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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache zum Teil Erfolg.
31.
4Unbegründet ist die Berufung, soweit der Kläger Ansprüche wegen der Operationen vom 8. 4. 1986, 9. 12. 1987 und 15. 12. 1988 geltend macht.
5a)
6Hinsichtlich der ersten Operation vom 8. 4. 1986 sind dem Vortrag des Klägers keine konkreten Behandlungsfehler zu entnehmen, insbesondere behauptet der Kläger jedenfalls in zweiter Instanz nicht mehr, daß es bereits anläßlich dieser Operation zu einer Nervläsion gekommen ist. Auch der in erster Instanz beauftragte Sachverständige Dr. B. hat insoweit keine Behandlungsfehler feststellen können. Soweit der Kläger hinsichtlich dieser Operation auch Aufklärungsmängel gerügt hat, ist diese Rüge zwar zu Recht erfolgt, denn die aus den Krankenakten ersichtliche Einverständniserklärung vom 8. 4. 1986 beschreibt lediglich die vorgesehene operative Maßnahme, nämlich eine lokale Exhairese eines varicösen Seitenastes der linken saphena magna und nimmt im übrigen Bezug auf eine Unterrichtung des Patienten über die typischen Komplikationsmöglichkeiten; dem Formularbogen ist jedoch nicht zu entnehmen, über welche Komplikationsmöglichkeiten er bei dieser Gelegenheit unterrichtet worden sein soll. Insofern liegt demzufolge ein Aufklärungsmangel vor. Soweit der Kläger ferner rügt, es sei über Behandlungsalternativen wie z. B. eine Verödung nicht unterrichtet worden, ist sein Vorwurf jedoch nicht gerechtfertigt; eine solche Behandlungsmaßnahme kommt nämlich, wie dem Senat aus einer Vielzahl anderweitiger Rechtsstreitigkeiten mit entsprechenden gutachterlichen Stellungnahmen bekannt ist, nur bei kleinen oder kleinsten Venen wie z. B. Besenreisern und auch hierbei nur im Anfangsstadium in Betracht, wohingegen beim Kläger schon zum Zeitpunkt der ersten Operation ausweislich der Feststellungen des erstinstanzlichen Sachverständigen eine rasch progrediente Varicosis vorlag, die zahlreiche operative Eingriffe mit der Folge immer neuer Narbenbildungen und Ausweitungen der Gewebstraumatisierung bedingte. Eine echte Alternative zur operativen Behandlung ist demzufolge nicht ersichtlich.
7Selbst wenn hinsichtlich der Operation vom 8. 4. 1986 demzufolge eine unzulängliche Risikoaufklärung festzustellen ist, ergibt sich hieraus gleichwohl kein Anspruch des Klägers, weil der notwendige Eingriff erfolgreich war und es insoweit, inzwischen unstreitig, nicht zu einem anderweitigen Schaden zu Lasten des Klägers gekommen ist. Außerdem hat der Kläger insoweit auch keinen Entscheidungskonflikt im Fall gehöriger Aufklärung nachvollziehbar dargetan.
8b)
9Entsprechendes gilt hinsichtlich der zweiten Operation vom 9. 12. 1987. Auch insoweit sind Behandlungsfehler nicht ersichtlich, insbesondere ist - dies auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des erstinstanzlichen Sachverständigen - nicht etwa von einer mangelnder Indikation für das operative Vorgehen auszugehen. Die Indikation auch zu dieser Operation ergibt sich nämlich ebenfalls bereits aus den Ausführungen des erstinstanzlichen Sachverständigen, wonach beim Kläger eine schwere rezidivierende Varicosis vorlag, welche Diagnose in Einklang steht mit derjenigen im Operationsprotokoll vom 9. 12. 1987. Im übrigen kann auch hinsichtlich dieser Operation dahinstehen, ob es insoweit zu Behandlungsfehlern gekommen ist oder aber Aufklärungsmängel zu verzeichnen sind, weil auch insoweit kein Schaden ersichtlich ist und auch vom Kläger selbst nicht behauptet wird. Vielmehr hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung (zu Ziffer IV) ausdrücklich vorgetragen, die Operationen an den insuffizienten Venen, die am 8. 4. 1986, 9. 12. 1987 und 15. 12. 1988 durchgeführt worden seien, seien wegen des Grundleidens des Klägers erforderlich gewesen, und er wolle "den speziell gefäßchirurgischen Erfolg der bis zum 15. 12. 1988 durchgeführten Operationen nicht schmälern".
10c)
11Hinsichtlich der dritten Operation vom 15. 12. 1988 ist im übrigen ein Behandlungsfehler, insbesondere ein solcher durch Läsion eines Nerven, nicht bewiesen und wird vom Kläger jedenfalls in der Berufung auch nicht mehr ernstlich behauptet, wie sich aus seinem vorstehend zitierten Vortrag ergibt. Auch dem Gutachten des erstinstanzlichen Sachverständigen sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß es anläßlich dieser dritten Operation zu einer Nervläsion gekommen ist.
12Allerdings sind - auch - hinsichtlich dieses operativen Eingriffs Aufklärungsmängel zu verzeichnen. Der entsprechende Aufklärungsformularbogen ist, insbesondere was die Möglichkeit von Nervverletzungen anbetrifft, unzureichend, da er die diesbezüglichen Risiken ersichtlich bagatellisiert und das konkrete Risiko von Nervverletzungen nicht für den Patienten verständlich und nachvollziehbar aufzeigt. Es heißt nämlich in dem Formularbogen lediglich: "... sowie Nebenverletzungen von größeren Schlagadern und Nerven sind dank der Fortschritte der Medizin viel seltener geworden. Wir können auch mehr als früher dagegen tun". Nach dieser Formulierung ist für den Patienten in keiner Weise erkennbar, wie akut das insoweit angesprochene Risikospektrum zu erachten ist und welche weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen sich aus der Realisierung einer solchen Gefahr gegebenenfalls für den Patienten ergeben können.
13Soweit der Kläger hinsichtlich dieser Aufklärung fehlende Hinweise auf Behandlungsalternativen vermißt, ist darauf hinzuweisen, daß auf die alternative Möglichkeit einer Verödung der Venen in dem Aufklärungsbogen ausdrücklich hingewiesen ist, dies allerdings mit der zutreffenden Einschränkung, daß die Verödung nur bei kleinen oder kleinsten Venen (Besenreisern) erfolgreich sein kann, bei vollausgebildeten Krampfadern jedoch hierdurch kein dauernder Erfolg zu erwarten ist, ebensowenig wie bei Behandlungsmaßnahmen durch Tragen eines Gummistrumpfes oder Verabreichung von Medikamenten. Anderweitige echte Alternativen zu dem durchgeführten operativen Eingriff sind demzufolge nicht ersichtlich, vom Kläger auch nicht behauptet und brauchten deshalb auch nicht im Rahmen der Aufklärung erwähnt zu werden.
14Ist deshalb auch insoweit, d. h. hinsichtlich der Operation vom 5. 12. 1988, von einem Aufklärungsmangel auszugehen, nämlich der unterbliebenen konkreten Unterrichtung über die Möglichkeit von Nervverletzungen und narbigen Veränderungen insbesondere des Nervus saphenus, so ergibt sich auch hieraus gleichwohl keine Haftung der Beklagten. Der Kläger hat nämlich, was in Fällen von Aufklärungsfehlern zu fordern ist, auch hier nicht nachvollziehbar und plausibel dargetan, daß er sich im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung, insbesondere über die Möglichkeit von Nervverletzungen bzw. Nervbeeinträchtigungen, in einem ernstlichen Entscheidungskonflikt befunden hätte, von der Operation Abstand zu nehmen. Hätte demgegenüber der Patient auch bei gehöriger Aufklärung keinen ernstlichen Entscheidungskonflikt durchzustehen gehabt, so führt fehlende Risikoaufklärung nicht zu einer Haftung des Arztes, weil dem Aufklärungsmangel die nötige schadensrechtliche Relevanz fehlt. Der Kläger hat, wie bereits erwähnt, in der Berufungsbegründung selbst eingeräumt, die Operationen an den Venen aus April 1986 und Dezember 1987 sowie Dezember 1988 seien wegen seines Grundleidens erforderlich gewesen und hätten in jedem Fall durchgeführt werden müssen, wenn keine Behandlungsalternative zur Verfügung gestanden hätte. Als solche wäre jedoch - so die Annahme des Klägers - zumindest für die Operation aus April 1986, möglicherweise aber auch für diejenige von 1987 und 1988, die Verödung in Frage gekommen, die großflächige Vernarbungen verhindert hätte. Nur dann, wenn die Operationen jeweils zwingend indiziert gewesen seien, hätte er sich zu ihnen bereit gefunden, zumal er zu den Ärzten seines Krankenhauses, d. h. des Krankenhauses, in dem er als Techniker tätig ist, in diesem Punkt Vertrauen gehabt hätte.
15Aus diesem Vortrag läßt sich keine nachvollziehbare Entscheidungskonfliktsituation des Klägers herleiten. Die von ihm angenommene und bevorzugte Verödung war nämlich, wie bereits mehrfach erwähnt und wie auch aus dem Aufklärungsbogen hinsichtlich der Operationen aus 1987 und 1988 ersichtlich, keine echte Alternative zur Behandlung der Varicosis. Wie aus den Behandlungsbögen ersichtlich und vom Kläger auch nicht ernstlich in Abrede gestellt, kann eine Verödung von Venen nur im Anfangsstadium der Venenerkrankung (Varicosis) versucht werden. Dabei kommt die Verödung, wie dem Senat auch aus anderen Rechtsstreitigkeiten und dort erstatteten Gutachten bekannt ist, jedoch nur bei kleinen oder kleinsten Venen, wie z. B. den im Volksmund bezeichneten Besenreisern in Betracht, nicht jedoch bei vollausgebildeten Krampfadern. Die von dem Kläger angenommene Alternative bestand deshalb nicht wirklich. Vor dem Hintergrund dieser Situation, also des Fehlens einer echten Alternative im Rahmen konservativer Behandlungsmethoden, ist dem Vortrag des Klägers in keiner Weise zu entnehmen, inwiefern er im Falle gehöriger Aufklärung insbesondere über das Risiko von Nervverletzungen oder auch narbigen Veränderungen an Nerven in einen ernstlichen Entscheidungs- bzw. Interessenkonflikt hätte geraten können. Mangels Darlegung eines solchen Entscheidungskonfliktes ist jedoch auch hinsichtlich der Operation aus Dezember 1988 eine Haftung der Beklagten zu verneinen.
162.
17Die Beklagte haftet aber für die Folgen der operativen Eingriffe vom 5. und 9. Oktober 1989. Durch diese Operationen haben die Behandler rechtswidrig in die körperliche Integrität des Klägers eingegriffen, weil sie nicht von einer wirksamen Einwilligung des Klägers getragen waren. Die Einwilligung ist nämlich nur dann wirksam, wenn ihr eine das Selbstbestimmungsrecht des Patienten wahrende Aufklärung über Sinn und Zweck des Eingriffs und des damit verbundenen wesentlichen Risikospektrums vorausgegangen ist, wofür die Behandlungsseite die Darlegungs- und Beweislast trägt. Der Dokumentation läßt sich keine Aufklärung über die Erforderlichkeit und vor allem die Risiken der Neurolysen entnehmen. Die schriftliche Einverständniserklärung des Klägers vom 4. Oktober 1989 enthält darüber keinerlei Angaben, ebensowenig diejenige vom 9. Oktober 1989.
18Der Behauptung der Beklagten, "anläßlich der Eingriffe vom 5. und 9. Oktober 1989 sei der Kläger wiederum aufgeklärt worden unter Einschluß der Gefahr von Nervenverletzungen" (Bl. 145 d.A.), ist nicht nachzugehen. Sie läßt nicht erkennen, daß eine eingehende Aufklärung über das Für und Wider der Eingriffe sowie deren Chancen und Risiken stattgefunden hat. So genügte der bloße Hinweis auf die Gefahr von Nervenverletzungen nicht. Dadurch wird dem Patienten nicht hinreichend vermittelt, daß es konkret um das Risiko einer irreparablen Durchtrennung des Nervus saphenus ging, was eine möglicherweise lebenslange Schmerzhaftigkeit des gesamten Unterschenkels infolge wiederkehrender Neurombildung an den Nervenenden zur Folge haben konnte, eine Folge, die tatsächlich eingetreten ist. Dem Patienten muß vor einem nicht vital indizierten Eingriff deutlich vor Augen geführt werden, daß sich seine Befindlichkeit infolge des Eingriffs auch erheblich verschlechtern könne, damit er eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber treffen kann, ob er lieber den gegebenen Zustand hinnehmen will (vgl. etwa OLG Köln VersR 1992, 1518).
19Die Beklagte beruft sich vergeblich darauf, der Kläger würde auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die Operation eingewilligt haben (hypothetische Einwilligung). Den ihr insoweit obliegenden Beweis hat sie nicht geführt, es fehlt bereits an einem geeigneten Beweisantritt.
20Sie kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, der Kläger mißbrauche die Aufklärungspflicht als Haftungsinstrument, weil er sich im Falle der gebotenen Aufklärung gar nicht in einem Entscheidungskonflikt befunden haben würde, von den Eingriffen Abstand zu nehmen. Grundsätzlich kann dem Patienten die Darlegung eines Entscheidungskonflikts abverlangt werden, wenn die Ablehnung der konkreten Behandlungsmaßnahmen medizinisch unvernünftig, oder bei Nichtbehandlung gar gleichartige Risiken mit höherer Komplikationsdichte bestanden hätten (vgl. Steffen, Neue Entwicklungslinien der BGH-Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht, 6. Aufl., S. 167). Abgesehen davon, daß die Voraussetzungen für die Darlegungspflichtigkeit eines Entscheidungskonfliktes nicht dargetan sind, hat der Kläger einen solchen Konflikt plausibel gemacht. Er hat unwidersprochen vorgetragen, vor der ersten Neurolyse unter Sensibilitätsstörungen und immerhin erträglichen Schmerzen im Narbenbereich gelitten zu haben. Dieser Zustand hätte durch eine mit einer Narbenexcision verbundene Neurolyse zwar verbessert oder gar ganz beseitigt werden können; da aber andererseits auch die Gefahr einer allein durch den Eingriff ausgelösten Verschlechterung im Sinne einer kaum erträglichen Schmerzhaftigkeit als Dauerzustand bestand, erscheint es nachvollziehbar, daß der Kläger in Kennntis dieses Risikos von den Eingriffen möglicherweise Abstand genommen, jedenfalls aber zuvor den Rat eines Neurochirurgen oder Schmerztherapeuten eingeholt hätte. Hinzu kommt, daß der Nervus saphenus durch die vorausgegangenen Operationen ohnehin bereits irritiert und wegen der Narbenbildung in erhöhtem Maße gefährdet war.
213.
22Der von der Beklagten wegen der rechtswidrigen Eingriffe vom 5. und 9. Oktober 1989 auszugleichende Schaden besteht zum einen darin, daß er diese Eingriffe überhaupt erduldet hat, ferner darin, daß es zu dem Eingriff vom 5. Dezember 1989 gekommen ist, der als Revisionsoperation ausschließlich dazu diente, den durch die Voroperationen entstandenen Zustand zu bessern, was freilich ohne nachhaltigen Erfolg geblieben ist, und schließlich in der irreversiblen Schädigung des Nervus saphenus mit den sich daraus ergebenden nachteiligen Folgen. Daß der Nerv anläßlich der Neurolyse vom 9. Oktober 1989 geschädigt worden ist, ergibt sich aus den Operationsberichten vom 5. Oktober 1989 einerseits und 5. Dezember 1989 andererseits. Während am 5. Oktober 1989 - die Richtigkeit des Operationsberichts unterstellt - das Narbengewebe unter Schonung und Darstellung des Nervs nach distal bis in narbenfreies Gewebe größenteils excitiert worden ist, wurden am 5. Dezember 1989 nur noch "Restnervenfasern des Nervus saphenus" vorgefunden. Dies läßt zwingend auf ein (versehentliches) Entfernen von Teilen des Nervs im Zuge der Narbenexcision vom 9. Oktober 1989 schließen. Im übrigen gehen etwaige Unklarheiten zu Lasten der Beklagten, weil es an einem Operationsbericht über den Eingriff fehlt. Es obliegt dem Arzt, die wesentlichen Operationsschritte zu dokumentieren, damit nachvollzogen werden kann, welcher Befund intraoperativ angetroffen worden ist. Ob dem Operateur im Zuge des Eingriffs vom 9. Oktober 1989 auch ein schadensursächlicher Fehler unterlaufen ist, kann offenbleiben, weil sich hieraus zugunsten des Klägers keine zusätzlichen, ihm günstige Konsequenzen ergeben.
234.
24Nach allem schuldet die Beklagte dem Kläger Schmerzensgeld nach §§ 847, 823, 831 BGB.
25Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat der Senat berücksichtigt, daß zwar nur hinsichtlich eines Teils der durchgeführten insgesamt sechs Operationen, nämlich hinsichtlich zwei Operationen Mängel in Form von Aufklärungsfehlern zu verzeichnen sind, daß ferner auch der Kläger nicht etwa durch einen operativen Eingriff erstmals geschädigt worden ist, sondern bei ihm eine rezidivierende Venengrunderkrankung vorlag, die ausweislich des Gutachtens der Gutachterkommission bereits im Alter von 39 Jahren erstmals einen Eingriff erforderlich gemacht hatte, bei welchem ein varicöser Seitenast am linken Unterschenkel entfernt worden war. Angesichts dieser Grunderkrankung, die fortlaufend Krampfaderoperationen erforderlich machte, geriet der Kläger geradezu zwangsläufig in die Gefahr, daß sich aufgrund der Operationen narbige Veränderungen bilden mußten, die jedenfalls Sensibilitätsstörungen erwarten ließen. Allerdings verkennt der Senat nicht, daß diese Sensibilitätsstörungen und Schmerzen insbesondere durch die Verletzung des Nervus saphenus mit konsekutiver Neurombildung gravierender ausgefallen sind, als dies nach der vorliegenden Grunderkrankung unumgänglich war. Daß der Kläger insbesondere aufgrund der Nervverletzung an Neuralgien und sensiblen Ausfällen im gesamten Bereich von Schienbein bis Knöchel leidet, ergibt sich nicht lediglich aus dem eigenen Vortrag des Klägers, sondern insbesondere auch aus dem Arztbrief der Klinik und Poli-Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin (Schmerzambulanz) vom 7. 8. 1996 an den behandelnen Arzt Dr. M.. Hiernach wurden nach den Neurolysen aus 1989 mit Resektion des Nerven, 1991 und 1993 Neurome entfernt, wobei ausweislich dieses Arztbriefes die gesamten operativen Maßnahmen zu multiplen Narben und Verhärtungen unterhalb des linken Knies geführt haben sowie ferner Hypästhesien im Versorgungsbereich des Nervus saphenus links zu verzeichnen sind. Dem Arztbrief ist des weiteren zu entnehmen, daß man in der Schmerzambulanz Therapieversuche unternommen hat, um den Kläger von den geklagten Schmerzen zu befreien, wobei keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind oder dem Arztbrief entnommen werden können, daß die Schmerzklagen des Klägers nicht objektivierbar gewesen seien. Wenn es sodann in diesem Schreiben weiter heißt, daß man erfolglos eine Triggerpunktinfiltration am linken Bein durchgeführt habe, ferner eine Single-Shot Periduralanästhesie mit Carbostesin, eine Akupunkturbehandlung mit fünf Sitzungen sowie medikamentöse Therapieversuche mit verschiedenen Schmerzmedikamenten, so zeigt dies, daß die Schmerzempfindungen des Klägers ersichtlich ein beträchtliches Ausmaß hatten, da er anderenfalls kaum bereit gewesen wäre, sich einer solchen Vielzahl von Schmerztherapieversuchen zu unterziehen und solche seitens der Schmerzambulanz auch mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht durchgeführt worden wären, wenn man Anhaltspunkte für Aggravierungstendenzen des Klägers hinsichtlich seines Schmerzempfindens gehabt hätte. Hiergegen spricht vielmehr der Umstand, daß der Kläger sich ausweislich des vorgenannten Schreibens zusätzlich auch noch einer Kurbehandlung in der Aggertalklinik unterzogen hat. Vor dem Hintergrund dieser Umstände, also wiederholter Neurombildung mit rezidivierenden Schmerzsymptomen über einen Zeitraum von annähernd 7 Jahren, muß bereits von einer beträchtlichen gesundheitlichen Beeinträchtigung des Klägers ausgegangen werden, die auch zu einer nicht unwesentlichen Reduzierung seiner allgemeinen Lebensqualität geführt hat. In Anbetracht dessen erscheint dem Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.OOO,OO DM angemessen, dies insbesondere vor dem Hintergrund, daß der Kläger, Jahrgang 1946, immerhin erst rund 5O Jahre alt ist und deshalb möglicherweise noch über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder mit Schmerzzuständen im linken Bein konfrontiert sein wird.
265.
27Da sowohl nach dem Inhalt des erstinstanzlichen Gutachtens als auch nach dem unwidersprochenen gebliebenen Vortrag des Klägers mit Ausbildung weiterer Neurome aufgrund der narbigen Veränderungen und der Nervverletzung zu rechnen ist, erscheint auch der Feststellungsantrag hinsichtlich der Erstattungspflicht zukünftiger materieller Schäden gerechtfertigt, dies allerdings nur bezogen auf die operativen Eingriffe vom 5. und 9. 1O. 1989, da hinsichtlich der vorausgegangenen Operationen, wie dargelegt, Behandlungsfehler nicht zu verzeichnen sind und es hinsichtlich grundsätzlich zu bejahender Aufklärungsmängel zum einen an aus diesen Operationen resultierenden Schäden, im übrigen aber auch mangels substantiiert vorgetragenen Entscheidungskonfliktes des Klägers bereits an der Rechtswidrigkeit dieser Eingriffe aufgrund fehlender wirksamer Einwilligung fehlt. Immaterielle Schäden, soweit sie nach dem gewöhnlichen Verlauf eintreten, sind mit dem zuerkannten Schmerzensgeld abgegolten.
28Nach allem war der Klage auf die Berufung hin in eingeschränktem Umfang stattzugeben.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
30Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 7O8 Ziffer 1O, 713 ZPO.
31Wert der Beschwer für beide Parteien: unter 60.000,-- DM
32Berufungsstreitwert: 22.OOO,OO DM