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Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts Bonn vom 06.05.1997 - 8 T 16/97 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Antragsgegner werden verurteilt, an die Antragstellerin 2.977,34 DM zu zahlen.
Sie werden darüber hinaus verurteilt, an die Antragstellerin 720,00 DM nebst 4 % Zinsen
aus 80,00 DM für die Zeit vom 01.06.1996 bis 30.06.1996,
aus 160,00 DM für die Zeit vom 01.07.1996 bis 31.07.1996,
aus 240,00 DM für die Zeit vom 01.08.1996 bis 31.08.1996
aus 320,00 DM für die Zeit vom 01.09.1996 bis 30.09.1996
aus 400,00 DM für die Zeit vom 01.10.1996 bis 31.10.1996
aus 480,00 DM für die Zeit vom 01.11.1996 bis 30.11.1996,
aus 560,00 DM für die Zeit vom 01.12.1996 bis 31.12.1996
aus 640,00 DM für die Zeit vom 01.01.1997 bis 31.01.1997
und seit dem 01.02.1997 aus 720,00 DM zu zahlen.
Im übrigen werden der Antrag und die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten des Verfahrens. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligten waren bis Juli 1996 Eigentümer je einer Wohnung der Wohnungseigentumsanlage Astraße 14 in B. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin sind Geschwister. Die Wohnungseigentumsanlage entstand durch Teilungserklärung ihrer Eltern im Jahre 1992. Der Antragstellerin wurde das Sondereigentum an der Wohnung Nr. 1 übertragen. Im Jahre 1995 wurden die Antragsgegner Eigentümer der Wohnung Nr. 2, die sie bereits seit 1984 als Mieter bewohnten.
4Das Sondereigentum der Antragstellerin (Wohnung Nr. 1) umfaßte nach der Teilungserklärung u.a. einen darin ausdrücklich angesprochenen Tankraum. Hierin befanden sich zwei, bereits im Jahre 1983 eingebaute Öltanks. Die Ölheizung selbst stand in nach der Teilungserklärung zur Wohnung Nr. 2 gehörenden Räumen. Sie diente nur der Beheizung dieser Wohnung. Die Wohnung Nr. 1 wurde seit ihrer Errichtung durch einen Anbau an das ursprünglich bestehende Gebäude mit einer Gasheizung beheizt.
5Ende Februar 1996 forderte die Antragstellerin die Antragsgegner auf, den Tankraum bis zum 01.05.1996 geräumt herauszugeben, da sie ihre Wohnung veräußern wolle.
6Mit notariellem Vertrag vom 07.03.1996 verkaufe die Antragstellerin ihre Eigentumswohnung an einen Dritten, der am 12.07.1996 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. In dem notariellen Kaufvertrag heißt es:
7„Zu der verkauften Wohnung gehört auch der Tankraum, der derzeit noch von den Eigentümern der anderen Wohnung des Objekts genutzt wird. Der Verkäufer verpflichtet sich, den Tankraum dem Käufer zum 30.04.1996 geräumt zu übergeben frühestens jedoch bei vollständiger Hinterlegung des Kaufpreises. Sollte der Tankraum zu diesem Zeitpunkt nicht geräumt sein, verpflichtet sich der Verkäufer dem Käufer, für jeden angefangenen Monat eine Nutzungsentschädigung von 80,00 DM zu zahlen. Bis zu demZeitpunkt der Räumung dieses Raumes. Der Raum ist jedoch spätestens zum 31.12.1996 geräumt zu übergeben.
8Eventuelle Kosten für die Räumung trägt der Verkäufer“.
9Die Antragsgegner stellten Ende Oktober 1996 die Heizung ihrer Wohnung auf Gas um und ließen die Tanks entleeren. Den Tankraum stellten sie zur Verfügung, ohne die Tanks und die darin enthaltenen Ölrückstände zu entfernen.
10Die Antragstellerin hat die Herausgabe des Tankraums in geräumtem Zustand begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, daß die Antragsgegner aufgrund einer stillschweigend geschlossenen Vereinbarung der Wohnungseigentümer zur unentgeltlichen, jedoch jederzeit kündbaren Nutzung des Tankraums berechtigt gewesen seien. Aufgrund ihrer Kündigung seien die Antragsgegner verpflichtet, den Raum bis zum 01.05.1996 geräumt zu übergeben. Seit diesem Zeitpunkt schuldeten sie Schadenersatz in Höhe von 80,00 DM monatlich sowie weitere 10,00 DM Kontoführungsgebühren und Auslagen, die durch die Zahlung der im notariellen Vertrag mit dem neuen Eigentümer vereinbarte Entschädigung anfielen.
11Die Antragstellerin hat zunächst beantragt:
121. die Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin den in ihrem Sondereigentum stehenden Tankraum in dem Objekt Astraße 14 in B-C im geräumten und besenreinen Zustand herauszugeben;
132. die Antragsgegner zu verpflichten, an sie, beginnend mit dem 01.05.1996 für jeden angefangenen Monat, in dem die Nutzung des unter Ziff. 1 näher bezeichneten Tankraumes durch die Antragsgegner fortdauert, eine Entschädigung in Höhe von 90,00 DM, fällig jeweils am 3. Werktag eines Monats zu zahlen;
143. die unter Ziff. 2 genannte Entschädigung im Falle des Verzuges der Antragsgegner mit 4 % zu verzinsen.
15Die Antragsgegner haben beantragt,
16die Anträge abzuweisen.
17Die Antragsgegner haben den Anspruch auf Herausgabe des Tankraums nicht in Abrede gestellt und gehen -wie die Antragstellerin- von einer stillschweigenden Absprache der Wohnungseigentümer über die Benutzung des Tankraums aus. Sie vertreten jedoch die Auffassung, die Beseitigung der Öltanks sei Sache der Antragstellerin, da sie deren Eigentümerin sei. Zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung seit Mai 1996 seien sie nicht verpflichtet, da ihnen eine Rückgabe des Tankraums vor Oktober 1996 im Hinblick auf die lange Nutzungsdauer nicht zumutbar gewesen sei.
18Das Amtsgericht Bonn hat die Anträge mit Beschluß vom 09.12.1996 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt.
19Am 04.01.1997 hat sie die Kunststofftanks aus dem Tankraum entfernen lassen. Hierfür hat sie 2.977,34 DM aufgewandt.
20Sie hat daraufhin beantragt,
21die Antragsgegner zu verpflichten, an sie 2.977,34 DM zu zahlen und hat im übrigen die Anträge zu 2 und 3 weiterverfolgt.
22Die Antragsgegner haben beantragt,
23die Anträge und die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
24Das Landgericht hat die Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, die Antragstellerin habe keinen Anspruch gegen die Antragsgegner auf Entsorgung der Öltanks, da die Tanks im Sondereigentum der Antragstellerin als Rauminhaberin gestanden hätten. Die Tanks und die übrige Heizungsanlage könnten eigentumsrechtlich auseinander fallen. Die Tanks seien derartig mit dem Tankraum verbunden, daß sie ohne ihre Zerstörung oder Zerstörung des Mauerwerkes nicht von diesem getrennt werden könnten, so daß sie als wesentliche Bestandteile des Sondereigentums der Antragstellerin anzusehen seien.
25II.
26Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 27 FGG statthaft. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
27Der Senat hatte durch Beschluß den Streit nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG zu entscheiden. Zwar sind Streitigkeiten der Wohnungseigentümer über den Inhalt und den Umfang ihres Sondereigentums grundsätzlich nicht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu klären. Die Entscheidung der sachenrechtlichen Grundlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft gehört vielmehr in die Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte (BGH NJW 1995, 2851, (2852)). Im vorliegenden Fall geht es jedoch um Ansprüche aus der zwischen den Wohnungseigentümern stillschweigend geschlossenen Vereinbarung über die Nutzung des im Sondereigentum der Antragstellerin stehenden Tankraums. Diese Vereinbarung regelt die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer aus ihrer Gemeinschaft. Diese Gemeinschaftsbezogenheit des Streits genügt für die Begründung der Zuständigkeit des Gerichts in Wohnungseigentumssachen im Sinne des weit auszulegenden § 43 Abs. 1 WEG (OLG Frankfurt MDR 1982, 151; BayObLG NJW 1972, 1377; OLG Stuttgart NJW 1970, 102).
28Der Anspruch der Antragstellerin auf Ersatz der Kosten für den Ausbau der Öltanks, deren Entsorgung und die Beseitigung der Ölrückstände ergibt sich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten (PVV) aus der zwischen den beteiligten Wohnungseigentümern zustande gekommenen Nutzungsvereinbarung.
29Nach der zwischen den Parteien stillschweigend zustande gekommenen Abrede waren die Antragsgegner berechtigt, die zu ihrer Heizungsanlage gehörenden Tanks in dem zum Sondereigentum der Antragstellerin gehörenden Tankraum zu belassen. Diese Rechtsbeziehung war damit rechtlich als (Raum-)Leihe im Sinne der § 598 ff BGB zu qualifizieren. Nach der Kündigung des Leihvertrages durch die Antragstellerin entsprechend § 605 Nr. 1 BGB waren die Antragsgegner verpflichtet, den Tankraum herauszugeben und die Tanks zu entfernen.
30Gegenstand des Leihvertrages war im vorliegenden Fall nämlich nur der Tankraum als solcher und nicht die darin befindlichen Tanks. Entgegen der Auffassung des Landgerichts war nicht die Antragstellerin, sondern waren vielmehr die Antragsgegner Eigentümer der Öltanks.
31Bei der Beurteilung der eigentumsrechtlichen Zuordnung von Anlagen, die wesentliche Bestandteile i.S.d. §§ 93, 94 BGB eines einer Wohnungseigentümergemeinschaft gehörenden Gebäudes sind, ist nach dem Gedanken des § 5 WEG eine zweckorientierte Betrachtungsweise maßgeblich. Teile und auch Anlagen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch und der Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dienen, unterliegen nach § 5 Abs. 2 WEG dem Sondereigentumsverbot und sind allein wegen ihrer Zweckbestimmung Miteigentum. Hingegen sind die Gebäudeteile und Anlagen, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Eigentümers zu berühren, nach § 5 Abs. 1 WEG sondereigentumsfähig. Insofern ist die eigentumsrechtliche Zuordnung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft losgelöst von dem Grundsatz zu beurteilen, daß Gebäude oder Teile von Gebäuden als wesentliche Bestandteile des Grundstücks oder des Gebäudes nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können (BGH NJW 1975, 688, (689)). Dies betrifft auch Anlagen, die sich in einem Raum befinden, der dem Sondereigentum eines Wohnungseigentums zuzurechnen ist (BGHZ 73, 302 (331)). Es ist insbesondere für Heizungsanlagen anerkannt, daß gemäß § 5 Abs. 2 WEG eine der Gemeinschaft dienende Anlage unabhängig davon gemeinsames Eigentum sein kann, in wessen (Sonder-)Eigentum die Heizungsräume stehen (BGHZ 73, 302 (331); Hurst, Das Eigentum an Heizungsanlagen, DNotZ 1984, 66 (146f)).
32Demgegenüber hat -entgegen der Auffassung des Landgerichts- die Art der Verbindung der Anlage mit dem Raum, in dem sie aufgestellt ist, für die eigentumsrechtliche Beurteilung keine Bedeutung, solange sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist (§ 94 BGB). Denn nur für wesentliche Bestandteile greift die Sonderregelung des § 5 WEG ein (BGHZ 73, 302 (309)). Im vorliegenden Fall war die Heizung mit den dazugehörigen Tanks zur Herstellung des Gebäudes eingebaut worden und war damit wesentlicher Bestandteil des Gebäudes (§ 94 Abs. 2 BGB).
33Auch wenn § 5 Abs. 1 und Abs. 2 WEG nicht unmittelbar einschlägig ist, muß nach dem der Vorschrift zugrundeliegenden Gedanken einer zweckorientierten Zuordnung der Eigentumsverhältnisse im vorliegenden Fall -entgegen der Auffassung des Landgerichts- davon ausgegangen werden, daß die Tanks Eigentum der Antragsgegner waren. Sie dienten nämlich ausschließlich der von ihnen betriebenen und in ihrem Eigentum stehenden Heizungsanlage, die ohne die Tanks nicht arbeiten konnte. Bei der maßgeblichen, zweckorientierten Beurteilung waren die Tanks als Teile der Funktionseinheit „Heizung“ Eigentum der Anlagenbetreiber. Die Antragstellerin war hingegen auf die Tanks nicht angewiesen und hatte an ihnen kein Interesse, da ihre Wohnung seit deren Errichtung mit einer Gasheizung ausgestattet war.
34Die Verpflichtung der Antragsgegner, die in ihrem Eigentum stehenden Tanks zu entfernen, wird nicht dadurch berührt, daß im Zuge des Ausbaues Eingriffe in die Substanz des im Eigentum der Antragstellerin stehenden Tankraumms erforderlich geworden wären. Grundsätzlich hat der Entleiher die Sache in dem Zustand zurückzugeben, der dem vertragsgemäßen Gebrauch entspricht (Palandt-Putzo, BGB, 55. Auflage, § 604 Rdn. 2). Der Inhalt des Leihvertrages kann es dabei einschließen, den entliehenen Gegenstand zu reparieren, auszubessern oder sonst zu verändern. Dieser Verpflichtung kann der Entleiher grundsätzlich nicht entgegen halten, die entliehene Sache stehe im Eigentum des Verleihers. Die schuldrechtliche Verpflichtung zur vertragsgemäßen Rückgabe der Sache schließt vielmehr gerade Maßnahmen zur Herrichtung des fremden Eigentums ein.
35Die Antragstellerin hat darüber hinaus einen Anspruch auf Erstattung der gemäß dem notariellen Vertrag mit dem neuen Eigentümer gezahlten Nutzungsentschädigung ab Mai 1996 bis Januar 1997 in Höhe von 80,00 DM monatlich also insgesamt 720,00 DM. Seit Anfang Mai befanden sich die Antragsgegner nämlich mit der Räumung des Tankraums und der damit einhergehenden Beseitigung der Tanks in Verzug (§ 284 BGB). Nachdem die Antragstellerin das Leihverhältnis gemäß § 605 Nr. 1 BGB gekündigt hatte, waren die Antragsgegner gehalten, nach einer angemessenen, zur Umstellung ihrer eigenen Heizungsanlage erforderlichen Übergangsfrist die Räumlichkeiten geräumt herauszugeben. Bei der gebotenen Beschleunigung hätte für die Umstellung ihrer eigenen Heizungsanlage ein Zeitraum von zwei Monaten genügt, so daß sie aufgrund des Herausgabeverlangens der Antragstellerin vom 28.02.1996 zur Räumung bis zum 01.05.1996 verpflichtet war. Der Antragstellerin steht allerdings kein Anspruch auf Zahlung der darüberhinaus geltend gemachten 10,-DM monatlich (wegen Kontoführung) zu. Es ist nämlich nicht ersichtlich, daß ihr ein entsprechender monatlicher Vermögensnachteil entstanden ist.
36Der Anspruch auf die zuerkannten Zinsen ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges aus §§ 284, 288 Abs. 1 BGB. Bei der Bestimmung des Zinsschadens war allerdings zu berücksichtigen, daß entsprechend § 551 Abs. 1 BGB die mit dem Erwerber der Eigentumswohnung vereinbarte Nutzungsausfallentschädigung jeweils am Monatsende fällig wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt entstand der verzugsbedingte Schaden.
37Es entspricht billigem Ermessen, den Antragsgegnern die gerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Es besteht keine Veranlassung, von dem Grundsatz abzuweichen, wonach im Wohnungseigentumsverfahren jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 47 Abs. 1 WEG).
38Wert des Beschwerdegegenstandes 3.787,34 DM.