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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
2Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig; sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld mit durchweg zutreffender Begründung zu Recht abgewiesen.
3Der Kläger leitet seinen vermeintlichen Schmerzensgeldanspruch daraus her, daß sich ein - in den Krankenunterlagen des Krankenhauses P. erstmals unter dem 28. März 1983 verzeichneter - Dekubitus schon am 22.02.1983 in Form eines schwarzen Flecks an der Ferse gezeigt habe und dadurch entstanden sei, daß das nach dem Unfall zunächst per Extension ruhiggestellte Bein mit der Ferse permanent aufgelegen habe, wobei der fortwährende Druck zur Ausbildung des Dekubitus geführt habe. Der der Beklagten vorgeworfene Behandlungsfehler soll demzufolge in der falschen Lagerung des Beines in der Universitätklinik Köln liegen.
4Schon diesen angebliche Fehler hat der Kläger nicht nachgewiesen. Der Kläger befand sich nach seinem schweren Unfall in der neurologischen Abteilung der Uniklinik K. vom 11. bis zum 22.02.1983. Aus den Aussagen der in I. Instanz schriftlich vernommenen Ärzte Prof. Dr. K., Prof. Dr. K. und Privatdozent Dr. F. vom 04.09.1990, 27.12.1990 sowie den schriftlichen Aussagen der Ärzte des Krankenhauses P. am R. vom 05.02.1991 (Prof. Dr. H. und W. He.) sowie Prof. Dr. Fr. vom 14.02.1991 ergibt sich in überzeugender Weise, daß am 11.02.1983 der Unterschenkel des Klägers nach Extension auf einer Schiene mit freistehender Ferse gelagert wurde und dann am 12.02.1983 eine Ruhigstellung in einer Gipsschiene mit Abpolsterung der Ferse durch Schaumstoff und Watte erfolgte. Dies hat auch der erstinstanzliche Sachverständige Prof. Dr. R. unter Auswertung aller vorhandenen Krankenunterlagen so gesehen und bestätigt; dabei hat er insbesondere den chirurgischen, konsiliarischen klinischen Untersuchungen eine korrekte Lagerung des Beins und damit auch der Ferse entnommen, wobei er sich ausdrücklich auf die schriftlichen Unterlagen Bl. 13-16 d.A. der Neurochirurgie der Universität K. gestützt hat.
5Insgesamt ergibt sich aus den Krankenunterlagen der Neurochirurgie nichts an konkreten Anhaltspunkten dafür, daß die Ferse hart aufgelegen haben könnte. Angesichts der vorgenommenen Extension des Beins erscheint dies auch ausgeschlossen, denn es ist nicht vorstellbar, wie man ein flach und insbesondere auch mit der Ferse auf dem Bett aufliegendes Bein überhaupt einer Extension sollte aussetzen können.
6Auch der Umstand, daß schon während des Aufenthaltes des Klägers in der neurologischen Abteilung der Universitätklinik ein konsiliarisch hinzugezogener Chirurg das Bein regelmäßig kontrolliert hat und insoweit keine Veranlassung zu Beanstandungen gesehen hat, spricht mangels gegenteiliger Anhaltspunkte dafür, daß die Lagerung des Beines nach Extension in einer chirurgisch und auch orthopädisch nicht zu beanstandenden Weise erfolgt ist.
7Dem für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers grundsätzlich beweispflichtigen Kläger kommen auch keine Beweiserleichterungen zugute. An solche könnte nur dann gedacht werden, wenn beispielsweise die Dokumentation hinsichtlich der Behandlung des Klägers lückenhaft, fehlerhaft oder unzureichend wäre und im Hinblick hierauf daran gedacht werden könnte, der Beklagten die Beweislast für die richtige Lagerung des Beines des Klägers aufzuerlegen.
8Hinsichtlich der Dokumentation der Universitätsklinik, die - was die Behandlung des Klägers anbetrifft - lückenlos und umfassend ist, spricht jedoch nichts für Dokumentationsmängel, und solche sind vom Kläger auch nicht substantiiert dargetan worden. Es muß deshalb bei der ihm obliegenden Beweispflicht für den behaupteten Behandlungsfehler bleiben, welchen Beweis er nicht zu führen vermocht hat. Insbesondere kann auch nach Maßgabe der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. R. nicht schon aus dem Auftreten eines Dekubitus zwingend auf eine falsche Lagerung geschlossen werden; ein solcher zwingender Zusammenhang ist nämlich nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht anzunehmen, dies insbesondere auch nicht angesichts der seinerzeitigen Schwerstgeschädigung des Klägers nach dem schweren Autounfall. Insoweit hat der Sachverständige nämlich nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, ein zusätzlich vorliegendes Schädelhirntrauma mit lebensbedrohlicher intracranieller Blutung und beatmetem intensivtherapiepflichtigem Patienten komme beim Kläger erschwerend hinzu. Unter diesen schwierigen Gesamtbedingungen könne es auch bei sorgfältigster Lagerungstechnik und kurzfristigen Kontrolluntersuchungen, wie sie in der Universitätsklinik K. gemäß Aktenlage durchgeführt und dokumentiert worden seien, trotzdem zur Ausbildung solcher Geschwüre kommen. Die Schlußfolgerung, daß die Entstehung eines solchen Dekubitalgeschwürs immer eine falsche Lagerungstechnik und eine mangelnde Sorgfalt voraussetze, sei nicht zulässig. Er wisse aus eigener Erfahrung, daß auch bei optimalem, ja maximalem pflegerischem Aufwand solche Geschwüre nicht immer zu vermeiden sein. Diesen Ausführungen ist im Ergebnis nichts hinzuzufügen.
9Gegen eine unsachgemäße Lagerung des Beins und insbesondere auch gegen erste Anzeichen eines Dekubitus bereits am 22.02.1983 in Form eines schwarzen Flecks spricht auch der Umstand, daß sowohl die Krankenakte der Neurochirurgie als auch die des anschließend behandelnden Krankenhauses P. sorgfältig geführt sind - jedenfalls hat der Kläger nichts dafür vorgetragen, daß die Dokumentation lückenhaft sei - und von daher die erstmalige Erwähnung des Dekubitus am 28. März 1983 in P. dafür spricht, daß dieser auch erst zu diesem Zeitpunkt in Erscheinung getreten ist. Insbesondere angesichts der operativen Versorgung der Oberschenkelfraktur am 28. Februar 1983 in P. spricht alles dafür, daß man einen sich schon seit dem 22.02. abzeichnenden Dekubitus jedenfalls spätestens bei der Operation wahrgenommen und auch entsprechend dokumentiert hätte. Dem Kläger kann mithin nicht in seiner Argumentation gefolgt werden, daß - wenn der Dekubitus erst am 28.03.1983 in P. festgestellt und operiert worden sei dies für Dokumentationsmängel zu Lasten der Beklagten spreche mit der Folge einer Beweislast der Beklagten dafür, daß "der Dekubitus nicht in ihrem Verantwortungsbereich entstanden ist". Vielmehr spricht, da aus den Krankenunterlagen, den Zeugenaussagen und den Ausführungen des Sachverständigen nichts für eine falsche Lagerung hervorgeht, außerdem in der Uniklinik ein konsiliarisch hinzugezogener Chirurg das Bein regelmäßig kontrolliert hat und nichts für eine unvollständige Dokumentation spricht, die erstmalige Nennung des Dekubitus erst am 28. März dafür, daß er vorher - insbesondere in der Universitätsklinik Köln - sich noch nicht abzeichnete.
10Selbst wenn er am 28. März 1983 im Stadium 3 oder 4 gewesen sein sollte, bedeutet dies nicht zwingend, daß er schon spätestens am 22.02.1983 vorhanden gewesen sein muß. Vielmehr hat der Sachverständige Prof. Dr. R. sowohl in seinem ersten Gutachten vom 31.08.1992 als auch in seinem Ergänzungsgutachten vom 15.04.1993 wiederholt festgestellt, eine falsche Behandlung der Oberschenkelfraktur des Klägers in der Universitätsklinik K. sei bei Auswertung der gesamten Krankenunterlagen nicht festzustellen. Vielmehr liege der Verdacht nahe, daß die Fersennekrose erst nach dem 22.02.1983, dem Tag der Verlegung des Klägers aus der Universitätsklinik K. in das Krankenhaus P. entstanden sei.
11Die Aussagen der Eltern des Klägers sind nicht geeignet, einen Behandlungsfehler durch falsche Lagerung darzutun und beweisen auch nicht, daß sich bereits am Tag der Verlegung des Klägers aus der Universitätsklinik, dem 22.02.1983, ein schwarzer Fleck als erstes Anzeichen eines Fersenulkus gezeigt hat und festgestellt worden ist. Zu Frage der konkreten Lagerung des Beins in der Intensivstation der neurochirurgischen Uniklinik hat die Mutter des Klägers keine Bekundungen machen können, der Vater ebenfalls nicht. Beide wollen lediglich nach Verlegung des Klägers nach P. am 22.02.1983 im Krankenhaus P. eine 2- bis 5 Mark große schwarze Stelle an der Ferse gesehen haben. Diese Aussagen erscheinen jedoch angesichts der vorstehenden Darlegungen nicht überzeugend, dies insbesondere auch deshalb nicht, weil sie schon in sich nicht übereinstimmen. Die Mutter des Klägers hat ausgesagt, als die Schwester das Bein in P. habe umlagern wollen und dabei die Ferse leicht verdreht habe, habe sie die schwarze Stelle festgestellt. Der Vater des Klägers hat hingegen bekundet, als die Schwester den Verband vom rechten Fuß gelöst habe, sei ihr die schwarze Stelle aufgefallen. Schon diese Schilderung ist nicht einheitlich. Zwar mögen die Eltern des Klägers nicht etwa bewußt eine falsche Aussage gemacht haben, es erscheint jedoch naheliegend bzw. sogar wahrscheinlich, daß die Eltern des Klägers sich schlichtweg in dem Datum geirrt haben, zu welchem nach ihrer Erinnerung die schwarze Stelle erstmals in P. festgestellt worden ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß zum Zeitpunkt der Aussage der Eltern des Klägers im Juli 1991 der fragliche Vorfall immerhin bereits 8 1/2 Jahre zurücklag. Von daher erscheint es ohne weiteres einleuchtend, daß die Eltern des Klägers nicht mehr präzise zu differenzieren vermochten, ob die schwarze Stelle in P. bereits am 22. Februar oder aber erst Ende März festgestellt worden ist, zu welchem Zeitpunkt sie auch erstmals in der Dokumentation des Krankenhauses P. erwähnt wird.
12Im Ergebnis fehlt es deshalb sowohl an einem der Beklagten anzulastenden Behandlungsfehler als auch an einer erkennbaren Kausalität für die Ausprägung des Dekubitus. Der Sachverständige hat vielmehr, wie erwähnt, das Auftreten von Dekubitalgeschwüren bei schwerstverletzten Patienten wie dem Kläger auch bei optimaler medizinischer Versorgung für nicht ausschließbar erachtet.
13Insgesamt war deshalb die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
14Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
15Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer des Klägers:
1615.000,00 DM