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T a t b e s t a n d :
2Die am 7. Januar 1948 geborene Klägerin litt seit etwa 1987 an einer linksseitigen Trigeminusneuralgie, die sich in einem Dauerschmerz und bis zu mehrmals täglich auftretenden heftigen Schmerzattacken äußerte. Im Hinblick auf die akut auftretenden Schmerzanfälle erhielt die Klägerin das Medikament Valoron. Ein Behandlungsversuch mit dem Wirkstoff Carbamazepin scheiterte. Von April 1988 bis Herbst 1990 war die Klägerin zur lokalanästhesistischen Behandlung bei dem Anästhesisten Dr. J. im S.- Krankenhaus in H..
3Am 13. Dezember 1990 stellte sich die Klägerin bei dem Beklagten in der von diesem betriebenen "Tagesklinik für Schmerzbehandlung" vor. Zwischen den Parteien ist streitig, ob Dr. J. die Klägerin an den Beklagten überwiesen hat- wie dieser behauptet- oder ob die Klägerin auf die Tagesklinik des Beklagten durch ein Zeitschrifteninserat aufmerksam geworden war. Der Beklagte hielt in der Anamnese fest, daß bei der Klägerin seit drei Jahren ein- bis viermal pro Tag Schmerzattacken im Ober- und Unterkiefer links von 20minütiger Dauer aufträten, gegen die Valoron und Tegretal nicht geholfen hätten. Blockaden durch Dr. J. hätten nur vorübergehende Linderung erbracht. Die körperliche Untersuchung der Klägerin habe keinen Hinweis auf ein zervikales Schmerzsyndrom und keine klaren Sensibilitätsstörungen im Trigeminusbereich ergeben. Der Beklagte stellte die Diagnose einer therapieresistenten Trigeminusneuralgie und empfahl der Klägerin eine selektive Thermoläsion des Ganglion Gasseri. Hiermit erklärte sich die Klägerin einverstanden.
4Am 21. Dezember 1990 nahm der Beklagte den beabsichtigten Eingriff ambulant nach der Methode Sweet vor und koagulierte den zweiten und dritten Ast des Ganglion Gasseri. Dabei erhitzte er die eingeführte Elektrosonde einmal für sechzig Sekunden auf 67° und, nachdem eine Überprüfung eine weiterhin bestehende Sensibilität ergeben hatte, ein weiteres Mal für sechzig Sekunden auf 70°. Danach stellte der Beklagte seinen Eintragungen in dem von ihm angelegten Krankenblatt zufolge eine leichte Hypästhesie im 2. und 3. Ast, "möglicherweise auch im 1. Ast" des Trigeminusnerven fest. Der Cornea- Reflex war vorhanden. Die Klägerin zeigte keine Anästhesie- Probleme und konnte deshalb planmäßig nach Hause entlassen werden.
5Am 10. Januar 1991 fand sich die Klägerin bei dem Beklagten wieder ein und gab an, daß der Eingriff noch nicht geholfen und sie noch vier Schmerzattacken in der Woche zuvor gehabt habe. Der Beklagte vermerkte in seiner Karteikarte ferner, daß sich eine Hypästhesie im zweiten und dritten Ast links feststellen lasse und daß die Patientin über Geschmacksstörungen und eine Hypästhesie in der Zunge berichte. Bedingt durch die Situation (Schmerzen) mache die Patientin einen depressiven Eindruck.
6In der Folgezeit stellte sich die Klägerin nicht wieder bei dem Beklagten vor. Mit der am 7. Mai 1993 erhobenen Klage hat sie dem Beklagten, gestützt auf einen auf ihren Antrag ergangenen Bescheid der Gutachterkommission der Ärztekammer Nordrhein , vorgeworfen, daß die Thermo- Koagulation, die als destruktiver Eingriff erst nach dem Fehlschlagen anderer Behandlungsmethoden vorgenommen werden dürfe, jedenfalls zu dem von ihm gewählten Zeitpunkt medizinisch nicht indiziert gewesen sei. Zuvor hätte eine anderweitige medikamentöse Behandlung versucht werden müssen. Zudem habe der Beklagte seiner Aufklärungspflicht vor dem Eingriff nicht genügt. Über die möglichen Risiken des Eingriffs habe der Beklagte sie nicht hinreichend aufgeklärt, ebensowenig über die anderen in Betracht kommenden Behandlungsmethoden. Der Beklagte habe von einer Heilungschance von 90% gesprochen, den Eingriff als harmlos hingestellt und als Risiko lediglich die Möglichkeit einer teilweisen vorübergehenden Taubheit genannt. Bei richtiger und vollständiger Aufklärung hätte sie, so hat die Klägerin behauptet, dem von dem Beklagten vorgenommenen Eingriff nicht zugestimmt. Infolge der Thermo- Koagulation hätten sich ihre Beschwerden erheblich verschlimmert. Der Dauerschmerz im linken Oberkiefer- und Unterkieferbereich habe sich verstärkt, auch leide sie nun unter erheblich häufigeren und stärkeren Schmerzattacken, die bis in das linke Ohr ausstrahlten. Hinzu komme ein ständiges linksseitiges Nasenlaufen, das sich bei den Schmerzanfällen verstärke. Schließlich habe sie ein deutliches Taubheitsgefühl in der linken unteren Gesichtshälfte sowie in der linken Mundhöhle einschließlich des Gaumens und der linken vorderen Zungenhälfte. Wegen der teilweisen Taubheit der Zunge sei dort ihr Geschmacksempfinden nahezu völlig ausgefallen. Infolge der verstärkten Beschwerden und der schwindenden Aussicht auf Besserung habe sich eine Depression eingestellt. Darüber hinaus sei sie, bedingt durch die Folgen des von dem Beklagten durchgeführten Eingriffs erwerbsunfähig geworden.
7Die Klägerin hat beantragt,
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101) den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 10.000,- DM, nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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132. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr allen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung vom 21. 12.1990 entstanden sei und noch entstehen werde, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder auf sonstige Dritte übergegangen ist,
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163. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr allen immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der bezeichneten fehlerhaften Behandlung in Zukunft noch entstehen werde, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist.
17Der Beklagte hat beantragt,
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20die Klage abzuweisen.
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24Er hat den von ihm durchgeführten Eingriff als medizinisch indiziert verteidigt, da bei der Klägerin von einer therapieresistenten Trigeminusneuralgie auszugehen gewesen sei. Gegenüber dem Vorwurf unzureichender Aufklärung hat der Beklagte behauptet, er habe die Klägerin- wie regelmäßig alle seine Patienten- darüber aufgeklärt, daß er das Ganglion Gasseri mit Wärme behandeln werde, was mit Erfolgschancen von 80 bis 90% verbunden sei. Er habe der Klägerin auch erklärt, daß der Eingriff in gelegentlichen Fällen wiederholt werden müsse. Als Risiken habe er die üblichen Risiken und Komplikationen der geplanten Anästhesie genannt, des weiteren die Möglichkeit eines Mißerfolges der Behandlung, das Infektionsrisiko und insbesondere das Risiko des Auftretens einer teilweisen Taubheit in dem Teil des Gesichts, wo die Schmerzen lokalisiert seien. Insoweit habe er darauf hingewiesen, daß diese Taubheit in seltenen Fällen dauerhaft auftreten könne, jedoch in den meisten Fällen in den Folgemonaten vollständig oder zumindest teilweise wieder verschwinde. Bei seiner Operationsmethode handele es sich, so hat der Beklagte weiter behauptet, um eine gegenüber der Methode Sweet weiterentwickelte Koagulationsmethode, bei er eine besonders dünne Nadel und Elektrode mit einem Durchmesser von nicht mehr als 2mm eingesetzt werde. Hierdurch sei insbesondere das Risiko der sog. Anästhesia dolorosa ausgeschlossen, über welches deshalb auch nicht aufzuklären gewesen sei. Im übrigen hat sich der Beklagte darauf berufen, daß die Klägerin in jedem Falle in die von ihm vorgeschlagene Thermo- Koagulation eingewilligt hätte.
25Das Landgericht hat mit seinem am 6. November 1996 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Sachverständig beraten, hat es sich auf den Standpunkt gestellt, daß der von dem Beklagten durchgeführte Eingriff relativ indiziert gewesen sei, nachdem die Klägerin seit mindestens drei Jahren an einer Trigeminusneuralgie gelitten hatte, der weder mit geeigneten Medikamenten noch mit der Loakalanästhesiebehandlung wirksam zu begegnen gewesen sei. Anhaltspunkte für ein fehlerhaftes Vorgehen des Beklagten während des Eingriffs hätten sich nicht ergeben. Den Beklagten treffe auch keine Einstandspflicht unter dem Gesichtspunkt ungenügender Risikoaufklärung, weil die Klägerin einen Entscheidungskonflikt nicht plausibel gemacht habe. Wegen aller Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Urteil Bl. 240- 254 d.A. Bezug genommen.
26Gegen dieses ihr am 27. November 1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. Dezember 1996 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit einem am Montag, den 24. Februar 1997 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf ihren rechtzeitig gestellten Antrag bis zum 23. Februar 1997 verlängert worden war.
27Mit ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin den Behandlungsfehlervorwurf wie auch ihre Rüge, daß eine ausreichende Aufklärung über die Risiken der Thermo- Koagulation einerseits und Behandlungsalternativen andererseits nicht stattgefunden habe. Die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten seien keineswegs ausgeschöpft gewesen. Es habe überhaupt nur ein einziger Versuch mit Tegretal stattgefunden, der wegen der Unverträglichkeit des Medikaments habe abgebrochen werden müssen. Dies sei noch vor der Behandlung durch Dr. J. gewesen, der selbst keinerlei medikamentöse Behandlung vorgenommen habe. Als alternatives Medikament wäre, so behauptet die Klägerin, zum Beispiel Zentropil in Betracht gekommen, welches ihr von dem für die Ärztekommission tätig gewesenen Gutachter Dr. R. empfohlen worden sei und welches sie gut vertrage.
28Aber auch eine Behandlung mit Tegretal hätte noch einmal versucht werden müssen, da der einmalige Versuch keine ernsthafte Therapie gewesen sei. Bezüglich des von ihr in Anspruch genommenen Entscheidungskonflikts behauptet die Klägerin, daß sie, wenn sie von dem Beklagten die alternativen Möglichkeiten einer anderweitigen medikamentösen Therapie und der erfolgversprechenden Operation nach Ja. erfahren hätte, sich zunächst für eine nachhaltige medikamentöse Behandlung entschieden hätte, um dann, falls diese Therapie nicht angeschlagen hätte, in Ruhe zwischen der Thermo- Koagulation und der operativen Methode nach Ja. eine Entscheidung zu treffen, die für die operative Methode ausgefallen wäre. Der von dem Beklagten geschaffene Zustand sei, so behauptet die Klägerin, irreversibel und könne medikamentös nur gelindert werden.
29Die Klägerin beantragt,
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32unter Abänderung des angefochtenen Urteils
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35nach ihren in I. Instanz zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen,
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38hilfsweise,
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41ihr nachzulassen, etwaige Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, die auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden darf.
42Der Beklagte beantragt,
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45die Berufung zurückzuweisen.
46Der Beklagte tritt dem Berufungsvorbringen der Klägerin entgegen. Sein erstinstanzliches Vorbringen ergänzend und vertiefend, behauptet er, daß bei seiner gegenüber der Methode nach Sweet verfeinerten Eingriffsmethode das Risiko einer Anästhesia dolorosa noch einmal deutlich verringert werde. Über ein verschwindend geringes Risiko, wie es sich daraus ergebe, brauche der Patient nicht aufgeklärt zu werden. Dieses Risiko sei in Wirklichkeit völlig untypisch und extrem selten. Im übrigen sei nach der korrekten Definition eine Anästhesia dolorosa bei der Klägerin nicht aufgetreten. Daß die Klägerin sich für einen Eingriff nach der Methode Ja. entschieden haben könnte, bestreitet der Beklagte und weist dazu auf die Schwere dieses mit einer Schädeleröffnung verbundenen Eingriffs und dessen Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko hin. Der Beklagte bestreitet ferner eine Verschlechterung des Zustandes der Klägerin gegenüber dem präoperativen Zustand; daß der Eingriff der Klägerin tatsächlich geholfen habe, beweise der Umstand, daß sie heute mit einer Tablette Zentropil pro Tag auskomme.
47Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
48Der Senat hat Beweis erhoben gemäß seinem Beweisbeschluß vom 23. April 1996 (Bl. 329- 331 d.A. ). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. H. vom 17. September 1997 (Bl. 362- 389 d.A.) sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 29. Oktober 1997 (Bl. 403- 413 d.A. ) Bezug genommen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
50Die Berufung der Klägerin ist zulässig und auch begründet.
51Die Klägerin hat gegen den Beklagten wegen ihrer durch den Eingriff vom 21. Dezember 1990 verursachten Gesundheitsbeeinträchtigungen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von 20.000,- DM gemäß § 847 BGB; auch ihr auf derzeit nicht absehbare immaterielle Zukunftsschäden gerichtetes Feststellungsbegehren ist nach dieser Vorschrift begründet. Ein Anspruch auf Ersatz bereits entstandener und noch entstehender materieller Schäden besteht nach § 823 BGB sowie unter dem Gesichtspunkt der Schlechterfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen Behandlungsvertrages. Die Einstandspflicht des Beklagten gründet sich darauf, daß der von dem Beklagten durchgeführte Eingriff rechtswidrig war, weil es wegen unzureichender Aufklärung durch den Beklagten an einer rechtfertigenden Einwilligung der Klägerin fehlte.
521. Der Senat hält es nach dem Ergebnis der in der Berufungsinstanz durchgeführten Beweisaufnahme für erwiesen, daß die von dem Beklagten am 21. Dezember 1990 vorgenommene Thermo- Koagulation zu im wesentlichen eingriffsspezifischen Gesundheitsschädigungen bei der Klägerin geführt hat. Zu nennen sind zunächst Sensibilitätsstörungen innerhalb des Versorgungsgebietes des 2. und 3. Trigeminusastes links, die sich in einem Taubheitsgefühl in der linken unteren Gesichtshälfte einschließlich der Mundhöhle und der vorderen linken Zungenhälfte äußern. Hierbei handelt es sich nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. H. um eine typische Folge der Thermo- Koagulation des Nerven, deren Ziel es ist, durch Überhitzung die Schmerzfasern unter Schonung der Berührungssensibilität auszuschalten, was indessen auch unter technisch einwandfreien Voraussetzungen nicht immer gelingt. In dieser Beurteilung stimmen die mit der Sache bereits früher befaßten Sachverständigen - Prof. F./ Dr. R. in ihrem für die Gutachterkommission erstatteten Gutachten vom 23. Oktober 1991 (Bl. 19 AH), Prof. W. in seinem erstinstanzlichen Gutachten vom 18. September 1995 (Bl.128 d.A.)- mit dem Sachverständigen Dr. H. überein; auch die mit dem Gutachten von Prof. W. zu den Gerichtsakten gereichte medizinische Fachliteratur beschreibt die Gefühllosigkeit des Innervationsgebietes als typische Folge von destruktiven Trigeminus- Eingriffen (Bl. 150 d.A.), so daß der Überzeugungswert der gutachterlichen Darlegungen von Dr. H. insoweit keiner näheren Begründung bedarf. Wie Dr. H. in seinem schriftlichen Gutachten deutlich gemacht hat, sind diese Sensibilitätsstörungen als solche leichteren Grades einzustufen, da die klinische Untersuchung der Klägerin ergeben hat, daß sowohl Berührungen als auch die Spitz- Stumpf - Diskrimination noch größtenteils von ihr wahrgenommen werden können. Nachdem die Störungen zum Untersuchungszeitpunkt bereits 6 1/2 Jahre angedauert haben, ist eine volle Spontanrestitution allerdings nicht mehr zu erwarten (Bl. 379).
53Der Senat ist ferner davon überzeugt, daß die Geschmacksstörungen auf der linken vorderen Zungenhälfte und das von der Klägerin berichtete linksseitige Nasenlaufen, dessen vermehrtes Auftreten im Rahmen von Schmerzattacken geklagt wird, Folgen des von dem Beklagten durchgeführten Eingriffs sind. Dr. H. hat sowohl in seinem schriftlichen Gutachten (Bl. 379) als auch bei seiner mündlichen Anhörung (Bl. 411) verdeutlicht, daß und auf welche Weise hierfür als denkbare Ursachen Läsionen der Chorda tympani (Geschmacksfasern für den vorderen Teil der Zunge) und des Nervus nasociliaris in Betracht kommen. Das Auftreten eines postoperativen Nasenlaufens ist bereits in dem Gutachten von Prof. F./Dr. R. als in der Literatur bekannte Folge nach Eingriffen am Ganglion Gasseri bezeichnet worden; als mögliche Ursache für die mit dem Eingriff nur schwer zu vereinbarenden Geschmacksstörungen haben die damaligen Gutachter ebenso wie Dr. H. eine Verletzung der Chorda tympani genannt (Bl. 20 AH). Die im Hinblick auf die mündlichen Erläuterungen Dr. H.s zu den möglichen Ursachen der Geschmacksstörungen und des postoperativen Nasenlaufens in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 18. November 1997 enthaltenen Angriffe gegen den Sachverständigen vermögen schon von daher nicht zu überzeugen. Darauf, ob der Sachverständige Dr. H. die Operationsvorgänge nach der von dem Beklagten angewandten Methode im einzelnen zutreffend nachvollzogen hat, kommt es im übrigen nicht entscheidend an. Die Beurteilung, ob und inwieweit bei der Klägerin Nervschädigungen als Folge des Eingriffs festzustellen sind, ist in erster Linie aus neurologischer -und nicht aus neurochirurgischer- Sicht zu beurteilen. Auf diesem Gebiet ist Dr. H. nun aber dem Senat bereits aus früheren Prozessen als ein Gutachter von hoher fachlicher Qualifikation bekannt, so daß der Senat keinen Zweifel an den Feststellungen des Sachverständigen hat. Es kommt entscheidend hinzu, daß sich aus den Behandlungsunterlagen des Beklagten selbst durchaus Hinweise für einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Eingriff und der Geschmacksstörung wie auch dem Nasenlaufen ergeben: Nach den Aufzeichnungen des Beklagten hat die Klägerin Geschmacksstörungen bereits erstmalig bei ihrem Besuch am 10. Januar 1991, und zwar ersichtlich mit Bezug zu dem von dem Beklagten durchgeführten Eingriff, geklagt. Zuvor war über solche Beeinträchtigungen an keiner Stelle berichtet worden. Auch für eine Irritation des dem 1. Ast des Trigeminusnerven entspringenden Nervus nasociliaris, die nach den einleuchtenden Darlegungen des Sachverständigen für das linksseitige Nasenlaufen verantwortlich sein könnte, liefert die Dokumentation des Beklagten einen Hinweis: In dem Operationsbericht ist die Feststellung enthalten, daß "möglicherweise auch im 1. Ast" eine leichte Hypästhesie vorliege, was darauf hindeutet, daß dieser bei dem Eingriff tatsächlich- in diskretem Umfang, wie der Sachverständige gemeint hat- in Mitleidenschaft gezogen worden sein kann.
54Des weiteren steht nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. H. zur Überzeugung des Senats fest, daß durch den Eingriff brennende Dysästhesien entstanden sind, welche sich als mittlerweile persistenter Dauerschmerz innerhalb des Innervationsareals des 2. und 3. Trigeminusastes abspielen. Dr. H. hat diese von ihm für glaubhaft gehaltenen Beschwerden als bekannte Komplikation des Eingriffs bezeichnet. So werde in einem relativ hohen Prozentsatz, nämlich zum Teil bis zu 30%, von postoperativen Sensibilitätsstörungen in dem betreffenden Gebiet des Nervus trigeminus berichtet, wobei der Prozentsatz der Patienten, die unter leichteren Dysästhesien zu leiden hätten, zwischen 10 und 20% und solchen, die unter schweren Sensibiltätsstörungen litten, zwischen 5 und 25% liege. Diese Zahlen stimmen annähernd mit dem in dem Artikel von T. (Bl. 139) enthaltenen statistischen Material überein. Bereits Prof. Dr. W. hat die Dysästhesien der Klägerin für glaubhaft gehalten (Bl. 128), so daß aus Sicht des Senats kein Anlaß besteht, an ihrem tatsächlichen Auftreten zu zweifeln. Als Anästhesia dolorosa lassen sich diese Beschwerden - entgegen der von Prof. W. verwendeten Definition- nach den überzeugenden Darlegungen von Dr. H. allerdings nicht charakterisieren, da es an der dafür erforderlichen definitorischen Voraussetzung, nämlich einem Schmerz innerhalb eines vollständig anästhesierten Areals, fehlt. Dies ändert nichts daran, daß auch die von der Klägerin beschriebenen Dysästhesien als schwerwiegende Komplikation angesehen werden müssen.
55Als weitere Folge ist es bei der Klägerin nach den eingehenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. zu einer Depression gekommen, die sich am ehesten als Reaktion auf den nicht erfolgreichen Eingriff mit seinen Nebenfolgen und die damit weiterhin negative Lebenssituation der Klägerin nachvollziehen läßt und sich ihrerseits auf das Schmerzempfinden der Klägerin verstärkend auswirkt.
562) Der Eingriff des Beklagten war rechtswidrig, weil es mangels ausreichender Aufklärung über die Risiken des Eingriffs und bestehende Behandlungsalternativen an einer wirksamen Einwilligung der Klägerin fehlte.
57Um dem Patienten die seinem Selbstbestimmungsrecht vorbehaltene Entscheidung für oder gegen den empfohlenen Eingriff zu ermöglichen, muß der Arzt ihm ein allgemeines Bild von der Schwere und der Richtung des Risikospektrums vermitteln. Der Patient soll auf diese Weise in die Lage versetzt werden zu erkennen, welche Konsequenzen der Eingriff für seine persönliche Situation entfalten kann (vgl. dazu BGH NJW 1992, 2351,2352; NJW 1991, 2346, 2347 sowie NJW 1990, 2928). Auch auf seltene Risiken ist der Patient hinzuweisen, sofern es sich dabei um mögliche Folgen handelt, die als eingriffsspezifisch anzusehen sind und, wenn sie sich verwirklichen, die Lebensführung des Patienten schwer belasten können, wie dies zum Beispiel bei einem irreversiblen Dauerschmerzzustand der Fall ist (Steffen, Neue Entwicklungslinien der BGH- Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht, 6. Auflage, S. 131 m.w.N.).
58Gemessen an diesen Grundsätzen war die Aufklärung, die der Beklagte der Klägerin vor dem Eingriff zuteil werden ließ, schon nach seiner eigenen Darstellung unzureichend. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagte, wie er behauptet, die Klägerin bei der Vorstellung am 13. Dezember 1990 in der Weise aufgeklärt hat, daß er sie auf die Möglichkeit eines Mißerfolgs der Behandlung, das Infektionsrisiko und auch auf das Auftreten einer teilweisen Taubheit in den Bereichen des Gesichts, in denen die Schmerzen lokalisiert waren, aufgeklärt hat. Denn jedenfalls hat der Beklagte auch nach seinem eigenen Vorbringen die Klägerin nicht über das Risiko aufgeklärt, daß der Eingriff zu möglicherweise ganz erheblichen Dauerschmerzzuständen im Sinne der oben beschriebenen Dysästhesien führen konnte, wie es hier bei der Klägerin tatsächlich geschehen ist. Auch auf das angeblich nach seiner Koagulationsmethode nur äußerst seltene Auftreten der sog. Anästhesia dolorosa hätte der Beklagte hinweisen müssen, da es sich hierbei um ein spezifisches Risiko einer Thermo- Koagulation des Ganglion Gasseri handelt.
59Darüber hinaus war die Aufklärung des Beklagten auch deshalb ungenügend- und die Einwilligung der Klägerin mithin unwirksam-, weil der Beklagte die Klägerin nicht über die in Betracht zu ziehenden Behandlungsalternativen aufgeklärt hat. Gibt es bei einem bestimmten Leiden mehrere übliche Behandlungsmethoden mit in etwa gleichwertigen Erfolgschancen bei unterschiedlichen Risiken, hat der Arzt den Patienten hierüber zu informieren, weil anderenfalls der Patient nicht würdigen kann, ob er sich auf das mit der vorgeschlagenen Behandlung verbundene Risiko einlassen will, und in Wahrheit keine von seinem Selbstbestimmungsrecht getragene Entscheidung trifft (vgl. dazu Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht, Rdn. 179 m.w.N.). Vorliegend kam neben der Methode Ja.- bei der der Senat angesichts der Schwere des Eingriffes und des damit verbundenen Morbiditäts- und Mortalitätsrisikos allerdings Zweifel hat, ob die Klägerin insoweit in einen wirklichen Entscheidungskonflikt geraten wäre- zumindest in Betracht, nochmals eine medikamentöse Behandlung auszuprobieren, und zwar mit dem - von dem Sachverständigen Dr. H. als "zweite Wahl" nach der bei Trigeminus- Neuralgien bevorzugt eingesetzten Substanz Carbamazepin bezeichneten - Wirkstoff Phenytoin. Bei seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige darauf hingewiesen, daß die Klägerin diesen Wirkstoff, der in erster Linie geeignet ist, die anfallsweise auftretenden Schmerzattacken zu beeinflussen, aber auch gegen den Dauerschmerz eingesetzt werden kann, in Gestalt des Präparats "Zentropil" seit Jahren mit einem gewissen Erfolg einnimmt, und das, obwohl die Klägerin das Mittel äußerst niedrig dosiert. Der Sachverständige hat es mit plausibler Begründung für möglich gehalten, daß bei einer höheren Dosierung eine bessere Wirkung sowohl im Hinblick auf die Schmerzattacken als auch den Dauerschmerz zu erreichen wäre. Von daher erscheint die von Dr. H. bei seiner mündlichen Anhörung getroffene Feststellung, daß ein weiterer medikamentöser Behandlungsversuch seinerzeit zumindest eine Behandlungsalternative gewesen wäre, einleuchtend. Dem steht nicht entgegen, daß Dr. H. in seinem schriftlichen Gutachten noch- ebenso wie der vom Landgericht beauftragte Sachverständige Prof. W.- den Standpunkt vertreten hatte, die medikamentösen Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft gewesen. Nach Auffassung des Senats war diese Überlegung des Sachverständigen ersichtlich davon bestimmt, daß die Klägerin ihm gegenüber angegeben hatte, eine höhere Dosis als eine Tablette täglich nicht zu vertragen (Bl. 371). Demgegenüber hat die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 21. Oktober 1997 vortragen lassen, sie habe ausprobiert, daß mit der Einnahme von einer Tablette Zentropil pro Tag die Wirksamkeit von Phenytoin bei ihr ausgeschöpft sei; eine höhere Dosierung bringe keine weitere Schmerzlinderung (Bl. 403). Den mündlichen Ausführungen des Sachverständigen läßt sich entnehmen, daß die Richtigkeit sowohl der einen als auch der anderen Darstellung der Klägerin keineswegs als gesichert gelten kann, so daß der jetzt von ihm eingenommene Standpunkt, daß die Behandlungsmöglichkeit mit Phenytoin von dem Beklagten zumindest als Behandlungsalternative hätten angesprochen werden müssen, überzeugt.
60Ob die Klägerin , wie der Beklagte behauptet, von Dr. J., der seinem Behandlungskonzept selbst bereits eine Therapieresistenz der Trigeminusneuralgie zugrunde gelegt hatte, an den Beklagten überwiesen worden war, spielt keine Rolle. Den Beklagten traf in jedem Fall eine eigene Prüfungspflicht. Tatsächlich hat er dies ursprünglich offenbar auch selbst so gesehen, wie der Umstand zeigt, daß er in der Anamnese vermerkt hat, daß Tegretal und Valoron nicht geholfen hätten. Warum er nach der Substanz Phenytoin, bei der es sich nach Aussage von Dr. H. um ein seit Jahrzehnten verwendetes Standardmittel handelt (Bl. 412), nicht gefragt bzw. dieses Präparat nicht als Behandlungsalternative ins Gespräch gebracht hat, ist unerfindlich. Als Schmerztherapeut jedenfalls mußte er diese Substanz kennen, so daß an der subjektiven Vorwerfbarkeit seines Versäumnisses nicht zu zweifeln ist.
61Bestand aber seinerzeit noch die Möglichkeit eines Behandlungsversuches mit Phenytoin, ist auch ein Entscheidungskonflikt der Klägerin dargelegt. Dafür genügt es nämlich, daß der Patient einsichtig machen kann, daß ihn die Frage nach dem Für und Wider eines bestimmten ärztlichen Eingriffs ernsthaft vor die Entscheidung gestellt hätte, ob er zustimmen soll oder nicht (BGH NJW 1994, 3009, 3011). Dies erscheint bei der Inaussichtstellung einer möglicherweise erfolgreichen medikamentösen Behandlung absolut plausibel. Unerheblich ist, ob sich die Klägerin bei einem endgültigen Fehlschlag tatsächlich für die risikoreichere Operation nach Ja. statt für die von dem Beklagten angebotene Thermo- Koagulation entschieden hätte.
623) Inwieweit dem Beklagten auch Behandlungsfehler zur Last zu legen sind, bedarf keiner Klärung. Es käme zum einen in Betracht, daß für die Thermo- Koagulation als "ultima ratio" keine Indikation bestand, weil eine medikamentöse Behandlung der Klägerin noch Erfolg gehabt hätte. Angesichts der unbestimmten Darstellung der Klägerin zu ihren Gründen für die niedrige Dosierung von Zentropil kann dies allerdings nicht als geklärt vorausgesetzt werden. Darüber hinaus haben die von Dr. H. bei seiner mündlichen Anhörung durch den Senat geäußerten Überlegungen zu den möglichen Ursachen der Geschmacksstörungen und des linksseitigen Nasenlaufens bei der Klägerin nahegelegt, daß dem Beklagten auch bei der Durchführung des Eingriffs vermeidbare Fehler unterlaufen sein könnten, was indessen abschließend nur durch das Gutachten eines Neurochirurgen abzuklären wäre.
63Im Ergebnis würde die Feststellung diesbezüglicher Behandlungsfehler des Beklagten der Klägerin keinen Nutzen bringen. Zum einen ist der Unrechtsgehalt von Behandlungsfehler und unzureichender Aufklärung hier im wesentlichen identisch, soweit es um den Vorwurf unzureichender Aufklärung über alternative medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten bzw. der Nichtausschöpfung dieser Behandlungsmethoden vor dem mit Risiken verbundenen Eingriff geht. Zum anderen treten sowohl die halbseitige Geschmacksstörung als auch das linksseitige Laufen der Nase neben den anderen durch den Eingriff bedingten Beeinträchtigungen der Klägerin als relativ unbedeutend zurück, so daß es in jeder Hinsicht überflüssig erscheint, den Behandlungsfehlervorwurf abschließend zu klären.
644.) Als Schmerzensgeld, welches der Klägerin gemäß § 847 BGB zusteht, hält der Senat 20.000,- DM für angemessen. Vorrangig hat das Schmerzensgeld vorliegend seine Ausgleichsfunktion zu erfüllen. Im Mittelpunkt der durch den Eingriff verursachten Beschwerden der Klägerin stehen ohne Frage die als brennender Dauerschmerz empfundene Dysästhesien, für welche der Klägerin eine nicht niedrige Entschädigung zugebilligt werden muß. Andererseits war hier aber zu berücksichtigen, daß die Klägerin in dem betreffenden Versorgungsgebiet des Trigeminus unter einem - wenn auch nach ihrer Darstellung leichten- Dauerschmerz bereits vor dem Eingriff gelitten hatte. Auch hat sich die Häufigkeit der akuten Schmerzanfälle durch den Eingriff verringert: Während solche Anfälle vorher bis zu mehrmals wöchentlich auftraten, hat der Sachverständige Dr. H. feststellen könne, daß sich die Attacken auf zwei bis drei Schmerzepisoden pro Monat beschränken. Dahinstehen kann, inwieweit dies auf die Einnahme von Phenytoin zurückzuführen ist, denn ohne den Eingriff hätte die Klägerin dieses Medikament ebenfalls, und zwar mindestens in gleich hoher Dosierung, einnehmen müssen. Der jetzige Schmerzzustand stellt sich unter diesen Umständen teilweise als Ergebnis eines Austausches dar, wobei nicht zu verkennen ist, daß der durch die als brennend empfundenen Dysästhesien verursachte Dauerschmerz zweifellos belastend sein muß.
65Für die Höhe des Schmerzensgeldes war ferner der Umstand zu berücksichtigen, daß der Fehlschlag des Eingriffs bei der Klägerin zu einer reaktiven Depression geführt hat, die wiederum dazu angetan ist, das Schmerzerlebnis zu verstärken. Allerdings ist die Depression bislang keiner konsequenten, insbesondere medikamentösen Behandlung zugeführt worden, für die nach den Darlegungen von Dr. H. durchaus gute Erfolgsaussichten bestehen würden. Von daher konnte die Depression nicht als ein unabänderlicher Dauerzustand bei der Schmerzensgeldbemessung zu Buche schlagen. Insgesamt erschien dem Senat deshalb unter Berücksichtigung aller Umstände ein Schmerzensgeld von 20.000,- DM ausreichend, andererseits aber auch erforderlich, um für die derzeitigen und die zukünftigen immateriellen Schäden der Klägerin- soweit diese nicht unvorhersehbar sind- einen gewissen Ausgleich in Geld zu schaffen.
66Der Zinsanspruch beruht auf § 291 BGB.
675) Begründet sind auch die gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässigen Feststellungsanträge der Klägerin. Dafür genügt es, daß ein weitergehender Schaden als der mit der Zahlungsklage geltend gemachte wahrscheinlich ist. Dies ist sowohl im Hinblick auf zukünftige immaterielle Schäden der Klägerin als auch mit Rücksicht auf materielle Schäden der Klägerin zu bejahen. Insbesondere erscheint es nach den Darlegungen des Sachverständigen Dr. H. gut möglich, daß die Klägerin als Folge ihrer Gesundheitsbeeinträchtigungen nunmehr vollständig erwerbsunfähig geworden ist. Als erwiesen kann der Senat eine durch den Eingriff bedingte Erwerbsunfähigkeit der Klägerin allerdings nicht ansehen. Prof. W. hat dies in seinem Gutachten vom 18. September 1995 ausdrücklich offen gelassen (Bl. 129). Demgegenüber hat Dr. H. eine aktuelle Erwerbsunfähigkeit als Folge der Schmerzsymptomatik und der reaktiven Depression bejaht (Bl. 384). Da er aber einerseits eine konsequente Behandlung der Depression bislang vermißt hat, andererseits auf die niedrige Dosierung des eingenommenen Schmerzmittels und die Möglichkeit hingewiesen hat, daß sich die Schmerzsymptomatik der Klägerin unter der Einnahme einer höheren Dosierung verbessern lassen könne, erscheinen die näheren Umstände der Erwerbsunfähigkeit der Klägerin noch zu wenig geklärt, als daß sich bereits jetzt insoweit eine positive Feststellung treffen ließe. Dies mag abschließend gegebenenfalls in einem späteren Prozeß geklärt werden.
68Der bereits erwähnte nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 18. November 1997 enthält keine Gesichtspunkte, die zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung Anlaß gegeben hätten.
69Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
70Wert des Berufungsverfahrens und Beschwer des Beklagten : DM 70.000,-