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T a t b e s t a n d
2Der Kläger unterhielt für sein Geschäft EDV-Kundendienst und Verkauf bei der Beklagten eine Betriebs-Vielschutz-Versicherung. Versicherungsort war N., K.er Straße 20. Seit dem 20.01.1993 waren im Rahmen des Versicherungsvertrages und der Versicherungssummen 20.000,00 DM für Werkzeug und Waren in einem Außenlager in dem Wohnhaus S.straße 24, K. 2 mitversichert. Vertragsgrundlage waren unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung (AERB 87).
3Am 03.06.1993 beantragte der Kläger wegen Verlegung der Versicherungsräume den Abschluß der Geschäftsversicherung für den Versicherungsort S.straße 24, K. 2. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Schreiben vom 16.09.1993 abgelehnt.
4Der Kläger macht wegen eines Einbruchdiebstahls zwischen dem 12. und 16.06.1993 in die Räume in der S.straße in K. Entschädigungsansprüche gegen die Beklagte geltend. Am 30.08.1993 reichte er bei der Polizeidienststelle in K. die Schadenaufstellung ein, die Computerartikel im Wert von über 100.000,00 DM enthält.
5Der Kläger hat vorgetragen:
6Der Einbruchdiebstahl sei erfolgt, als er sich mit seiner Familie und auch die anderen im Hause wohnenden Familienangehörigen in Urlaub befunden hätten. Der Einbruchdiebstahl sei von der Zeugin S., die das Haus während der Urlaubsabwesenheit betreut habe, am 16.06.1993 entdeckt worden.
7Der Kläger hat beantragt,
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9die Beklagte zu verurteilen, an ihn 104.727,72 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 20.01.1994 zu zahlen.
10Die Beklagte hat
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12Klageabweisung
13beantragt.
14Sie hat den Eintritt des Versicherungsfalles bestritten und sich auf Leistungsfreiheit wegen verspäteter Einreichung der Stehlgutliste, fehlender Einbruchmeldeanlagen und falscher Angaben des Klägers zur Schadenhöhe berufen.
15Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 18.05.1995, auf das Bezug genommen wird, abgewiesen, weil die Beklagte wegen der verspäteten Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei von ihrer Entschädigungspflicht frei sei.
16Gegen dieses am 09.06.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.07.1995 (Montag) Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.11.1995 am 13.11.1995 (Montag) begründet.
17Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:
18Der Begründung des Landgerichts könne nicht gefolgt werden. Schon in der ersten Julihälfte 1993 habe er eine Inventurliste von der letzten Bestandsaufnahme bei der Kriminalpolizei in K. eingereicht, um die Ermittlungen der Polizei in Gang zu bringen. Dort sei ihm erklärt worden, daß diese Liste noch aktualisiert werden müsse. Seine Versicherung werde einen Regulierer schicken, mit dem er dann alles weitere besprechen könne. Schon bei dem ersten Gespräch mit dem sachbearbeitenden Polizeibeamten H. am 21.06.1993 habe er erklärt, daß die Erstellung der Stehlgutliste für ihn schwierig sein werde, weil der oder die Diebe auch seinen eigenen Computer und die Sicherungsdisketten zum Großteil gestohlen hätten. Er habe sich erst aus Restbeständen einen neuen Computer zusammenbauen und anhand von Sicherungsdisketten eine brauchbare Datenrekonstruktion anfertigen müssen. Anhand der aus Mai 1993 bestehenden Inventurlisten habe er dann feststellen müssen, was an Warenbeständen noch verblieben war. Ein weiteres Problem sei deshalb hinzugekommen, weil sich seine sämtlichen Unterlagen bei seinem Steuerberater in K. befunden hätten, der sich in der Zeit Ende Juni/Anfang Juli in Urlaub befunden habe. Erst nachdem der Steuerberater von seinem zweiwöchigen Urlaub Mitte Juli zurückgekehrt sei, habe er auch mit den beim Steuerberater eingereichten Unterlagen arbeiten können.
19Der Zeuge H. könne bekunden, daß er mit diesem nach dem Diebstahl ständig Kontakt gehalten habe und dieser volles Verständnis dafür gehabt habe, daß bei dem von den Tätern angerichteten Durcheinander eine Fehlliste nicht von heute auf morgen vorgelegt werden konnte. Selbst wenn hier der objektive Tatbestand einer verspäteten Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei vorliegen sollte, fehle es bei ihm jedenfalls am Verschulden. Unterstützung von der Beklagten selbst habe er nicht erhalten. Es fehle insbesondere jeder deutliche Hinweis auf die möglichen Konsequenzen einer verspäteten Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei.
20Ein etwaiger Verstoß gegen eine rechtzeitige Hereingabe der Stehlgutliste bei der Polizei sei auch nicht relevant geworden. Es sei nicht erkennbar, inwieweit die Nachreichung weiterer Unterlagen über die Inventurliste hinaus die Fahndung oder die Ermittlung der Höhe des Schadens gefördert haben könnte.
21Aufgrund seines Antrags vom 03.06.1993 habe er von vollem Versicherungsschutz für die S.straße in K. ausgehen können. Auf die erst im September ergangene Ablehnung des Antrags könne sich die Beklagte nach Treu und Glauben nicht berufen, da der Versicherungsvertrag bereits konkludent zu den geänderten Konditionen zustandegekommen sei.
22Der Kläger beantragt,
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24unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 104.727,72 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 20.01.1994 zu zahlen,
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26hilfsweise, hiervon einen Teilbetrag von 26.412,41 DM zuzüglich 6 % Zinsen seit dem 18.05.1993 aus 22.695,03 DM sowie 5 % Zinsen seit dem 18.05.1993 aus 97,65 DM sowie 5 % Zinsen seit dem 22.07.1993 aus 3.619,73 DM zuzüglich 2.389,46 DM festgesetzte Kosten zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 23.07.1993 aus 575,48 DM sowie 4 % Zinsen seit dem 06.08.1993 aus 1.814,00 DM an Herrn M. S., V. Straße 53, D., zu zahlen,
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28äußerst hilfsweise, ihm zu gestatten, Sicherheitsleistung auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.
29Die Beklagte beantragt,
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31die Berufung zurückzuweisen.
32Sie wiederholt ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:
33Für den Versicherungsort K. habe Versicherungsschutz nur bis zur Höhe von 20.000,00 DM bestanden. Der Eintritt des Versicherungsfalles bleibe bestritten. Sie sei wegen verspäteter Einreichung der Stehlgutliste leistungsfrei. Auch nach dem Schreiben des Zeugen H. vom 16.07.1993 habe sich der Kläger noch 1 1/2 Monate Zeit gelassen mit der Einreichung der Stehlgutliste. Das Schreiben der Polizei zeige, daß mit der angeblich zuvor eingereichten Liste keine Fahndung möglich gewesen sei.
34Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Antrag vom 03.06.1993 stünden dem Kläger nicht zu. Der Versicherungsfall sei bereits am 16.06.1993, mithin 13 Tage nach dem Antrag des Klägers eingetreten. Es sei völlig ausgeschlossen, daß der Kläger in dieser Zeit anderweit Versicherungsschutz hätte erlangen können.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den gesamten vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.
36E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist in der Sache nicht begründet.
38Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
39Die Beklagte ist wegen Obliegenheitsverletzung des Klägers gemäß §§ 13 Abs. 1 b, Abs. 2 AERB 87, 6 Abs. 3 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei, weil der Kläger die sogenannte Stehlgutliste nicht unverzüglich, sondern erst 2 1/2 Monate nach dem Versicherungsfall bei der Polizei in K. eingereicht hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die im Ergebnis zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
40Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist lediglich ergänzend auszuführen:
411.
42Soweit die Berufungsbegründung vorbringt, der Kläger habe bereits in der ersten Julihälfte 1993 eine Inventurliste bei der Kriminalpolizei in K. eingereicht, wo ihm erklärt worden sei, diese Liste müßte noch aktualisiert werden und die Versicherung werde einen Regulierer schicken, mit dem er dann alles weitere besprechen könne, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die Obliegenheitsverletzung des Klägers in Frage zu stellen.
43Die Obliegenheit des Klägers nach § 13 Abs. 1 b AERB 87 geht dahin, der Polizei unverzüglich ein Verzeichnis der abhandengekommenen Sachen einzureichen, um der Polizei damit die Grundlage für eine gezielte Sachfahndung zu liefern. Die vom Kläger erwähnte Inventurliste erfüllt diese Voraussetzungen hingegen nicht. Sie beinhaltet ihrer Art nach eine Aufstellung der vorhandenen Bestände, nicht jedoch die Fehlbestände, das heißt hier die gestohlenen Sachen. Eine Inventurliste, die mehr oder weniger lange vor dem Einbruchdiebstahl erstellt worden ist, enthält zudem nicht die bis zum Schadentag erfolgten Bestandsveränderungen, insbesondere nicht die Warenausgänge. Zudem hat der Kläger in der Klageschrift selbst vorgetragen, daß "viele von den sich im Keller befindlichen Computern und Computer-Zubehörteilen" entwendet worden seien, das heißt nicht alle Sachen, so daß aus der überreichten Inventurliste nicht ersichtlich war, welche Gegenstände denn nun fehlten.
44Unter diesen Umständen war die in der ersten Julihälfte eingereichte Inventurliste für die Polizei nicht geeignet, eine gezielte Sachfahndung durchzuführen. Daraus erklärt sich auch der Hinweis der Polizei an den Kläger, den er in der Berufungsbegründung selbst vorträgt, nämlich daß die eingereichte Liste noch aktualisiert werden müsse.
452.
46Abgesehen davon, daß die eingereichte Inventurliste nicht mit einer Stehlgutliste im Sinne der Obliegenheit gemäß § 13 Abs. 1 b AERB 87 gleichzusetzen ist, kann die Einreichung in der ersten Julihälfte auch nicht als unverzüglich angesehen werden. Immerhin waren zu diesem Zeitpunkt seit dem Einbruchdiebstahl bereits mehrere Wochen vergangen. Um so mehr gilt das für das Datum des 30.08.1993, zu dem die Stehlgutliste bei der Polizei tatsächlich eingereicht worden ist.
47Aus welchen Gründen der Kläger die Stehlgutliste nicht zeitnah zu dem am 16.06.1993 geschehenen Einbruchdiebstahl, sondern erst 2 1/2 Monate danach vorgelegt hat, erschließt sich nicht. Insbesondere bietet das Vorbringen des Klägers hierzu keine plausible und nachvollziehbare Erklärung, die geeignet wäre, die aufgetretene erhebliche Zeitverzögerung als unverschuldet erscheinen zu lassen.
48Soweit sich der Kläger in der Berufungsbegründung darauf beruft, sämtliche Unterlagen hätten sich bei seinem Steuerberater in K. befunden, der sich in der Zeit Ende Juni/ Anfang Juli in Urlaub befunden habe, hätte nichts nähergelegen, als daß der Kläger sich diese Unterlagen - wenn sie denn entsprechend dem Verständnis seines Vorbringens für die Erstellung der Stehlgutliste überhaupt wesentlich gewesen sein sollten - unverzüglich bei seinem Steuerberater beschafft hätte. Dazu bestand für den Kläger bis zum Urlaubsantritt seines Steuerberaters Ende Juni 1993 ausreichend Zeit und Gelegenheit. Der Kläger ist aber bis dahin insoweit untätig geblieben, und hat die Urlaubsrückkehr seines Steuerberaters Mitte Juli 1993 abgewartet, ehe er sich die Unterlagen beschafft hat. Schon von daher kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger seiner Obliegenheit nach § 13 Abs. 1 b AERB 87 ohne schuldhaftes Zögern nachgekommen ist.
49Andererseits war die vom Kläger erwähnte Inventurliste nach seinem Vorbringen unabhängig von den beim Steuerberater lagernden Unterlagen offensichtlich noch bei ihm vorhanden, und es erschließt sich wiederum nicht, warum der Kläger nicht unverzüglich im Wege des Bestandsvergleichs zumindest vorläufig den Fehlbestand seiner Waren ermittelte, eine entsprechende Fehlliste fertigte und an die Polizei weitergab. Warum er sich hierfür entsprechend dem Berufungsvorbringen "erst aus Restbeständen einen neuen Computer zusammenbauen und anhand von Sicherungsdisketten eine brauchbare Datenrekonstruktion anfertigen mußte", ist vor diesem Hintergrund unerfindlich. Eine plausible und nachvollziehbare Erklärung des Klägers hierzu fehlt.
50Die von der Berufungsbegründung weiter erwähnte Äußerung des sachbearbeitenden Polizeibeamten, des Zeugen H., "dieser habe volles Verständnis dafür gehabt, daß bei dem von den Tätern angerichteten Durcheinander eine Fehlliste nicht von heute auf morgen vorgelegt werden konnte", enthob den Kläger keinesfalls der Erfüllung seiner Obliegenheit, ohne schuldhaftes Zögern der Polizei die Stehlgutliste einzureichen. Insbesondere kann in den Äußerungen des Polizeibeamten, wenn sie denn in der vom Kläger vorgetragenen Weise gefallen sein sollten, kein Verzicht auf die Einreichung der Stehlgutliste gesehen werden. Das war für den Kläger auch eindeutig erkennbar und zeigte sich nicht zuletzt an dem Mahnschreiben der Polizei vom 16.07.1993, die Schadenaufstellung nachzureichen.
51In diesem Zeitpunkt war die dem Kläger zuzubilligende Frist für die unverzügliche Einreichung der Stehlgutliste nach Sachlage jedoch schon verstrichen. Selbst wenn man dies anders sehen sollte, bestand nach Zugang des Mahnschreibens vom 16.07.1993 für den Kläger um so mehr Anlaß, jetzt unverzüglich tätig zu werden. Das ist aber auch nicht geschehen, sondern der Kläger hat die Stehlgutliste erst weitere 6 Wochen später, nämlich am 30.08.1993, bei der Polizei eingereicht.
52Schließlich enthoben auch die vom Kläger angeführten Erklärungen des Mitarbeiters der Beklagten ihn nicht der Erfüllung der Obliegenheit zur unverzüglichen Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei. Unabhängig davon bestand die weitere Obliegenheit des Klägers zur Einreichung der Stehlgutliste bei der Beklagten selbst, die nach § 13 Abs. 1 f AERB 87 innerhalb angemessener Frist, die mindestens 2 Wochen beträgt, zu erfolgen hatte.
533.
54Steht die Obliegenheitsverletzung des Klägers wie hier objektiv fest, ist nach der gesetzlichen Vermutung des § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG von einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung auszugehen. Die gesetzliche Vorsatzvermutung hat der Kläger nicht widerlegt.
55Vorsatz erfordert das Wollen der Obliegenheitsverletzung im Bewußtsein des Vorhandenseins der Verhaltensnorm (vgl. BGH R+S 93, 281 = VersR 93, 960). Nach Überzeugung des Senats hatte der Kläger Kenntnis davon, daß er der Polizei unverzüglich eine Stehlgutliste einzureichen hatte. Dies ergibt sich mit aller Deutlichkeit aus dem Inhalt des von der Berufungsbegründung wiedergegebenen Gesprächs mit dem Zeugen H. am 21.06.1993, bei dem der Kläger erklärt hat, daß die Erstellung der Stehlgutliste für ihn schwierig sein werde. Der Kläger hat jedoch die vorhandenen Möglichkeiten zu einer unverzüglichen Erstellung der Stehlgutliste nicht genutzt, wie dies bereits unter 2. erörtert worden ist. Er hätte die bei seinem Steuerberater vorhandenen Unterlagen vor dessen Urlaubsantritt beschaffen sowie die bei ihm vorhandene Inventurliste zur Erstellung einer Fehlliste nutzen können und müssen, was er jedoch nicht getan hat. Selbst auf das Mahnschreiben der Polizei vom 16.07.1993 ist der Kläger nicht unverzüglich tätig geworden, um die Stehlgutliste nachzureichen, sondern hat damit bis zum 30.08.1993 zugewartet. Ohne daß dies wegen der gesetzlichen Vorsatzvermutung positiv festgestellt werden müßte, bietet sich hierfür nach Sachlage keine andere Erklärung an, als daß der Kläger die Stehlgutliste nicht rechtzeitig erstellt hat und bemüht war, Zeit zu gewinnen, um die Schadenregulierung für sich eventuell günstiger gestalten zu können.
56Bei vorsätzlichen, jedoch folgenlosen Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers entfällt die Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn die Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen, und wenn außerdem den Versicherungsnehmer kein erhebliches Verschulden trifft, § 13 Abs. 3 AERB 87.
57Soweit die Berufungsbegründung die Relevanz der Obliegenheitsverletzung in Abrede stellt, greift dies nicht durch. Es liegt auf der Hand, daß die unverzügliche Einreichung der Stehlgutliste eine gezielte Sachfahndung der Polizei erst ermöglicht und deren Erfolgsaussichten erhöht, zumal wenn es sich um Computerartikel und -geräte mit unterscheidbaren Identitätsmerkmalen und Fabrikationsnummern handelt. Ebenso ist offensichtlich, daß die Interessen der Beklagten beeinträchtigt werden, wenn die Erfolgsaussichten einer Sachfahndung infolge des Fehlens einer Stehlgutliste herabgesetzt werden und sich die Möglichkeiten zur Wiedererlangung der entwendeten Gegenstände mindern.
58Ein weiteres kommt hinzu: Die Obliegenheit zur unverzüglichen Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei dient auch der Verminderung der sogenannten Vertragsgefahr, nämlich dem Schutz des Versicherers vor unberechtigter Inanspruchnahme aus dem Versicherungsvertrag (vgl. auch Kollhosser in: Prölss-Martin VVG 25. Aufl. Anm. 1 zu § 13 AERB; Knappmann in Prölss-Martin a.a.O. Anm. 4 zu § 10 AVBR 80). Der Versicherungsnehmer soll durch diese Obliegenheit frühzeitig auf den Schadensumfang festgelegt werden, und es soll dadurch verhindert werden, daß er später den Schadensumfang zu Unrecht zum Nachteil des Versicherers aufbauscht. Auch insoweit ist die Relevanz der Obliegenheitsverletzung durch die erst am 30.08.1993 erfolgte Einreichung der Stehlgutliste gegeben.
59Erhebliches Verschulden hat der Kläger nach Sachlage ebenfalls nicht ausgeräumt. Kein erhebliches Verschulden des Versicherungsnehmers liegt dann vor, wenn es sich nach den Umständen des Falles um ein Fehlverhalten handelt, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (vgl. BGH R+S 89, 5, 6). Davon kann im Streitfall jedenfalls keine Rede sein. Trotz des Hinweises der Polizei, die vorgelegte Inventurliste müsse aktualisiert werden und trotz der Mahnung vom 16.07.1993, die Schadenaufstellung nachzureichen, hat der Kläger die Vorlage der Stehlgutliste bei der Polizei erst am 30.08.1993 vorgenommen.
60Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es im Hinblick auf die unverzügliche Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei keiner ausdrücklichen Belehrung oder eines Hinweises durch die Beklagte auf die Folgen einer Obliegenheitsverletzung. Anders als in sonstigen Fällen, zum Beispiel bei der notwendigen Belehrung über die Rechtsfolgen bewußt unwahrer Angaben in der Schadenanzeige, handelt es sich bei der unverzüglichen Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei um eine vom Versicherungsnehmer spontan zu erfüllende Obliegenheit, bei deren Verletzung die Leistungsfreiheit des Versicherers nicht von einer ausdrücklichen Belehrung abhängig ist.
61Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Leistungsfreiheit der Beklagten im Streitfall auch nicht auf einen Teil der entwendeten Sachen beschränkt werden, wie dies nach § 13 Abs. 2 Satz 3 AERB 87 vorgesehen ist. Vorliegend sind nicht nur einzelne, sondern alle entwendeten Gegenstände der Polizei nicht rechtzeitig angezeigt worden, weil die übergebene Inventurliste wie bereits ausgeführt, keine Fehlliste darstellen konnte und die Stehlgutliste vom Kläger erst am 30.08.1993 eingereicht worden ist.
62Selbst wenn man vorliegend bei der Obliegenheitsverletzung des Klägers nicht von vorsätzlichem, sondern lediglich von grob fahrlässigem Verhalten ausgehen könnte, berührt das die Leistungsfreiheit der Beklagten nicht. Den nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG erforderlichen Kausalitätsgegenbeweis hat der Kläger weder im Hinblick darauf, ob ein Fahndungserfolg der Polizei auch bei unverzüglicher Einreichung der Stehlgutliste zu verneinen wäre, noch im Hinblick auf die bereits erörterte Vertragsgefahr geführt.
634.
64Das in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 13.03.1996 enthaltene Vorbringen ist unerheblich und veranlaßt nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
65Das gilt einmal für die behaupteten Äußerungen des sachbearbeitenden Polizeibeamten, "nach seiner Ansicht sei die Liste durchaus noch im zeitlichen Rahmen eingereicht worden" und "bei dem Erinnerungsschreiben vom 16.07.1993 habe es sich um ein reines Routineschreiben gehandelt, das automatisch ca. einen Monat nach dem Diebstahl versandt werde, und zwar völlig unabhängig von den besonderen Umständen des Einzelfalles". Dasselbe gilt für die behauptete Erklärung des Mitarbeiters der Beklagten von etwa Mitte Juli 1993, "die Liste sei so noch nicht ausreichend spezifiziert und müsse noch weiter überarbeitet werden". Soweit der Kläger in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz fortfährt, "Inventurlisten und vorläufige Listen seien auch schon zu diesem Zeitpunkt bei der Polizei eingereicht worden", trägt er nicht substantiiert vor, welche "vorläufigen Listen" und mit welchem Inhalt der Polizei über die bereits in der Berufungsbegründung erwähnte Inventurliste hinaus zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung standen.
66Unter diesen Umständen bestand für den Senat weder Anlaß zur Beiziehung der Ermittlungsakten noch zur Vernehmung der auf Seite 7 des Schriftsatzes des Klägers vom 27.02.1996 benannten Zeugen. Insbesondere bei der behaupteten Äußerung des Zeugen H. zur Stehlgutliste handelt es sich um die Meinung und Wertung eines Polizeibeamten, die nicht geeignet ist, die vom Kläger begangene Obliegenheitsverletzung in Frage zu stellen.
675.
68Da die Beklagte bereits wegen der Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei ist, bedarf es keines weiteren Eingehens mehr auf die Frage der Aktivlegitimation des Klägers, den Eintritt des Versicherungsfalles und in welchem Umfang gegebenenfalls Versicherungsschutz für die Räume in der S.straße in K. zu gewähren gewesen wäre.
696.
70Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
71Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer des Klägers: 104.727,72 DM.