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T a t b e s t a n d :
2Mit Vertrag vom 14.3.1995 vermietete der Kläger dem Beklagten Räume zur gewerblichen Nutzung (Friseurgeschäft mit Textilienverkauf). Der Mietvertrag (künftig: MV) enthält u.a. folgende Bestimmungen:
3§ 1 Mieträume
4(4) Der Vermieter leistet keine Gewähr dafür, daß die gemieteten Räume und Grundstücksflächen den in Frage kommenden technischen Anforderungen sowie den behördlichen und anderen Vorschriften entsprechen. Der Mieter hat behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen, ...
5(6) Beschaffung, Installation und Wartung der Beleuchtungskörper in den Mieträumen, die Maler- und Tapezierarbeiten, sowie die betriebsspezifischen Einbauten sind Sache des Mieters. ...
6§ 3 Miete
7(1) Für die Zeit vom 1.4.1995 bis 30.6.1995 verzichtet der Vermieter wegen der erforderlichen Umbauzeit auf die Zahlung einer monatlichen Nettomiete. Die Nettomiete beträgt für die Zeit ab 1.7.1995 bis 30.6.1996 monatlich 4.000 DM ... Ab dem 1.7.1996 beträgt die monatliche Nettomiete 4.500 DM ... In der Nettomiete ist keine Mehrwertsteuer enthalten.
8(2) Zusätzlich zu dem Mietzins sind monatlich zu entrichten für: Wasserversorgung, Entwässerung, Müllabfuhr ... (es folgt eines Aufzählung diverser weiterer Nebenkosten) als Vorauszahlung 350 DM. Die Nebenkostenvorauszahlung beginnt ab 1.4.1995 350 DM zgl. MWSt.
9(4) Die Nettomiete in Höhe von DM 4.000,00
10zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung von DM 350,00
11DM 4.350,00
12zuzüglich Mehrwertsteuer (z.Zt. 15 %) DM 652,50
13insgesamt DM 5.002,50
14sind jeweils monatlich im voraus, spätestens am dritten Werktag eines Monats porto- und spesenfrei an den Vermieter ... zu zahlen ...
15§ 4 Mietsicherheit
16Vor Übernahme der Mieträume stellt der Mieter eine Sicherheit in Höhe von 25.000 DM ...
17Der Vermieter darf sich für Forderungen, die er gegen den Mieter während oder nach Beendigung des Mietverhältnisses im Zusammenhang mit diesem erlangt, aus der Kaution befriedigen. ...
18§ 5 Mietzeit und Kündigung
19(1) Das Mietverhältnis beginnt am 1.4.1995 und endet am 31.3.2000.
20(3) Endet das Mietverhältnis durch eine Kündigung des Vermieters (ordentliche oder außerordentliche - fristlose - Kündigung) aus Gründen, die der Mieter zu vertreten hat (vertragswidriger Gebrauch, Mietrückstände u.a.) so hat der Mieter dem Vermieter alle Schäden zu ersetzen, die durch die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses entstehen, z.B. dadurch, daß die Räume/Flächen nach dem Auszug des Mieters zeitweilig ganz oder teilweise nicht gegen Zahlung eines Entgelts vermietet oder in anderer Weise überlassen werden können oder nur zu einem niederen Mietzins vermietet oder überlassen werden können. Diese Haftung des Mieters erstreckt sich auf die Zeit bis zum Ende der vereinbarten Mietzeit.
21In den Allgemeinen Vertragsbestimmungen des Klägers (künftig: AVB), die gemäß § 8 MV Bestandteil des Mietvertrags sind, wird u.a. bestimmt:
22Art. 4: Mietzahlung
23Die Miete und die Nebenkosten sind für den jeweilig vereinbarten Zahlungszeitraum im voraus, spätestens bis zum dritten Werktage des Zahlungszeitraums kostenfrei zu entrichten. ...
24Der Mieter kann mit einer Gegenforderung nur aufrechnen oder ein Minderungs- oder Zurückbehaltungsrecht nur ausüben, wenn er dies dem Vermieter mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete unter schriftlicher Begründung angekündigt hat.
25Art. 5: Übergabe der Mieträume
26Der Mieter erkennt die Mieträume nach Besichtigung als zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignet an; er bestätigt, das Mietobjekt in vertragsgemäßem Zustand übernommen zu haben. Dies gilt nicht für Mängel, deren Beseitigung bei der Übergabe vom Vermieter schriftlich zugesagt worden ist. ...
27Sonstige Mängel, die beim Vertragsschluß vorhanden waren, berechtigen den Mieter nicht, Schadensersatz- oder Minderungsansprüche zu erheben.
28...
29Art. 10: Außerordentliches Kündigungsrecht
30Der Vermieter kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung kündigen. Als wichtiger Grund ist insbesondere anzusehen, wenn
31...
322. der Mieter mit der Entrichtung des monatlichen Mietzinses in Höhe eines Betrages, der den Mietzins für einen Monat übersteigt, im Rückstand ist oder ...
33In einem von beiden Parteien am 16.3.1995 unterzeichneten Übernahmeprotokoll heißt es:
342. Vorhandene Mängel:
35a) Defekte Toilettentür
36b) defekte Toilettenspülung
37c) teilweise Spannungsrisse in den Fliesen
38d) leichte Eingangstürbeschädigung durch Einbruch
39Die Toilettentür ist bestellt und wird bei Erhalt vom Vermieter auf dessen Kosten ausgetauscht.
40Die Toilettenspülung wird ebenfalls auf Vermieterkosten instandgesetzt.
41Die anderen Punkte dienen lediglich der Bestandsaufnahme für die spätere Rückgabe der Mietfläche.
42Nachdem der Beklagte die Mieten und Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Oktober bis Dezember 1995 und Januar bis April 1996 jeweils mit mehreren Tagen Verspätung (und teilweise erst nach schriftlicher Mahnung des Klägers) gezahlt hatte, erfolgten für die Zeit ab Mai 1996 keinerlei Zahlungen mehr, was der Kläger zum Anlaß nahm, (nach vorheriger Mahnung wegen des Rückstands) durch Anwaltsschreiben vom 20.6.1996 die fristlose Kündigung des Mietvertrags auszusprechen verbunden mit der Aufforderung, die Mietsache spätestens bis zum 30.6.1996 zurückzugeben. Mit Anwaltsschreiben vom 25.6.1996 widersprach der Beklagte "vorläufig" der Kündigung, beanstandete, der Kläger habe trotz mehrfacher Zusage die gerissenen Bodenfliesen im Ladenlokal nicht instandgesetzt, und teilte mit, er habe die Miete für Mai und Juni auf null reduziert, um den Kläger zur Instandsetzung zu veranlassen; er setzte dem Kläger für die Instandsetzung eine Frist bis zum 15.7.1996 und kündigte anderenfalls seinerseits die fristlose Kündigung an. Nachdem er die Mieträume am 8.8.1996 an den Kläger zurückgegeben hatte, sprach er mit Schreiben vom 12.8.1996 die fristlose Kündigung wegen nicht erfolgter Mängelbeseitigung aus. Mit Wirkung ab 1.5.1997 vermietete der Kläger die Räume an eine Frau D. zum Betrieb eines Café/Restaurants, wobei die Mietzinszahlungspflicht ab August 1997 einsetzte; die Nettomiete beträgt 3.500 DM; das Mietverhältnis ist fest abgeschlossen bis zum 30.4.2007; für die Zeit nach dem 1.5.2000 ist eine Anpassung der Miete an die veränderten Lebenshaltungskosten vorgesehen.
43Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von nach seiner Auffassung rückständigen Mieten und Nebenkostenvorauszahlungen bzw. Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 1.5. bis 8.8.1996 in Anspruch und begehrt darüberhinaus Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entstanden ist, daß er die Räume nach der Rückgabe durch den Beklagten nicht bzw. nur zu einem geringeren Mietzins weitervermieten konnte; außerdem beansprucht er Schadensersatz, weil der Beklagte die Räume nicht in ordnungsgemäßem Zustand zurückgegeben habe. Eine Minderung der Miete ist nach seiner Auffassung nicht eingetreten, weil die Haarrisse in den Fliesen dem Beklagten bei Abschluß des Mietvertrags bekannt gewesen seien, die Risse sich nicht vergrößert hätten und er eine Beseitigung auch nicht zugesagt habe; zudem habe der Beklagte diesbezügliche Rügen erstmals nach Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 20.6.1996 vorgebracht. Der Beklagte hat demgegenüber eingewandt, er sei berechtigt gewesen, wegen fortschreitender Verschlimmerung des Zustands der Bodenfliesen die Miete ab Juli 1995 um 30 % zu mindern und ab Mai 1996 keinerlei Miete mehr zu zahlen, woraus die Unbegründetheit der Kündigung des Klägers folge.
44Das Landgericht hat eine Mietzinsminderung verneint und den Beklagten zur Zahlung von rückständigen Mieten und Nebenkosten sowie zur Schadensersatzleistung für Mietzinsaus-fälle bis 31.8.1996 verurteilt, das weitergehende Begehren des Klägers jedoch abgewiesen. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung und des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.
45Beide Parteien haben gegen dieses Urteil selbständig Berufung eingelegt. Der Beklagte erstrebt die völlige Klageabweisung, der Kläger hat seine Klage im Berufungsrechtszug erweitert.
46Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz zur Frage der Mietzinsminderung und führt aus, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sei, die Räume bereits zu einem früheren Zeitpunkt und zu einem günstigeren Mietzins neu zu vermieten.
47Der Kläger beantragt,
481. unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils
49a) den Beklagten zu verurteilen, an ihn 50.849,90 DM nebst 9,75 % Zinsen aus 5.002,50 DM vom 5.5.1996 bis 30.4.1997,
505.002,50 DM vom 5.6.1996 bis 30.4.1997,
515.577,50 DM vom 5.7.1996 bis 30.4.1997,
525.092,40 DM vom 5.8.1996 bis 30.4.1997,
532.450,10 DM vom 5.9.1996 bis 30.4.1997,
542.399,90 DM ab 5.9.1996
55jeweils 4.850 DM seit dem 5.10., 5.11. und 5.12.1996, 5.1., 5.2., 5.3. und 5.4.1997,
56jeweils 4.500 DM ab 5.5., 5.6. und 5.7.1997,
57und 1.000 DM seit dem 5.8.1997 zu zahlen;
58b) festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger vom 1.9.1997 bis zum 31.3.2000 die Differenz zwischen der zwischen den Parteien mit Mietvertrag vom 14.3.1995 über das Ladenlokal M.str. 8 B., vereinbarten monatlichen Nettomiete von 4.500 DM zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung von 350 DM und der tatsächlich für diesen Zeitraum vom Kläger erzielten Nettomiete zu ersetzen;
592. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
60Der Beklagte beantragt,
611. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,
622. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
63Er macht insbesondere geltend, wegen der Vergrößerung der Haarrisse nach Abschluß des Mietvertrags sei ab Juli 1995 eine Gebrauchsbeeinträchtigung eingetreten, die zu einer Minderung der Miete um 30 % geführt habe. Da er bis April 1996 die Miete in vollem Umfang gezahlt habe, stehe ihm ein entsprechender Rückzahlungsanspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zu, mit dem er aufrechne. Ein die fristlose Kündigung rechtfertigender Zahlungsrückstand habe wegen der Minderung nicht bestanden. Er sei zur Minderung berechtigt, weil er bei dem Kläger die Mangelhaftigkeit der Mietsache wiederholt gerügt habe; dieser habe auch stets Abhilfe zugesagt. Das Minderungsrecht wird zudem auf angebliche weitere Mängel (z.B. der Elektroinstallation) gestützt. Dem Vorbringen des Klägers zu dem Anspruch auf Ersatz des Mietausfalls tritt der Beklagte insbesondere dadurch entgegen, daß er einwendet, der Kläger habe seine Pflicht zur Schadensminderung verletzt.
64Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens des Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der vorgelegten Urkunden und Lichtbilder Bezug genommen.
65E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
66Die Rechtsmittel beider Parteien sind zulässig. Die Berufung des Klägers ist bereits nach jetzigem Verfahrensstand teilweise begründet, teilweise bedarf der maßgebliche Sachverhalt noch der Aufklärung. Die (selbständige) Anschlußberufung des Beklagten hat keinen Erfolg.
67I.
68Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Miete bzw. Nutzungsentschädigung gem. § 557 BGB sowie Nebenkostenvorauszahlung für den Zeitraum vom 1.5.1996 bis 8.8.1996 in Höhe von jedenfalls noch 12.289,60 DM zu.
69Zwischen den Parteien steht außer Streit, daß der Beklagte irgendwelche Zahlungen für den vg. Zeitraum nicht erbracht hat. Soweit er sich im Berufungsrechtszug auf eine Minderung des Mietzinses für die Zeit ab 1.5.1996 um 30 % beruft (GA 111) und sich für den Zeitraum 1.7.1995 bis 30.4.1996 eines Bereicherungsanspruchs wegen überzahlter Mieten in Höhe von 13.800 DM berühmt (Minderung des Mietzinses ab Juli 1995 um ebenfalls 30 %), kann dies allenfalls zu einer Kürzung der Ansprüche des Klägers auf den vorstehend genannten Betrag führen, keineswegs jedoch zur völligen Verneinung von Ansprüchen.
701. Soweit der Kläger eine Minderung wegen der Regelung in Art. 4 AVB für unzulässig hält, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Frage, ob derartige "Anzeigeklauseln" in AGB wirksam vereinbart werden können, kann hier allerdings dahin stehen. Denn auch wenn sie bejaht wird, so steht die Klausel jetzt jedenfalls der Geltendmachung eines Minderungsrechts durch den Beklagten nicht mehr entgegen, da die Klausel nach Beendigung des Mietverhältnisses sowie Räumung und Herausgabe der Mietsache ihren Sinn verloren hat und im Rechtsstreit zwischen Vermieter und Mieter, in dem es nur noch um die Abrechnung der beiderseitigen Ansprüche geht, dem Mieter nicht entgegengehalten werden kann (BGH ZMR 1988, 135, 136 = NJW-RR 1988, 329).
712. Der Umstand, daß die vg. Klausel auch die Aufrechnung mit Gegenforderungen von einer vorherigen Ankündigung abhängig macht, steht der Berücksichtigung von aufrechenbaren Gegenforderungen des Beklagten im Rahmen der Zahlungsklage aus demselben Grund nicht entgegen. Ob die Klausel zudem etwa deshalb unwirksam ist, weil sie nicht die Einschränkung enthält, daß der Beklagte jedenfalls mit unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen aufrechnen kann, was im nichtkaufmännischen Bereich gegen § 11 Nr. 3 AGBG und im kaufmännischen Bereich gegen § 9 AGBG verstoßen könnte (vgl. nur BGH NJW 1984, 2404, 2405), kann deshalb dahinstehen.
723. Die von dem Beklagten gerügten Mängel können jedoch allenfalls eine Minderung des Mietzinses um 5 % rechtfertigen.
73a) lose Bodenfliese
74Während der erstinstanzliche Vortrag des Beklagten das Verständnis nahe legte, er wolle geltend machen, der Bodenbelag sei in einem derart schlechten Zustand gewesen, daß sich Fliesen lösen (GA 14, 39; AH 18 Lichtbild 1), ist nunmehr unstreitig, daß der Kläger zwecks Ermittlung der Ursache der Risse in den Fliesen im April 1996 (offensichtlich bei dem 2. Besichtigungstermin mit der Fa. K. am 26.4.1996, vgl. GA 181) eine Fliese gelöst hat, um den Estrich in Augenschein nehmen zu können. Bis dahin lag also keinerlei Nutzungsbeeinträchtigung wegen loser Fliesen vor. Aber auch für die Zeit danach kann nur von einer unwesentlichen Beeinträchtigung ausgegangen werden, denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers wurde die Fliese in einem Bereich in einer abgelegenen Ecke des Schaufensters aufgenommen, in dem kein Publikumsverkehr stattfindet (GA 142, 253). Dies gilt umsomehr, als nicht etwa die Fliese weggenommen wurde und so eine offene Stelle im Belag verblieb, vielmehr wurde die Fliese wieder in die Öffnung eingelegt und zudem wurde ein Blumentopf darauf gestellt, so daß selbst nicht einmal eine optische Beeinträchtigung vorlag. Dem ganzen Vorgang kommt für die Frage der Mietzinsminderung letztlich keinerlei Bedeutung zu.
75b) Kabel im Abstellraum
76Wie nunmehr unstreitig (und aus den vorliegenden Fotografien ersichtlich) ist, handelt es sich bei den losen Kabeln nur um Reserveleitungen für die Telefonanlage, also nicht um stromführende Kabel (vgl. Foto GA 257), so daß Sicherheitsbedenken nicht bestehen. Außerdem ist unstreitig, daß dieser Zustand bereits bei Anmietung des Objekts durch den Beklagten vorhanden war. Ob er darauf hingewiesen worden ist (was er bestreitet), ist unerheblich. Da der Beklagte das Objekt vor Abnahme besichtigt hat, wäre dieser Zustand, wenn er überhaupt einen Mangel darstellt, ihm zumindest grobfahrlässig unbekannt geblieben, da er bei einer Besichtigung nicht zu übersehen ist, so daß § 539 S. 2 BGB eingreift. Zudem scheiden Rechte aus § 537 BGB in analoger Anwendung des § 539 BGB aus, da der Beklagte die Mieträume benutzt und den Mietzins bis April 1996 vorbehaltlos gezahlt hat (vgl. BGH NJW-RR 1992, 267, 268; BGH NJW 1997, 2674; OLG München ZMR 1993, 466, 467). Der "Mangel" ist erstmals mit Schreiben vom 25.6.96 angesprochen worden, für eine frühere Rüge ist nichts ersichtlich.
77c) Sonstige elektrische Installation
78Der Beklagte hatte erstinstanzlich pauschal behauptet, die elektrische Installation sei mangelhaft gewesen; die Außenbeleuchtung sei bei Niederschlägen 2 mal ausgefallen. Dieser Vortrag war so unpräzise, daß sich aus ihm ein für die Frage der Mietzinsminderung relevanter Sachverhalt nicht entnehmen ließ.
79Nunmehr macht der Beklagte konkretisierend geltend, daß er im März, Juni und Juli 1995 ein Elektroinstallationsunternehmen zuziehen mußte zwecks Einbau eines NFI-Schalters und Behebung von 2 Defekten (eine Verschmorung in der Unterverteilung und ein Kurzschluß), GA 115 f.
80Auch wenn zugunsten des Beklagten die Richtigkeit dieses Sachvortrags unterstellt wird, so kann aus ihm gleichwohl nicht entnommen werden, daß die Mieträume mit Mängeln behaftet waren, die zu einer Minderung Anlaß geben konnten:
81Der NFI-Schalter wurde bereits im März 1995 eingebaut, also noch vor Beginn des Mietverhältnisses, so daß mit dessen Beginn kein Mangel in Form eines fehlenden NFI-Schalters mehr vorhanden gewesen sein kann.
82Die Verschmorung wurde im Juni 95 beseitigt, also noch vor dem Beginn der Mietzinszahlungspflicht.
83Der im Juli 95 aufgetretene Kurzschluß wurde offensichtlich zeitnah behoben, die Gebrauchsbeeinträchtigung ist folglich nicht meßbar. In der Folgezeit hat die Installation offenbar problemlos funktioniert, jedenfalls fehlt es anderslautendem konkretem Vortrag des Beklagten.
84(Ob dem Beklagten wegen der von ihm insoweit getätigten Aufwendungen ein Ersatzanspruch gegen den Kläger zusteht, hat auf die Frage der Mietzinsminderung keinen Einfluß und wird deshalb weiter unten erörtert.)
85d) Risse in den Bodenfliesen
86Wenn zugunsten des Beklagten unterstellt wird, daß die im Übernahmeprotokoll vom 16.3.1995 (GA 28) erwähnten "Spannungsrisse in den Fliesen" zuerst so gering gewesen sind, daß sie die Funktionsfähigkeit der Fliesen und damit der Mieträume nicht beeinträchtigten (so GA 112), daß sie sich ab Eröffnung seines Geschäfts im Mai 1995 aber ständig vergrößert haben und schließlich im Juli 1995 so groß gewesen sind, daß Schmutzreste in den Rissen hängen blieben, so vermag dies allenfalls eine Mietzinsminderung um 5 % zu begründen. Die fraglichen Risse sind aus den von den Parteien vorgelegten Fotografien (insbesondere AH 18 ff) ersichtlich und ermöglichen dem Senat eine Beurteilung, in welchem Umfang die Nutzungsmöglichkeit der gemieteten Räume beeinträchtigt war. Die abgebildeten Risse sind teilweise so dünn, daß auch feine Schmutzpartikel in ihnen nicht oder jedenfalls nicht in nennenswertem Umfang haften bleiben konnten. Soweit die Risse eine Breite haben, die es möglich erscheinen läßt, daß in ihnen Haare u.ä. hängen bleiben, stellt dies jedoch eine recht geringfügige Nutzungsbeeinträchtigung dar. Dies zum einen deshalb, weil die vom Beklagten gemieteten Räume nicht in ihrer Gesamtheit als Friseursalon genutzt wurden, sondern zu einem nicht unerheblichen Teil auch reine Verkaufsfläche für Textilien nebst zugehörigen Umkleidekabinen darstellten, auf denen derartige Verunreinigungen nur in untergeordnetem Umfang vorkommen. Zum anderen aber auch deshalb, weil in Ladenlokalen im allgemeinen und in Friseursalons im besonderen die Reinigung des Fußbodens heute üblicherweise unter Einsatz von leistungsstarken Staubsaugern erfolgt, die in der Lage sind, Staub, Haare und ähnliche Partikel auch aus Fugen und Ritzen zu entfernen. Als Begleitumstände, die für eine Minderung des Mietzinses von Bedeutung sind, kann deshalb nur eine gewisse optische Beeinträchtigung angenommen werden (die aber auch nicht überbewertet werden darf, weil während der Nutzung der Räume durch den Beklagten der Boden teilweise mit Einrichtungsgegenständen wie Kleiderständern und -regalen, Waschtischen, Sitzmöbeln usw. bedeckt war, so daß sie Risse nicht so ins Auge fielen wie in einem leeren Raum) sowie eine - im Hinblick auf die vorstehend dargelegte Reinigungstechnik aber nur als gering einzustufende - Erschwernis bei der Säuberung. Diese Umstände vermögen eine über einen Anteil von 5 % hinausgehende Minderung des Mietzinses nicht zu rechtfertigen.
874. Es errechnet sich somit unter Berücksichtigung dieses Minderungsbetrags für die Monate Mai und Juni 1996 eine Nettomietzinsforderung von zusammen 7.600 DM und den Monat Juli sowie die ersten 8 Tage des August 1996 eine Nettoforderung an Nutzungsentschädigung von 1 8/31 x 4.275 DM = 5.378,23 DM, unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer somit insgesamt 12.978,23 DM.
88Bei zugunsten des Beklagten unterstellter Mietminderung von ebenfalls 5 % für den Zeitraum Juli 1995 bis April 1996 ergibt sich für ihn ein Rückerstattungsanspruch von 10 x 200 DM = 2.000 DM, so daß aufgrund der erklärten Aufrechnung der Kläger insoweit nur noch 10.978,23 DM beanspruchen kann. Da der Rückforderungsanspruch des Beklagten seine Grundlage in § 812 Abs. 1 S. 1 BGB hat, ist nur die von ihm gezahlte Nettomiete zu berücksichtigen, da der Kläger in Höhe der vom Beklagten zusätzlich gezahlten Mehrwertsteuerbeträge nicht mehr bereichert ist, da er diese an das Finanzamt abgeführt hat (§ 818 Abs. 3 BGB); der Beklagte ist insoweit aber auch nicht entreichert, da er die von ihm gezahlte Mehrwertsteuer als Vorsteuer wieder hat absetzen können.
89Hinzuzurechnen sind noch die der Höhe nach unstreitigen Nebenkostenvorauszahlungen mit 3 8/31 x 402,50 DM (brutto) = 1.311,37 DM.
905.
91Ob der Beklagte sich dem Grunde nach überhaupt auf eine Minderung des Mietzinses berufen kann, ist noch ungewiß, da von weiterer Sachaufklärung abhängig. Insoweit wird auf den zeitgleich verkündeten Beweisbeschluß verwiesen. Im Rahmen dieses Teilurteils ist die grundsätzliche Berechtigung des Minderungsverlangens zugunsten des Beklagten vorerst unterstellt worden.
92II.
93Der Kläger kann desweiteren vom Beklagten Ersatz der Mietzinsmindereinnahmen verlangen, die ihm ab dem 9.8.1996 dadurch entstanden sind, daß er das Mietverhältnis wegen des Zahlungsverzugs des Beklagten fristlos gekündigt hat und eine Neuvermietung erst zu einem späteren Zeitpunkt und einem geringeren Mietzins möglich war. Der hieraus resultierende Schaden beträgt bis einschließlich August 1997 50.971,77 DM.
941. Die fristlose Kündigung des Klägers vom 20.6.1996 war gerechtfertigt, da die Voraussetzungen für eine Kündigung gem. § 554 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB im Zeitpunkt ihres Ausspruchs gegeben waren.
95a) Da der Beklagte die Mieten bis einschließlich April 1996 gezahlt hatte, kann Verzug mit 2 Monatsmieten am 20.6.1996 nur dann vorgelegen haben, wenn der Beklagte in Abweichung von § 551 BGB zur monatlichen Vorleistung verpflichtet war. Eine derartige Vorleistungspflicht ist in § 3 (4) MV und Art. 4 Abs. 1 AVB vorgesehen. Durchgreifende Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Klauseln bestehen auch unter Berücksichtigung der bereits erwähnten Klausel in Art. 4 Abs. 3 AVB über die Einschränkung des Rechts zur Minderung pp nicht. Zwar hat der BGH mit dem Rechtsentscheid NJW 1995, 254 = LM § 537 BGB Nr. 50 die Kombination der Vorleistungspflicht mit einer Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit in einem Formularmietvertrag für unwirksam erklärt. Dies berührt die hier fragliche Klausel aber nicht. Denn zum einen betrifft diese Entscheidung nur das Wohnraummietrecht und wird insbesondere darauf gestützt, daß die Koppelung gegen § 537 Abs. 3 BGB verstößt; im Gewerberaummietrecht gilt diese besondere Schutzbestimmung aber nicht, d.h. es kann zu Lasten des Mieters eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung getroffen werden. Außerdem handelte es sich bei der vom BGH beanstandeten Klausel betreffend die Aufrechnung nicht nur um eine bloße Anzeigeklausel, vielmehr um einen Ausschluß der Aufrechnungsbefugnis, folglich um eine weitaus gravierendere Beschneidung der Rechte des Mieters, denn die Anzeigeklausel bewirkt lediglich, daß der Mieter die Aufrechnung nur mit einem Monat Verzögerung geltend machen kann. Die Vorleistungsklausel ist aber auch in Kombination mit einer derartigen Anzeigeklausel durch Rechtsentscheid des OLG Hamm WuM 1993, 176 für unbedenklich erklärt worden. Es besteht in der einschlägigen Literatur Einvernehmen darüber, daß dieser Rechtsentscheid durch die Entscheidung des BGH nicht überholt ist (Hannemann WuM 1995, 8, 11; Börstinghaus MDR 1995, 241, 242). Dem schließt sich der Senat an.
96b) Ein für die Kündigung ausreichender Mietzinsrückstand lag am 20.6.1996 vor.
97Da - wie bereits erörtert - Bedenken gegen die Wirksamkeit der Anzeigeklausel in § 4 (3) AVB nicht bestehen, der Beklagte eine dieser Klausel entsprechende Anzeige vor Ausspruch der Kündigung durch den Kläger aber unstreitig nicht getätigt hat, ist von einem Mietrückstand in Höhe von 2 vollen Monatsmieten auszugehen.
98Aber selbst bei Außerachtlassung dieser Vertragsklausel war die Kündigung begründet. Denn bereits nach dem Gesetz ist nicht erforderlich, daß der Mieter mit zwei vollen Mieten in Rückstand ist, sondern es genügt ein Rückstand mit einem "nicht unerheblichen Teil des Mietzinses". Da es selbst bei der Wohnraummiete ausreicht, wenn der Rückstand mehr als eine volle Monatsmiete ausmacht (vgl. § 554 Abs. 2 Nr. 1 BGB), muß das für die gewerbliche Miete erst recht gelten (so auch BGH NJW-RR 1987, 903, 904). Hier betrug der Rückstand bei Zugrundelegung der vorstehend für angemessen erachteten Minderung von 5 % folglich 1,9 Monatsmieten.
99Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß selbst dann, wenn die vom Beklagten geltend gemachte Minderung um 30 % gerechtfertigt gewesen wäre, die Kündigung immer noch begründet war, denn dann betrug der Rückstand immer noch 1,4 Mieten, also ebenfalls einen nicht unerheblichen Teil des Mietzinses.
100c) Das für den Verzug erforderliche Verschulden ist gegeben. Denn auch wenn von einer Minderung der Mieten für Mai und Juni 1996 ausgegangen wird, war wie vorstehend dargelegt ein ausreichender Rückstand vorhanden. Daß er nicht mit angeblich überzahlten Mietzinsanteilen aus den Vormonaten aufrechnen konnte, war für den Beklagten bei der gebotenen Aufmerksamkeit aus dem Mietvertrag bzw. den zugehörigen AVB ersichtlich; auf einen entschuldigenden Rechtsirrtum kann er sich deshalb nicht berufen. Daß er aufgrund eines unrichtigen Rats eines anwaltlichen Bevollmächtigten mit der Miete in Rückstand gekommen ist, kann nicht angenommen werden, da nichts dafür ersichtlich ist, daß er einen Rechtsanwalt schon vor dem Zugang der Kündigung des Klägers konsultiert hat. Zudem müßte er sich einen falschen diesbezüglichen Ratschlag auch gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Soweit in der Rspr. zum Teil die gegenteilige Auffassung vertreten wird (vgl. LG Karlsruhe WuM 1990, 294 u. Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl. 1996, RN 500 Abs. 2), kann dem nicht gefolgt werden. Es ist in der Rspr. z.B. anerkannt, daß ein Pfändungsgläubiger, der wegen eines erhobenen Drittwiderspruchs einen Rechtsanwalt zu Rate zieht, sich dessen säumiges Verhalten bei der Entscheidung über die Freigabe der Pfandsache über § 278 BGB zurechnen lassen muß (BGHZ 58, 207 = NJW 1972, 1048). Weshalb demgegenüber ein den Mieter beratender Rechtsanwalt nicht dessen Erfüllungsgehilfe sein soll, ist nicht verständlich (dagegen auch ausdrücklich Fischer ZMR 1994, 309, 311).
101d) Der Wirksamkeit der Kündigung steht auch nicht entgegen, daß dem Beklagten wegen des von ihm behaupteten Mangels (Haarrisse in den Fliesen) möglicherweise ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich eines Teils der Miete zustand. Denn auch insoweit greift die Anzeigeklausel gem. Art. 4 (3) AVB ein. Zudem wäre wegen der Geringfügigkeit des gerügten Mangels die Einbehaltung des gesamten Mietzinses für 2 Monate offenkundig mißbräuchlich (vgl. zu diesem Problemkreis ebenfalls Fischer a.a.O. 312).
102e) Der Kündigungsgrund ist auch nicht nachträglich entfallen. Zwar hat der Beklagte (im Rechtsstreit) mit angeblichen Gegenansprüchen die Aufrechnung erklärt, die grundsätzlich gem. § 389 BGB auf den Zeitpunkt zurückwirkt, in dem sich die beiderseitigen Forderungen aufrechenbar gegenüberstanden, was u.a. zur Folge hat, daß ein nach diesem Zeitpunkt entstandener Verzug als nicht eingetreten gilt (h.M.; Staudinger/Gursky, BGB, 13. Aufl., § 398 RN 20 u. MK/von Feldmann, 3. Aufl., § 398 RN 6, jeweils m.w.N.). Auch wenn von einer Aufrechnungsbefugnis des Beklagten ausgegangen wird, hilft ihm dies hinsichtlich der Beurteilung der Kündigung aber nicht weiter. Denn insoweit wird - in Abweichung von § 398 BGB- in § 554 Abs. 1 S. 3 BGB bestimmt, daß die Kündigung nur dann unwirksam wird, wenn die Aufrechnung "unverzüglich nach der Kündigung" erklärt wird (s. auch BGH NJW-RR 1987, 903). Dies ist jedoch nicht erfolgt. Weder das Schreiben des Beklagten vom 25.6.1996 (AH 8 ff), mit dem er den Kläger zur Mängelbeseitigung auffordert, noch seine eigene Kündigung vom 12.8.1996 (AH 16) enthalten eine Aufrechnungserklärung; eventuelle Gegenansprüche werden noch nicht einmal angedeutet. Dasselbe gilt für den ersten im Rechtsstreit eingereichten Schriftsatz des Beklagten vom 31.7.1996. Erstmals enthalten ist eine Aufrechnungserklärung im Schriftsatz des Beklagten vom 13.8.1996 (GA 16/7). Das war jedenfalls zu spät. Der Begriff "unverzüglich" ist in § 121 BGB legaldefiniert mit Wirkung für das gesamte Privatrecht. Es ist anerkannt, daß dort eine Frist von 2 Wochen als Obergrenze gilt (OLG Hamm NJW-RR 1990, 523); dies gilt auch im Rahmen des § 554 Abs.1 S. 3 BGB (BGH WM 1971, 1020/1; Staudinger/Emmerich, a.a.O., § 554 RN 59). Diese Frist ist vorliegend deutlich überschritten worden, da es immerhin nach Zugang der Kündigung beim Beklagten (spätestens 25.6.1996, s. AH 9) mehr als 6 Wochen gedauert hat, bis er sich auf eine Aufrechnung berufen hat, und das, obwohl er jedenfalls seit dem 25.6.1996 rechtlich beraten war. Daß die Aufrechnungserklärung in der Klageerwiderung innerhalb der vom LG gesetzten Erwiderungsfrist (GA 6) erfolgt ist, ist insoweit ohne Belang, denn die Aufrechnung ist in erster Linie eine materiell-rechtliche Erklärung und konnte demzufolge außerhalb des Rechtsstreits und auch schon vor Zustellung der Klageschrift ( die am 24.7.1996 erfolgt ist, GA 7) geltend gemacht werden, wozu auch aller Anlaß bestand.
103Die Aufrechnung hat die Kündigung zudem deshalb nicht unwirksam gemacht, weil die aufgerechnete Forderung niedriger war als der Rückstand (vgl. dazu Staudinger/Emmerich a.a.O. RN 58).
1042.
105a) Für die Zeit vom 9. bis 31.8.1996 hat das Landgericht dem Kläger einen Schadensersatzanspruch wegen der anteiligen Miete zuerkannt. Dies ist nicht zu beanstanden, da es nach der Lebenserfahrung ohne weiteres als ausgeschlossen angesehen werden kann, daß der Kläger einen Nachmieter hätte finden können, der die Räume noch im laufenden Monat unter Fortzahlung der vom Beklagten geschuldeten Miete übernimmt. Daß der vom Kläger benannte Zeuge S. bereit gewesen wäre, bereits ab 9.8.1996 und somit "nahtlos" die Mieträume zu übernehmen, läßt sich auch dem Vortrag des Beklagten nicht entnehmen.
106b) Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aber auch wegen des nachfolgenden Zeitraums zu.
107Zwischen den Parteien steht außer Streit, daß der Kläger - wie durch die eingereichte Kopie des Mietvertrags mit Frau D. belegt - eine Neuvermietung erst ab 1.5.1997 vorgenommen und die jetzige Mieterin beginnend mit dem Monat August 1997 eine monatliche Nettomiete von 3.500 DM zu entrichten hat.
108Dem Kläger kann nicht vorgeworfen werden, er habe hinsichtlich der Neuvermietung nicht die nötige Sorgfalt und Mühe walten lassen und dadurch einen Teil seiner Mindereinnahmen selbst schuldhaft verursacht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die vom Kläger vorgelegte Interessentenliste (GA 182) zutrifft, was der Beklagte bestreitet. Entscheidend ist vielmehr, ob er ausreichende Bemühungen um einen Nachfolgemieter entwickelt hat. Das ist zu bejahen, denn er hat belegt, daß er beginnend mit August 1996 bis März 1997 mehrmals im Monat Suchanzeigen in der "Werbepost" und im K. Stadtanzeiger geschaltet hat (GA 183-205). Das diesbezügliche Bestreiten des Beklagten ist durch die vorgelegten Auftragsschreiben und Annoncen ausgeräumt. Darüberhinaus hat sich nach den glaubhaften Angaben des Klägers auch ein Makler damit beschäftigt, Mietinteressenten zu finden. Daß es trotz der Bemühungen des Klägers mehrere Monate gedauert hat, bis er einen Nachmieter gefunden hat, spricht auch nicht indiziell für eine Verletzung seiner Schadensminderungspflicht, denn es entspricht allgemeiner Erfahrung, daß es - insbesondere in der jüngeren Vergangenheit - Vermietern von Gewerberaum zunehmend schwer fällt, Nachfolgemieter zu finden, wenn der Mietzins (inkl. Nebenkostenvorauszahlung) wie vorliegend eine Größenordnung von mehr als 5.500 DM monatlich erreicht.
109Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Kläger kann auch nicht darin gesehen werden, daß er in den ersten Monaten nach der Räumung durch den Beklagten als Nachfolgemieter nur Personen in Betracht gezogen hat, die die Räume als Geschäftslokal bzw. Bürofläche anmieten wollten und nicht auch Interessenten, die die Räume gastronomisch nutzen wollten. Denn zum einen waren die Räume von ihrer Ausstattung her ganz auf den Betrieb eines Friseurgeschäfts bzw. Verkaufslokals zugeschnitten, so daß eine Änderung der Nutzungsart dazu führte, daß die dem Kläger gehörende und ausweislich der vorliegenden Fotografien recht aufwendige Ausstattung nicht mehr verwendet werden konnte und zudem Änderungen hinsichtlich Installationen pp erforderlich wurden, was zusätzlichen finanziellen Aufwand erforderte. Ein derartiger Aufwand mußte aber entweder vom Kläger getragen werden, was bei ihm zu einer Vergrößerung seiner Einbußen geführt hätte, oder aber vom neuen Mieter, was üblicherweise zur Folge hat, daß er wegen der von ihm getätigten Aufwendungen vom Vermieter eine Reduzierung der Miete verlangt. Daß der Kläger derartige weitergehende Verluste zu vermeiden suchte, kann ihm nicht als schuldhafter Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorgehalten werden. Dies gilt umsomehr, als einer Vermietung an einen Gastronomen auch weitere Erschwernisse entgegenstanden. Denn wie der Kläger glaubhaft vorgetragen hat und auch der mit Frau D. geschlossene Mietvertrag belegt (vgl. die dortige Präambel, GA 285), war auch eine Zustimmung der übrigen Miteigentümer bei einer Vermietung zu gastronomischen Zwecken erforderlich, weil diese u.a. eine Umnutzung von Gemeinschaftsräumen zur Folge hatte. Daß eine derartige Zustimmung nicht leicht zu erreichen ist, ist durchaus nachvollziehbar, da die Miteigentümer erfahrungsgemäß befürchten, daß von einem gastronomischen Betrieb Beeinträchtigungen in Form von Geräuschen, Gerüchen ü.ä. in weit größerem Maß ausgehen als von einem Ladenlokal oder Friseurgeschäft. Desweiteren war der Betrieb eines Cafés oder Restaurants oder einer Gastwirtschaft in den Räumen auch nur dann zulässig, wenn hierzu von der Stadt Bergheim die erforderliche Nutzungsänderung bewilligt worden war. Schließlich hatte der Kläger zu berücksichtigen, daß in dem Gebäudekomplex bereits eine Gaststätte betrieben wurde, die Konkurrenzschutz genoß. Unter diesen Umständen kann es dem Kläger auch nicht als Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorgeworfen werden, wenn er auf das vom Beklagten behauptete (vom Kläger nachdrücklich bestrittene) Angebot vom August 1996, an den Zeugen Selöz zu vermieten, nicht eingegangen sein sollte, wobei zudem dem Vortrag des Beklagten nicht zu entnehmen ist, daß der Kläger überhaupt verpflichtet gewesen wäre, an diesen Interessenten zu vermieten. Eine aus § 254 Abs. 2 BGB folgende Obliegenheit zum Abschluß mit einem vom Mieter gestellten Nachmieter besteht nicht schlechthin, sondern insbesondere nur dann, wenn der Mietinteressent nach seinen finanziellen und persönlichen Verhältnissen die Gewähr dafür bietet, daß er die aus dem langfristig abgeschlossenen Mietverhältnis resultierenden Verpflichtungen zu erfüllen in der Lage ist. Hierzu fehlt es an jeglichem Vortrag des Beklagten.
110c) Da die vom Beklagten bemängelten Risse in den Bodenfliesen noch nicht beseitigt sind, ist bei der Ermittlung des Schadensersatzanspruchs des Klägers im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens davon auszugehen, daß ein Minderungsrecht in Höhe von 5 % der Miete auch derzeit noch besteht, dem Kläger also nur ein Anspruch auf 95 % der mit dem Beklagten vereinbarten Miete zustand und zusteht.
111d) Für die Zeit ab Räumung des Mietobjekts durch den Beklagten kann der Kläger von diesem im Weg des Schadensersatzes neben der Erstattung der entgangenen Nettomiete nicht eine Vorauszahlung auf die Nebenkosten beanspruchen. Wie sich aus § 3 (2) MV ergibt, sollen durch die vereinbarte monatliche Vorauszahlung auch verbrauchsabhängige Kosten wie die der Wasserversorgung und Entwässerung gedeckt werden. Ein dem Beklagten zurechenbarer Verbrauch hat in der Zeit nach seinem Auszug jedoch nicht mehr stattgefunden, so daß es nicht gerechtfertigt ist, von ihm eine Fortentrichtung des Vorauszahlungsbetrags zu verlangen. Daß der Beklagte verpflichtet sein dürfte, die auf den Zeitraum des Leerstands der Mieträume entfallenden verbrauchsunabhängigen Kosten (z.B. Grundsteuer, Versicherungsprämien u.ä.) zu tragen, vermag ein Verlangen nach Fortentrichtung der Vorauszahlung nicht zu begründen. Dem Kläger steht es frei, diese anteiligen Kosten konkret zu beziffern und gegenüber dem Beklagten geltend zu machen.
112e) Für den Zeitraum vom 9.8.1996 bis 31.8.1997 ergibt sich somit folgender Zahlungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten:
1139. - 31.8.1996: 4.500 DM x 95/100 x 23/31 = 3.171,77 DM
1149/96 - 7/97: 4.500 DM x 95/100 x 11 = 47.025,00 DM
11550.971,77 DM
117In Höhe eines Betrags von 3.114,42 DM ist die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den vom Kläger für die Zeit von September 1996 bis August 1997 unberechtigterweise beanspruchten Nebenkostenvorauszahlungen von 8 x 350 DM = 2.800 DM sowie einer Zuvielforderung für den Monat August 1996 in Höhe von 314,42 DM.
118III.
1191.
120Aus den Ausführungen unter II. folgt, daß der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag betreffend die Zeit vom 1.9.1997 bis 31.3.2000 nach derzeitigem Verfahrensstand nur mit der Einschränkung begründet ist, daß von einer Mietzinszahlungspflicht des Beklagten in Höhe von netto 4.275 DM auszugehen ist.
1212.
122Die mit dem Beklagten vereinbarte Nebenkostenvorauszahlung kann im Rahmen des Feststellungsanspruchs keine Berücksichtigung finden, da der Kläger seit der Neuvermietung die das Lokal betreffenden Unkosten in vollem Umfang auf die neue Mieterin umlegen kann (und ausweislich des Mietvertrags auch umlegt).
123IV.
124Nachdem der Kläger sich aus der vom Beklagten gestellten Mietsicherheit in Höhe von 25.000 DM befriedigt hat, verbleibt von den unter I. und II. ermittelten Ansprüchen von insgesamt 63.261,37 DM noch eine restliche Forderung von 38.261,37 DM. Soweit der Kläger die Mietsicherheit teilweise auf andere Ansprüche verrechnet hat, kann dem nicht gefolgt werden.
125Dem Kläger steht hinsichtlich der Verrechnung der Sicherheit mit seinen diversen Ansprüchen, die rechtlich unterschiedlicher Natur und auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstanden sind, ein Bestimmungsrecht nicht zu. Die Sicherheit ist eine Leistung des Schuldners, woraus folgt, daß ihm die Befugnis zusteht zu bestimmen, auf welche seiner Schulden die Verrechnung erfolgen soll. Macht er - wie vorliegend- von dieser Befugnis keinen Gebrauch, ist die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB (zumindest entsprechend) anwendbar (Palandt/Heinrichs, § 366 RN 9).
126Da bei Verwertung der Sicherheit im April 1997 Forderungen des Klägers fällig waren, die den Sicherheitsbetrag überstiegen und diese Forderungen in gleicher Weise gesichert waren, waren nach der genannten Vorschrift zuerst die dem Beklagten lästigeren Schulden zu tilgen. Lästiger sind diesem die noch nicht verjährten Ansprüche des Klägers, innerhalb dieser Kategorie von Ansprüchen bestimmt sich die Tilgungsreihenfolge nach dem Alter der Schuld. Daraus folgt, daß durch die Verwertung der Sicherheit zuerst die Ansprüche auf rückständige Miete und Nebenkostenvorauszahlung, dann die Ansprüche auf Nutzungsentschädigung gem. § 557 BGB (einschließlich Nebenkostenvorauszahlung) und anschließend die Schadensersatzansprüche des Klägers für die Zeit ab dem 9.8.1996 in der jeweiligen Reihenfolge der Entstehung getilgt worden sind. Eine vorsorgliche Zurückbehaltung eines Betrags von 1.000 DM wegen möglicher Nachzahlungsansprüche aus der Nebenkostenabrechnung kann der Kläger nicht vornehmen, da ein diesbezüglicher Anspruch des Klägers mangels Abrechnung noch nicht fällig ist und sogar zweifelhaft ist, ob er überhaupt besteht.
127V.
128Die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit Gegenansprüchen führt nicht - auch nicht teilweise- zu einem Erlöschen der vorstehend ermittelten Ansprüche des Klägers.
1291.
130Soweit der Beklagte die Aufrechnung erklärt hat mit der Begründung, er habe wegen der Minderung des Mietzinses seit Juli 1995 zu hohe Zahlungen erbracht, ist ein daraus eventuell resultierender Bereicherungsanspruch bereits berücksichtigt, s. oben I.3. u. 4.
1312.
132Aus der Mietkaution steht dem Beklagten ein Rückforderungsanspruch nicht mehr zu, da die Sicherheit nicht einmal zu einer vollständigen Befriedigung des Klägers ausgereicht hat, s. oben IV.
1333.
134Schadensersatzansprüche gem. § 538 BGB stehen dem Beklagten gegen den Kläger nicht zu.
135a) Ein Ersatzanspruch wegen des vom Beklagten am 30.3.1995 eingebauten NFI-Schalters ist nicht schlüssig dargetan. Der Beklagte hat zur Begründung dieses Anspruchs nur vorgebracht, der Einbau sei erforderlich gewesen, weil die Elektroanlage nicht fachmännisch installiert gewesen sei. Dies läßt nicht einmal erkennen, welcher Fehler konkret vorgelegen haben soll, so daß bereits im Hinblick darauf Bedenken gegen die Schlüssigkeit bestehen. Jedenfalls unter Berücksichtigung des spezifizierten Vortrags des Klägers zu diesem Punkt ist das Vorbringen des Beklagten aber nicht ausreichend, um den Tatbestand des § 538 BGB auszufüllen. Der Kläger hat in seiner Berufungsbegründung (GA 135) darauf hingewiesen, daß dieser Schalter (wie sich aus den von ihm vorgelegten Unterlagen ergibt, handelt es sich um eine "Fehlerstrom-Schutzschaltung", GA 172) aufgrund einer Auflage der Bauaufsicht nach erfolgter Brandschau eingebaut werden mußte. Dies wird durch die von ihm eingereichten Urkunden belegt (GA 171 ff). Der Kläger hat sodann geltend gemacht, daß nach § 1 (6) MV "die betriebsspezifischen Einbauten" Sache des Beklagten sind und daß hierzu auch die fragliche Veränderung an der elektrischen Installation gehörte. Zudem sieht § 1 (4) MV vor, daß der Mieter "behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen hat." Daß der Einbau des Schalters unter diese Regelungen des Mietvertrags fällt ist durchaus möglich und vom Beklagten nicht ausgeräumt worden, so daß nicht auszuschließen ist, daß die Installation des Schalters zu seinen Pflichten als Mieter gehörte, was einem Ersatzanspruch nach § 538 BGB entgegenstehen würde.
136b) Eine Haftung des Klägers für die Kosten der beiden anderen Reparaturen an der Eletroinstallation ist ebenfalls nicht hinreichend dargetan.
137Nach der Vorschrift des § 538 Abs. 1 BGB steht dem Mieter ein Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter nur dann zu, wenn ein Mangel entweder bereits bei Abschluß des Mietvertrags vorlag oder den Vermieter hinsichtlich eines nachträglich entstandenen Mangels ein Verschulden trifft. Für keine dieser Voraussetzungen hat der Beklagte etwas vorgetragen.
138Ein Anspruch des Mieters auf Ersatz der von ihm getätigten Aufwendungen für die Beseitigung eines Mangels setzt nach § 538 Abs. 2 BGB Verzug des Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels voraus. Da der Beklagte aber nicht schlüssig dargetan hat, daß die von ihm beseitigten Fehler der Elektroinstallation in Bereichen aufgetreten sind, die in den Verantwortungsbereich des Klägers fielen und nicht in dem Bereich, der nach den zuvor genannten Bestimmungen des Mietvertrags von ihm zu warten waren, kann ein Verzug des Klägers mit der Beseitigung nicht festgestellt werden.
139VI.
140Aus den Ausführungen unter II. folgt desweiteren, daß das LG dem Beklagten auch zu Recht die Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten Räumungsbegehrens gem. § 91a ZPO auferlegt hat. Die Bestimmung eines hierauf entfallenden Bruchteils der Kosten muß jedoch ebenso wie die Kostenentscheidung im übrigen dem Schlußurteil vorbehalten bleiben .
141Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
142Die Beschwer des Klägers liegt unter, die des Beklagten über 60.000 DM.