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T a t b e s t a n d
2Der 1931 geborene Kläger unterzog sich am 5. September 1994 in der m. des Krankenhauses M. der Beklagten einer Linksherzkatheter-Untersuchung zur Abklärung einer coronaren Herzerkrankung. Nach dem Eingriff bildete sich im Bereich der Einstichstelle ein Hämatom aus, das am 9. September 1994 operativ entfernt wurde. Postoperativ kam es zu einer Phlebo-Thrombose in einer Unterschenkelvene rechts und zu Wundheilungsstörungen. Der Kläger hat die Beklagte mit der Behauptung auf Schadensersatz in Anspruch genommen, die operative Entfernung des Hämatoms sei vorwerfbar verzögert worden. Wegen der Verzögerung sei es zu Funktionsstörungen beim Gebrauch des rechten Beines gekommen. Das Bein sei zudem entstellt und bereite ständig Schmerzen. Er hat beantragt,
3die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, mindestens jedoch 18.000,00 DM,
4die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Schmerzensgeldrente zu zahlen, mindestens jedoch monatlich 500,00 DM,
5festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren Schäden aus Anlaß des ärztlichen Eingriffs vom 05.09.1994 zu ersetzen.
6Die Beklagte hat beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Sie hat die Vorwürfe bestritten und Behandlungsfehler in Abrede gestellt.
9Gestützt auf das von der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ä. eingeholte Gutachten des Prof. Dr. E. vom 9. August 1996 hat das Landgericht Köln die Klage abgewiesen, weil ein schadensursächlicher Behandlungsfehler nicht bewiesen sei.
10Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er behauptet, den Behandlern sei bereits beim Punktieren ein Behandlungsfehler unterlaufen. Da beim ersten Punktionsversuch der Leistenschlagader die Kanüle herausgefallen sei, habe das Gefäß ein zweites Mal punktiert werden müssen. Das sei ein vermeidbarer Fehler. Im übrigen sei zu vermuten, daß bei dem Eingriff eine Vene verletzt worden sei. Im Verlaufe des 6. September 1994 sei den Behandlern klargeworden, daß sich das Blutgefäß entgegen der Erwartung nicht geschlossen habe und weiterhin Blut austrete. Dieser Zustand habe sich am 7. und 8. September 1994 noch verstärkt. Es sei ein 3/4 Liter Blut ausgetreten. Er sei viel zu spät zur gefäßchirurgischen Behandlung überstellt worden. Überdies sei die Operationsnaht insuffizient gewesen. Er leide nunmehr unter einer erheblichen Gehbehinderung, Gartenarbeiten könne er gar nicht mehr verrichten. Außerdem sei er impotent geworden. All dies seien Folgen der Fehlbehandlung. Deswegen sei es auch zu einer tiefen Venenthrombose gekommen. Er beantragt,
11unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit Zustellung der Klageschrift und für die Zeit ab 01.10.1994 eine Schmerzensgeldrente in Höhe von 250,00 DM monatlich zuzüglich 4 % Zinsen auf die Rückstände zu zahlen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Berufung zurückzuweisen.
14Sie tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.
15Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die form- und fristgerecht eingelegte und prozeßordnungsgemäß begründete Berufung ist in der Sache nicht gerechtfertigt. Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Der Senat macht sich die zutreffende Begründung zu eigen und nimmt darauf Bezug, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden (§ 543 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsvorbringen gibt zu weiterer Beweiserhebung keinen Anlaß.
18Die Behauptung des Klägers, die Leistenschlagader habe wegen einer vorwerfbaren Unachtsamkeit der Behandler ein zweites Mal punktiert werden müssen, findet in der Behandlungsdokumentation keine Stütze. In dem Operationsbericht vom 9. September 1994, der den intraoperativ vorgefundenen Befund wiedergibt und das Ausräumen des Hämatoms sowie das Verschließen der Arterie beschreibt, ist nur von einem Stichkanal die Rede. Folgerichtig hat der Sachverständige festgestellt, das Punktionsloch der arteria femoralis sei quer arteriotomiert worden. Danach bestehen keine Anhaltspunkte dafür, die Arterie könne zweimal punktiert worden sein, so daß eine erneute Begutachtung mangels neuer tatsächlicher Anknüpfungspunkte nicht in Betracht kommt. Desgleichen ist eine Vernehmung der Behandler Prof. Dr. G. und W. nicht angezeigt, weil in deren Wissen nicht die hier streitige Behauptung gestellt ist. Ob es aus anderen Gründen zu einer Verzögerung bei dem Ersteingriff (Herzkatheter-Untersuchung) gekommen ist, kann mangels Schadensursächlichkeit dahinstehen. Daß es zu einer Verletzung einer Vene gekommen sein könnte, ist nach dem Operationsbericht ebenfalls auszuschließen. Anderweitige Erkenntnismöglichkeiten stehen nicht zur Verfügung.
19Der Senat sieht auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen Prof. E. in Verbindung mit der Behandlungsdokumentation auch keine Veranlassung, die Nachbehandlung erneut sachverständig überprüfen zu lassen. Der Kläger verkennt, daß der Behandler in aller Regel davon ausgehen kann, daß sich die Einstichstelle spontan schließt (so Prof. E. Gutachten vom 09.08.1996 Seite 2). Selbst wenn es wider aller Erwartung - wie hier - zu einem Blutaustritt in größerem Umfang kommt (Hämatombildung), nötigt dies nicht zum sofortigen operativen Eingreifen, weil eine unmittelbare Gefährdung sensibler Strukturen wie Nerven zunächst nicht besteht. Erforderlich ist vielmehr zunächst nur eine engmaschige Kontrolle und die Hinzuziehung des Gefäßchirurgen, wenn eine entsprechende Revision nötig wird. Das ist hier geschehen. Am Tag nach der Punktion (06.09.1994) zeigte sich ein weiches, gering schmerzhaftes Hämatom, das keinen Grund zur Besorgnis oder gar zu besonderen therapeutischen Maßnahmen gab. Am Folgetag ergab sich gegen 18.00 Uhr ein abklärungsbedürftiger Befund, weil sich das Hämatom vergrößerte und die Schmerzen zugenommen hatten. Darauf haben die Behandler angemessen reagiert, indem sie mittels Ultraschall die nötige Diagnostik durchführten. Dabei ergaben sich weder Schwirren, Geräusche noch eine Fistel oder ein Aneurysma, so daß dringender Handlungsbedarf nicht bestand. Es genügte vielmehr, ein neurologisches Konsil zu veranlassen und eine eventuell nötig werdende gefäßchirurgische Revision vorzubereiten. Beides ist für den 08.09.1994 geschehen, woraufhin es dann am 09.09.1994 zum Revisionseingriff gekommen ist. Das ist nach den überzeugenden Darlegungen von Prof. E. nicht zu beanstanden.
20Schließlich bleibt anzumerken, daß auch kein Aufklärungsversäumnis festzustellen ist. Ausweislich des bei den Behandlungsunterlagen befindlichen Aufklärungsbogens, den der Kläger unterschrieben hat, ist er am 4. September 1994 über sämtliche relevanten Risiken aufgeklärt worden. Diese Aufklärung betrifft die in Rede stehende Linksherzkatheteruntersuchung. Der vom Kläger in Kopie vorgelegte Aufklärungsbogen vom 07.09.1994 betrifft eine venöse Herzkatheter-Untersuchung, die offenbar vorgesehen war (vgl. Arztbrief vom 29.11.1994, Bl. 51 der Dokumentation), zu der es aber (wohl wegen der aufgetretenen Komplikation) nicht mehr gekommen ist. Daß die die Revisionsoperation betreffende Risikoaufklärung in den vorliegenden Behandlungsunterlagen nicht dokumentiert ist, ist ohne Belang. Darum geht es im Streitfall nicht.
21Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
22Wert der Beschwer des Klägers: unter 60.000,00 DM.