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FGG §§ 12, 15; ZPO § 412 Abs. 1; StPO § 244 Abs. 4 Satz 2 Ob im Anschluß an ein im Erbscheinsverfahren zur Echtheit der auf einem Testament befindlichen Unterschrift vom Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten weitere Gutachten einzuholen sind, hat das Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn das Gericht, das sich aufgrund des bereits erstatteten Gutachtens eine positive Überzeugung gebildet hat, einen Antrag des Beteiligten auf Aktenversendung zum Zwecke der Einholung eines privaten Gegengutachtens ablehnt und in der Sache entscheidet.
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligten streiten darüber, wer von ihnen Erbe nach dem eingangs bezeichneten Erblasser geworden ist.
4Die Beteiligte zu 2) beruft sich als Schwester des Erblassers auf ein gesetzliches Erbrecht, die Beteiligte zu 1) leitet ein Erbrecht aus einem handschriftlichen Testament des Erblassers vom 3.11.1992 ab.
5Der Erblasser hat mehrere letztwillige Verfügungen getroffen, und zwar - einen Erbvertrag vom 7.2.1991 mit seiner am 21.8.1991 vorverstorbenen Ehefrau mit gegenseitiger Erbeinsetzung und - widerruflicher - Berufung der Eheleute H. und He. Sch., - einen Erbvertrag vom 12.6.1992 mit der Zeugin G. L. und zu ihren Gunsten und - ein handschriftliches Testament vom 3.11.1992, das die Beteiligte zu 1) als Erbin ausweist und nach welchem die Beteiligte zu 2) und die Zeugin G. L. je 120.000,00 DM als Vermächtnis erhalten sollen.
6Mit notariellem Vertrag vom 12.11.1992 vor dem Notar Dr. S. haben der Erblasser und die Zeugin G. L. den Erbvertrag vom 12.6.1992 aufgehoben. In dem Aufhebungsvertrag heißt es, der Erblasser widerrufe die in dem vorgenannten Erbvertrag einseitig getroffenen Vermächtnisse, ebenso sämtliche Verfügungen von Todes wegen, die er etwa bisher gemeinsam oder einzeln errichtet habe, insbesondere die Verfügungen des Erbvertrages vom 7. Februar 1991.
7Der Erblasser hat ferner ein in seinen Einzelheiten unbekannt gebliebenes Testament vom 7.4.1993 zugunsten einer Frau H. Schl. errichtet und es durch ein handschriftlich verfaßtes und unterschriebenes Schriftstück vom 14.4.1993 für ungültig erklärt.
8Unter Berufung auf ihre Erbeinsetzung in dem Testament vom 3.11.1992 hat die Beteiligte zu 1) am 13.7.1993 einen Erbscheinsantrag gestellt und geltend gemacht, der den Widerruf aller letztwilligen Verfügungen enthaltende Aufhebungsvertrag erfasse das Testament vom 3.11.1992 nicht. Dazu hat die Beteiligte zu 1) im einzelnen vorgetragen. Vorsorglich hat sie den Widerruf des genannten Testaments wegen Irrtums des Erblassers angefochten. Die Beteiligte zu 2) ist den Ausführungen der Beteiligten zu 1) entgegengetreten und hat dazu ihrerseits im einzelnen vorgetragen.
9Das Amtsgericht hat nach Beweiserhebung zur Datierung und Vorgeschichte des Aufhebungsvertrages sowie zu angeblichen späteren Äußerungen des Erblassers, die Beteiligte zu 1) zu seiner Erbin einzusetzen, den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) durch Beschluß vom 14.3.1994 zurückgewiesen.
10Mit der dagegen erhobenen Beschwerde hat die Beteiligte zu 1) insbesondere die Beweiswürdigung des Amtsgerichts gerügt. Für ihre weiterhin vorgetragene Behauptung, nach dem Willen des Erblassers habe das Testament vom 3.11.1992 für die Erbfolge maßgeblich sein sollen, hat die Beteiligte zu 1) im Erstbeschwerdeverfahren ein auf den 18.4.1993 datiertes Schriftstück vorgelegt, das folgenden Text enthält:
11,Hiermit erkläre ich das Testament vom 3.XI.92 zugunsten von R. St. für gültig. Dr. H. L."
12Die Beteiligte zu 1) hat behauptet, sie habe dieses Schriftstück rein zufällig am 30.4.1994 hinter der Nachtspeicherheizung im Eßzimmer des Erblassers gefunden.
13Die Beteiligte zu 2) hat die Echtheit des Schriftstücks bestritten.
14Das Landgericht hat ein Gutachten und - nach Angriffen der Beteiligten zu 1) - ein Ergänzungsgutachten des Schriftsachverständigen Dr. M. R. eingeholt. Auf die Gutachten vom 20.06.1995 und vom 08.12.1995 (B1.172-212, 268310 d.A.) wird Bezug genommen. Nach beiden Gutachten ist das von der Beteiligten zu 1) angeblich aufgefundene Schriftstück mit Datum vom 18.4.1993 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefälscht.
15Die Beteiligte zu 1) hat beantragt, die Akte mit dem Originalschriftstück dem von ihr beauftragten Sachverständigen Dr. C. in M. zugänglich zu machen. Daraufhin hat der Vorsitzende der entscheidenden Zivilkammer mit Verfügung vom 8.1.1996 dem Rechtsanwalt der Beteiligten zu 1) folgendes mitgeteilt:
16,... hat die Kammer das Anliegen Ihrer Frau Mandantin beraten, das Sie der Kammer mit Schriftsätzen vom 20.11.1995 und 2.01.1996 vermittelt haben. Angesichts der eindeutigen Gutachten des allseits anerkannten Schriftsachverständigen Dr. R. sieht die Kammer keine Veranlassung, die Akten oder Aktenteile einen von Ihrer Frau Mandantin beauftragten Sachverständigen zugänglich zu machen. Es gibt ersichtlich keine Gründe, die diesen Sachverständigen daran hindern könnten, an Hand der Ihnen zugeleiteten Gutachten des Sachverständigen Dr. R. konkrete Zweifel zu äußern und solche Zweifel durch Ihre Vermittlung der Kammer vorzutragen. Solche konkreten Zweifel haben Sie bisher nicht geäußert. Es steht Ihnen und Ihrer Frau Mandantin natürlich frei, die Akten in Gegenwart eines von ihr beauftragten Sachverständigen auf der Geschäftsstelle der 11. Zivilkammer einzusehen. Ich bitte um Verständnis dafür, daß die Kammer Ihre abschließende Äußerung nunmehr bis 15.2.1996 erwartet."
17In der Folge hat die Beteiligte zu 1) ihren Antrag, die Akten zum Zwecke der Einsichtnahme durch den von ihr beauftragten Privatgutachter an das Landgericht M. zu senden, wiederholt. Dem Antrag war ein Schreiben des Gutachters vom 7.2.1996 beigelegt, in dem unter anderem ausgeführt ist, eine sorgfältige Untersuchung des Originalmaterials sei unverzichtbar, um schlüssig zwischen den hier in Betracht kommenden alternativen Hypothesen über die Entstehung der Urkunde differenzieren zu können; bei einer von ihm vorgenommenen Vorprüfung der beiden Gutachten des Sachverständigen R. seien zunächst weder äußere Mängel noch innere Widersprüche festzustellen gewesen.
18Das Landgericht hat dem Antrag nicht stattgegeben. Es hat vielmehr die Beschwerde der Beteiligten zu 1) durch die angefochtene Entscheidung zurückgewiesen.
19Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1). Sie rügt, die Beweiserhebung durch das Landgericht sei fehlerhaft erfolgt, weil ihren oben dargestellten Verfahrensanträgen nicht stattgegeben worden sei. Die Beteiligte zu 2) tritt der weiteren Beschwerde entgegen.
20II.
21Die in förmlicher Hinsicht (§§ 27, 29 FGG) nicht zu beanstandende weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
221) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht auf der Grundlage der bisher durchgeführten Beweiserhebungen angenommen, daß das Testament vom 3.11.1992, aus dem die Beteiligte zu 1) ihr Erbrecht herleitet, unwirksam sei, weil es durch den Aufhebungsvertrag vom 12.11.1992 im Sinne von § 2254 BGB widerrufen worden sei. Die Annahme des Landgerichts, der Aufhebungsvertrag habe auch das genannte Testament erfaßt, beruht auf einer möglichen und auch naheliegenden Würdigung der erhobenen Beweise. Insoweit erhebt die Beteiligte zu 1) in der Begründung der weiteren Beschwerde auch keine Beanstandungen.
232) Rechtlich nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen, mit denen das Landgericht darlegt, daß von einer wirksamen Anfechtung des Widerrufs des Erblassers durch die Beteiligte zu 1) nicht ausgegangen werden könne. Das Landgericht hat sich nicht davon überzeugen können, daß sich der Erblasser bei seinem Widerruf darüber im Irrtum befand, daß dadurch auch das Testament vom 3.11.1992 erfaßt wurde. Auch dies beruht auf einer möglichen Würdigung der ermittelten Tatsachen. Auch insoweit erhebt die Beteiligte zu 1) keine Beanstandungen.
243) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht schließlich angenommen, das auf den 18.4.1993 datierte Schriftstück sei für die festgestellte Rechtslage ohne Bedeutung, weil es sich um eine Fälschung handele.
25a) Das Landgericht hat dazu ausgeführt:
26Schließlich lasse sich der Erbscheinsantrag mit Erfolg auch nicht auf das Schriftstück mit Datum vom 18.4.1993 stützen. Denn das sei zur Überzeugung der Kammer gefälscht. Erweckten schon die Umstände seines angeblichen Auffindens am 30.4.1994 hinter einem Nachtspeicherofen tiefes Mißtrauen, so folge die Fälschung selbst zweifelsfrei aus den überzeugenden Ausführungen des allgemein anerkannten Schriftsachverständigen Dr. M. R.. Diese Ausführungen könne die Kammer zunächst schon deshalb gut nachvollziehen, weil ihren Richtern bei der Augenscheinseinnahme und einem laienhaften Vergleich der Schrift mit Datum vom 18.4.1993 mit den Vergleichsschriften ganz entscheidende Zweifel an der Urheberschaft der Erblassung gekommen seien und sich der Kammer der Eindruck einer besonders plumpen Fälschung aufgedrängt habe. Folgerichtig komme der Sachverständige denn auch zu einer Fälschung mit dem höchsten Wahrscheinlichkeitsgrad, den die empirische Wissenschaft der Schriftvergleichung kenne. Das Gutachten gehe von den zutreffenden, vorgegebenen Tatsachen aus, sei übersichtlich gegliedert, führe von Abschnitt zu Abschnitt tiefer in die Problematik ein und erfasse diese auch vollständig. Dabei sei auch überzeugend der Hinweis des Gutachtens darauf, daß es angesichts der zeitnahen Vergleichsschrift vom 14.4.1993 keiner weiteren ärztlichen Hinterfragungen bedürfe. Das habe der Sachverständige nach Beanstandung durch die Beteiligte zu 1) bestätigt, und zwar nach sorgfältiger Auseinandersetzung mit der gesundheitlichen Verfassung des Erblassers und seiner emotionalen Entlastung am 16.4.1993 durch den Auszug von Frau H. Schl.. In diesem Ergänzungsgutachten seien auch alle anderen Zweifel der Beteiligten zu 1) mit wissenschaftlicher Gründlichkeit und Kompetenz abgehandelt und widerlegt.
27Vor diesem Hintergrund habe die Kammer weder Grund noch Anlaß, der Beteiligten zu 1) Gelegenheit zu geben, mit Hilfe eines Privatgutachters Zweifel formulieren oder ein sogenanntes Gegengutachten erstatten zu lassen. Selbstverständlich sei es einem kompetenten Schriftsachverständigen auch ohne Einsicht in die Originalunterlagen möglich, zumindest erste, konkrete Beanstandungen zu erheben und Schwachpunkte eines Schriftsachverständigengutachtens herauszustellen, wenn es sie denn gebe. Dazu habe die Kenntnis der Gutachten und die Vorlage von Kopien genügt. Daß auch anhand von Kopien zumindest eine erste, orientierende Äußerung möglich sei, beweise die Äußerung eines weiteren Schriftsachverständigen. Selbst der von der Beteiligten zu 1) genannte Sachverständige Dr. C. habe erklärt, äußere Mängel und innere Widersprüche der Gutachten von Dr. M. R. seien nicht festzustellen. Seine weiteren Ausführungen vom 7.2.1996 zeigten, daß er eine erneute Begutachtung nur dann für erforderlich halte, wenn die Beteiligte zu 1) die Wahrheit sage. Damit mache er zur Voraussetzung des Gutachtens, was die Beteiligte zu 1) sich als dessen Folge wünsche. Damit fehle es an jeglichen konkreten Hinweisen, die Anlaß geben könnten, die Gutachten des Sachverständigen Dr. M. R. ganz oder teilweise in Zweifel zu ziehen.
28b) Diese Ausführungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ein Verstoß des Landgerichts gegen die Verpflichtung zur Amtsermittlung liegt nicht vor.
29Nach § 12 FGG hat das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen anzustellen und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen. Über Art und Umfang der Ermittlungen entscheidet der Tatrichter ohne Bindung an etwaige Beweisanträge der Beteiligten nach pflichtgemäßem Ermessen; das Rechtsbeschwerdegericht kann nur überprüfen, ob das Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt worden ist (vgl. etwa Senat, FamRZ 1994, 1135, 1136; BayObLG NJW-RR 1990, 1419, 1420; Amelung in: Keidel / Kuntze / Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Teil A: FGG, 13. Aufl., § 12 Rn. 85, 86 und § 27 Rn. 27 f).
30Das Landgericht hat, obwohl es bereits aufgrund der vorgetragenen Umstände des angeblichen Auffindens und aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes des Schriftstücks mit Datum vom 18.4.1993 erhebliche Zweifel an dessen Echtheit hatte, sachverständigen Rat gesucht und die vorliegenden Gutachten des Sachverständigen Dr. Rieß eingeholt. Der Sachverständige ist zu dem aus seiner Sicht eindeutigen Ergebnis gelangt, das untersuchte Schriftstück sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefälscht. Das Landgericht hat aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen seine bereits vorhandenen Zweifel bestätigt gesehen und sich schließlich aufgrund der Gutachten von der Unechtheit des Schriftstücks überzeugt.
31Die Beteiligte zu 1) sieht den Rechtsfehler des Landgerichts darin, daß es ihrem Antrag auf Überlassung der Gerichtsakte nicht stattgegeben hat. Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe es ihr dadurch verwehrt, Bedenken gegen die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen durch einen eigenen Sachverständigen formulieren zu lassen. Dem folgt der Senat nicht.
32Die Beteiligte zu 1) beanstandet letztlich, daß das Landgericht auf ihre Behauptung hin, die eingeholten Gutachten müßten im Hinblick auf den von ihr vorgetragenen Sachverhalt falsch sein, keine Überprüfung der vorliegenden Gutachten durch einen weiteren Gutachter angeordnet oder gestattet hat. Dazu war das Landgericht indes nicht verpflichtet.
33Ob im Anschluß an eine bereits veranlaßte Begutachtung weitere Gutachten (Obergutachten, Gegengutachten) eingeholt werden, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (§§ 15 FGG, 412 Abs. 1 ZPO; vgl. Bassenge / Herbst, FGG / RPflG, 7. Aufl., § 15 FGG Rn. 30; Bumiller / Winkler, FGG, 6. Aufl., § 15 Anm. 2 e; Amelung in: Keidel / Kuntze / Winkler a.a.O. § 15 Rn. 39). Die Einholung weiterer Gutachten kann bei besonders schwierigen Fragen oder groben Mängeln eines vorliegenden Gutachtens geboten sein, insbesondere wenn Zweifel an der Sachkunde des bisherigen Gutachters bestehen, wenn das Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, Widersprüche enthält oder wenn ein neuer Sachverständiger über Forschungsmittel verfügt, die denen des früheren Gutachters überlegen sind (vgl. BayObLGZ 1982, 309, 315; BayObLG FamRZ 1990, 801, 802 f.; NJW-RR 1991, 1098, 1101; Bassenge / Herbst a.a.O.; Bumiller / Winkler a.a.O.; Amelung in: Keidel / Kuntze / Winkler a.a.O.; vgl. die entsprechende Regelung in § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO).
34Diese Voraussetzungen für die Einholung eines weiteren Gutachtens liegen im Streitfall nicht vor. Das Landgericht hat sich von der Richtigkeit der vorliegenden Gutachten überzeugt und die Gründe dafür in dem angefochtenen Beschluß dargestellt. Weder den Ausführungen der Beteiligten zu 1) noch den Akten ist zu entnehmen, daß dem Landgericht insoweit ein Rechtsfehler unterlaufen sein könne. Insbesondere ist der vorliegenden vorläufigen Stellungnahme des von der Beteiligten zu 1) beauftragten Privatsachverständigen nicht zu entnehmen, daß diesem bei der vorläufigen Überprüfung der vorliegenden Gutachten Fehler des Sachverständigen Dr. R. aufgefallen wären. Der Privatgutachter hat lediglich ausgeführt, daß eine von ihm vorzunehmende Begutachtung die Vorlage der Originalurkunde erfordere. Dabei geht der Privatgutachter offensichtlich davon aus, daß seine Begutachtung sowohl zur Bestätigung als auch zur Widerlegung der vom Sachverständigen Dr. R. gefundenen Ergebnisse führen kann. Dies ergibt sich zweifellos aus den in der Begründung der weiteren Beschwerde wörtlich zitierten Passagen des Schreibens vom 7.2.1996. Soweit die Beteiligte zu 1) geltend machen will, das Landgericht könne den Privatgutachter insoweit mißverstanden haben, wäre dies nicht richtig. Daß der Privatgutachter über Erkenntnismöglichkeiten verfügt, die denen des gerichtlich bestellten Gutachters überlegen sind, macht die Beteiligte zu 1) nicht geltend; dies ist auch der Stellungnahme des Privatgutachters nicht zu entnehmen.
35Aus der Sicht des Landgerichts bestand kein Anlaß, eine weitere Begutachtung für erforderlich zu halten, jedenfalls deshalb, weil es aufgrund der vorliegenden Gutachten bereits davon überzeugt war, daß das auf den 18.4.1993 datierte Schriftstück gefälscht ist. Im Strafprozeß - in dem wie im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, vgl. § 155 Abs. 2 StPO - bestimmt § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO, daß dann, wenn das Gericht das Gegenteil einer behaupteten Tatsache aufgrund eingeholter Gutachten für bereits erwiesen erachtet, die Einholung eines weiteren Gutachtens abgelehnt werden darf. Es bestehen keine Bedenken, diese Vorschrift hier rechtsähnlich anzuwenden (so für den Zivilprozeß auch BGHZ 53, 245, 258 f). Daß keiner der in der Vorschrift genannten Ausnahmefälle vorliegt, ist oben bereits ausgeführt.
36War das Landgericht mithin aus Rechtsgründen nicht verpflichtet, eine weitere Begutachtung zu veranlassen, so durfte es auch den Antrag der Beteiligten zu 1), die gewünschte Einholung eines Privatgutachtens durch Aktenversendung zu fördern, ohne Ermessensfehler ablehnen. Ist der Sachverhalt so vollständig aufgeklärt, daß von weiteren Ermittlungen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr erwartet werden kann, so sind die Ermittlungen abzuschließen (vgl. Amelung: in Amelung in: Keidel / Kuntze / Winkler a.a.O. § 12 Rn. 86 mit zahlreichen Nachweisen). In diesem Fall ist das Gericht nicht verpflichtet, von einzelnen Beteiligten in Aussicht genommene private Ermittlungen abzuwarten oder zu fördern.
37Schließlich hat das Landgericht durch die von der Beteiligten zu 1) beanstandete Verfahrensweise nicht deren rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Das Landgericht hat der Beteiligten zu 1) die eingeholten Gutachten zugänglich gemacht. Seine Annahme, daß aufgrund der Gutachten - die in großem Umfang Fotografien des untersuchten Schriftstücks und der Vergleichsobjekte enthalten - und der Kopien des fraglichen Schriftstücks ernsthafte Einwendungen gegen die eingeholten Gutachten durch einen Privatgutachter hätten formuliert werden können, wenn es sie denn gebe, wird durch die Ausführungen in der Begründung der weiteren Beschwerde nicht ernsthaft in Frage gestellt. Das Landgericht hat die Beteiligte zu 1) durch die oben zitierte Verfügung vom 8.1.1996 auch über seine Absicht, dem Gutachter Dr. Rieß zu folgen, und die Ablehnung des Antrags auf Aktenversendung in Kenntnis gesetzt und ihr Gelegenheit gegeben, die Akte am Gerichtsort in Gegenwart eines Privatgutachters einzusehen. Es hat auch das Schreiben des Privatgutachters vom 7.2.1996 bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt. Damit ist das Recht der Beteiligten zu 1) auf rechtliches Gehör in ausreichendem Maße gewahrt. Eine Verpflichtung des Gerichts, private Ermittlungen zur Widerlegung eines bereits als eindeutig erwiesen erachteten und von dem Betroffenen nicht ernsthaft in Frage gestellten Sachverhalts zu fördern, läßt sich aus dem Recht auf rechtliches Gehör nicht ableiten.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
39Beschwerdewert: 400.000,00 DM
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