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G r ü n d e
2Das Amtsgericht hat den Betroffenen "wegen vorsätzlichen regelwidrigen Benutzens eines Fußgängerbereichs mit einem Kraftfahrzeug" zu einer Geldbuße von 60,- DM verurteilt (Liste der angewendeten Vorschriften: § 49 Abs. 3 Nr. 4, 41 Zeichen 242 StVO; 24 StVG).
3Nach den Feststellungen stellte der Betroffene am 25.9.1995 in der Zeit von mindestens 22.21 bis 22.33 Uhr sein Krad auf dem L.platz in A. ab, der durch Zeichen 242 nach § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO als Fußgängerbereich ausgewiesen ist.
4Der Betroffene hat sich ausweislich der Urteilsgründe dahin eingelassen, das Krad "dorthin geschoben" zu haben.
5Zur rechtlichen Wertung heißt es im amtsgerichtlichen Urteil:
6"Diese Einlassung kann den Betroffenen nicht entlasten, da nicht nur das Befahren mit Kraftfahrzeugen im Fußgängerbereich verboten ist, sondern auch das sonstige Benutzen durch Kraftfahrzeuge, wo auch das Parken, wie es hier geschehen ist, eindeutig und zweifellos zugehört."
7Mit der Rechtsbeschwerde, deren Zulassung er beantragt, rügt der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts.
8Die Rechtsbeschwerde ist zur Fortbildung des materiellen Rechts zuzulassen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Die hier entscheidungserhebliche Frage, ob das Vorschriftszeichen 242 nach § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO ein Parkverbot für Kräder enthält, die in den Fußgängerbereich geschoben worden sind, bedarf einer Klärung durch die Rechtsprechung.
9Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die Feststellungen tragen die Annahme einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 3 Nr. 4, 41 Abs. 2 Nr. 5 - Zeichen 242 StVO, § 24 StVG.
10Der Betroffene hat sein Krad (im Fußgängerbereich) geparkt, so daß sich sein Verhalten nach den Vorschriften der StVO beurteilt, die Regelungen zum Halten und Parken von Fahrzeugen treffen. Nach § 12 Abs. 2 StVO parkt, wer sein Fahrzeug verläßt oder länger als drei Minuten hält. Jedenfalls letzteres war hier der Fall. "Halten" - "Parken" ist in Sonderfall des Haltens (Mühlhaus/Janiszewski, StVO, 14. Aufl., StVO § 12 Rdnr. 5) - ist eine gewollte Fahrtunterbrechung, die nicht durch die Verkehrslage oder eine Anordnung veranlaßt ist (VwV zu § 12; vgl. auch BGH NJW 1960, 926 = VRS 18, 313).
11Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft steht der Annahme einer freiwilligen Fahrtunterbrechung nicht der Umstand entgegen, daß der Betroffene sein Krad nicht an den "Abstellort" gefahren, sondern es dorthin geschoben hat. Das Schieben des Krades im Fußgängerbereich war Teil der Fahrtunterbrechung, stand mit dieser jedenfalls in einem unmittelbaren Zusammenhang. "Abstellen" - als solches wertet die Generalstaatsanwaltschaft das Verhalten des Betroffenen - ist das "Aus-dem-Verkehr-ziehen" eines Fahrzeugs, das nicht mehr fahrbereit oder nicht zugelassen und praktisch nicht mehr als Verkehrsmittel zu gebrauchen ist sowie das Aufstellen zu anderen Zwecken als das der späteren Inbetriebnahme (Mülhaus/ Janiszewski a.a.O., StVO § 12 Rdnr. 8 m.N.). Eine solche Fallgestaltung liegt hier nach den getroffenen Feststellungen ersichtlich nicht vor. Ein Fahrzeug, das im Rahmen des Gemeingebrauchs am Straßenverkehr (hier: dem ruhenden) teilnimmt, wird nicht abgestellt, sondern gehalten und geparkt (Berr/Hauser, Das Recht des ruhenden Verkehrs, Rdnr. 1).
12Für Fußgängerbereiche (Zeichen 242) enthält die StVO keine speziellen Vorschriften, die das Halten und Parken ausdrücklich ansprechen. Indes läßt sich dem Zeichen 242 mit der für Verkehrszeichen gebotenen Eindeutigkeit und Verständlichkeit (vgl. BGHSt 34, 194, 197; OLG Düsseldorf NZV 1992, 85) auch ein Regelungsgehalt für den ruhenden Verkehr entnehmen. Nach § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO zu Zeichen 242 ist der Fußgängerbereich den Fußgängern vorbehalten; andere Verkehrsteilnehmer dürfen ihn nicht benutzen. "Benutzung" ist auch die Inanspruchnahme durch den ruhenden Verkehr (OLG Oldenburg VRS 79, 219; Senatsentscheidung vom 28.10.1994 - Ss 473/94 Z). Das Halten und Parken in einem Fußgängerbereich ist daher grundsätzlich nicht gestattet, soweit Ausnahmen nicht zugelassen sind (vgl. OLG Oldenburg a.a.O.; Berr/Hauser a.a.O., Rdnr. 267; Jagusch/Hentschel, StVR, 33. Aufl., StVO § 2 Rdnr. 29 b; Mülhaus/ Janiszewski a.a.O., StVO § 2 Rdnr. 19).
13Die Richtigkeit dieses (Zwischen-) Ergebnisses findet Bestätigung in der Tatsache, daß Fußgängerbereiche im Sinne der StVO zu den Gehwegen zu rechnen sind (vgl. OLG Koblenz VRS 57, 448; Jagusch/Hentschel a.a.O. StVO § 2 Rdnr. 29 b). Das Parken auf Gehwegen ist aber verboten, soweit es nicht gestattet ist (vgl. Senatsentscheidung VRS 71, 214 vom 21.7.1995 - Ss 377/95 Z und vom 16.7.1996 - Ss 339/96 Z; Jagusch/Hentschel a.a.O., StVO § 12 Rdnr. 55; Mülhaus/ Janiszewski a.a.O., StVO § 12 Rdnr. 71; Berr/Hauser a.a.O., Rdnr. 338, 339, jeweils auch zu den Ausnahmen).
14Für Fußgängerbereiche ergibt sich eine Ausnahme von dem für sie grundsätzlich geltenden Halte- und Parkverbot aus dem Vorhandensein eines Fahrzeugverkehr zulassenden Zusatzschildes. Innerhalb des auf dem Zusatzschild bezeichneten zeitlichen und sachlichen Rahmens - und unter Beachtung des § 1 Abs. 2 StVO - ist das Halten und Parken in einem Fußgängerbereich gestattet (Berr/Hauser a.a.O., Rdnr. 268; vgl. OLG Zweibrücken VRS 80, 318; Jagusch/Hentschel a.a.O., StVO § 2 Rdnr. 29 b; Mülhaus/ Janiszewski a.a.O., StVO § 2 Rdnr. 19; vgl. auch OLG Oldenburg a.a.O., OLG Celle VRS 74, 66).
15Eine solche Ausnahme vom Regelungsgehalt des Zeichens 242 kommt hier nicht in Betracht; aus den Feststellungen ergibt sich nicht, daß ein solches Zusatzschild angebracht worden war.
16Unter dem vorbeschriebenen Gesichtspunkt, daß sich aus einem zulässigen Befahren des Fußgängerbereichs während der Geltung der Ausnahmeregelung auch eine Ausnahme von grundsätzlich geltenden Halte- und Parkverbot ergeben kann, wäre für Fahrzeugverkehr eine weitere Ausnahme infolge der Regelung in § 25 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StVO denkbar. Aus dieser Regelung ergibt sich, daß Fußgänger, die Fahrzeuge, wie Handwagen, Fahrräder oder Kräder schieben und ziehen, dazu den Gehweg benutzen müssen, wenn sie dort keine erhebliche Behinderung der Fußgänger herbeiführen (vgl. Mülhaus/Janiszewski a.a.O., StVO § 25 Rdnr. 6; Jagusch/Hentschel a.a.O.; StVO § 25 Rdnr. 46); tritt eine solche Behinderung ein, müssen sie die Fahrbahn benutzen (§ 25 Abs. 2 S. 1 StVO).
17Allerdings hat diese Regelung für Fußgängerbereiche nur eingeschränkte Bedeutung. Da Fußgängerbereiche anders als Gehwege im engeren Sinne in der Regel nicht neben einer Fahrbahn verlaufen und der z.B. ein Krad mitführende Fußgänger den Fußgängerbereich nicht jederzeit in Richtung auf die Fahrbahn verlassen kann, kommt ein zulässiges Mitführen nur dann in Betracht, wenn der Fußgänger für die Dauer der Benutzung der Fußgängerzone übersehen kann, keinen anderen Fußgänger erheblich zu behindern.
18Ob danach der Betroffene sein Krad auf dem Lindenplatz bis zum "Abstellort" überhaupt schieben durfte, ist nach dem im angefochtenen Urteil mitgeteilten Sachverhalt nicht zu entscheiden. Indes kann diese Frage auch auf sich beruhen, weil sich selbst für den Fall ihrer Bejahung daraus für den Betroffenen kein Recht zum Parken auf dem Lindenplatz ergeben hätte. Bei den mit Verkehrszeichen 242 beschilderten Fußgängerbereichen sind durch Zusatzschilder oder etwa § 25 StVO in Betracht kommende Ausnahmen für den Fahrzeugverkehr grundsätzlich eng auszulegen entsprechend dem Zweck der Regelung, einen möglichst ungefährdeten und ungehinderten Fußgängerverkehr in der Zone zu eröffnen; dabei soll durch Herausdrängen des Kraftfahrzeugverkehrs auch eine Rückbildung der Innenstädte zu Kommunikationszentren im Sinne ursprünglich urbanen Lebens ermöglicht werden (OLG Zweibrücken a.a.O.; vgl. OLG Oldenburg a.a.O.; OLG Celle a.a.O. Berr/Hauser a.a.O., Rdnr. 264). Das Erreichen dieses Zwecks würde in einer nicht zu billigenden Weise behindert und beeinträchtigt werden (vgl. OLG Celle a.a.O.), wenn es im Hinblick auf § 25 Abs. 2 StVO gestattet wäre, Kräder in Fußgängerbereichen zu parken. Die Folge wäre eine dichte Beparkung der Fußgängerzone mit Krädern. Eine solche würde im Hinblick auf die Platzbeanspruchung der Kräder, ihre - was ein etwaiges erforderlich werdendes Beiseiteschieben anbelangt - gewichtsbedingte fehlende Beweglichkeit und ihre durch ein Umstürzen dem Fußgängerverkehr drohenden Gefahren (vgl. Jagusch/Hentschel a.a.O., StVO § 12 Rdnr. 55 am Ende) zu einer Situation führen, die - anders als dies bei parkenden Fahrrädern der Fall ist - den Fußgängerverkehr so stark behindern würde, daß der mit der Schaffung von Fußgängerzonen verfolgte Zweck - vgl. oben - erheblich beeinträchtigt würde.
19Das Amtsgericht hat den Betroffenen daher zu Recht verurteilt.
20Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.