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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2Die zulässige Berufung der Klägerin hat in Höhe von 5.500,10 DM Erfolg. Im übrigen war sie wie die Anschlußberufung des Beklagten zurückzuweisen.
3Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles kommt es nicht darauf an, daß die Klägerin den Darlehnsvertrag mit dem Beklagten weder wirksam nach § 12 I VerbrKrG gekündigt hat noch vom Vertrag zurückgetreten ist noch die Rücktrittsfiktion des § 13 III VerbrKrG eingreift. Denn die Parteien waren darüber einig, ihren Streit auf der Grundlage der Abrechnung der Klägerin darauf zu beschränken, in welcher Höhe der Verwertungserlös des PKWs zu berücksichtigen sei.
4In der Berufungsinstanz streiten die Parteien im wesentlichen darüber, ob die Voraussetzungen eines fingierten Rücktritts nach § 13 III S. 2 VerbrKrG vorliegen. Dabei steht im Vordergrund die Frage, ob die Ansichnahme der gelieferten Sache durch den Kreditgeber die Rücktrittsfiktion des § 13 III in jedem Fall auslöst - so die Klägerin - oder nur dann, wenn gleichzeitig - wie in § 13 I gefordert - die Voraussetzungen des § 12 I erfüllt sind - so der Beklagte. Auf ihre Kündigung vom 6.5.1993 kommt die Klägerin nicht mehr zurück, weil die in § 12 I Nr. 2 VerbrKrG vorgeschriebene Frist offenkundig nicht eingehalten worden ist, nachdem dem Beklagten nur eine Zahlungsfrist von 10 Tagen ab Datum der Mahnung statt von 2 Wochen ab Zugang der Mahnung (Bülow, VerbrKrG, § 12 Rn. 21) gesetzt worden ist. Insoweit schließt der Senat sich dem Urteil des Landgerichts an.
5Die Ansicht des Beklagten - Rücktrittsfiktion nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 I - wird von Literatur und Rechtsprechung überwiegend geteilt (OLG Oldenburg, NJW-RR 1996, 564 mit zahlr. Nachw.; z.B.: Bülow, a.a.O., § 13 Rn. 27; Graf v. Westphalen/Emmerich/Kessler, VerbrKrG, § 13 Rn. 43, Palandt/Putzo, BGB 56. Aufl., § 13 VerbrKrG Rn. 11 - a.A. noch die Vorauflage und die redaktionell offenbar übersehene Rn. 10; a.A. auch ohne nähere Begründung die von der Klägerin vorgelegte Entscheidung des OLG Stuttgart vom 6.2.1996 - 6 U 166/95; ferner MK/Habersack, BGB 3. Aufl., § 13 VerbrKrG Rn. 47). Ihr schließt sich auch der Senat an. Denn wenn § 13 III von der "Ausübung des Rücktrittsrechts" spricht, ist damit nach dem Gesamtzusammenhang das Rücktrittsrecht gemeint, wie es in § 13 I mit seinen Voraussetzungen definiert ist, also mit denen des § 12 I. Fehlen aber schon die Voraussetzungen des - fingierten - Rücktritts, dann braucht nicht erörtert zu werden, ob die Rücktrittsfiktion ausnahmsweise durch eine Einigung der Parteien über die Vergütung für die gelieferte Sache nach § 13 III S. 1 HS 2 ausgeschlossen ist.
6Damit hat die Klägerin den Darlehnsvertrag mit dem Beklagten weder wirksam gekündigt noch liegt ein fingierter Rücktritt vor. Ein ausdrücklich erklärter Rücktritt scheidet ohnehin aus; ihn behauptet auch die Klägerin nicht.
7Unabhängig von dieser Rechtslage sind die Parteien aber auf der Grundlage der Abrechnung der Klägerin darüber einig geworden, daß der Beklagte den PKW an die Klägerin zurückgibt und der Händlereinkaufspreis zugunsten des Beklagten auf die Darlehnsforderung der Klägerin zu verrechnen ist. Anders kann das Verhalten der Parteien bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, vor der ein Wechsel des Einzelrichters stattgefunden hatte, nicht verstanden werden. Vielmehr wäre es lebensfremd anzunehmen, daß der Vertrag - vier Jahre nach der Rückgabe und Verwertung des Fahrzeugs - fortbestehe. Das wollten beide Parteien unabhängig von der formellen Rechtslage nicht. Der Beklagte hat nach dem Kündigungsschreiben der Klägerin vom 6.5.1993 das Fahrzeug nach seiner eigenen Darstellung widerspruchslos mit den Schlüsseln zurückgegeben, nicht weil er sich in einem Rechtsirrtum befand, sondern weil er nach seinem vorangegangenen Zahlungsverhalten weder willens noch in der Lage war, die vereinbarten Raten auf das Darlehen zurückzuzahlen. Dementsprechend ging es ihm von Anfang an nur um eine Höherbewertung des Fahrzeugs im Rahmen der Abrechnung, wie schon sein Schreiben an die Klägerin vom 28.6.1993 zeigt. Daraus ergibt sich auch, daß die erstinstanzlich auf die Höhe des zu berücksichtigenden Verwertungserlöses beschränkte Verteidigung des Beklagten nicht etwa auf einer unrichtigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den Anwalt des Beklagten beruhte, sondern das wiedergab, worum es dem Beklagten einzig ging. Die Abrechnung der Klägerin hat er im übrigen - bis auf die Abschleppkosten in Höhe von 178,57 DM - hingenommen. Er hat sich auch nicht dagegen gewehrt, den Wert des Fahrzeugs nach dem Händlereinkaufswert zu bestimmen, also nicht nach dem "gewöhnlichen Verkaufswert" des § 13 III S. 1 VerbrKrG; allein die Höhe dieses Wertes war umstritten. In alledem kann bei lebensnaher Betrachtung nur eine konkludente Einigung der Parteien auf dieses Abrechnungsprinzip gesehen werden, an die sich auch der Beklagte nach wie vor gebunden halten muß. Im übrigen verstößt eine derartige Vereinbarung, wie § 13 III S. 1 HS 2 VerbrKrG zeigt, nicht gegen Sinn und Zweck des Verbraucherschutzes und ist deshalb auch nicht nach § 18 VerbrKrG unwirksam.
8Es geht dann nur noch um die Bewertung des Fahrzeugs, wozu das Landgericht - vor dem Richterwechsel - das Gutachten des dem Senat als zuverlässig bekannten Sachverständigen Dinslage eingeholt hat, das unter Berücksichtigung der von dem Zeugen L. (D.) festgehaltenen, von Dinslage aber angezweifelten Schäden zu einem Händlereinkaufswert von netto 16.130,00 DM kommt, ohne diese von netto 18.043,48 DM. Unter Berücksichtigung aller ersichtlichen Umstände schätzt der Senat den Händlereinkaufswert auf 17.250,00 DM (§ 287 II ZPO). Außerdem sind die Abschleppkosten, die nach dem von der Klägerin nicht bestrittenen Vortrag des Beklagten tatsächlich nicht entstanden sind, von der Klageforderung abzusetzen.
9Damit ist die Klageforderung von insgesamt 13.126,44 DM um die Differenz zwischen dem oben genannten Händlereinkaufswert und dem von der Klägerin angesetzten Händlereinkaufswert, also um (17.250,00 ./. 13.913,04 =) 3.336,96 DM, sowie um die Abschleppkosten in Höhe von 178,57 DM, insgesamt um 3.515,53 DM zu vermindern. Die vom Beklagten im Februar 1993 gezahlte einzige Rate in Höhe von 794,33 DM ist in der Abrechnung der Klägerin schon berücksichtigt. Es verbleibt dann eine Gesamtforderung der Klägerin von 13.126,44 ./. 3.515,53 = 9.610,91 DM. Da das Landgericht bereits 4.110,81 DM zugesprochen hat, hat die Berufung in Höhe von 5.500,10 DM Erfolg. Im übrigen war sie ebenso wie die Anschlußberufung zurückzuweisen.
10Ein Anlaß, die Revision zuzulassen besteht nicht, weil die Entscheidung auf der vom Senat zu § 13 III VerbrKrG vertretenen Ansicht nicht beruht. Auch im übrigen liegen die Voraussetzungen des § 546 I ZPO nicht vor.
11Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 I, 97 I ZPO. Das Urteil ist nach den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.
12Wert der Beschwer der Klägerin: 3.515,53 DM
13Wert der Beschwer der Beklagten: 9.610,91 DM