VersR 1986, 586; Prölss/Martin § 7 AKB Anm. 2 B d., S. 1441 ). Ob bei einer vollkommen freiwilligen, weder durch den Versicherer noch durch Dritte veranlaßten Korrektur etwas anderes gilt, kann hier dahinstehen. Eine solche freiwillige Korrektur liegt - wie oben ausgeführt - nicht vor.
44Der Klägerin ist weiter erhebliches Verschulden anzulasten. Kein erhebliches, sondern nur geringes Verschulden des Versicherungsnehmers liegt nur vor, wenn es sich nach den Umständen um ein Fehlverhalten handelt, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag ( vgl. BGH VersR 1986, 1233, 1235; r+s 1989, 5, 6; Senat r+s 1995, 206; OLG Hamm r+s 1996, 296, 297 ). Derartige besondere Umstände sind nicht ersichtlich, insbesondere dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen.
45Die Klägerin ist schließlich in dem Schadenanzeigeformular ordnungsgemäß dahin belehrt worden, daß bewußt unwahre Angaben zum Verlust des Versicherungsschutzes führen, auch wenn dem Versicherer hierdurch kein Nachteil entsteht.
464.
47Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte auch nicht etwa darauf verzichtet, sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung zu berufen. Sie hat sich im Gegenteil schon in der Deckungsablehnung vom 31.10.1995 unter anderem auch auf diesen Gesichtspunkt berufen ( Bl. 10 oben d.A. ). Im vorliegenden Verfahren hat sie den Gesichtspunkt der Obliegenheitsverletzung schon mit der Klageerwiderung aufgegriffen. Von einem Verzicht auf die Geltendmachung von Leistungsfreiheit kann daher keine Rede sein.
48Die Berufung war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
49Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
50Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Klägerin: 67.800,-- DM