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Entscheidungsgründe:
2Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
3Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Versicherungsleistungen gemäß §§ 1, 49 VVG, 12 Abs. 1 Nr. II e) der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung, die dem Versicherungsvertrag der Parteien zugrunde liegen, nicht zu. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Kläger den streitgegenständlichen Verkehrsunfall grob fahrlässig herbeigeführt hat, § 61 VVG, indem er trotz Rotlicht in die Kreuzung M. in K. eingefahren ist, auf der es zu dem Zusammenstoß mit dem Fahrzeug der Frau K. M. kam.
4Daß die für die Fahrtrichtung des Klägers bestimmte Verkehrsampel Rotlicht zeigte, ist als unstreitig anzusehen. Der Kläger bestreitet dies nicht substantiiert, wenn er in der Berufungsbegründung ausführt, nach seiner Erinnerung sei er bei Grün in den Kreuzungsbereich eingefahren, § 138 Abs. 2 ZPO. Denn der Kläger gibt nicht einmal an, auf welche Ampel ( rechts von der Fahrbahn oder oberhalb ) er gesehen und grünes Licht wahrgenommen haben will. Er stellt auch nicht in Abrede, daß die Lichtzeichenanlage der Kreuzung M. für die Unfallgegnerin Grünlicht zeigte, als diese in den Kreuzungsbereich einfuhr. Daß die Ampelschaltung dergestalt defekt gewesen sein könnte, daß beide Ampel Grünlicht zeigten ( sog. feindliches Grün ), wie es der Kläger in 1. Instanz als nicht ausschließbar bezeichnet hat, ist als rein theoretische Möglichkeit anzusehen, die außer Betracht bleiben kann. Tatsächliche Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch der Kläger greift das in der Berufungsinstanz nicht auf.
5Insbesondere setzt sich der Kläger nicht ausreichend mit entgegenstehenden vorprozessualen Äußerungen an der Unfallstelle, in der Schadenanzeige sowie in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Köln auseinander, mit denen er - zumindest konkludent - eingeräumt hat, die für seine Fahrtrichtung maßgebliche Ampel habe Rotlicht gezeigt. Denn dort hat der Kläger Rotlicht teilweise ausdrücklich eingeräumt, im übrigen nur von "Übersehen" der Ampel bzw. "Blenden" gesprochen. Diese Begriffe sind entgegen der Auffassung des Klägers eindeutig. Daß er tatsächlich "grün" gesehen hätte, wie der Kläger im vorliegenden Verfahren behauptet, ist damit gerade nicht ausgesagt. Zwar bestreitet der Kläger nunmehr die von Polizeibeamten schriftlich niedergelegte Äußerung an der Unfallstelle und betont, die Schadenanzeige sei nicht von ihm ausgefüllt. Das verhilft ihm aber nicht zum Erfolg. Auch wenn die Schadenanzeige von einem Bediensteten des Maklerbüros ausgefüllt wurde, müssen die tatsächlichen Angaben zum Unfallgeschehen doch auf den Kläger zurückgehen. Daß jemand anderes den Makler informiert oder dieser etwas falsch verstanden habe, behauptet der Kläger selbst nicht. Ebenso setzt er sich mit seinen Angaben in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Köln nicht auseinander, obwohl das Landgericht im angefochtenen Urteil auch auf diese abgestellt hat. In der dortigen Hauptverhandlung hatte der Kläger angegeben, er sei geblendet worden und habe die Ampel nicht erkannt. Weil der Kläger "alles, ohne etwas zu beschönigen, eingeräumt" habe, hat das Amtsgericht nach einem in der beigezogenen Akte niedergelegten Vermerk der Vorsitzenden von einem Fahrverbot abgesehen. Grund hierfür war also nicht - wie der Kläger behauptet -, daß das Amtsgericht kein grob verkehrswidriges Verhalten hätte erkennen können. Daß er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Köln lediglich taktisch geständig war, also etwas der Wahrheit zuwider "eingeräumt" hätte, behauptet der Kläger ebenfalls selbst nicht.
6Es kann auch ausgeschlossen werden, daß der Kläger einer optischen Täuschung durch Lichteinstrahlung des Sonnenlichts unterlag und statt des tatsächlich angezeigten Rotlichts grünes Licht wahrgenommen hat. Das ist schon deshalb vorliegend schwer nachzuvollziehen, weil rotes und grünes Licht nicht durch die selbe Lichtquelle abgestrahlt werden, vielmehr auf einer Ampel unten Grünlicht erscheint und oben Rotlicht. Allenfalls ist denkbar, daß - bei entsprechendem Sonneneinfall - die grüne Glasscheibe so erhellt wird, daß der Kraftfahrer den Eindruck hat, grünes Licht leuchte auf. Das setzt aber voraus, daß Licht auf diese Glasscheibe fällt ( vgl. Senat r+s 1996, 478 ). Das ist hier nach den örtlichen Gegebenheiten aber auszuschließen.
7Der Kläger trägt selbst vor, daß er aus exakt nördlicher Richtung kam, also nach Süden fuhr. Dies entspricht der Verkehrsunfallskizze der Polizei. Kurz vor Mittag - Unfallzeit war 11.05 Uhr - schien die Sonne dem Kläger daher entgegen, nach seinem Vortrag aus süd-südöstlicher Richtung. Unter diesen Umständen kann die Sonne aber nicht von hinten, ja nicht einmal seitlich auf die für den Kläger maßgebliche Ampelanlage geschienen haben. Es war vielmehr so, daß die Sonne dem Kläger - allenfalls leicht versetzt - ins Gesicht schien, was seinen vorprozessualen Äußerungen entspricht. Das wiederum kann aber - zu dieser Feststellung sieht sich der Senat auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens in der Lage - nur zur Folge gehabt haben, daß der Kläger geblendet war; eine "optische Täuschung" ist dabei nicht vorstellbar.
8Kann dem Kläger daher allenfalls zugute gehalten werden, daß er geblendet wurde und die Lichtzeichen der Ampel nicht erkennen konnte, so entlastet ihn dies nicht vom Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Die neuere höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung - auch des Senats - betont entgegen der Auffassung des Klägers, daß ein Rotlichtverstoß grundsätzlich objektiv und in der Regel auch subjektiv grob fahrlässig ist. Allerdings können besondere Umstände des Einzelfalles den objektiv groben Verkehrsverstoß subjektiv in einem milderen Licht erscheinen lassen und den Kläger vom Schuldvorwurf der grobe Fahrlässigkeit entlasten ( BGH r+s 1992, 292, 293 = VersR 1992, 1085 = NJW 1992, 2418; Senat SP 1995, 249; Urteil vom 04.06.1996 - 9 U 257/95, in r+s 1996, 478 insoweit nicht abgedruckt; OLG Hamm r+s 1994, 45, 46; r+s 1996, 13; MDR 1996, 1014; OLG Karlsruhe r+s 1994, 46, 47; r+s 1995, 449 ). Etwas anderes ergibt sich auch aus den Literaturstellen, die der Kläger für sich in Anspruch nimmt, nicht.
9Für sich alleine nicht geeignet, den Verstoß subjektiv in milderem Licht erscheinen zu lassen, ist allerdings der früher in der Rechtsprechung angeführte Gesichtspunkt des Augenblicksversagens ( BGH a.a.O. ). Auch die übersichtliche Örtlichkeit bietet vorliegend keine Besonderheit, die einen geringeren Verschuldensgrad nahelegen könnte. Gegen den Kläger spricht im Gegenteil, daß er nicht nur das Rotlicht, sondern offensichtlich auch die entgegenkommende Unfallgegnerin übersehen haben muß. Auch insoweit fehlt es an Anhaltspunkten, diese Sorglosigkeit subjektiv geringer als grob fahrlässig anzusehen ( vgl. BGH a.a.O., S. 294 ).
10Auch die Tatsache, daß der Kläger durch die Sonne geblendet worden sein dürfte, entlastet ihn nicht. Denn es ist ebenfalls höchst leichtsinnig, in eine erkennbar ampelgeregelte Kreuzung einzufahren, ohne sicher sein zu können, was die für die beabsichtigte Fahrtrichtung zuständige Ampel genau anzeigt. In einem solchen Fall kann man gerade nicht damit rechnen, die Kreuzung ohne weiteres passieren zu können, und muß seine Geschwindigkeit folglich so weit herabsetzen oder gar anhalten, daß man sich ein Bild über das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer machen und die Kreuzung gefahrlos passieren kann ( so schon OLG Köln r+s 1989, 350, 351; Senat a.a.O.; OLG Karlsruhe r+s 1994, 46, 47; OLG Dresden r+s 1996, 342; OLG Hamm MDR 1996, 1014 ). Daß der Kläger etwa erst so kurzfristig, plötzlich und überraschend geblendet worden wäre, daß er vor der Kreuzung nicht mehr gefahrlos hätte anhalten können, behauptet er selbst nicht; hierfür ist auch nichts ersichtlich. Ob bei einer solchen Fallgestaltung eine andere Bewertung möglich oder angezeigt wäre, bedarf daher keiner Entscheidung.
11Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
12Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO. Die Frage, ob ein Rotlichtverstoß als grob fahrlässige Herbeiführung des Verkehrsunfalles anzusehen ist, kann als in der Rechtsprechung geklärt angesehen werden. Darüber hinaus beruht das Urteil des Senats nicht auf einer Abweichung von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder des gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes, § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO.
13Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Klägers: 10.870,39 DM