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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
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Der Kläger kann gem. §§ 459 Abs. 1, 462, 467, 346 BGB von dem Beklagten die Rückzahlung des Kaufprei-ses von 31.500,00 DM Zug um Zug gegen Herausgabe des im Urteilsausspruch bezeichneten Baggerladers verlangen.
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Die Parteien haben am 8. Juli 1994 einen Kaufver-trag über den streitgegenständlichen Bagger zum Preise von 31.500,00 DM geschlossen. Den ihm oblie-genden Beweis eines Vertragsschlusses mit dem Be-klagten hat der Kläger durch Vorlage einer Urkunde erbracht. Der Kläger hat das Original einer von ihm und dem Beklagten am 8. Juli 1994 unterzeich-neten Privaturkunde vorgelegt, die den Beweisanfor-derungen des § 416 ZPO genügt. Ihre Beweiskraft entfällt nicht etwa deshalb, weil - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - der Kläger sich mit dem nach der Übergabe des Baggers vom Beklagten geäußerten Wunsch, das Schriftstück zu vernichten, einverstanden erklärt hatte. Die Urkunde ist noch heute vorhanden und als Beweismittel geeignet. Die Zusage des Klägers, die Urkunde zu zerstören, bedeutet rechtlich auch nicht das Einverständnis mit einer Vertragsaufhebung, da sich die zwischen den Parteien getroffene Abrede lediglich auf Besei-tigung eines Beweismittels richtet. Ein vollzogener Vertrag wird grundsätzlich nicht allein durch die Zerstörung der Vertragsurkunde, mag sie auch dem Willen beider Vertragspartner entsprechen, rückgän-gig gemacht. Ohne eine weitergehende Vereinbarung hatte die Absprache, das Schriftstück zu zerreißen, nur das Ziel, ein Beweismittel zu beseitigen. Das Beweismittel ist aber nach wie vor vorhanden und kann gewürdigt werden. Die Absprache der Parteien über die Vernichtung der Urkunde hat keine das Gericht i.S. einer Außerachtlassung bindende Kraft. Sie stellt sich als Beweisvertrag dar; solche sind unwirksam, soll mit ihnen die richterliche Freiheit der Beweiswürdigung eingeschränkt werden (vgl. Zöl-ler, R. 8 zu § 286 ZPO und R. 23 vor § 284 ZPO m.w.N.). Hier im Hinblick auf § 242 BGB eine Ausnahme zu machen, ist kein Anlaß. Vielmehr würde dies den Umständen (so der noch darzustellenden Schwarzgeldabrede) gerade nicht gerecht und führte zur Belohnung unrichtigen Verhaltens.
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Durch die zeitlich spätere Unterzeichnung eines Kaufvertrags mit der Firma H. wird die Beweiskraft der Urkunde vom 8. Juli 1994 nicht entscheidend geschwächt. Der Abschluß eines weiteren Vertrags über denselben Gegenstand mit einem anderen Partner rechtfertigt nicht den zwingenden Schluß, das erste Rechtsgeschäft sei hinfällig geworden. Dies gilt schon deshalb, weil durch die Vereinbarung mit ei-ner dritten Person ein zuvor geschlossener Vertrag nicht wirksam geändert oder aufgehoben werden kann. Folgerichtig behält die den früheren Vertragsschluß dokumentierende Urkunde in einem solchen Fall ihre Beweiskraft.
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Die Privaturkunde vom 8. Juli 1994 hat bei zutref-fender Auslegung ihres Inhalts einen Kaufvertrag zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits zum Gegenstand. Der Einwand des Beklagten, bei dem Schriftstück handele es sich lediglich um einen Vorvertrag oder um eine Vermittlungsabrede, läßt sich mit dem klaren Wortlaut der Urkunde nicht vereinbaren. Das Schriftstück ist ausdrücklich als "Kaufvertrag" bezeichnet, enthält die einleitenden Worte "Sie kaufen...." und benennt den Beklagten als "Verkäufer" sowie den Kläger als "Käufer". Hinzu tritt, daß die Urkunde auf einem Geschäfts-formular des Beklagten verfaßt ist, das im Brief-kopf als Gewerbezweig "Baumaschinen" ausweist - was gegen eine bloße Vermittlung spricht - und den vorgedruckten Text enthält:"Die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung mein Eigentum." Das Schriftstück enthält danach eindeutig eine Kaufver-einbarung und kann nicht etwa - wie der Beklagte meint - als Vermittlungsauftrag angesehen werden.
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Auch der Ansicht des Beklagten, die Urkunde bestim-me den Kaufgegenstand noch nicht endgültig, da sie sich auf zwei alternativ bezeichnete Baggerlader desselben Typs zu unterschiedlichen Preisen be-ziehe, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Das Schriftstück bezeichnet unmißverständlich einen einzigen, konkreten Kaufgegenstand und bietet kei-nen Anhalt dafür, daß der Bagger etwa noch unter mehreren in Betracht kommenden Geräten ausgewählt werden sollte. Auch aus der Preisangabe:
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"Preis 10.000,00 DM + MW
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20.000,00 DM "
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läßt sich ein Alternativangebot nicht herleiten. Dem steht schon entgegen, daß der letztgenannte Betrag den Zusatz der Mehrwertsteuer nicht enthält, wie dies bei einer Kaufalternative der Fall wäre. Die Preisgestaltung spricht vielmehr dafür, daß - wie der Kläger inzwischen einräumt - nur ein Teilbetrag von 10.000,00 DM versteuert und die Restkaufpreissumme von 20.000,00 DM ohne Abführung der MwSt entrichtet werden sollte. Die nach dem Vertragstext wahrscheinliche sogenannte Schwarzgel-dabrede hat andererseits nicht die Ungültigkeit des Kaufvertrags nach §§ 134, 138 BGB zur Folge. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts-hofs, der sich der Senat anschließt, sind Verträge, mit denen eine Steuerhinterziehung verbunden ist, nur dann nichtig, wenn die Verkürzung von Steuern der Hauptzweck des Vertrags ist (BGHZ 14, 31; LM Nr. 57 zu § 134 BGB). Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht.
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Das von den Parteien unterzeichnete Schriftstück vom 8. Juli 1994 weist demnach zweifelsfrei einen Kaufvertrag über den dem Kläger übergebenen Bagger-lader aus. Als Privaturkunde erbringt das Schrift-stück vollen Beweis zwar nur in formeller Hinsicht und nicht auch bezüglich des materiellen Inhalt, für den vielmehr der Grundsatz der freien Beweis-würdigung gilt. Indessen muß derjenige, der mündli-che Vereinbarungen entgegen dem Inhalt der Priva-turkunde behauptet, nachweisen, daß die Urkunde un-richtig oder unvollständig ist und daß die mündli-chen Abreden Gültigkeit haben sollen (BGH NJW 1980, 1681; Zöller/Geimer, ZPO, 18. Aufl., § 416 Rn. 4). Den ihm danach obliegenden Beweis, daß er mit dem Kläger in Wirklichkeit keinen Kaufvertrag über den streitgegenständlichen Baggerlader geschlossen ha-be, hat der Beklagte nicht geführt.
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Der Zeuge Hokamp hat die Behauptung des Beklagten, dieser habe mit dem Kläger keinen Kaufvertrag abgeschlossen, im Ergebnis nicht bestätigt. Der Zeuge hat bekundet, der Beklagte habe im Verhältnis zu dem von ihm betriebenen Unternehmen, der Firma Hokamp GmbH, einen Kaufvertrag über das der Gesell-schaft gehörende Baugerät mit dem Kläger vermitteln sollen. Nach dem ersten Besuch des Klägers auf dem Firmengelände, bei welchem er selbst nicht zugegen gewesen sei, sei ihm - dem Zeugen - angekündigt worden, daß der Kunde das Gerät erwerben werde. Daraufhin habe er den Kaufvertrag sowie die Rech-nung vorbereitet und die Vertragsurkunde an dem Tag, an welchem der Kläger den Bagger abgeholt habe, von diesem unterzeichnen lassen und die geleistete Barzahlung quittiert. Die im Vertrag und in der Rechnung genannten Verkaufsbedingungen seien auch - so der Zeuge - tatsächlich vereinbart und gewollt worden.
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Die Angaben des Zeugen H. mögen zunächst ebenso wie die Existenz eines schriftlichen Kaufvertrags zwischen der Firma H. und dem Kläger und die Erteilung einer Quittung über den erhaltenen Betrag von 11.500,00 DM durch den Zeugen gegen die Rich-tigkeit des - durch die Privaturkunde vom 8. Juli 1994 belegten - Klägervortrags sprechen, der Bag-gerlader sei von dem Beklagten verkauft worden. Im Grunde erscheint es sicher ungewöhnlich, daß ein Kunde nach Absprache mit dem Geschäftsinhaber und in voller Kenntnis des Inhalts des Schriftstücks einen Kaufvertrag über eine Sache unterzeichnet, die bereits Gegenstand eines zuvor mit einem Drit-ten abgeschlossenen Kaufvertrags war. Eine solche Rechtshandlung wird der Kunde in aller Regel nicht vornehmen, wenn er der Überzeugung ist, über jene Sache bereits einen gültigen Kaufvertrag geschlos-sen zu haben. Gleichwohl gibt es für ein solches Verhalten denkbare Motive. Der Kläger hat die Unterzeichnung des von dem Zeugen H. vorbereiteten Kaufvertrags in durchaus nachvollziehbarer Weise damit begründet, daß er angenommen habe, der Zeuge benötige das Schriftstück für steuerliche Zwecke. Mag bei einer solchen Sachlage die Handlungsweise des Klägers auch unklug gewesen sein, so liegt sie doch nicht von vornherein außerhalb aller Möglich-keiten. Immerhin würde sich der Entschluß, den Kauf des Baggerladers zum Preis von 10.000,00 DM zuzügl. MwSt - sei es auch von der Firma H. GmbH - schrift-lich zu fixieren, in die nach der Gestaltung der Urkunde von 8. Juli 1994 wahrscheinliche Schwarz-geldabrede einfügen. Die Aussage des Zeugen H. reicht daher, auch in Verbindung mit den durch ihn ausgestellten Schriftstücken, letztendlich nicht aus, um die von den Parteien dieses Rechtsstreits unterzeichnete Vertragsurkunde zu widerlegen. Wel-che Abreden der Kläger mit dem Beklagten vor und bei der Unterzeichnung des Vertrags vom 8. Juli 1994 getroffen hatte, vermochte der Zeuge, der bei den vorausgegangenen Gesprächen nicht zugegen gewesen war, nicht anzugeben. Sein Hinweis darauf, die Firma H. GmbH habe den Beklagten als Vermittler eingeschaltet, schließt auch nicht aus, daß dieser abredewidrig dem Kläger gegenüber als Verkäufer des Baggerladers aufgetreten war. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Bekundung des Zeugen G., bei der Besichtigung der zum Verkauf stehenden Geräte habe er dem Kläger erklärt, der später von diesem erworbene Baggerlader gehöre der Firma H.. Dieser Umstand läßt die Möglichkeit offen, daß der Beklag-te, der ausweislich seines vorgedruckten Geschäfts-formulars selbst mit Baumaschinen handelt, sich dem Kläger gegenüber als zum Verkauf des Baggers im ei-genen Namen befugt ausgegeben hat.
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Widerlegt worden ist der Sachvortrag des Klägers auch nicht insoweit, als dieser den Akt der Kauf-preiszahlung beschrieben hat. Seinem Vorbringen zufolge hat der Kläger dem Beklagten vor dem Betreten des Betriebshofs noch im PKW, mit dem man gemeinsam zur Abholung des Baggerladers gefahren war, den vereinbarten Barbetrag von 31.500,00 DM ausgehändigt. Bei seiner Vernehmung durch den Senat hat sich der Zeuge H. nicht mehr daran erinnern können, auf welche Weise die Kaufpreiszahlung vollzogen worden ist. Der von dem Zeugen bestätigte Erhalt von Bargeld in Höhe von 11.500,00 DM aus dem Vermögen des Klägers genügt zum Nachweis eines ausschließlich zwischen diesem und der Firma H. zustande gekommenen Kaufvertrags über den Bagger nicht. Das gilt umsomehr, als der Beklagte ein-räumt, den Kaufpreis in bar vom Kläger - freilich in Höhe von 11.500,00 DM - erhalten und an den Zeugen H. weitergeleitet zu haben. Bei dieser Sachlage kann nicht ausgeschlossen werden, daß der Beklagte von dem Kläger einen Barbetrag in Höhe von 31.500,00 DM entgegen genommen und einen Teilbetrag von 20.000,00 DM hiervon für sich vereinnahmt hat. Ob dies ggfls. in Kenntnis und mit Billigung des Zeugen H. geschehen ist und ob dessen Aussage in jeder Hinsicht der Wahrheit einspricht, kann im Ergebnis offen bleiben, weil dessen Angaben zur Wi-derlegung des Beweiswerts der Vertragsurkunde nicht genügen.
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Auch durch die Aussage des Zeugen G. hat der Beklagte den ihm obliegenden Beweis nicht geführt. Dieser Zeuge hatte von den zwischen den Parteien getroffenen Abreden keine Kenntnis und vermochte die Behauptung des Beklagten, die Urkunde vom 8. Juli 1994 habe in Wirklichkeit keinen Kaufver-trag zum Inhalt, nicht zu bestätigen.
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Für die Richtigkeit der vom Kläger gegebenen Dar-stellung spricht im übrigen die Bescheinigung der Volksbank W. eG vom 30. März 1995, nach welcher der Kläger am 11. Juli 1994 - der Übernahme des Bagger-laders voraufgehenden Tage - eine Barabhebung von 34.000,00 DM von seinem Konto vorgenommen hatte. Die Größenordnung dieser Auszahlung, durch die das Konto erheblich überzogen worden war, entspricht in etwa dem Kaufpreis, der in der Vertragsurkunde vom 8. Juli 1994 ausgewiesen ist.
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Nach alledem hat der Beklagte nicht bewiesen, daß entgegen dem klaren Wortlaut der Urkunde am 8. Juli 1994 ein Kaufvertrag über den Baggerlader zum Prei-se von insgesamt 31.500,00 DM zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits nicht zustande gekommen ist.
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Aufgrund des vom Kläger geführten Urkundenbeweises steht zugleich fest, daß der Beklagte den verein-barten Kaufpreis tatsächlich erhalten hat. Da der Baggerlader dem Kläger übergeben worden ist und der Beklagte sich selbst nicht auf eine teilweise Nichterfüllung des Kaufvertrags beruft, ist von der vollständigen Zahlung der vereinbarten Kaufpreis-summe an den Beklagten auszugehen.
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Der Kläger hat mit Recht die Wandlung des mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrags erklärt, weil der erworbene Baggerlader mit einem Fehler im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB behaftet war. Der Zeuge E., den der Kläger als auch mit technischen Fragen vertrauten Baumaschinenverkäufer zu Rate gezogen hatte, hat bestätigt, daß der Schwenkmotor für die Baggerschaufel nicht funktioniert und die Schwenkbremse einen Defekt aufgewiesen habe. Ob die Angaben dieses Zeugen über das Erscheinungsbild des Baggers zur Feststellung der Schadhaftigkeit des Gerätes ausreichen oder ob es dazu an und für sich der Einholung es Sachverständigengutachtens bedürf-te, kann im Ergebnis dahinstehen. Schon nach dem eigenen Vortrag des Beklagten nämlich war der Bag-ger von vornherein mit einem Sachmangel behaftet. Der Beklagte räumt selbst ein, bei dem Kaufgegen-stand habe es sich um einen gebrauchten Baggerlader gehandelt, der nur einen Wert von 10.000,00 DM netto verkörpert habe. Dies entspricht im übrigen der Aussage des Zeugen H., der den Bagger als bereits bei zwei Firmen vollständig abgeschriebenes Gerät, das er selbst zu einem recht niedrigen Preis von möglicherweise etwa 8.000,00 DM erworben hatte und das keinesfalls rund 30.000,00 DM wert war, bezeichnet hat. Einer Preisvereinbarung von 30.000,00 DM netto liegt jedoch die Vorstellung zu-grunde, der Baggerlader stelle ein noch nicht abge-schriebenes, gut funktionsfähiges und zuverlässiges Gerät dar, nicht aber einen verhältnismäßig gering-wertigen Gegenstand. Die vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache entsprach damit nicht deren tatsäch-lichem Zustand. Abgesehen von den von dem Zeugen E. beschriebenen Mängeln rechtfertigt sich die Wand-lung des Kaufvertrags daher bereits aus dem auffäl-ligen Mißverhältnis zwischen dem von den Parteien erkennbar vorausgesetzten Wert des Baggers und dem tatsächlichem Gebrauchswert. Auf das Wandlungsbe-gehren des Klägers hat der Beklagte somit an diesen den gezahlten Kaufpreis Zug um Zug gegen Herausgabe des Baggerladers zurückzuzahlen.
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Auch dem Feststellungsbegehren des Klägers ist zu entsprechen. Der Beklagte hat der mit Anwalts-schreiben des Klägers vom 31. Oktober 1994 an ihn gerichteten Aufforderung, den Bagger bis zum 18. November 1994 gegen Zahlung der geleisteten Kaufpreissumme zurückzunehmen, keine Folge gelei-stet, sondern unter dem 17. November 1994 mitge-teilt, er habe mit dem Kläger keinen Kauf getätigt. Hierdurch ist er nach § 295 BGB in Annahmeverzug geraten.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 284 Abs. 1, 288 BGB, § 91 Abs. 1 ZPO und auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
4445
Berufungsstreitwert:
4647
a) Zahlungsantrag = 31.500,00 DM,
4849
b) Feststellungsantrag = 500,00 DM
5051
insgesamt 32.000,00 DM.