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Berechnung der Vergleichsgebühr nach Erörterung einer nicht anhängigen Folgesache
Wird in einem Scheidungsverfahren einer Partei PKH für den Abschluß eines Vergleichs in einer nicht anhängigen Scheidungsfolgesache bewilligt, steht dem beigeordneten Rechtsanwalt jedenfalls dann keine erhöhte Vergleichsgebühr zu, wenn der Vergleich nach Erörterung geschlossen wurde.
G r ü n d e
2Das Amtsgericht hat die ursprünglich zu Gunsten des Beschwerdeführers für dessen Mitwirkung an dem am 29.11.1996 geschlossenen Vergleich festgesetzte Gebühr von 15/10 auf 10/10 gekürzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig, jedoch nicht begründet; dem Beschwerdeführer steht nämlich vorliegend nicht die erhöhte Gebühr, sondern nur die Gebühr von 10/10 zu. Eine erhöhte Gebühr erhält ein Rechtsanwalt gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO nur für die Mitwirkung bei Abschluß eines Vergleichs, soweit nicht über den Gegenstand des Vergleichs ein gerichtliches Verfahren oder ein Verfahren über die Prozeßkostenhilfe anhängig ist. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß ein Verfahren über die Prozeßkostenhilfe im Sinne dieser Vorschrift anhängig war.
3Der Antragsgegnerin war im Scheidungstermin zunächst Prozeßkostenhilfe für das Scheidungsverfahren bewilligt worden. In demselben Termin wurde die Prozeßkostenhilfe auf den Vergleich erweitert. In diesem Vergleich haben die Parteien eine Regelung über Hausrat, Zugewinn und nachehelichen Unterhalt getroffen. Diese Folgesachen waren zwar nicht anhängig; der Senat folgt jedoch nicht der Ansicht, daß ein Prozeßkostenhilfeverfahren im Sinne von § 23 BRAGO als nicht anhängig anzusehen ist, wenn in einer Scheidungsvereinbarung nichtanhängige Folgesachen miterledigt werden und hierfür Prozeßkostenhilfe gewährt wird. Auch wenn der Gesetzeswortlaut dafür sprechen könnte, daß mit einem Prozeßkostenhilfeverfahren nur ein Verfahren gemeint ist, in dem um Prozeßkostenhilfe für den Anspruch selbst, also die Folgesachen nachgesucht wird, rechtfertigen es Sinn und Zweck der Vorschrift, das Prozeßkostenhilfegesuch für den Abschluß eines Vergleichs über eine Folgesache einem solchen Verfahren gleichzusetzen. Mit der Regelung des § 23 BRAGO wollte der Gesetzgeber das Bemühen des Rechtsanwalts fördern, Streitigkeiten ohne Inanspruchnahme des Gerichts durch gütliche Einigung mitzuerledigen. Der hiermit verfolgte Entlastungseffekt der Gerichte wird aber nur dann erreicht, wenn sich das Gericht mit der von den Parteien ausgehandelten Regelung nicht befassen muß und somit durch die Protokollierung des Vergleichs sozusagen nur als Beurkundungsorgan in Anspruch genommen wird. Auch wenn wegen Fehlens eines entsprechenden Vortrags eine eingehende Prüfung der Erfolgsaussichten der im Vergleich geregelten Ansprüche kaum möglich und die Erfolgsaussicht eines Begehrens in aller Regel bereits durch den angekündigten Vergleichsabschluß indiziert sein wird, wird das Gericht jedoch nicht automatisch einer Partei Prozeßkostenhilfe für den Abschluß eines Vergleichs bewilligen, sondern eine Bewilligung vom Gegenstand und Inhalt der zu treffenden Regelung abhängig machen. Dies gilt insbesondere bei solchen Scheidungsfolgesachen, über die sich die Ehegatten im Falle einer einverständlichen Scheidung gemäß § 630 Ziffer 3 ZPO geeinigt haben sollen, also Unterhalt, Hausrat und Ehewohnung, mithin Gegenstände, denen der Gesetzgeber besondere Bedeutung für den Fall einer einverständlichen Scheidung beimißt. Das Gericht wird Prozeßkostenhilfe für den Abschluß eines Vergleichs über eine Folgesache in aller Regel nur dann gewähren, wenn es die Angemessenheit und Ausgewogenheit der Vereinbarung zumindest grob überprüft hat. Hat es Zweifel hieran, wird die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht in Betracht kommen. Auch im vorliegenden Falle hat sich der Familienrichter offensichtlich mit den zu regelnden Gegenständen auseinandergesetzt, da der Vergleich erst nach Erörterung geschlossen wurde. Prozeßkostenhilfe wurde zudem nicht bereits vor Abschluß des Vergleichs, sondern erst danach bewilligt, also zu einem Zeitpunkt, als die Vereinbarung in ihren Einzelheiten feststand.
4Ist somit davon auszugehen, daß das Gericht die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe mit Blick auf die getroffene Vereinbarung geprüft hat, muß dies ausreichen, um ein solches Verfahren als ein Prozeßkostenhilfeverfahren im Sinne von § 23 Abs.1 S. 3 BRAGO anzusehen. Dabei kann letztlich dahinstehen, in welchem Umfang das Gericht die fragliche Prüfung vorgenommen hat. Denn für die Frage, ob der gewünschte Entlastungseffekt eintritt, kommt dem Ausmaß der Inanspruchnahme des Gerichts nur untergeordnete Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr, daß überhaupt eine Prüfung in einem gerichtlichen Verfahren veranlaßt war und das Gericht durch die Parteien in Form der Erörterung der Sach- und Rechtslage und der anschließenden Protokollierung in Anspruch genommen wurde (so auch OLG Saarbrücken, MDR 96, 1193; OLG Köln, Rechtspfleger 1997, 187; OLG Nürnberg, JurBüro 1996, 25; Mümmler, Rechtsanwaltsgebühren in Familiensachen, JurBüro 1995, 353, 356; a.A. OLG Bamberg, JurBüro 1996, 23 ff; OLG Karlsruhe, JurBüro 1996, 638, OLG Zweibrücken, Rechtspfleger 1997, 187; Gerold-Schmidt-von Eicken, 13. Auflage, § 23 BRAGO Rn. 40; Enders JurBüro 1995, 393 ff).
5Beschwerdewert: 175,38 DM
6Köln, den 30. September 1997 Oberlandesgericht, 10. Zivilsenat - Familiensenat -
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