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Verantwortlichkeit für die Sicherung der Ladung
1) Die Mithilfe des Fahrers des Transportunternehmers bei der Beladung stellt angesichts der gesetzlichen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KVO) und ggf. auch vertraglichen Ladepflicht des Absenders eine bloße Gefälligkeit dar und läßt nicht den Schluß zu, daß der Fahrer die Beladung verantwortlich übernehmen sollte und insoweit als Erfüllungsgehilfe des Transportunternehmers aufgetreten ist.
2) Der Transportunternehmer wird seiner Verantwortung für die Betriebssicherheit der Verladung (§ 17 Abs. 1 Satz 3 KVO) nicht gerecht, wenn er nicht sicherstellt, daß das Ladegut während der Fahrt über die Ladefläche nicht hinausrutschen und nicht abkippen kann.
3) Hat bei der Verladung der Absender nicht hinreichend für die Beförderungssicherheit und der Transportunternehmer nicht hinreichend für die Betriebssicherheit gesorgt, so kommt es auf die Abwägung der beiderseitigen Mitverursachung nach den Grundsätzen des § 254 BGB an.
T a t b e s t a n d
2Die Beklagte transportierte im Auftrag der Firma K. in Köln einen ca. 25 to wiegenden sogenannten Laufrollenblock von deren Werksgelände zum Hafen in K.-M.. Der Laufrollenblock war auf einen Schwanenhalstiefladeauflieger gesetzt worden. Um ein Verrutschen der Ladung zu vermeiden, waren Gummimatten untergelegt worden. Weitere Befestigungsmaßnahmen gab es nicht. Während der Fahrt rutschte der Laufrollenblock in einer Kurve über den Rand des Ladefahrzeugs hinaus und kippte auf die Straße. Die Klägerin hat als Transportversicherung des Auftraggebers die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz von 12.305,25 DM in Anspruch genommen. Das Landgericht hatte die Klagesumme unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 50 % zur Hälfte zugesprochen und im übrigen abgewiesen. Mit ihrer Berufung begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.
3E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
4Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
5Die Klägerin kann von der Beklagten aus abgetretenem Recht die Hälfte des entstandenen Transportschadens ersetzt verlangen (§§ 29, 6 KVO, 254, 398 BGB).
6Die Haftung der Beklagten aus § 29 KVO entfällt nicht bereits gemäß § 34 c KVO, weil der Transportschaden durch ein Verschulden des Absenders (Auftraggebers) entstanden ist. Allerdings hat der Absender im vorliegenden Fall seine Pflicht zur beförderungssicheren Verladung verletzt. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 17 Abs. 1 Satz 1 KVO und aus den in der Preisliste der Beklagten enthaltenen Bestimmungen, die unstreitig Inhalt des Transportvertrags zwischen dem Absender und der Beklagten geworden sind. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, daß es nach dem Inhalt des Vertrags Sache der Beklagten gewesen sei, das Transportgut mit Spanngurten zu befestigen. Denn in der vorgenannten Preisliste war ausdrücklich bestimmt, daß die Beklagte das erforderliche Spannmaterial lediglich vorzuhalten hatte. Die Benutzung des Spannmaterials und die Befestigung des Ladeguts gehörte dagegen zu den Aufgaben des Absenders, der für die Beladung des Fahrzeugs zuständig war. Das pauschale Vorbringen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 16.10.1995, daß das Anbringen von Spanngurten vereinbarungsgemäß im Laufe der gesamten Zusammenarbeit der Vertragsparteien von den Fahrern der Beklagten habe durchgeführt werden sollen und auch durchgeführt worden sei, ist unsubstantiiert und damit unschlüssig, da sich hieraus nicht entnehmen läßt, wann und auf welche Weise eine solche ergänzende Vereinbarung zu den schriftlichen Vertragsbedingungen getroffen worden sein soll. Eine bloße Mithilfe des Fahrers bei der Beladung stellt angesichts der gesetzlichen und vertraglichen Ladepflicht des Absenders eine bloße Gefälligkeit dar und läßt nicht den Schluß zu, daß der Fahrer die Beladung verantwortlich übernehmen sollte und insoweit als Erfüllungsgehilfe des Transportunternehmers auftrat (Koller, Transportrecht, 3. Aufl., § 17 KVO Rdnr. 12 m.w.N.).
7Die demnach hier allein für den Absender bestehende Verpflichtung zur beförderungsicheren Verladung (Obliegenheit) ist von diesem schuldhaft verletzt worden, indem er das Transportgut ohne jede Befestigung lediglich auf dem Tieflader der Beklagten absetzte, obgleich ohne weiteres erkennbar war, daß das Transportgut durch die Erschütterungen des Transports, durch Bremsverzögerungen oder durch die Einwirkung von Fliehkräften verrutschen und von dem Tieflader kippen konnte.
8Gleichwohl greift aber im vorliegenden Fall der Haftungsausschluß nach § 34 c KVO nicht ein, weil auf Seiten der Beklagten ein eigenes Verschulden zu bejahen ist und deshalb eine Berufung der Beklagten auf den Haftungsausschluß nicht in Betracht kommt (BGHZ 32, 194, 199). Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, daß die Beklagte ihrer Verantwortung für die Betriebssicherheit der Verladung (§ 17 Abs. 1 Satz 3 KVO) nicht gerecht geworden ist. Nach der Regelung des § 17 Abs. 1 KVO ist der Absender für die beförderungssichere und der Transportunternehmer für die betriebssichere Verladung verantwortlich. Zur Betriebssicherheit gehört, daß das Fahrzeug mit seiner Ladung jeder Verkehrslage gewachsen sein muß, mit der auf dem Transportweg zu rechnen ist (BGH, VersR 1970, 459, 460). Soweit die jeweilige Lage des zu befördernden Gutes und der ihm auf dem Transportmittel verschaffte Halt auf die Stabilität des Fahrzeugs einwirken und dadurch dessen Betriebssicherheit in Frage stellen können, ist auch der Transportunternehmer für die Befestigung der Ladung verantwortlich. Dies gilt z.B. dann, wenn ein nicht ausreichend befestigtes Transportgut in einer Kurve verrutscht und vom Fahrzeug kippt (BGH, a.a.O.).
9Dementsprechend war hier die Stabilität des Transportfahrzeugs spätestens in dem Augenblick berührt, als der 25 to schwere Laufrollenblock so weit nach außen verrutscht war, daß er vom Fahrzeug kippte. Aber auch ohne ein Abkippen der Ladung war das Fahrzeug nicht mehr betriebssicher, da die Gefahr bestand, daß die Ladung so weit verrutschte und über die seitlichen Abmessungen des Fahrzeugs hinausragte, daß das Fahrzeug nicht mehr jeder Verkehrslage gewachsen war und andere Verkehrsteilnehmer zu Schaden kamen. Die Beklagte war daher verpflichtet, die Ladung jedenfalls insoweit zu überprüfen, als durch mangelhafte Befestigung die Betriebssicherheit des Transportfahrzeugs beeinträchtigt werden konnte. Diese Überprüfung hat der Fahrer der Beklagten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt vorgenommen, wofür die Beklagte gemäß § 6 KVO einstehen muß.
10Ist demnach auf beiden Seiten ein Verschulden zu bejahen, so hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anstelle des Haftungsausschlusses nach § 34 c KVO eine Abwägung der beiderseitigen Mitverursachung nach den Grundsätzen des § 254 BGB stattzufinden (BGHZ 32, 194, 199; BGH, VersR 1970, 459, 460 m.w.N.). Das Landgericht hat im vorliegenden Fall die beiderseitigen Verursachungsanteile mit zutreffenden Erwägungen gleich bemessen. Die Beklagte ist daher verpflichtet, die Hälfte des entstandenen Schadens zu ersetzen.
11Der Zinsanspruch ist nach §§ 352, 353 HGB begründet.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
13Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Urteilsbeschwer: 6.152,63 DM.
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