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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
3Die Klägerin kann von dem Beklagten die Erstattung von Steuerberaterkosten in Höhe von insgesamt 1.695,56 DM verlangen.
4Das Klagebegehren rechtfertigt sich daraus, daß die Klägerin auf Wunsch des Beklagten jeweils die Anlage U zu den Steuererklärungen des Beklagten für die Jahre 1993 und 1994, mit der dieser das begrenzte Realsplitting geltend gemacht hat, unterschrieben hat. Die Pflicht des unterhaltsberechtigten Ehegatten, dem steuerlichen Realsplitting zuzustimmen, ist davon abhängig, daß der Unterhaltspflichtige die finanziellen Nachteile ausgleicht, die dem Berechtigten daraus erwachsen (BGH FamRZ 1983, 567; 1984, 1212; 1988, 821). Zu diesen Nachteilen gehört in erster Linie die Steuerbelastung oder Steuermehrbelastung, die sich für den Unterhaltsempfänger aus der Versteuerung der erhaltenen Unterhaltszahlungen ergibt. Im Einzelfall können aber auch solche Kosten darunter fallen, die der Unterhaltsberechtigte aus Anlaß der Zustimmung zum Realsplitting zur sachgerechten Wahrnehmung seiner Interessen aufwendet. Einen Anspruch auf Erstattung der Vergütung für die Inanspruchnahme eines Steuerberaters hat der Unterhaltsberechtigte zwar grundsätzlich nicht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Unterhaltspflichtige von vornherein verbindlich erklärt, daß er den anderen von den ihn dadurch treffenden steuerlichen Lasten freistellt. In diesem Fall hat der Unterhaltsberechtigte im allgemeinen keinen Anlaß, wegen des Realsplittings noch den Rat oder die Unterstützung eines Steuerberaters in Anspruch zu nehmen (BGH FamRZ 1988, 821; vgl. auch Urteil des Senats vom 22.09.1993 - 27 UF 4/93 -).
5Der Grundsatz, daß Kosten für den Steuerberater nicht zu erstatten sind, erfährt indessen Ausnahmen. Richtig ist zwar, daß der Beklagte vorprozessual seine Bereitschaft erklärt hat, die Klägerin von ihren steuerlichen Lasten infolge der Durchführung des Realsplittings freizustellen. Diese Erklärung schließt einen Erstattungsanspruch der Klägerin jedoch nicht von vornherein aus. Eine Verpflichtung, dem Unterhaltsberechtigten die Kosten für den Steuerberater zu ersetzen, kommt unter Umständen dann in Betracht, wenn der Unterhaltsgläubiger in steuerlichen Angelegenheiten unerfahren ist, nicht die Möglichkeit hat, an bereits vorliegende Veranlagungen und Bescheide anzuknüpfen, und es aus seiner verständigen Sicht auch nicht genügt, sich wegen lediglich ergänzender Fragen an das Finanzamt zu wenden (vgl. BGH FamRZ 1988, 821). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier hinsichtlich der Steuererklärungen für die Jahre 1993 und 1994 vor.
6Die Klägerin hat die Steuererklärungen ausschließlich wegen der Inanspruchnahme des steuerlichen Realsplittings durch den Beklagten abgeben müssen. In den vorgelegten Steuerbescheiden für die Jahre 1993 und 1994 sind als Einkünfte allein die Unterhaltsleistungen des Beklagten angegeben. Die Abgabe der Steuerklärungen war wegen dieser Unterhaltszahlungen erforderlich, da gem. § 56 Satz 1 Nr. 2 a EStDV eine Steuererklärungspflicht besteht, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als 12.203,00 DM betragen hat und darin keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, enthalten sind. Die durch das Realsplittingverfahren bedingte Notwendigkeit der Abgabe einer Steuererklärung genügt freilich für sich allein noch nicht, um der Klägerin einen Anspruch auf Erstattung von Steuerberaterkosten zuzubilligen. Unabhängig von etwaigen Erfahrungen der Klägerin in steuerlichen Angelegenheiten wäre der Beklagte mit Kosten eines Steuerberaters für die Klägerin nicht zu belasten, wenn die Abgabe der Steuererklärungen mit geringem Aufwand und auch ohne besondere Sachkenntnis unter ergänzender Mithilfe durch die Finanzbehörde hätte geschehen können. Die streitgegenständlichen Steuererklärungen trugen jedoch die Besonderheit, daß jeweils die Anlage FW - Förderung des Wohnungseigentums - auszufüllen war, wie sich auch aus den Hinweisen in den Steuerbescheiden auf die "Steuerbegünstigung für die eigen- genutzte Wohnung" ergibt. An Steuererklärungen und -bescheide für die vorausgegangenen Jahre konnte die Klägerin insoweit nicht anknüpfen, da sie nach ihrer unwidersprochen gebliebenen Erklärung im Verhandlungstermin vor dem Senat die Eigentumswohnung, der die jeweilige Anlage zur Steuererklärung galt, erst 1992 erworben hatte. Für die Abgabe der Steuererklärung 1993 waren deshalb erstmals steuerliche Fragen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wohnungseigentum zu klären, zu deren Beantwortung sich die Klägerin der Hilfe eines Steuerberaters bedienen durfte. Daß sie vor langer Zeit einmal selbst in einem Steuerberaterbüro angestellt gewesen war und dort einige Erfahrungen auch im Umgang mit Steuererklärungen gesammelt hatte, steht dem letztlich nicht entgegen. Abgesehen davon, daß ihre Tätigkeit für einen Steuerberater annähernd 30 Jahre zurückliegt, haben sich die Regeln über die Steuerbegünstigung für eigengenutzte Wohnungen durch die Novellierung des Einkommenssteuergesetzes vom 07.09.1990 (BGBl. I S. 1898) grundlegend geändert. Hinzu kommt, daß die Klägerin aufgrund der bisherigen Praxis auf eine Kostenerstattung durch den Beklagten vertrauen durfte. Wie im Verhandlungstermin vor dem Senat unstreitig gestellt, hatte der Beklagte der Klägerin die Steuerberatungskosten für die Jahre 1991 und 1992 erstattet. Nachdem sich aufgrund des Erwerbs einer Eigentumswohnung zusätzliche steuerliche Fragen im Zusammenhang mit den Steuererklärungen gestellt hatten, konnte sie daher erst recht davon ausgehen, daß sie sich auf Kosten des Beklagten an einen Steuerberater wenden durfte.
7Dies gilt nicht nur für die Steuererklärung 1993, sondern auch für diejenige betreffend das Jahr 1994. An sich hätte zwar die Klägerin bei der Abgabe der Steuererklärung für 1994 an die Erklärung und den Steuerbescheid für das Vorjahr, für welches bereits die Anlage FW ausgefüllt worden war, anknüpfen und die Erklärung ohne Inanspruchnahme eines Steuerberaters, ggfls. mit ergänzender Hilfe des Finanzamts, abgeben können. In Zukunft wird die Klägerin daher, sofern nicht Besonderheiten hinzutreten, den Beklagten auch nicht auf Erstattung von Steuerberaterkosten im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der Anlage U in Anspruch nehmen können. Für das Jahr 1994 ist jedoch zu berücksichtigen, daß eine Bezugnahme auf Steuerklärung und -bescheid für das Vorjahr deshalb nicht möglich war, weil die Steuererklärungen für 1993 und 1994 gleichzeitig abgegeben worden waren. Dies zeigt das übereinstimmende Datum der Steuerbescheide für diese beiden Jahre - der 31.05.1996 - ebenso wie die vom gleichen Tag datierenden Gebührenrechnungen des Steuerberaters A.. Demnach kann die Klägerin von dem Beklagten die Erstattung der in den Gebührenrechnungen vom 20.05.1996 ausgewiesenen Kosten von jeweils 847,87 DM, insgesamt 1.695,56 DM, verlangen.
8Die erstmals in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 09.06.1997 von dem Beklagten aufgestellte Behauptung, bei den streitgegenständlichen Gebührenrechnungen handele es sich um Gefälligkeitsrechnungen, da die Steuererklärungen von der Klägerin selbst gefertigt und eingereicht worden seien, gibt dem Senat keinen Anlaß zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da dieser neue Vortrag durch den gewährten Schriftsatznachlaß, der sich ausschließlich auf das im Verhandlungstermin überreichte Schreiben des Steuerberaters A. vom 28.05.1997 bezogen hat, nicht gedeckt ist. Abgesehen davon ergibt sich aus den jeweils an den Steuerberater A. als Empfangsbevollmächtigten für die Klägerin adressierten Steuerbescheiden für 1993 und 1994, daß dieser die beiden Steuererklärungen tatsächlich als deren Steuerberater beim Finanzamt eingereicht hat. Die von der Klägerin vorgelegten Steuerbescheide - jeweils vom 31.05.1996 - lassen auch das in dem nachgelassenen Schriftsatz enthaltene Bestreiten des Beklagten, daß für die Jahre überhaupt eine Steuererklärung eingereicht worden sei, als unverständlich erscheinen.
9Ob die Klägerin die Honorarrechnungen des Steuerberaters A. inzwischen beglichen hat, kann im Ergebnis offen bleiben. Zwar hat derjenige, der mit einer Verbindlichkeit belastet ist, gegen den Ersatzpflichtigen grundsätzlich nur einen Freistellungsanspruch. Im Schadensersatzrecht ist jedoch anerkannt, daß ein Anspruch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit nach § 250 Satz 2 BGB in eine Geldforderung übergeht, wenn der Geschädigte dem Schuldner erfolglos eine Frist zur Freistellung mit Ablehnungsandrohung gesetzt oder wenn der Schuldner diese ernsthaft und endgültig verweigert hat (BGH NJW 1989, 1216; 1992, 2222). Bei Übertragung dieses Rechtsgedankens auf den vorliegenden Sachverhalt kann die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung der Honorarbeträge verlangen, nachdem dieser mit Anwaltschreiben vom 17.06.1996 die Forderung der Klägerin nach Erstattung der Steuerberaterkosten nachdrücklich zurückgewiesen hat.
10Die Zinsforderung ist unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gem. §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.
11Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
12Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 3. Juli 1997 gibt dem Senat keinen Anlaß, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
13Berufungsstreitwert: 1.695,56 DM.