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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin vertreibt u.a. in Deutschland auf Grund exclusiver Lizenzrechte bekannte Kosmetika, insbesondere auch solche der Marke "Jil Sander". Der von ihr durchgeführte Vertrieb der hochpreisigen Produkte an den Endverbraucher erfolgt durch ein selektives System weder über Supermärkte, noch über Discount-Ketten, sondern ausschließlich über Parfümerien mit fachlicher Beratung.
3Die Beklagte vertreibt über Parfümerien und Drogerien ebenfalls Produkte der Marke "Jil Sander", und zwar solche, die sie außerhalb dieser Vertriebsstruktur erworben hat und von denen zuvor die von der Herstellerin angebrachte Seriennummer von der Verpackung vollständig und von dem Flacon teilweise entfernt worden ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit dem vorliegenden Verfahren.
4Die französische Produzentin der streitgegenständlichen Parfümerieartikel der Marke "Jil Sander", die L. Group S.A. in Ch., versieht die Verpackung und die Behältnisse der Produkte mit einer 10-stelligen Seriennummer. Dies geschieht zum einen mit Blick auf die Anforderungen des § 4 der Kosmetik-Verordnung und zum anderen mit dem Ziel, den Vertriebsweg des einzelnen Produktes rückverfolgen zu können. Die Seriennummer besteht aus einer Chargennummer und einer Vertriebsnummer. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin ermöglicht allerdings nur die Seriennummer in ihrer Gesamtheit die Identifizierung des Produktes und die Zuordnung zu einer Charge. Überdies vermag ein nicht Eingeweihter weder die beschriebene Aufteilung der Seriennummer zu erkennen, noch erst Recht die einzelnen Ziffern der 10-stelligen Seriennummer der Chargennummer bzw. der Vertriebsnummer zuzuordnen.
5Die Beklagte brachte das außerhalb des von der Klägerin aufgebauten Vertriebsweges als sog. "graue Ware" erlangte Produkt "Jil Sander No. 4 EdP Nat.-Spray 30 ml" u.a. über die Drogerie-Center M. GmbH in T. in den Verkehr, wo es am 29.5. 1995 von dem Zeugen S. erworben wurde. Bei diesem Produkt waren zuvor von der erwähnten Seriennummer auf dem Flacon die letzten 6 Ziffern herausgeschnitten und die Seriennummer von der Verpackung vollständig entfernt worden. Die Beklagte hat auch über diesen Einzelfall hinaus auf diese Weise manipulierte Produkte der Klägerin vertrieben.
6Die Klägerin, die mit dieser Begründung in dem Verfahren 31 O 376/95 LG Köln eine im Beschlußwege erlassene Einstweilige (Unterlassungs-)Verfügung gegen die Beklagte erwirkt hat, hat die Auffassung vertreten, durch den Vertrieb der Produkte mit zumindest teilweise entfernter Seriennummer verstoße die Beklagte gegen § 4 Abs.1 der Kosmetikverordnung und damit gegen § 1 UWG. Dies rechtfertige nicht nur den Unterlassungsanspruch, sondern im vorliegenden Hauptsacheverfahren auch die sogleich darzustellenden Auskunftsansprüche sowie den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht. Denn sie müsse durch das Vorgehen der Beklagten besorgen, daß ihr erhebliche Schäden in dem Falle drohten, daß eine Rückrufaktion notwendig werde.
7Die Klägerin hat b e a n t r a g t (Neubezifferung durch den Senat),
8b) von wem und in welcher Menge sie Waren entsprechend Ziffer 1) des Klageantrages in den vergangenen 6 Monaten vor Klageerhebung und seitdem bezogen hat und/oder bezieht;
13II.) festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I 1) beschriebenen Handlungen bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
14Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
15die Klage abzuweisen.
16Sie hat die Auffassung vertreten, ihr Vorgehen verstoße weder gegen § 4 der Kosmetik-Verordnung, noch gegen § 1 UWG.
17Es sei zunächst davon auszugehen, daß sie nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung berechtigt sei, die Vertriebsnummern der Klägerin zu entfernen. Das von dieser verfolgte Ziel einer Sicherung der Vertriebswege sei nämlich nicht schützenswert, weil die Klägerin - was diese auch nicht für sich in Anspruch nimmt - die kartellrechtlichen Anforderungen für eine Vertriebsbindung nicht erfülle. Durch das von der Klägerin gewählte System einer - auch noch unerkennbaren - Vermischung der mit Blick auf § 4 der Kosmetik-Verordnung angebrachten Chargennummer einerseits und der Vertriebsnummer andererseits versuche die Klägerin, dieses Recht zu unterlaufen. Dies sei rechtsmißbräuchlich, zumal - abgesehen von den von der Klägerin verfolgten Zielen - keine Notwendigkeit für die beschriebene Vermischung der Zahlen bestehe. Denn das von der Klägerin benutzte Zahlensystem diene ebenfalls dazu, ein nicht geschütztes Vertriebssystem abzusichern.
18Im übrigen verstoße sie aber auch nicht gegen § 4 der Kosmetik-Verordnung. Denn die danach erforderliche Kennzeichnung der Produkte sei auch nach der teilweisen Entfernung der Seriennummer gewährleistet. Ihr Zulieferer lese die urspüngliche "Chargen-Herstell-Nummer" vor deren zumindest teilweiser Entfernung in eine EDV ein und ordne sie einer eigenen Chargen-Nummer zu, die auf dem Flacon und auf der Verpackung aufgebracht werde. Für beide Nummern werde sodann eine "Konkordanzliste" erstellt, die jeden Monat bei einem Notar hinterlegt werde. Diese Ausstattung der Produkte genüge den Anforderungen, weil es ausreiche, daß das gewählte Kennzeichen eine Identifizierung der Herstellung ermögliche. Das Verfahren müsse auch mit Blick darauf genügen, daß bei im Ausland hergestellten Produkten, die nicht über eine Chargennummer des Herstellers verfügen, und im Bereich des Lebensmittelrechtes ebenso verfahren werde. Schließlich erschwere der von ihr eingeschlagene Weg auch Rückrufaktionen nicht, weil sie jederzeit in der Lage sei, den Vertriebsweg nachzuvollziehen.
19Das L a n d g e r i c h t hat den Unterlassungsanspruch zuerkannt und die Klage im übrigen abgewiesen. Die von der Lieferantin der Beklagten angebrachte Kennzeichnung erfülle die Vorausetzungen des § 4 der Kosmetik-Verordnung nicht, weil diese herstellerbezogen sei. Bei einer eventuell notwendigen Rückrufaktion könne der Hersteller die Verbraucher indes nicht unmittelbar erreichen, nachdem der Lieferant der Beklagten ein eigenes Registrierungssystem dazwischengeschaltet habe. Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruches sei auch nicht rechtsmißbräuchlich, weil auch angesichts des nicht schutzwürdigen Vertriebssystems der Klägerin ein Verstoß gegen § 4 der Kosmetik-Verordnung und § 1 UWG vorliege.
20Die Auskunftsansprüche seien demgegenüber unbegründet und der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht unzulässig. Die Kammer hat hierzu die nachfolgend dargestellte Begründung aus ihrer früheren Entscheidung in dem Verfahren 31 O 61/95 LG Köln wörtlich übernommen:
21Der Anspruch auf Auskunft über den mit den Produkten erzielten Umsätzen bestehe bereits deswegen nicht, weil zumindest bislang ein Rückruf von Produkten noch nicht erforderlich geworden und aus diesem Grunde ein Schaden noch nicht entstanden sei. Der Auskunftsanspruch bestehe aber auch nach einem Schadenseintritt nicht. Denn der Schaden wäre der Höhe nach jedenfalls nicht von dem Umsatz der Beklagten abhängig.
22Weiter bestehe kein Anspruch auf die Angabe des Lieferanten, weil die von diesem vorgenommene Entfernung der Nummern als solche mangels Bestehens eines geschlossenen Vertriebssystems nicht unzulässig sei. Der Auskunftsanspruch rechtfertige sich auch nicht aus Sinn und Zweck der Kosmetik-Verordnung. Zwar sei ein Bedürfnis daran, in Erfahrung zu bringen, wer die nicht verkehrsfähigen Produkte erstmals in Verkehr gebracht habe, nicht zu verkennen, es fehle aber an hinreichendem Sachvortrag dafür, daß ein Dritter die Manipulationen vorgenommen habe.
23Für den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht fehle es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse, weil der allein in Betracht kommende zukünftige Eintritt eines Schadens noch ungewiß sei und keine Verjährungsfrist laufe.
24Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin, die lediglich den Auskunftsanspruch zu I 2 b) ihrer Anträge in obiger Bezifferung, nicht aber den weiteren Auskunftsanspruch und den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht aufgreift, als auch die Beklagte - jeweils selbständige - B e r u f u n g e n eingelegt.
25Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung insgesamt und wiederholt ihre Auffassung, ein Verstoß gegen § 4 der Kosmetik-Verordnung liege nicht vor. Diese Bestimmung schreibe lediglich die Verwendung einer Kennzeichnung vor, die eine Identifizierung der Herstellung ermögliche. Diesen Ansprüchen genüge das von ihr verwendete System. Denn die Vorschrift erfordere nicht etwa, daß das sicherste und vielleicht schnellste Verfahren hierzu angewendet werden müsse. Außerdem müsse ihre Kennzeichnung insbesondere deswegen ausreichen, weil die Klägerin selbst durch die Vermischung von Vertriebs- und Chargennummer versuche, ihr nicht schützenswertes Vertriebssystem mit Hilfe des Anspruches aus § 1 UWG i.V.m. § 4 der Kosmetik-Verordnung zu sichern. Wenn nämlich die Klägerin 2 getrennte Nummern verwenden würde, könnte die lediglich der Kennzeichnung des Vertriebsweges dienende Vertriebsnummer, was ohne Weiteres erlaubt sei, entfernt werden, ohne daß davon die die Identifizierung gewährleistende Chargennummer und damit die Kennzeichnung gem. § 4 der Kosmetik-Verordnung betroffen wäre. Demgegenüber würde es ein Unterlaufen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Berechtigung des Vertriebs auf dem sog. grauen Markt bedeuten, wenn ihr nunmehr die Entfernung der Nummer nur deswegen untersagt würde, weil diese auch als Chargennummer der Identifizierung diene. Das gelte jedenfalls mit Rücksicht darauf, daß das von ihr verwendete System ebenfalls eine Zuordnung ermögliche. Dieses System habe sie vor dem Hintergrund des vorliegenden Verfahrens nunmehr dahin verfeinert, daß in der erwähnten Konkordanzliste zusätzlich aufgeführt werde, an welchen Abnehmer als Zwischenhändler das Produkt geliefert worden sei. Überdies werde auf den Flaschen und auf der Umverpackung zusätzlich zu der neuen Nummer der Hinweis "Vertrieb: Exclusiv Parfum, B." aufgebracht. Im Falle einer Rückruf-Aktion der Klägerin, bei der die Original-Nummern bekannt gegegeben werden, werde sie ihre eigene Nummern, die eine defekte Charge betreffen, öffentlich bekanntgeben.
26Mit Rücksicht hierauf hat die Beklagte mit ihren Schriftsätzen vom 14.10.1996 und und vom 19.12.1996 erklärt, sie erkenne die oben erwähnte Einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 27.6.1995 - 31 O 376/95 - unter Verzicht auf die Einlegung des Widerspruches, auf das Recht zur Erzwingung der Hauptsacheklage sowie auf das Recht der Geltendmachung von Einwendungen gem. § 927 ZPO mit der Maßgabe als endgültige Regelung an, daß dieses Anerkenntnis nicht gelte, wenn
27sowie
29b) auf dem Flacon und der Verpackung der Hinweis "Vertrieb: Exclusiv Parfum, B." aufgebracht wird.
30Die Berufung der Klägerin hält sie aus den Gründen der angefochteten Entscheidung für unbegründet. Ergänzend vertritt sie die Auffassung, eine Zuerkennung des Auskunftsanspruches würde ebenfalls dazu führen, daß das nicht schützenswerte Vertriebssystem der Klägerin gesichert werde.
31Die Beklagte b e a n t r a g t,
321.) unter (teilweiser) Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 16.4.1996 die Klage (vollständig) abzuweisen;
332.) die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
34Die Klägerin b e a n t r a g t,
351.) unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 16.4.1996 die Beklagte gem. Ziffer I 2 b des Klageantrags (nach obiger Bezifferung) zu verurteilen, ihr Auskunft darüber zu erteilen, von wem und in welcher Menge sie Waren entsprechend Ziffer I 1) des Klageantrages in den vergangenen 6 Monaten vor Klageerhebung und seitdem bezogen hat und/oder bezieht;
362.) die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
37Sie vertritt mit Blick auf die Berufung der Beklagten weiter die Auffassung, daß diese durch den Vertrieb der auf die beschriebene Weise manipulierten Produkte gegen § 1 UWG i.V.m. § 4 der Kosmetik-Verordnung verstoße. Durch die gesetzliche Regelung solle erreicht werden, daß ein fehlerhafter Posten auf möglichst sicherem und auf dem schnellsten Wege identifiziert und ausgesondert werden könne. Dies sei durch das von der Beklagten praktizierte System indes nicht gewährleistet. Denn jenes System setze voraus, daß die von der Beklagten oder ihrem Lieferanten eingesetzten, ihr nicht bekannten Zwischenglieder von sich aus an der Identifizierung mitwirkten. Zumindest komme es zu unvertretbaren Verzögerungen. An dem Verstoß ändere auch die Tatsache nichts, daß die Seriennummer, die aus den vorstehenden Gründen nicht entfernt werden dürfe, auch die Vertriebsnummer enthalte. Denn daß die Rechtsprechung derartige Vetriebskennzeichnungen in nicht geschlossenen Systemen nicht für schützenswert ansehe, bedeute nicht, daß die Beklagte die damit verbundenen Chargennummern entfernen und so gegen § 4 der Kosmetik-Verordnung verstoßen dürfe.
38Der von ihr mit ihrer Berufung weiterverfolgte Auskunftsanspruch sei deswegen begründet, weil sie ein berechtigtes Interesse daran habe zu erfahren, wer die Veränderungen an den Nummern vornehme. Dieses Interesse ergebe sich daraus, daß sie - solange die Veränderungen weiterhin vorgenommen würden - im Falle der Notwendigkeit einer Rückrufaktion Gefahr laufe, wegen der verlorengegangenen Möglichkeit einer Zuordnung des betroffenen Produktes zu einer bestimmten Charge in einem wesentlich größeren Umfange Produkte zurückrufen zu müssen, als dies ausreichen würde, wenn die von der Herstellerin verwendete Nummer sich noch unverändert auf dem Produkt befände. Aus diesem Grunde habe sie berechtigten Anlaß, auch gegen denjenigen vorzugehen, der die Veränderungen vorgenommen habe und vornehme. Deswegen benötige sie die Auskunft, zu deren Abgabe die Beklagte als Verletzerin auch verpflichtet sei. Zu Unrecht habe die Kammer demgegenüber den Anspruch mit der aus einem anderen Verfahren übernommenen Begründung verneint, es fehle an einem hinreichenden Sachvortrag dafür, daß ein Dritter die Manipulation vorgenommen habe. Dies treffe nämlich im vorliegenden Fall nicht zu. Vielmehr habe die Beklagte selbst mit Schriftsatz vom 3.1.1996 ausdrücklich vorgetragen, es werde "bei dem Zulieferer" die Chargen-Herstell-Nummer zunächst in die EDV eingelesen und sodann entfernt. Diese Darstellung mache sie sich zu eigen.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
40E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
41Die Berufung der Klägerin ist überwiegend zulässig und begründet, im übrigen aber als unzulässig zu verwerfen. Demgegenüber hat die in vollem Umfange zulässige Berufung der Beklagten in der Sache keinen Erfolg. Sowohl der Unterlassungsanspruch, als auch der im Berufungsverfahren noch geltendgemachte Auskunftsanspruch, soweit er auf die Benennung der Lieferanten gerichtet ist, sind begründet. Bezüglich der darüberhinaus verlangten Auskunft, in welchem Umfange die Beklagte manipulierte Produkte erhalten hat, ist die Berufung unzulässig, weil es an der erforderlichen Begründung fehlt (§ 519 Abs.3 ZPO).
42Soweit die Klägerin den Unterlassungsantrag in der mündlichen Verhandlung geringfügig abgeändert hat, liegt darin keine teilweise Rücknahme der Klage. Die Klägerin hat damit lediglich - ohne dessen inhaltliche Änderung - eine Anpassung des Antrags an die der Beklagten konkret vorgeworfene Verletzungshandlung vorgenommen. Soweit der Senat bezüglich beider Ansprüche ebenso geringfügig von dem Wortlaut der Berufungsanträge der Klägerin abgewichen ist, dient dies allein der sprachlichen Klarstellung und stellt keine teilweise Abweisung der Klage dar.
43A
44Der Unterlassungsanspruch ist aus § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung i.V.m. § 1 UWG begründet.
45Der Vertrieb der "Jil Sander"-Produkte, an denen die beschriebenen Manipulationen vorgenommen worden sind, verstößt gegen § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung. Das gilt auch unter Berücksichtigung der zusätzlichen Maßnahmen, die die Beklagte bzw. ihr Zulieferer nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten getroffen haben, um eine Zuordnung einzelner so veränderter Produkte zu den Chargen, aus denen sie hergestellt worden sind, zu ermöglichen.
46Nach § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung sind Kosmetika mit der Nummer des Herstellungspostens oder einem Kennzeichen zu versehen, die eine Identifizierung der Herstellung ermöglichen. Diesen Anforderungen genügen die "Jil Sander"-Produkte nach der Vornahme der oben beschriebenen Manipulationen an der Verpackung und dem Flacon nicht mehr.
47Die Funktion der Kennzeichnung wird zunächst nicht durch den nicht veränderten Teil der zehnstelligen Seriennummer der Herstellerin erfüllt. Denn nach der unwidersprochen gebliebenen Behauptung der Klägerin ist eine Zuordnung des einzelnen Produktes zu der Charge, aus der es stammt, nach Entfernung der letzten 6 Ziffern der 10-stelligen Seriennummer nicht mehr möglich. Überdies wird diese Nummer auf der Verpackung, wo sich die Kennzeichnung gem. § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung ebenfalls befinden muß, sogar vollständig entfernt.
48Aber auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten bzw. ihrem Lieferanten getroffenen Maßnahmen zur Identifizierung der einzelnen Produkte ergibt sich kein anderes Bild. Diese Maßnahmen sind bereits deswegen von vorneherein nicht geeignet, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, weil sie nicht von der Herstellerin selbst getroffen worden sind. Überdies gewährleisten sie auch dann die Identifizierung der Produkte nicht, wenn die Beklagte sich wirklich in dem von ihr zugesagten Umfange an einer etwa notwendig werdenden Rückrufaktion beteiligt.
49§ 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung dient ausweislich der amtlichen Begründung seiner ursprünglichen Fassung (wiedergegeben bei Zipfel, Lebensmittelrecht, C 500, RZ 1) dem Zweck, eventuelle fehlerhafte Herstellungsposten rasch ermitteln zu können. Die Erreichung dieses Zieles ist indes nicht gewährleistet, wenn der Hersteller die notwendigen Ermittlungen zur Auffindung des fehlerhaften Postens nicht allein durchführen kann, sondern hieran Dritte mitwirken müssen. Es ist nämlich gerade der Hersteller, der - und zwar selbständig - aufgrund der Kennzeichnung in der Lage sein muß, zuzuordnen, aus welcher Charge ein etwa zu beanstandendes Produkt stammt. Denn er ist für einen Rückruf verantwortlich und an ihn richten sich gegebenenfalls insoweit in Betracht kommende Ansprüche. Überdies hat er den Rufschaden, wenn es nicht gelingt, nach einem Produktionsfehler die in Betracht kommenden einzelnen Produkte vollständig zurückzurufen. Die Vorschrift ist daher - was ohnehin schon ihr Wortlaut zumindest nahelegt - dahin auszulegen, daß die verlangte Kennzeichnung allein von dem Hersteller stammen muß und dieser nicht auf die Mitwirkung eines Dritten, und schon gar nicht eines potentiellen Konkurrenten, angewiesen sein darf.
50Vor diesem Hintergrund genügt es den gesetzlichen Anforderungen nicht, daß die Beklagte oder ihr Zulieferer an die Stelle der Herstellernummer eine andere setzen. Das gilt auch angesichts der Konkordanzliste, ihrer Deponierung bei einem Notar und der Beschriftung der betreffenden Produkte mit dem Hinweis: "Vertrieb: Exclusiv Parfum, B.". Denn die Klägerin bzw. die hinter ihr stehende Herstellerin sind dann darauf angewiesen, daß die Beklagte an der Rückrufaktion mitwirkt. Diese müßte nach Feststellung der betroffenen Charge, sofern auch an Produkten aus dieser Charge Veränderungen vorgenommen wurden, der Klägerin die neuen, von ihr aufgebrachten Nummern mitteilen, damit diese die Rückrufaktion einleiten kann, oder selbst die Produkte zurückrufen. Die mithin notwendige Mitwirkung der Beklagten wäre im übrigen dann, wenn ein Mangel, der eine Rückrufaktion erforderlich macht, zufällig an einem der manipulierten Produkte auftritt, schon bei dessen Zuordnung zu der Charge, aus der es stammt, notwendig. Die Klägerin bzw. die Herstellerin müßte also als ersten Schritt der Ermittlungen die Beklagte um Mitteilung bitten, welche Nummer das auffällige Produkt früher gehabt habe.
51Die von der Beklagten bzw. ihrem Lieferanten vorgenommene Ersatz-kennzeichnung genügt auch nicht etwa deswegen entgegen dem vorstehenden Grundsatz den Anforderungen des § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung, weil die erforderliche Mitwirkung durch die Beklagte oder ihren Zulieferer für jeden denkbaren Fall gewährleistet wäre. Denn das trifft nicht zu.
52Die Zuordnung eines Produktes zu einer Charge und umgekehrt ist nach den Veränderungen nur möglich, wenn die "Konkordanzliste" einwandfrei geführt wird. Schon darin liegt ein Risiko, das bei vollständiger Belassung der ursprünglichen Seriennummer nicht bestünde. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich bei der Anlegung der Liste Übertragungs- oder sonstige Fehler einschleichen, die eine spätere Ermittlung der ursprünglichen Herstellernumer unmöglich machen.
53Überdies ist die Zuordnung auch deswegen nicht für jeden denkbaren Fall gewährleistet, weil sie von der Fähigkeit und Bereitschaft der Beklagten bzw. ihres Lieferanten zur Mitwirkung abhängig ist, die indes auch nicht für jeden zukünftigen Einzellfall und für jede vorstellbare zukünftige Entwicklung des Verhältnisses der Parteien zueinander unterstellt werden kann. So setzt die für eine Rückrufaktion erforderliche Mitwirkung der Beklagten zunächst voraus, daß diese im Zeitpunkt einer vorzubereitenden Rückrufaktion überhaupt noch existiert. Insbesondere angesichts der Tatsache, daß Parfümerieartikel nicht kurzfristig verbraucht werden, ist es indes denkbar, daß die Beklagte nach den beschriebenen Manipulationen zwar die Konkordanzliste noch anlegt, dann aber vor dem Auftreten eines fehlerhaften Produktes etwa in Konkurs fällt. In dieser Situation ist zumindest ein kurzfristiger Zugriff auf die früheren 10-stelligen Seriennummern nicht gewährleistet. Es ist sogar - z.B. wenn ein Konkursverwalter nicht eingesetzt wird - nicht ausgeschlossen, daß die alte Nummer der Klägerin bzw. der Herstellerin dann überhaupt nicht mehr zugänglich gemacht werden kann. Das gilt auch mit Blick auf die beabsichtigte Hinterlegung der Konkordanzliste bei einem Notar. Denn es steht schon nicht fest, daß dieser erforderlichenfalls zur Herausgabe dieser Liste an die Klägerin oder die Herstellerin (noch) befugt und auf Anforderung auch verpflichtet wäre. Überdies enthält die hinterlegte Liste auch in ihrer jeweils aktuellen Fassung nicht alle von der Beklagten in den Verkehr gegebenen Produkte, weil diese beabsichtigt, die Listen lediglich monatlich und damit nicht zeitgleich mit dem Vertrieb bei einem Notar zu hinterlegen.
54Aber auch bei fehlerfreier Führung der Konkordanzliste und fortbestehender Existenz der Beklagten und stünde nicht fest, daß die Herstellerin in jedem Fall, in dem dies notwendig ist, die erforderlichen Informationen kurzfristig erhielte. Hierzu ist zu berücksichtigen, daß die Beklagte mit der Klägerin ohnehin, aber zumindest in weiterem Sinne auch mit der für die Einhaltung des § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung verantwortlichen Herstellerin im Wettbewerb steht. Die daher bestehenden unterschiedlichen und teils gegenläufigen Interessen verbieten es anzunehmen, die Mitwirkung der Beklagten sei gewährleitet. So sind schon Fälle denkbar, in denen die Beklagte abweichend von der Klägerin oder der Herstellerin die Auffassung vertritt, eine Rückrufaktion sei nicht notwendig, und mit dieser Begründung eine verlangte Mitwirkung verweigert. Dies gilt umso eher als - wie die Klägerin anschaulich vorgetragen hat - nach dem Auftreten eines Produktfehlers eine Abwägung zwischen der drohenden Gefährdung der Gesundheit der Konsumenten einerseits und dem Aufwand und dem mit jeder Rückrufaktion verbundenen Imageschaden andererseits stattfinden muß. Bei dieser Abwägung können die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten nämlich leicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Denkbar ist auch, daß die Beklagte - wenn sie auch wie die Klägerin grundsätzlich am Florieren des Produktes am Markt interessiert ist - aus Gründen des Konkurrenzkampfes die Informationen zurückhält, etwa um in der Auseinandersetzung mit der Klägerin und der Herstellerin Druck auf diese auszuüben. Nach alledem kann der Klägerin und der hinter ihr stehenden Herstellerin angesichts der bestehenden Verantwortung für das Produkt nicht zugemutet werden, sich gerade in dem sensiblen Bereich der etwaigen Notwendigkeit einer Rückrufaktion auf die beschriebene Weise in die Hände einer Konkurrentin zu begeben.
55Aber auch wenn man trotz der vorstehenden, dies indes ausschließenden Gesichtspunkte davon ausgehen würde, die Mitwirkung sei tatsächlich gewährleistet, wäre die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Denn es steht keineswegs fest, daß bei einer gutwilligen Mitwirkung der Beklagten wirklich mit zumutbaren Aufwand die zu einer bestimmten Charge gehörenden und daher zurückzurufenden Produkte ermittelt werden könnten. Das wäre nämlich in einer praktikablen Weise überhaupt nur möglich, wenn die Beklagte ihr System genauso aufbauen könnte, wie es die Klägerin tut. Hierzu ist sie indes nicht in der Lage, weil die Beklagte das von der Klägerin verwendete Zahlensystem nicht kennt. Angesichts der Tatsache, daß die von der Herstellerin aufgebrachte verschlüsselte 10-stellige Seriennummer für die in das System nicht eingeweihte Beklagte und ihren Lieferanten gerade nicht erkennbar macht, aus welcher Charge das einzelne Produkt stammt, sind diese nicht in der Lage, die aus einer bestimmten Charge stammenden Produkte etwa mit aufeinanderfolgenden oder sonstwie systematisch zusammengehörigen Nummern zu versehen. Es bleibt daher nur die Möglichkeit, die Produkte mehr oder weniger wahllos mit den neuen Nummern zu bezeichnen. Das führt aber dazu, daß der allein praktikable Rückruf einer Serie von Nummern nicht möglich ist, sondern die Klägerin nur den Versuch machen könnte, die Produkte einzeln nach ihrer neuen Nummer zurückzurufen. Wenn von einer gebotenen Rückrufaktion z.B. 10.000 systematisch zusammengehörige Nummern der Klägerin erfaßt werden, weisen die zunächst mit diesen Nummern ausgestatteten Produkte nach den von der Klägerin beanstandeten Manipulationen - von dem für einen Rückruf unbrauchbaren Rest der alten Nummer abgesehen - aus den vorstehenden Gründen nunmehr 10.000 allenfalls in zufälligen Gruppen zusammenhängende, im Wesentlichen aber verstreute Zahlen auf. Eine Rückrufaktion kann indes nicht mit Aussicht auf Erfolg durchgeführt werden, wenn jeweils umfangreiche Zahlenkolonnen veröffentlicht und dem Verbraucher zugemutet werden müßte, in dem entstehenden Zahlenwust die auf seinem Produkt befindliche Nummer zu suchen.
56Nach alledem gewährleisten die von der Beklagten angeführten Maßnahmen die Durchführbarkeit einer Rückrufaktion nicht. Das gilt auch für die Aufbringung des Zusatzes "Vertrieb: Exclusiv Parfum, B." auf den Produkten. Dieser verschafft der Klägerin zwar die Erkenntnis, daß das betreffende manipulierte Produkt von der Beklagten bzw. ihrem Zulieferer und nicht - was ohne den Zusatz sogar auch noch möglich wäre und die Zuordnung weiter erschweren würde - von einem anderen Unternehmen auf dem "grauen Markt" vertrieben wird, gleichwohl ist die von § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung bezweckte schnelle Ermittlung der Charge aus den vorstehenden Gründen so nicht gewährleistet.
57Entgegen der Auffassung der Beklagten sind deren Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Identifizierbarkeit der einzelnen Produkte auch nicht deswegen ausreichend, weil die Klägerin bzw. die Herstellerin auf die oben beschriebene Weise ihre interne Vertriebs- mit der Chargennummer verbindet und so bewirkt, daß neben der Chargennummer auch die Vertriebsnummer geschützt wird.
58Der Senat hat erhebliche Zweifel, ob der Klägerin bzw. der Herstellerin auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zum Problem der Entfernung von Vertriebsnummern (vgl. BGH GRUR 88, 823,824 f; 88,826 ff; WRP 89,369,370; 89,366,367 - "Entfernung von Kontrollnummern I-IV") allein deswegen, weil ihr Vertriebssystem (noch) nicht schützenswert sei, diese Kombination der Nummern untersagt werden könnte. Diese Frage kann indes dahinstehen. Denn im vorliegenden Verfahren ist allein zu entscheiden, ob die in der beschriebenen Weise von der Klägerin erfolgende Kombination beider Zahlen der Beklagten das Recht gibt, ein Produkt zu vertreiben, bei dem die (Gesamt-)Zahl ganz oder teilweise entfernt worden und aus diesem Grunde eine Identifizierung der Charge, aus der das Produkt stammt, nicht mehr möglich ist. Diese Frage ist indes ohne weiteres auch für den Fall zu verneinen, daß die von der Klägerin vorgenommene Kombination wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sein sollte. Der Senat schließt sich hierzu der zutreffenden Argumentation des OLG Frankfurt in dessen Entscheidung "Sculpture" (WRP 96,112 f) an (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart WRP 95,973, 978; OLG Karlsruhe WRP 96,122,124 f - "Davidoff Cool Water").
59§ 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung dient dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher (vgl. hierzu näher BGH GRUR 94, 642,644 - "Chargennummer"). Diese sollen bei Auftreten eines Produktionsfehlers schnell vor dem weiteren Verbrauch des Produktes gewarnt werden können. Auf diese Weise bezweckt die Bestimmung die Abwehr von Gefahren etwa für die menschliche Haut, die im Einzelfall eines Produktfehlers von einem Kosmetikum ausgehen können. Ein Verstoß gegen § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung stellt damit eine potentielle Gefährdung der Verbraucher dar. Diese kann indes nicht damit gerechtfertigt werden, daß der Hersteller des Produktes aus bestimmten Gründen mit dessen Vertrieb seinerseits wettbewerbswidrig handele. Denn selbst wenn das so sein sollte, gibt dies der Beklagten nicht das Recht, ihrerseits die Bestimmungen des § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung außer Acht zu lassen und so die Gesundheit der Verbraucher zu gefährden. Sie ist vielmehr auf die bestehende Möglichkeit zu verweisen, ihrerseits gerichtlich oder durch eine Anzeige bei der zuständigen Ordnungsbehörde gegen die Klägerin vorzugehen.
60Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, der Klägerin bzw. der Herstellerin bleibe die Möglichkeit, anstelle der einzelnen Charge die gesamte Produktion aus dem Verkehr zu nehmen und so den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Rückrufaktionen wegen gesundheitsgefährdender Stoffe stehen nämlich - wie bereits der BGH a.a.O. ausgeführt hat - unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Rückruf der gesamten Produktion trifft indes die Klägerin und die Herstellerin wesentlich härter als der Rückruf nur der einzelnen Charge. Er führt insbesondere zu einem erhöhten Rufschaden, weil der Eindruck entsteht, die Herstellerin sei wegen organisatorischer Mängel oder der Größe des Produktionsfehlers nicht in der Lage, die Rückrufaktion aus einzelnde Chargen zu beschränken. Der Rückruf der gesamten Produktion kann aus diesen und anderen Gründen im Einzelfall unzumutbar sein, während der Rückruf der einzelnen Charge zumutbar ist. Damit stellt sich unter Berücksichtigung der Tatsache, daß § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung "dem Schutz der Volksgesundheit unter Abwägung der Interessen des Produzenten dient" (BGH a.a.O.) die Möglichkeit, die gesamte Produktion aus dem Verkehr zu nehmen, als nicht geeignet dar, die Manipulationen zu rechtfertigen.
61Es liegt daher ein Verstoß gegen § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung vor. Dieser stellt - ohne daß es des Hinzutretens weiterer Umstände bedarf - zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG dar und rechtfertigt damit den Unterlassungsanspruch, weil es sich bei der Bestimmung um eine wertbezogene Norm handelt (BGH a.a.O., S.643 f m.w.N.).
62Der festgestellte Verstoß begründet schließlich auch die Gefahr der Wiederholung. Diese ist nicht durch das oben wiedergegebene Anerkenntnis der einstweiligen Verfügung beseitigt. Denn darin behält sich die Beklagte die Fortsetzung des Vertriebs der manipulierten Produkte vor. Das soll zwar nur unter Einhaltung der oben im einzelnen erörterten Maßnahmen geschehen, diese sind indes aus den dargelegten Gründen nicht geeignet, die Anforderungen des § 4 Abs.1 Kosmetik-Verordnung zu erfüllen.
63B
64Der Auskunftsanspruch ist im oben ausgesprochenen Umfange aus §§ 1 UWG, 242 BGB ebenfalls begründet. Die Beklagte ist als Störerin aus § 1 UWG nicht nur zur zukünftigen Unterlassung, sondern darüberhinaus auch zur Beseitigung der bereits eingetretenen Störung bzw. zur Mitwirkung an dieser Beseitigung verpflichtet. Im Rahmen dieser Verpflichtung obliegt es ihr, der Klägerin auch die Namen und Anschriften des oder der Lieferanten zu benennen, von dem oder denen sie die manipulierte Ware bezieht. Denn nur so kann die Klägerin auch gegen diese weiteren Störer vorgehen und die von den Manipulationen ausgehende Störung gänzlich beseitigen.
65Es ist anerkannt (vgl. z.B. BGH GRUR 94,630,632 f "Cartier-Armreif"; Köhler/Piper § 1 RZ 303, vor § 13 RZ 68; Baumbach/Hefermehl, a.a.O. Einl. UWG RZ 402 a), daß ein derartiger Anspruch auf Drittauskunft nicht nur bei Schutzrechtsverletzungen, sondern auch in anderen Fällen gegeben sein kann, sofern der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Das ist indes der Fall. Es belastet die Beklagte nicht unverhältnismäßig, ihre(n) Zulieferer zu benennen. Hierfür ist weder ein als unverhältnismäßig in Betracht kommender Arbeitsaufwand erforderlich, noch ist ein Geheimhaltungsinteresse der Beklagten ersichtlich.
66Der Anspruch wäre allerdings unbegründet, wenn nicht ein Dritter, sondern die Beklagte selbst die Manipulationen vornähme. Denn der Anspruch auf Benennung des Zulieferes setzt voraus, daß es überhaupt einen Zulieferer gibt. Es ist indes - im Gegensatz zu der Auffassung des Landgerichts - im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, daß die Beklagte nicht selbst die Manipulationen vornimmt, sondern die bereits veränderte Ware von einem oder mehreren Dritten bezieht. Denn dies ergibt sich aus ihrem eigenen Vortrag. Die Beklagte hat zunächst - möglicherweise abweichend von anderen bei der Kammer anhängig gewesenen Verfahren - in erster Instanz ausdrücklich selbst vorgetragen, sie erhalte die bereits manipulierte Ware von einem Zulieferer. Wegen der Einzelheiten hierzu nimmt der Senat gem. § 543 Abs.2 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung (dort S.3) Bezug. Diesen Vortrag hält die Beklagte auch im Berufungsverfahren aufrecht. Denn sie hat, auch nachdem die Klägerin ihre Berufung gerade auf diesen Gesichtspunkt gestützt hatte, ihren diesbezüglichen Vortrag nicht geändert.
67Soweit die Klägerin darüberhinaus auch Auskunft darüber begehrt, in welchen Mengen die Beklagte die Waren von ihrem oder ihren Zulieferern erhalte bzw. erhalten habe, ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, weil es insoweit an einer Begründung der Berufung fehlt (§ 519 Abs.3 ZPO). Die Berufungsbegründung der Klägerin befaßt sich ausschließlich mit ihrem Interesse an der Benennung der Lieferanten. Sie enthält indes keinen Vortrag dazu, aus welchem Grunde die Beklagte darüberhinaus verpflichtet sein soll, auch Auskünfte über die Menge der von dem oder den Lieferanten erhaltenen Ware zu erteilen.
68Überdies ist aber auch nicht ersichtlich, aus welchem Rechtsgrund ein derartiger Anspruch bestehen könnte.
69Die Kostenentscheidung beruht bezüglich der 1.Instanz auf § 92 Abs.1 ZPO und im übrigen auf §§ 92 Abs.2, 97 Abs.1 ZPO.
70Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
71Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Parteien entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
72Streitwert für das Berufungsverfahren: 220.000,00 DM, nämlich
73Unterlassungsanspruch: | 200.000,00 DM |
Auskunft darüber, wer Lieferant ist: | 15.000,00 DM |
Auskunft über Liefermenge des Lieferanten: | __5.000.00 DM |
Gesamtstreitwert: | 220.000,00 DM |
Ausgehend von der unbeanstandet gebliebenen Streitwertfestsetzung des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung auf 20.000 DM für den Auskunftsanspruch insgesamt entspricht die vorstehende Aufteilung nach der Einschätzung des Senats dem für die Wertfestsetzung gem. §§ 12 Abs.1 GKG, 3 ZPO maßgeblichen Interesse der Klägerin an beiden Ansprüchen