Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Entscheidungsgründe
2Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben und die Widerklage zutreffend abgewiesen.
3Für die vom Landgericht zutreffend dargelegten Zeiträume hat der Kläger an den Beklagten rechtsgrundlos Versicherungsleistungen erbracht, weil der Beklagte in den fraglichen Zeiträumen arbeitslos und damit im Rahmen der Krankentagegeldversicherung nicht versicherungsfähig war, so daß es an einem Rechtsgrund für die seitens des Klägers, der seinerzeit von der Arbeitslosigkeit des Beklagten keine Kenntnis hatte, erbrachten Leistungen fehlt.
4Ausweislich der Tarifbedingungen des Beklagten für die Krankentagegeldversicherung sind versicherungsfähig Arbeitnehmer und Selbständige mit regelmäßigen Einkünften aus beruflicher Tätigkeit. Der Beklagte hat in erster Instanz den Vortrag des Klägers, wonach diese Tarifbestimmung sich auch in den für das Vertragsverhältnis der Parteien geltenden Tarifbedingungen befindet, nicht bestritten, sondern vielmehr seine rechtliche Argumentation auf der Basis dieser Tarifbestimmung vorgebracht. Ihr Inhalt gilt demzufolge, bezogen auf die 1. Instanz als zugestanden. Auch in 2. Instanz hat der Beklagte zunächst eine entsprechende tarifliche Bestimmung nicht in Abrede gestellt, sondern eine solche erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 29.1.1997 bestritten, nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 24.1.1997 Unterlagen betreffend Tarif V Krankentagegeldversicherung nach dem Stand 1.7.1991 vorgelegt hat. Dieses Bestreiten muß jedoch angesichts des früheren Verhaltens des Beklagten als verspätet erachtet werden und ist deshalb zurückzuweisen, da seine Berücksichtigung zu einer Verfahrensverzögerung führen würde. Im Falle der Berücksichtigung des Bestreitens des Beklagten wäre nämlich dem Kläger aufzugeben gewesen, die Tarifbestimmungen der Krankentagegeldversicherung aus dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Parteien (1978) vorzulegen, was nicht mehr im Termin vom 29.1.1997 hätte erfolgen können. Demgegenüber ist der Rechtsstreit im übrigen entscheidungsreif.
5Gemäß § 15 a MBKT 78 endet das Versicherungsverhältnis bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit zum Ende des Monats, in dem die Voraussetzung weggefallen ist, vorliegend also die Ausübung einer abhängigen oder selbständigen Tätigkeit auf Seiten des Beklagten. Zwar hat der Bundesgerichtshof inzwischen mehrfach (r+s 92/136, r+s 92/174) entschieden, daß die Bestimmung des § 15 MBKT, wonach das Versicherungsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen endet, wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 und Abs. 2 AGBG unwirksam ist, weil die ersatzlose Beendigung der Krankentagegeldversicherung ohne die Möglichkeit einer Umwandlung des Versicherungsverhältnisses in eine Ruhens- oder Anwartschaftversicherung eine den Versicherungsnehmer unangemessen belastende Regelung darstellt. Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich jedoch lediglich eine eingeschränkte Unwirksamkeit der vorbenannten Bestimmung des § 15 MBKT, nämlich nur insoweit, als sie eine Beendigung des Versicherungsverhältnisses vorsah. Grund hierfür war nach den ausdrücklichen Ausführungen des Bundesgerichtshofes, daß es eine unzumutbar Benachteiligung für den Versicherungsnehmer bedeute, wenn er aufgrund einer nur vorübergehenden Berufsunfähigkeit des Krankenversicherungsschutzes verlustig gehen würde und sodann nach Ende der Berufsunfähigkeitsphase genötigt wäre, ein ganz neues Krankenversicherungsverhältnis abzuschließen. Der Bundesgerichtshof hat jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß durch die Unwirksamkeit der vorgesehenen Vertragsbeendigung der übrige Bestand des Versicherungsvertrages nicht berührt wird, vielmehr insoweit eine planwidrige Lücke im Vertragsgefüge entsteht, die gegebenenfalls durch ergänzende Vertragsauslegung zu füllen ist.
6Im Rahmen dieser ergänzenden Vertragsauslegung ist in Fällen von Krankentagegeldversicherungen in erster Linie auf Sinn und Zweck solcher Versicherungen und des damit intendierten Schutzes abzustellen. Nach Ansicht des Senates handelt es sich bei der Krankentagegeldversicherung, wie sich auch aus der ausdrücklichen Regelung der Versicherungsfähigkeit gemäß der zitierten Bestimmung der Tarifbedingungen ergibt, der Sache nach um eine krankheitsbedingte Verdienstausfallversicherung. Dies ergibt sich auch aus § 1 MBKT, wonach Versicherungsschutz besteht für Verdienstausfall "als Folge einer Erkrankung". Einen krankheitsbedingten Verdienstausfall erleidet jedoch nicht derjenige Versicherungsnehmer, dem seine Arbeitsstelle seitens des Arbeitgebers gekündigt wird. In diesen Fällen beruht der Verdienstausfall ausschließlich auf dem kündigungsbedingten Verlust der beruflichen Stellung, für welchen Fall eine Krankentagegeldversicherung ersichtlich keinen Schutz bieten soll.
7Der Senat vermag sich nicht der Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm (siehe Entscheidung vom 23.1.1991, Versicherungsrecht 92/225) anzuschließen, wonach auch derjenige Versicherungsnehmer einen Verdienstausfall "als Folge einer Erkrankung" erleidet, dem wegen dieser Krankheit die Arbeitsstelle gekündigt worden ist. Dieses Argument erscheint nur vordergründig zutreffend. Im Kern geht es jedoch an der Sache vorbei. Einen Verdienstausfall infolge Krankheit erleidet nur derjenige Arbeitnehmer, dem im Falle abhängiger Tätigkeit nach Ablauf des Lohn-Fortzahlungszeitraums von 6 Wochen gemäß den Bestimmungen des Lohnfortzahlungsgesetzes kein Lohn mehr gezahlt wird. Gerade diesen Verdienstausfall soll die Krankentagegeldversicherung kompensieren. Dies ergibt sich nach Ansicht des Senats auch daraus, daß z. B. im Falle des Versicherungsverhältnisses des Beklagten die Krankentagegeldleistungen nach Ablauf der vorbenannten sechswöchigen Fortzahlungzeit zu erbringen waren.
8Wenn ein Versicherungsnehmer -wenn auch im Ergebnis wegen einer Erkrankung- seinen Arbeitsplatz infolge einer Kündigung des Arbeitgebers verliert, so beruht der sodann eintretende Verdienstausfall nur mittelbar auf der Krankheit, unmittelbar jedoch ausschließlich auf der Kündigung seitens des Arbeitgebers.
9Es würde im Ergebnis nach Ansicht des Senats eine unzulässige Ausweitung des Versicherungsgegenstandes bedeuten, wollte man einen derartigen Verdienstausfall als einen solchen infolge Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen werten. Gerade die Anpassung des Beginns der Versicherungszahlungen an den Ablauf der Lohnfortzahlung nach dem Lohnfortzahlungsgesetz, also nach 6 Wochen, erweist zur Genüge, daß der Versicherungsschutz nur den Wegfall der Lohnfortzahlung im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses kompensieren soll, nicht jedoch den Verdienstausfall infolge eines Verlustes der Arbeitsstelle.
10Vor diesem Hintergrund gebietet eine ergänzende Vertragsauslegung die Annahme, daß die Einbuße des Arbeitsplatzes nach Kündigung auch den Wegfall der Versicherungsfähigkeit zur Folge hat, mit der Folge, daß der Versicherer unter Berücksichtigung der in § 15 a MBKT vorgesehenen 3-Monatsfrist nach deren Ablauf leistungsfrei ist und somit der Versicherungsnehmer gleichwohl erhaltene Leistungen des Versicherers ohne rechtlichen Grund erlangt und diese deshalb zurückzuentrichten hat.
11Zusätzlich spricht für die Ansicht des Senats auch folgende Erwägung: Der infolge Kündigung arbeitslos gewordene Arbeitnehmer erhält im Normalfall über einen Zeitraum von mindestens 12-18 Monaten Arbeitslosengeld, anschließend Arbeitslosenhilfe. Wollte man ihm aufgrund eines bestehenden Krankentagegeldversicherungsverhältnisses zusätzlich auch einen Anspruch auf Fortzahlung von Krankentagegeld nach Einbuße seines Arbeitsplatzes zubilligen, würde dies zu dem nicht vertretbaren Ergebnis führen, daß der gesunde arbeitslose Versicherungsnehmer nach Verlust seines Arbeitsplatzes lediglich das vorbenannte Arbeitslosengeld erhielte, der kranke arbeitslose Versicherungsnehmer jedoch das Arbeitslosengeld und zuzüglich noch das Krankentagegeld, welches sich im wesentlichen analog seinem früheren Einkommen bemessen würde. Er erhielte damit gegenüber dem nicht versicherten Arbeitslosen eine doppelte Kompensation für den Wegfall seines beruflichen Einkommens. Für eine derart unterschiedliche Behandlung ist jedoch kein vernünftiger Grund ersichtlich. Das versicherungsmäßig zu zahlende Krankentagegeld soll vielmehr ausschließlich den krankheitsbedingten Wegfall des Arbeitseinkommens nach Ablauf der sechswöchigen Lohnfortzahlungszeit kompensieren, nicht jedoch den auf Arbeitslosigkeit beruhenden Wegfall beruflicher Einkünfte.
12Unerheblich ist insoweit auch der Umstand, daß der Kläger nach seinem -im übrigen nicht einmal näher konkretisierten-Vortrag zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt an einer Anpassungsmaßnahme des Arbeitsamtes teilgenommen hat. Eine solche Maßnahme ist in keiner Weise der lohnpflichtigen Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gleichzustellen. Sie erbringt im Normalfall auch keine Einkünfte, die gleichzusetzen wären mit dem Lohn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, an welchem sich die individuell vereinbarte Höhe des Krankentagegeldes ausrichtet.
13Nicht entscheidend ist auch der Hinweis des Beklagten auf § 105 a AFG, wonach auch bei Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosengeld gewährt werden kann. Diese Bestimmung unterstellt ersichtlich zugunsten des Arbeitslosen seine grundsätzliche Verfügbarkeit und gewährt ihm infolgedessen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dies bedeutet jedoch gerade nicht, daß bei Wegfall der Versicherungsfähigkeit im Rahmen einer privaten Krankentagegeldversicherung dieses Krankentagegeld bei Arbeitslosigkeit ebenfalls fortzuzahlen ist. Gerade weil der arbeitslose Versicherungsnehmer Arbeitslosengeld erhält bzw. erhalten kann, bedarf er des Schutzes aus der Krankentagegeldversicherung, die ihm, wie wiederholt erwähnt, Ersatz für den Lohnfortfall bieten soll, nicht.
14Mit der vorliegend vertretenden Ansicht, wonach die kündigungsbedingte Arbeitslosigkeit zum Wegfall der Versicherungsfähigkeit unter Berücksichtigung der First gemäß § 15 1 a MBKT führt und somit gleichwohl erhaltene Leistungen unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten zurückzuzahlen sind, befindet der Senat sich in Übereinstimmung mit der Ansicht des Oberlandesgerichts Koblenz (in der Entscheidung vom 12.7.1996 r+s 1996/416 f) sowie LG bzw. KG Berlin (Entscheidung vom 25.8.94/7.5.1996 r+s 96/417 f). Zur Zulassung der Revision bestand nach Ansicht des Senats keine Veranlassung, da es sich nicht um eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung handelt, sondern die Entscheidung des Senats im wesentlichen auf einer ergänzenden Vertragsauslegung der individuellen Vertragsbeziehungen der Parteien beruht.
15Die Berufung des Beklagten war deshalb mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
16Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
17Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer des Beklagten: 41.850,20 DM.