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G r ü n d e :
2Die gem. § 127 Abs. 2, 569 ZPO zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg.
3Das AG hat der Antragstellerin die beantragte Prozeßkostenhilfe nur in eingeschränktem Maße bewilligt und dazu ausgeführt, nach dem gem. Art. 18 Abs. 4 Satz 1 EGBGB hier maßgeblichen türkischen Recht sichere der Unterhaltsanspruch gem. Art. 144 türk. ZGB nur das Existenzminimum. Dieses Existenzminimum hat das AG sodann mit 1.300 DM bzw. 1.500,- DM angesetzt.
4Der maßgebliche Gesetzestext des Art. 144 türk. ZGB lautet:
5"Der Ehegatte, der durch die Scheidung in Bedürftigkeit geraten würde, kann für seinen Lebensunterhalt unter der Voraussetzung, daß sein Verschulden nicht überwiegt, vom anderen Ehegatten auf unbegrenzte Dauer Unterhalt entsprechend dessen finanziellen Fähigkeiten verlangen."
6Vom Wortlaut der Vorschrift her ließe sich allenfalls aus dem Wort "Bedürftigkeit" auf eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs auf einen Mindestbedarf schließen, wobei dies jedoch keineswegs zwingend ist. Die vom AG zur Bestätigung seiner Auffassung angeführten Zitate tragen seine Rechtsauffassung weitgehend nicht. So hat das OLG Köln (21. Senat) in FamRZ 1992, 948 nach Einholung eines Rechtsgutachtens ausgeführt, daß der Unterhaltsanpruch zwar nicht den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechen müsse, aber doch auf die angemessene Bedarfsdeckung hinziele, also über den Anspruch auf Notunterhalt hinausgehe. In dem entschiedenen Fall hat es sodann den Unterhaltsanspruch mit 3/7 der Einkommensdifferenz der Parteien angesetzt. Der 21. Senat des OLG Köln ging in IPrax 1989, 53 davon aus, daß türkische Gerichte der Ehefrau etwa 1/5 - 1/6 des Einkommens des Ehemannes als Unterhalt zusprechen; diese Entscheidung dürfte allerdings noch unter dem alten, nur bis zum 4.5.1988 gültigen türkischen Recht ergangen sein. Auch das OLG Hamm - FamRZ 1994, 580 (13. Senat) und 1994, 582 (3. Senat) - haben eine 3/7-Quote in den von ihnen entschiedenen Fällen angesetzt. Der 4. Senat des OLG Hamm - FamRZ 1993, 75 - hat im Hinblick auf Art. 18 Abs. 7 EGBGB die Verhältnisse am deutschen Lebensmittelpunkt der Unterhaltsberechtigten mitberücksichtigt. Das OLG Stuttgart - FamRZ 1993, 975 - hat auf die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und die Bedürfnisse der Berechtigten abgestellt. Gegen eine Begrenzung auf einen Mindestunterhalt haben sich auch Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familien-richterlichen Praxis, 3. Aufl. 1995, § 7 Rn. 55 ausgesprochen.
7Für eine Begrenzung auf das Existenzminimum haben sich andererseits ausgesprochen: OLG Hamm (12. Senat) FamRZ 1995, 881 unter Bezugnahme auf OLG Saarbrücken FamRZ 1994, 579, das seinerseits auf Jayme IPrax 1989, 30 Bezug nimmt, der aaO aber lediglich über ein Referat von Prof. Z. (Izmir) referiert, ohne daß dazu näheres mitgeteilt wird; KG FamRZ 1993, 976, 979;
8Der Senat kann offen lassen, welcher der aufgeführten Auffassungen letztlich der Vorzug gebührt. Jedenfalls dient das Prozeßkostenhilfeverfahren nicht dem Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen abschließend zu entscheiden. Von daher ist für die Bewilligung der Prozeß-kostenhilfe davon auszugehen, daß die Antragstellerin einen nachehelichen Unterhaltsanspruch in Höhe von 3/7 der Differenz der beiderseitigen bereinigten Nettoeinkommen zusteht. Die Rechtsfrage wird daher im Hauptverfahren, ggfs. nach Einholung eines Gutachtens, zu klären sein.
9Die Antragstellerin geht hier selber davon aus, daß der Antragsgegner über ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 2.147, 20 DM verfügt (GA 23). Ihr eigenes monatliches Nettoeinkommen hat das AG unangegriffen bis zum 15.9.1996 mit 969, 80 DM, für die Zeit danach mit 790,- DM angesetzt. Daraus ergibt sich für die Zeit bis zum 15.9.1996 ein Unterhaltsanspruch von 504, 60 DM (2.147, 20 - 969, 80 = 1.177, 40 : 7 x 3), für die Zeit danach von 581, 65 DM (2.147, 20 - 790 = 1.357, 20 : 7 x 3). Da das AG der Antragstellerin für die Zeit bis zum 15.9.1996 bereits in höherem Maße Prozeßkostenhilfe bewilligt hat, mußte es wegen des Verbots der Verschlechterung dabei bleiben. Soweit die Antragstellerin Sozial-hilfe bezogen haben sollte, wird sie dies im Hinblick auf § 91 BSHG bei der Klageerhebung bzw. Antragstellung berücksichtigen müssen.
10Von der Auferlegung einer Gebühr wird abgesehen.