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T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über das von der Klägerin geschuldete Lizenzentgelt aus einem mit der Beklagten geschlossenen Zeichennutzungsvertrag.
3Die Klägerin produziert und vertreibt Kaugummierzeugnisse in einer sogenannten Zehnerstreifenpackung, die von einer luftdichten Aluminiumfolienverpackung aromaschützend umhüllt ist. In dieser Packung sind 10 einzelne Kaugummiportionen, die jeweils zunächst in einer Aluminiumfolie verpackt sind. Um jeden dieser Streifen wird ein Papierstreifeneinwickler angebracht. Dieser enthält u.a. ein Piktogramm (Kopie Bl. 28 d.GA.), das den Benutzer dazu auffordert, den Kaugummi nach Gebrauch mit dem Aluminiumeinwickler in einen Papierkorb zu werfen.
4Die Beklagte ist die gemäß § 6 Abs. 3 der Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung - VerpackV) vom 12.06.1991 (BGBl. I, 1234) geschaffene privatrechtliche Trägerorganisation, der es obliegt, ein duales Entsorgungssystem zur Vermeidung und Verminderung von Verpackungsabfall zu organisieren und zu betreiben. In Erfüllung dieser Zielsetzung ist es Aufgabe der Beklagten, ein endverbraucher- nahes Erfassungssystem für Verpackungen außerhalb der öffentlichen Abfallentsorgung aufzubauen und zu betreiben. Sie soll zudem die Herbeiführung von Abnahme- und Verwertungsgarantien sowie den Abschluß von Verwertungsverträgen fördern. Sie ist Inhaberin der unter RL Nr. 2 001 185 geschützten Marke "DER GRÜNE PUNKT" (Bl. 91 d.GA.). Das Recht zur Nutzung dieses Zeichens vergibt die Beklagte gegen Zahlung eines Lizenzentgelts an Hersteller und Vertreiber, wobei sie auf der Grundlage der Verpackungsverordnung zusichert, für eine flächendeckende Sammlung, Sortierung und Verwertung gebrauchter Verkaufspackungen zu sorgen. Durch den Abschluß eines entsprechenden Vertrages entfallen für die Vertragspartner die Rücknahme- und Verwertungspflichten für Verkaufspackungen aus der Verpackungsverordnung.
5Unter dem 18.11./06.12.1994 schlossen die Parteien mit Wirkung zum 01.01.1995 einen "Zeichennutzungsvertrag für das Zeichen "Der GRÜNE PUNKT" zur Freistellung der Zeichennehmerin von den Rücknahme- und Verwertungspflichten aus der Verpackungsverordnung" (Bl. 11 ff. d.GA.), durch den die Klägerin das entgelt- liche Recht erhielt, das Zeichen "DER GRÜNE PUNKT" zur Kennzeichnung der von ihr gesondert anzumeldenden Verkaufsverpackungen zu nutzen (§ 1 Abs. 1 des Vertrags, Bl. 12 d.GA.). Als Gegenleistung für dieses Nutzungsrecht schuldet die Klägerin als Zeichennehmerin für alle von ihr im Rahmen dieses Vertrags mit dem Zeichen "DER GRÜNE PUNKT" auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vertriebenen Verpackungen der Beklagten ein Lizenzentgelt (§ 4 Abs. 1 des Vertrags Bl. 13 d.GA.).
6Mit Vereinbarung vom 30.05.1995 (Bl. 23 ff. d.GA.) regelten die Parteien ein vereinfachtes Meldeverfahren. Hiernach verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der Beklagten, ihr Gesamtsortiment gemäß der jeweils aktuellen Lizenzentgeltliste abzurechnen (Ziffer 2 der Vereinbarung, Bl. 23 d.GA.). Nach dem Inhalt der "Lizenzentgeltliste und Bemessungsgrundlagen ab 01.01.1995" (Bl. 92 ff. d.GA.) ist jeder Bestandteil der Gesamtverpackung entgeltpflichtig (Ziffer II. lit. A) Ziffer 1.; Bl. 93 d.GA.).
7Auf der Grundlage dieser Vereinbarungen wurde bis zum 01.01.1996 das Lizenzentgelt entsprechend der Anmeldung der Klägerin zwischen den Parteien auch unter Einbeziehung der von der Klägerin angemeldeten Aluminium- und Papiereinzelstreifeneinwickler abgerechnet. Mit Schreiben vom 22.02.1996 (Bl. 100 d.GA.) übermittelte die Klägerin der Beklagten eine korrigierte "Ist-Zahlmeldung für den Monat Januar 1996", in der die Aluminium- und Papierstreifeneinwickler bei der Berechnung nicht mehr berücksichtigt wurden, da die Klägerin nach Rücksprache mit ihren anwaltichen Beratern der Auffassung war, daß diese nicht "gebührenpflichtig" seien. Mit Schreiben vom 11.06.1996 (Bl. 53 ff. d.GA.) widersprach die Beklagte dieser Abrechnungspraxis.
8Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß sie nicht verpflichtet ist, für den Aluminium- und den Papiereinzelstreifeneinwickler ein Lizenzentgelt zu zahlen.
9Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf eine nicht rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 05.09.1995 - 22 U 281/94 (OLGR 1995, 268 ff.) - und die EG-Richtlinie 94/62 vom 20.12.1994 (Abl. L 365/10) die Auffassung vertreten, die Einzelstreifeneinwickler seien nicht entgeltpflichtig. Die Einwicklung der Einzelstreifen geschehe ausschließlich, um eine möglichst umweltfreundliche Verwendung und Entsorgung des Kaugummis zu ermöglichen. Hierdurch würden nicht unerhebliche Folgekosten für die Allgemeinheit vermieden, die durch unsachgemäße unverpackte Entsorgung eines Kaugummis entstehen würden. Eine Lizenzentgeltverpflichtung ergebe sich nicht daraus, daß die Umhüllungen daneben auch eine Verpackungsfunktion erfüllten. Dieser komme nur untergeordnete, unwesentliche Bedeutung zu.
10Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte sei nicht in der Lage, die als lizenzpflichtig behandelten Kleinpackungen vertragsgemäß flächendeckend zu sammeln, zu sortieren und der Verwertung zuzuführen.
11Die Klägerin hat beantragt,
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13festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, bei der Berechnung der von ihr aufgrund der Vereinbarung über die Nutzung des Zeichens "DER GRÜNE PUNKT" vom 18.11.1994/06.12.1994 in Verbindung mit der Vereinbarung vom 30.05.1995 geschuldeten Lizenzentgeltzahlung folgende Bestandteile der von ihr in Verkehr gebrachten Kaugummiprodukte zu berücksichtigen
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15a) Aluminiumeinzelstreifeneinwickler
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17b) Papiereinzelstreifeneinwickler.
18Die Beklagte hat beantragt,
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20die Klage abzuweisen.
21Sie hat vorgetragen, eine Lizenzentgeltverpflichtung ergebe sich bereits aus der Abwicklung des Lizenzentgeltvertrags bis zum 01.01.1996. Zudem seien die Einzelstreifenumhüllungen im Sinne der Verpackungsverordnung und der getroffenen Lizenzentgeltsvereinbarungen als Verkaufspackung einzustufen, da sie bis zum Verbrauch der Ware verwendet würden. Der Umhüllung komme die Funktion zu, den hygienischen und schmutzabweisenden Transport der einzelnen Kaugummistreifen bis zum Verbrauch des letzten in der 10-Streifen-Packung befindlichen Kaugummis zu gewährleisten. Daß die Verpackung darüber hinaus auch nach dem Verbrauch noch einer bestimmten Funktion dienlich sein könne, stehe der Qualität als Verkaufspackung nicht entgegen.
22Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil vom 09.01.1997 (Bl. 178 ff. d.GA.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei gemäß § 1 Abs. 1 des Zeichennutzungsvertrags verpflichtet, auch für die Papierstreifeneinwickler ein Lizenzentgelt zu zahlen. Es handele sich um eine ähnliche Umhüllung wie in § 3 Abs. 1 Ziffer 2 VerpackV beschrieben, die vom Endverbraucher zum Verbrauch der Ware verwendet wird. Die Funktion der Umhüllung entspreche dem Zweck einer Verkaufsverpackung. Dagegen spreche auch nicht, daß die Klägerin empfehle, nach dem Genuß oder bei Unterbrechung des Verzehrs den Aluminiumeinzelstreifeneinwickler als Gebrauchs- oder Entsorgungshilfe zu nutzen. Die Einordnung der Einwickler als Verkaufspackung stehe im Einklang mit dem Begriff der Verkaufspackung gemäß Art. 3 Ziffer 1a) der EG-Richtlinie 94/62 vom 20.12.1994 (Abl. L 365/10 vom 31.12.1994).
23Gegen das ihr am 30.01.1997 zugestellte Urteil (Bl. 191 d.GA.) hat die Klägerin mit einem am 28.02.1997 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 194 f. d.GA.) Berufung eingelegt, die sie in einem weiteren Schriftsatz begründet hat (Bl. 203 ff. d.GA.), der nach entsprechender Fristverlängerung am 28.05.1997 bei Gericht eingegangen ist.
24Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Feststellungsantrag weiter. Sie greift das landgerichtliche Urteil im wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens an.
25Die Klägerin trägt vor, es habe bis zum 01.01.1996 bereits keine einvernehmliche Handhabung der Abrechnung des Lizenzentgeltes gegeben. Sie habe stets die Auffassung vertreten, daß die streitbefangenen Einwickler nicht zu den entgeltpflichtigen Verkaufspackungen i.S.d. § 3 Abs. 1 Ziffer 2 der VerpackV gehörten. Nur die äußere Umhüllung der Zehnerpackung sei eine Verkaufsverpackung; nicht indes die Umhüllung, die innerhalb der Verkaufsverpackung notwendig werde, um die spätere Entsorgung des Kaugummis sicherzustellen. Dies entspreche der Definition der Verbrauchspackung und der EG-Richtlinie. Zudem sei die Beklagte nicht in der Lage, entsprechend den Zielvorgaben der Verpackungsverordnung die Einwickler getrennt zu lagern und zu entsorgen. Eine Novellierung der Verpackungsverordnung sehe dementsprechend auch eine angemessene Regelung für die Kleinstverpackungen vor.
26Die Klägerin beantragt,
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28unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 09.01.1997 - 29 O 180/95 - nach ihren erstinstanzlichen Schlußanträgen zu erkennen und
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30ihr nachzulassen, etwaige Sicherheit durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder Sparkasse erbringen zu dürfen.
31Die Beklagte beantragt,
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33die Berufung zurückzuweisen und
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35ihr nachzulassen, Sicherheitsleistungen auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.
36Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe ihre anfänglichen Bedenken gegen eine Verpflichtung, auch für die streitgegenständlichen Einwickler ein Lizenzentgelt zu zahlen, später fallen gelassen und diese uneingeschränkt angemeldet. Zudem habe sie die Lizenzentgelte ohne jeden Vorbehalt bezahlt. Sie erfülle bereits seit 1993 die in der Verpackungsverordnung vorgegebenen Quoten.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der von den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
38E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
39Die form- und fristgerecht eingelegte und im übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
40I.
41Die Beklagte ist berechtigt, von der Klägerin auch für die Papier- und Aluminiumeinzelstreifeneinwickler Lizenzgebühren zu verlangen.
421.
43Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich ein derartiger Zahlungsanspruch nicht aus der zwischen den Parteien bis zum 01.01.1996 geübten Praxis, sämtliche Bestandteile der Kaugummiverpackung einschließlich der Einzelstreifeneinwickler als lizenzentgeltpflichtig abzurechnen. Weder der Zeichennutzungsvertrag vom 18.11./06.12.1994 noch die "Vereinbarung über die Meldung des Gesamtsortiments" vom 14.03./30.05.1995 enthält eine von der Verpackungsverordnung unabhängige Einigung der Parteien über die Entgeltlichkeit sämtlicher Bestandteile der von der Klägerin verwandten Verpackung.
44Von dem abgeschlossenen Lizenzentgeltvertrag sollten vielmehr nur solche Verpackungen erfaßt werden, für die die Klägerin gemäß § 6 VerpackV eine entsprechende Rücknahme- und Verwertungsverpflichtung trifft. Dieser Vertrag ist im Zusammenhang mit der der Klägerin durch die Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen vom 12.06.1991 (Verpackungsverordnung - VerpackV -; BGBl. I, 1234) auferlegten Rücknahme- und Verwertungspflichten zu sehen. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag zielt darauf, die Klägerin nach § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der VerpackV von diesen Verpflichtungen freizustellen. Die vertragliche Übung der Parteien wurde insoweit maßgeblich von der Annahme bestimmt, die streitbefangenen Einwickler seien als Verkaufsverpackungen i.S.d. Verpackungsverordnung einzustufen.
45Abgesehen davon besteht für die Parteien keine rechtliche Möglichkeit, vertraglich festzulegen, was unter entgeltpflichtigen Verkaufspackungen im Sinne der Verpackungsverordnung zu verstehen ist. Dieses Recht oblag und obliegt allein dem Verordnungsgeber, der diese Definition in dieser Verordnung festgelegt hat.
46Aus den vorstehenden Erwägungen kann es bereits dahingestellt bleiben, ob es zwischen den Parteien bis zum 01.01.1996 überhaupt eine übereinstimmende unbestrittene Praxis gab, sämtliche Bestandteile der Kaugummiverpackung einschließlich der Einzelstreifeneinwickler als lizenzentgeltpflichtig zu betrachten.
472.
48Die Klägerin ist indes gemäß § 4 Abs. 1, Abs. 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Zeichennutzungsvertrags für das Zeichen "Der GRÜNE PUNKT" vom 18.11./06.12.1994 in Verbindung mit der Vereinbarung über die Meldung des Gesamtsortiments vom 14.03./30.05.1995 und der Lizenzentgeltliste und Bemessungsgrundlage ab 01.01.1995 verpflichtet, ein Lizenzentgelt auch für die Aluminium- und die Papiereinzelstreifeneinwickler zu zahlen. Insoweit handelt es sich um lizenzentgeltliche Verkaufsverpackungen i.S.d. § 1 Abs. 1 des Zeichennutzungsvertrags.
49a)
50Der Begriff der "Verkaufsverpackungen", für die die Beklagte ein Lizenzentgelt für die Gestattung der Zeichennutzung verlangen kann, wird in den vertraglichen Vereinbarungen nicht definiert. Es sind insoweit unter Berücksichtigung des Wortlautes der Vereinbarungen und des Vertragszwecks - Befreiung von den Rücknahme- und Verwertungspflichten gemäß der Verpackungsverordnung - die Begriffsbestimmungen dieser Verordnung ergänzend heranzuziehen, so daß ein Zahlungsanpruch der Beklagten dann besteht, wenn die Klägerin "Verkaufsverpackungen" im Sinne des § 3 Abs. 1 Ziffer 2 der VerpackV in den Verkehr bringt.
51Zutreffend hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, daß die streitgegenständlichen Einwickler "Verkaufsverpackungen" im Sinne der Verpackungsverordnung sind (§ 543 ZPO). Die hiergegen gerichteten Ausführungen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigen keine andere Beurteilung.
52Gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 2 VerpackV sind "Verkaufsverpackungen" "geschlossene oder offene Behältnisse und Umhüllungen von Waren wie Becher, Beutel, Blister, Dosen, Eimer, Fässer, Flaschen, Kanister, Kartonagen, Schachteln, Säcke, Schalen, Tragetaschen oder ähnliche Umhüllungen, die vom Endverbraucher zum Transport oder bis zum Verbrauch der Waren verwendet werden."
53Die Aluminium- und Papiereinzelstreifeneinwickler sind eine den beispielhaft aufgeführten Verkaufsverpackungen ähnliche Umhüllung, die vom Endverbraucher zum Verbrauch der Ware verwendet wird. Den nicht abschließend in § 3 Abs. 1 Ziffer 2 der VerpackV aufgezählten Verkaufsverpackungen ist grundsätzlich die Umhüllungsfunktion gemeinsam. Eine entsprechende Funktion kommt auch den streitgegenständlichen Einwicklern zu. Zwischen den Parteien ist insoweit unstreitig, daß die von der Klägerin hergestellten Kaugummistreifen sowohl von Aluminium- als auch von Papiereinwicklern "umhüllt" werden. Der Endverbraucher benutzt diese Einwickler auch zum Transport und verwendet sie zudem bis zum Verbrauch der Ware. Für die äußere Umhüllung der Zehner-Packung ist dies zwischen den Parteien unstreitig. Dies gilt aber auch für die innere, unmittelbare Verpackung der einzelnen Kaugummistreifen, die der Endverbraucher nach dem Erwerb der Ware nicht sofort entfernt.
54Insoweit erfüllen die Einzelstreifeneinwickler bis zum Verbrauch des einzelnen Kaugummistreifens die für Verkaufspackungen charakteristischen Schutz- und Aufbewahrungsfunktionen (vgl. hierzu allgemein: Merkblatt des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, II, 1. c) mit weiteren Beispielen, Kopie Bl. 155 ff. (157) d.GA.).
55Solange die äußere, alle zehn Kaugummistreifen luftdicht umhüllende Aluminiumfolienverpackung unbeschädigt ist, wird durch die Einwickler verhindert, daß die gepuderten Einzelstreifen bei Erwärmung der Packung zusammenkleben. Zudem sind die Einzelverpackungen auch notwendig, um den Kaugummi in einer Zehner-Streifen-Packung verkaufen zu können. Nach dem Öffnen der äußeren Verpackung, die - unstreitig - als Verkaufsverpackung einzustufen ist, übernimmt der gefaltete Aluminiumeinwickler mit dem ihn zusammenhaltenden Papiereinwickler - jedenfalls vorübergehend - die aromaschützende Funktion der äußeren Verpackung. Ansonsten müßten alle Kaugummistreifen der Zehnerpackung sofort nach dem Öffnen der äußeren Verpackung konsumiert werden. Hiervon geht aber auch die Klägerin nicht aus, die insoweit nach dem Öffnen der Außenverpackung auch eine begrenzte Frischegarantie einräumt.
56Die Einzelstreifeneinwickler verhindern zugleich ein rasches Austrocknen der einzelnen Kaugummistreifen. Außerdem bleiben die Einzelstreifen, die üblicherweise nicht auf einmal genossen werden, bis zum Verbrauch hygienisch verpackt.
57Entgegen der Auffassung der Klägerin in der Berufungsbegründungsschrift ist der Aluminiumeinzelstreifeneinwickler nicht notwendig, um die spätere Entsorgung des Kaugummis sicherzustellen. Dieser kann auch ohne Papier bzw. mit jedem anderen Papier entsorgt werden. Ginge es der Klägerin ausschließlich um die Entsorgung, so könnte sie auf eine Umhüllung der einzelnen Kaugummistreifen verzichten und ein Papier als Zugabe zu dem einzelnen Kaugummistreifen separat mitgeben, damit der Endverbraucher nach dem Genuß des Produkts diesen in den beiliegenden Blättchen einwickeln und entsorgen kann. Auf jeden Fall wäre insoweit nicht noch zusätzlich die Verwendung eines Papiereinzelstreifeneinwicklers erforderlich.
58So räumt auch die Klägerin ein, daß nur ein Teil der Käufer den Aluminiumeinwickler entsprechend ihrer "Entsorgungsbotschaft" nutzt. Dem von der Klägerin selbst vorgelegten Bericht über eine von der Firma E. durchgeführte Befragung vom Oktober 1996 (Bl. 146 ff. d.GA.) ist zu entnehmen, daß weniger als die Hälfte der Teilnehmer der Umfrage sich dahingehend geäußert hatten, daß ihnen der Entsorgungszweck des Einwicklers bekannt ist. Nur 32,6 % der Befragten wickelt den Kaugummi nach Genuß in den Aluminiumstreifen ein und entsorgt ihn auf diese Weise. Der überwiegende Anteil der Befragten (60,1 %) pflegen den Aluminiumeinwickler sogleich nach Entnehmen des Kaugummistreifens wegzuwerfen.
59b)
60Soweit mehrere Umhüllungen vorliegen (äußere Verpackung, Papiereinzelstreifeneinwickler, Aluminiumeinzelstreifeneinwickler) entfällt hierdurch nicht die Eigenschaft als Verkaufsverpackung. Diese kann auch aus mehreren Teilen bestehen, die zusammengenommen dem bestimmungsgemäßen Verbrauch oder der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme der Ware dienen. Ferner kann auch eine zweite Verpackung um eine schon vorhandene Produktverpackung eine Verkaufsverpackung sein, ohne daß die erste diese Eigenschaft verliert. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn diese zweite Verkaufsverpackung notwendig ist, um die Ware auf dem Transport durch den Endverbraucher zu schützen oder für den bestimmungsgemäßen Verbrauch bzw. die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme erforderlich ist, z.B. aus Gründe des Aromaschutzes, der Sterilität, der Haltbarkeit (vgl. hierzu: Merkblatt des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, II, 1. c) bb), cc) mit weiteren Beispielen, Kopie Bl. 155 ff. (157) d.GA.).
61Aus dem unter II. 1. C. aufgeführten Beispiel für Mehrstückverkaufsverpackungen, nämlich der Bonbon-Tüte mit einzelnen verpackten Bonbons, wird deutlich, daß auch nach dem in diesem Merkblatt zum Ausdruck kommenden Willen des Verordnungsgebers den streitgegenständlichen Einwicklern aufgrund der hier gegebenen Umhüllungsfunktion die Qualität einer Verkaufspackung nicht abzusprechen ist.
62c)
63Entgegen der Auffassung der Klägerin verlieren diese ihre Eigenschaft als Verkaufsverpackung i.S.d. Verpackungsverordnung nicht dadurch, daß ihnen zusätzlich auch noch weitere Funktionen (Aufbewahren und Entsorgen des Kaugummis) beigemessen werden.
64Selbst wenn die Einwickler dazu dienen sollen, eine möglichst umweltfreundliche Verwendung und Entsorgung der Kaugummis zu ermöglichen, tritt hierdurch die Verpackungsfunktion nicht völlig in den Hintergrund. Eine entsprechende Sekundärfunktion läßt vorliegend die Verpackungseigenschaft nicht entfallen. Vielmehr fallen Produktumhüllungen auch dann unter die Verpackungsverordnung, wenn sie neben der Verpackungsfunktion auch noch weiteren Zwecken dient.
65So besteht die Sekundärfunktion der Verpackung nur solange, wie das Produkt ge- oder verbraucht wird. Sie entfällt - nicht anders als die Primärfunktion - sobald der Verbraucher die Verpackung zurückgibt. Entscheidet sich der Verbraucher also dafür, die Sekundärfunktion nicht mehr in Anspruch zu nehmen, besteht kein sachlicher Grund, diese Verpackungen vom Geltungsbereich der Verpackungsverordnung auszunehmen.
66Eine entsprechend weite Auslegung des Begriffs "Verkaufsverpackungen" im Sinne des § 3 Abs. 1 Ziffer 2 VerpackV entspricht der Zielvorstellung der Verpackungsverordnung. Der Verordnungsgeber wollte durch die beispielhafte Aufzählung und die Wahl des Begriffs "sonstige Umhüllungen" den Verpackungsbegriff bewußt weit fassen. Es sollten möglichst alle Verpackungen in den Anwendungsbereich einbezogen werden (BR-Drucks 817/90, S. 43), um vermeidbares Verpackungsaufkommen zu reduzieren (vgl. BR-Drs. 817/90, S. 24 f.; OLG Köln, OLGR 1995, 268 ff. (269)).
67Diese Zielvorgaben sind in § 1 VerpackV eingegangen und insoweit verbindlich vorgeschrieben. Sie werden nur erreicht, wenn umfassend die Verkaufsverpackungen der Verordnung unterworfen werden. So stellt die Rücknahmepflicht nach § 6 VerpackV auch nicht auf eine bestimmte Funktion der Verkaufsverpackung ab. Vielmehr nimmt sie lediglich auf "vom Endverbraucher gebrauchte Verkaufsverpackungen" Bezug, d.h. Verpackungen, die ihre Funktion verloren haben (vgl. BR-Drs 817/90, S. 49).
68Ob entsprechend der von der Beklagten in der Klageerwiderung zitierten Auffassung von Rummler/Schutt (Verpackungsverordnung, 1991, S. 89) eine andere Beurteilung erforderlich ist, wenn einer Umhüllung eines langlebigen Produkts neben der Verpackungsfunktion noch weitere wichtige Funktionen zur Nutzung des Produktes zukommen (wie z.B. Hülle einer CD, Koffer einer Bohrmaschine) und somit die Umhüllung als zum Produkt gehörig und nicht mehr als eigenständige Verpackung anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben.
69Vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht gegeben. Dies mag, wie das OLG Köln in seiner Entscheidung vom 05.09.1995, 22 U 281/94 (OLGR 1995, 268 ff.) ausführt, für den Karton eines Gesellschaftsspiels gelten. Insoweit bilden Karton und Inhalt letztlich eine Einheit. Eine entsprechende Bedeutung kommt indes dem Aluminiumpapier eines Kaugummistreifens nicht zu. Zunächst handelt es sich bei einem Kaugummi gerade nicht um ein langlebiges Produkt. Vielmehr ist es zum alsbaldigen Verzehr bestimmt, was auch durch die nur eingeschränkte Frischegarantie der Klägerin zum Ausdruck kommt. Zudem kommen dem Aluminiumpapier - wie vorstehend aufgezeigt - vornehmlich Schutzfunktionen zu und somit ist es eher mit der klassischen Lebensmittelverpackung vergleichbar.
70d)
71Die Einordnung der Einwickler als Verkaufspackung steht im Einklang mit dem Begriff der Verkaufspackung, wie er in Art. 3 Ziffer 1a) der EG-Richtlinie 94/62 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.1994 (Abl. L 365/10) definiert ist.
72Im Sinne der Richtlinie ist eine "Verkaufspackung" eine Verpackung, die dem Endabnehmer oder -verbraucher in der Verkaufsstelle als eine Verkaufseinheit angeboten wird. Diese Definition ist wesentlich weiter gefaßt als § 3 der VerpackV, so daß die gesamte Verkaufseinheit - einschließlich ihrer Bestandteile - als Verkaufsverpackung i.S.d. EG-Verordnungen anzusehen ist.
73e)
74Gegen die Lizenzentgeltverpflichtung spricht auch nicht, daß die Beklagte - so der bestrittene Sachvortrag der Klägerin - nicht in der Lage ist, entsprechend den Zielvorgaben der Verpackungsverordnung die Kleinverpackungen wie Milchdöschen oder die Zehnerstreifenverpackung der Klägerin flächendeckend zu sammeln, zu sortieren und der Verwertung zuzuführen.
75Grundlage des zwischen den Parteien abgeschlossenen Zeichennutzungsvertrag es ist nicht die Zusage einer konkreten Entsorgung des Verpackungsmaterials durch die Beklagte. Die Parteien haben keinen Entsorgungsvertrag, sondern einen Lizenzvertrag abgeschlossen, durch den die Klägerin das entgeltliche Recht erhielt, das Zeichen "Der GRÜNE PUNKT" zur Kennzeichnung der von ihr gesondert anzumeldenden Verkaufsverpackungen zu nutzen. Gleichzeitig wurde die Klägerin von der Rücknahme- und Verwertungsverpflichtung gemäß § 6 VerpackV freigestellt. Ob die Beklagte der ihr durch diese Verordnung auferlegten Entsorgungsverpflichtung nachkommt bzw. überhaupt nachkommen kann, hat auf das konkrete Vertragsverhältnis keine Auswirkung. Insoweit kann es auch dahingestellt bleiben, inwieweit die Beklagte ab 1995 eine Mindesterfassungsquote von 80 % des Müllaufkommens erreicht hat.
76f)
77Unbedeutend ist auch, daß - so die Klägerin - bei der Novellierung der Verpackungsverordnung erwogen wird, Kleinstverpackungen entsprechend dem Kostenverhältnis zu berücksichtigen. Solange der Verordnungsgeber die Verpackungsverordnung nicht in diesem Sinne geändert hat, ist auf das streitgegenständliche Vertragsverhältnis die derzeit geltende Fassung anzuwenden.
78II.
79Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
80Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.800.000,00 DM
81(Beschluß des Senates vom 27.06.1997, Bl. 218 d.GA.)
82Beschwer für die Klägerin: über 60.000,00 DM