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Keine allgemeine Pflicht des Treuhänders im Rahmen eines Bauherrenmodells, den Anlageinteressenten darüber zu belehren, daß diese Form der Vermögensbildung für ihn aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht vorteilhaft ist.
§ 675 BGB
Kommt einem Treuhänder weder aufgrund der Werbung im Prospekt noch afugrund eigenen sonstigen Handels eine besondere Vertrauensstellung über seine im Treuhandvertrag ausdrückliche übernommenen Aufgaben zu, so ergibt sich nicht allein aus seiner Funktion als Treuhänder die Verpflichtung, den Anlageinteressierten ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Beteiligung an einem derartigen Anlagemodell für ihn aufgrund seiner Einkommen- und Vermögensverhältnisse, insbeosndere aufgrund seiner geringen Steuerbelastung nicht besonders vorteilhaft ist. Die allgemeinen Pflichten des Treuhänders beziehen sich in einem solchen Fall allein auf die korrekte Abwicklung des Anlagemodells, nicht aber auf die Anlageentscheidung als solche.
T a t b e s t a n d Der Kläger beteiligte sich im Jahre 1989 an einem Bauträgermodell und erwarb Wohnungseigentum in einem Gebäudekomplex in K.; die Beklagte war für den Kläger als Treuhänderin tätig und nahm seine Interessen bei der Erstellung des Komplexes wahr.
2Für das Bauträgermodell "Studenten-Appartements G. K." wurde mit einem Prospekt geworben, der in einen allgemeinen Teil A und einen technischen Teil B aufgeteilt war. Teil B enthält Beispielsüberschußrechnungen für Steuerprogressionen von 45 % und 58 %. Auf Seite 18 wird darauf hingewiesen, daß die Einkommensteuerersparnis vom individuellen Einkommensteuersatz des Erwerbers abhängt. Auf Seite 24 ist der kalkulatorische Gesamtaufwand der Konzeption wie folgt dargestellt:
3a) Grundstück, Gebäude, Konzeption, Marketing 79,59 % b) Technische Baubetreuung 0,57 % c) Wirtschaftliche Baubetreuung 1,14 % d) Finanzierungsvermittlung 4,00 % e) Mietvermittlung 1,32 % f) Zinsgarantie 1,00 % g) Nebenkostengarantie 0,57 % h) Steuerberatung 2,28 % i) Treuhandschaft 2,28 % j) Zwischenfinanzierungszinsen 4,00 % k) Notar, Grunderwerbssteuer und sonstiges 3,25 % 100,00 %
4Auf Seite 27 findet sich der Hinweis:
5Der Treuhänder hat an der Gestaltung dieses Prospektes nicht mitgewirkt, Prospektangaben nicht überprüft und macht sich diese auch nicht zu eigen. Die Aufgaben des Treuhänders ergeben sich ausschließlich und abschließend aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag. ... Der Treuhänder prüft auch nicht, ob die Investitionsentscheidung des Erwerbers im Rahmen seiner individuellen Gegebenheiten wirtschaftlich sinnvoll ist.
6Als Prospektherausgeber ist die Fa. M. in K. bezeichnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prospekt (Anlage K 21 zur Klageschrift vom 02.02.1995) verwiesen.
7Am 27.01.1989 gab der damalige Geschäftsführer der Beklagten vor dem Notar Dr. E. in Köln eine notarielle Erklärung ab; beurkundet wurde eine "Stammurkunde zur Vorbereitung eines Geschäftsbesorgungsvertrages", in der die näheren Modalitäten der im Rahmen des Bauträgermodells abzuschließenden Geschäftsbesorgungsverträge geregelt wurden. Unter Ziffer 2. ist der für den Erwerber kalkulierte Gesamtaufwand prozentual wie im Prospekt aufgeschlüsselt. Unter Ziffer I.6. heißt es:
8Der Treuhänder tritt bei Abschluß aller nachfolgend aufgeführten Verträge stets im Namen und für Rechnung der einzelnen Erwerber auf. Dem Erwerber ist bekannt, daß es sich bei dem Kaufvertrag um einen Vertrag handelt, der auf den Erwerb einer vom Vertragspartner noch zu errichtenden Eigentumswohnung bzw. eines noch zu errichtenden Teileigentums gerichtet ist. Dem Erwerber ist insbesondere bekannt, daß der Treuhänder selbst weder die Übereignung noch die Bebauung des Grundbesitzes schuldet, sondern Inhalt dieses Geschäftsbesorgungsvertrages der Abschluß der vorgesehenen Verträge ist. Gegenstand dieses Geschäftsbesorgungsvertrages ist daher ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen dem Treuhänder und dem Erwerber. Er beinhaltet somit die im pflichtgemäßen Ermessen des Treuhänders liegende Interessenvertretung des Erwerbers beim Abschluß der vorgesehenen Verträge sowie die Mittelverwendung. ... Der Treuhänder überprüft nicht, ob die Investitionsentscheidung des Erwerbers im Rahmen seiner individuellen Gegebenheiten wirtschaftlich sinnvoll ist. Demgemäß kommen ihm Beratungs- und Aufklärungspflichten hinsichtlich der ausschließlich vom Erwerber zu treffenden Investitionsentscheidung nicht zu. Der Treuhänder hat auch an der Gestaltung des Prospektes nicht mitgewirkt und macht sich etwaige Prospektaussagen nicht zu eigen.
9Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stammurkunde (Anlage B 03 zur Klageerwiderung vom 03.07.1995) verwiesen.
10Am 11.09.1989 gab der Kläger vor dem beurkundenden Notar Dr. W. in H. ein "Angebot zum Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrages und Vollmacht betreffend das Bauherrenmodell Studentenappartements K., G. ab. In Aussicht genommen wurde der Erwerb einer bestimmten Wohnungseinheit nebst Doppelparkerstellplatz zu einem kalkulierten Gesamtaufwand von 176.814,00 DM. In der Urkunde heißt es:
11Demgemäß unterbreitet der Erwerber hiermit ... ein Angebot zum Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrages , dessen Inhalt sich aus der Stammurkunde des Notars Dr. E. vom 27.01.1989 ... ergibt. Diese lag heute in Ausfertigung vor. Deren Inhalt, insbesondere die in Abschnitt I.6. enthaltenen Hinweise zur Rechtsstellung des Erwerbers und die in Abschnitt VII. enthaltenen Hinweise zu den Rechten und Pflichten des Treuhänders, sind dem Erwerber bekannt.
12Der Kläger bevollmächtigte die Beklagte unter anderem zum Abschluß eines Kauf- und/oder Werklieferungsvertrages zum Erwerb des bezeichneten Wohnungseigentums, zum Abschluß eines Mietvertrages mit dem vom Mietervermittler vermittelten Anmieter und unter Ziffer II.4.-10. zum Abschluß von Verträgen mit weiteren Funktionsträgern, dem technischen Baubetreuer, dem wirtschaftlichen Baubetreuer, dem Finanzierungsvermittler, dem Mietervermittler, dem Zinsgaranten, dem Nebenkostengaranten und dem Steuerberater. Hinsichtlich des Abschlusses der letztgenannten Verträge war unter Ziffer I. ausdrücklich der Auftrag erteilt worden; die vorformulierten Textpassagen, durch die der Erwerber diese Leistungen ausschließen oder nur eingeschränkt in Auftrag geben konnte, wurden vom Notar gestrichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde (Anlage K 1 zur Klageschrift vom 02.02.1995) verwiesen.
13Am 28.09.1989 ging bei der Beklagten der von dem Kläger unterschriebene, nicht datierte Zeichnungsschein ein. Danach beauftragte der Kläger die Vertriebsbeauftragte, ihm den Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem beauftragten Geschäftsbesorger zu vermitteln. In dem Zeichnungsschein ist vermerkt, daß der Treuhänder "nach Maßgabe des zu schließenden Geschäftsbesorgungsvertrages im Zusammenhang mit dem Erwerb der nachstehend aufgeführten Eigentumseinheit" tätig wird.
14Mit Schreiben vom 29.09.1989 teilte die Beklagte dem Kläger den Erhalt des Angebotes vom 11.09.1989 mit. Am 19.10.1989 nahm die Beklagte vor dem beurkundenden Notar Dr. E. in Köln das Angebot des Klägers an.
15In den Jahren 1989/1990 wurde das Bauträgermodell wie vorgesehen abgewickelt. Zum 08.06.1990 wurde die Wohnung des Klägers bezugsfertig, am gleichen Tage erfolgte der Besitzübergang. Mit Schreiben vom 20.04.1993 erteilte die Beklagte dem Kläger die Schußabrechnung, die eine aufgeschlüsselte Kapitalflußrechnung mit Erläuterungen enthielt. Es ergab sich ein gegenüber dem kalkulierten Gesamtaufwand um 2.339,25 DM niedrigerer Endbetrag von 174.513,45 DM.
16Der Kläger erhielt aufgrund eines auf 5 Jahre abgeschlossenen Mietvertrages mit einem Zwischenmieter von Juli 1990 bis Juni 1995 die vereinbarte Miete.
17Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des dem tatsächlichen Gesamtaufwand entsprechenden Betrages Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an der erworbenen Immobilie.
18Er hat die Auffassung vertreten, er sei Opfer eines arglistigen und betrügerischen arbeitsteiligen Zusammenwirkens der Beklagten mit anderen Beteiligten geworden; die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht verletzt; für sie sei erkennbar gewesen, daß für den Kläger aufgrund seines geringen Einkommens die Beteiligung an dem Bauträgermodell nicht habe vorteilhaft sein können, deshalb habe sie das Angebot auf Abschluß des Treuhandvertrages nicht annehmen dürfen. Er hat behauptet, mit dem Projekt sei langfristig keine Rendite zu erzielen.
19Er hat gemeint, die Beklagte habe erkennen können, daß in dem prospektierten und realisierten Gesamtaufwand für Grundstück, Gebäude, Konzeption und Marketing von 79,59 % eine versteckte Innenprovision enthalten sei, die nicht dem Sachwert des Eigentums des Klägers zugeflossen sei; darüber habe die Beklagte aufklären müssen. Er hat behauptet, die versteckten Innenprovisionen für den aufwendigen Vertrieb beliefen sich auf 15 - 20 % des Gesamtaufwandes.
20Der Kläger hat behauptet, kein Erwerber habe gewußt, daß er die Leistungen der weiteren Funktionsträger habe abwählen können, er hätte bei Kenntnis nur den Kaufvertrag abgeschlossen. Er hat die Ansicht vertreten, auch insoweit sei die Beklagte aufklärungspflichtig gewesen; die Beklagte habe auch sicherstellen müssen, daß die Erwerber sämtliche Verträge und den Prospekt vor der Beurkundung bekamen. Er hat behauptet, er habe die Prospekte erst beim Notartermin erhalten.
21Er hat des weiteren die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung und hat behauptet, die prospektierten Werbungskosten in Höhe von ca. 26 % des Gesamtaufwandes seien nicht erreicht worden.
22Ferner hat er die Meinung vertreten, die Beklagte habe eine Pflichtverletzung dadurch begangen, daß sie die - in Prospekt und Stammurkunde unstreitig vorgesehene - Mietvermittlungsgebühr abgebucht habe, obwohl erst dadurch die Bonität des gewerblichen Zwischenmieters finanziert worden sei. Dadurch sei ihm ein Schaden in Höhe von 1.547,00 DM entstanden.
23Die Beklagte hafte weiterhin deshalb, weil wegen Mängeln der Bausubstanz der Sachwert der Immobilie nicht dem prospektierten und vom Kläger finanzierten Wert entspreche; die Beklagte habe ihre Verpflichtung zur Durchsetzung der Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Bauträger nicht wahrgenommen. In diesem Zusammenhang hat er behauptet, die Beklagte habe mit dem Bauträger und dem Verwalter der Wohnungseigentumsanlage vereinbart, daß eventuell auftretende Mängel ohne Information der Erwerber vom Bauträger direkt bezahlt werden und keine ernsthaften Schritte unternommen werden sollten, bis die Verjährungsfrist abgelaufen war.
24Der Kläger hat beantragt,
25die Beklagte zu verurteilen, an ihn 174.513,45 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit Klageerhebung Zug um Zug gegen Auflassung der Immobilie Wohneinheit Nr. 17 K. G.-, verzeichnet im Grundbuch des Amtsgerichts K. von K. Bl. 11024 Gemarkung K. Flurstück 1968 sowie Flurstück 1968/2 zu zahlen.
26Die Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Die Beklagte hat im wesentlichen die Auffassung vertreten, sie hafte als Treuhänderin mit beschränktem Aufgabenbereich weder für die vom Erwerber verfolgten wirtschaftlichen und steuerlichen Zielsetzungen noch für die Prospektangaben.
29Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei zur Aufklärung des Klägers in dem von diesem dargestellten Umfang nicht verpflichtet gewesen. Die Vertragsbeziehungen seien in ihrer Vielschichtigkeit und in Bezug auf die daraus entstehenden Kosten für den Kläger erkennbar und durchschaubar gewesen. Der Kläger habe aufgrund des technischen Teils des Prospektes die Möglichkeit gehabt, die Vorteilhaftigkeit einer Beteiligung an dem Projekt kritisch zu überprüfen. Aus den "vertraglichen Grundlagen" (Seite 27 des Teils B des Prospektes) und den folgenden Seiten des Prospektes seien die Beteiligung und die Struktur der Konzeption zu erschließen gewesen, ebenso aus dem vor dem Notar erklärten Angebot bzw. der dort in Bezug genommenen Stammurkunde. Es sei Sache des Klägers gewesen, sich vor Abgabe des Angebotes durch Studium der Unterlagen zu informieren. Eine Aufklärungspflicht der Beklagten scheitere auch daran, daß aus der Beispielsrechnung auf Seite 13 des technischen Teils des Prospektes deutlich hervorgehe, daß die Steuerprogression des Erwerbers sich nachdrücklich auf Einkommensteuerersparnis und Überschuß auswirke. Bei einem Geschäft dieser Größenordnung habe eine Verpflichtung des Klägers selbst bestanden, sich über die für ihn maßgeblichen Gesichtspunkte Klarheit zu verschaffen, bevor er ein Angebot abgab. Eine Abwälzung dieser Pflicht auf die Beklagte sei allenfalls bei besonderer Vereinbarung oder sonstiger besonderer Verpflichtung möglich gewesen. Dafür sei aber nichts ersichtlich. Hinsichtlich der sogenannten Innenprovisionen habe dem Kläger klar sein müssen, daß in den in der Konzeption für den Gesamtaufwand dargestellten Positionen kein Raum für einen wie auch immer gearteten Vertriebsgewinn gewesen sei und dieser deshalb in der Position a) "Konzeption, Marketing" enthalten sein müsse. Hinsichtlich der möglichen Prospekthaftung der Beklagten hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe nicht substantiiert dargetan, daß der Prospekt unrichtige Angaben enthalte. Wegen der Abbuchung der Mietvermittlungsgebühr hafte die Beklagte nicht aus Positiver Vertragsverletzung, dem Kläger sei kein Schaden entstanden, weil er für die vollen fünf Jahre die vereinbarte Miete erhalten habe. Ein denkbarer Anspruch im Hinblick auf eventuelle Mängel der Bausubstanz scheitere jedenfalls daran, daß ein solcher nicht auf Rückabwicklung gerichtet sei, sondern auf Schadensersatz in Geld.
30Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Anspruch in vollem Umfang weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen.
31Er meint, für die Beklagte hätten erhöhte Aufklärungspflichten im Hinblick darauf bestanden, daß sich ein "überrumpelnder Vertrieb" an Klein- und Durchschnittsverdiener gewendet habe, die nur geringe Steuervorteile hätten erzielen können. Als umfassend tätige Treuhänderin bzw. Basis-Treuhänderin habe der Beklagten eine umfassende Aufklärung oblegen. Sie müsse sich auch das Verhalten des unseriösen Vertriebs zurechnen lassen, die Vertriebsbeauftragten seien als Erfüllungsgehilfen der Beklagten anzusehen.
32Er ist der Ansicht, die Beklagte habe die hohen Innenprovisionen aufdecken müssen, sie habe ihre Treuhandtätigkeit davon abhängig machen müssen, daß ihr alle kalkulierten Kosten offengelegt wurden. Er behauptet, heute sei ein Verkauf der Immobilie nur zu 50 % des Gesamtaufwandes möglich. Er ist der Auffassung, es bestehe ein sittenwidriges Mißverhältnis zwischen dem Wert der Immobilie und dem vollfinanzierten Gesamtaufwand.
33Er ist des weiteren der Meinung, die Beklagte hafte auch für die Prospektangaben, die sie habe überprüfen müssen; der Prospekt erwecke den Eindruck, daß das Modell einen Erwerb zum günstigen Preis zulasse und nicht an dem Makel zu hoher Kosten leide.
34Weiterhin ist er der Ansicht, die Beklagte habe darüber aufklären müssen, welche Bewandtnis es damit habe, daß mit der finanzierenden Bank zwei Kreditverträge abgeschlossen wurden, ein Realkredit und ein Personalkredit. Dadurch sei erkennbar gewesen, daß die finanzierende Bank den Objektwert selbst nur auf ca. 50 % des Gesamtaufwandes geschätzt habe.
35Die Beklagte habe zudem über die Art der Finanzierung mit einem Disagio und einer Zinsfestschreibungszeit von fünf Jahren, den zu erwartenden Zinsanstieg sowie die Nachteile der Finanzierung über eine Lebensversicherung aufklären müssen.
36Der Kläger behauptet schließlich im Schriftsatz vom 11.04.1996, das gesamte Bauwerk sei ohne statische Berechnungen errichtet worden und weise erhebliche Mängel auf. In diesem Zusammenhang verweist er auf das gerichtliche Beweissicherungsgutachten des Sachverständigen J. (Anlage BK 9). Er behauptet, die Beklagte habe den Vertrag über die technische Baubetreuung gar nicht abgeschlossen, der als technische Baubetreuerin genannten Firma Ku. GmbH sei das Objekt unbekannt.
37Im Termin vom 15.04.1996 hat der Klägervertreter erklärt, er verfolge Ansprüche aus Verletzung des Treuhandvertrages mit der Begründung, die Verpflichtung, einen Vertrag mit dem technischen Baubetreuer abzuschließen, sei nicht erfüllt worden, sowie Ansprüche, die daraus resultieren, daß das Objekt erhebliche Baumängel aufweise, nicht im vorliegenden Rechtsstreit. Diese sollten nicht Gegenstand der Entscheidung des Senates sein.
38Der Kläger beantragt,
39die Beklagte zu verurteilen, an ihn 174.513,45 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit Klageerhebung Zug um Zug gegen Auflassung der Immobilie Wohneinheit Nr. 17 K. G.-, verzeichnet im Grundbuch des Amtsgerichts K. von K. Bl. 11024 Gemarkung K. Flurstück 1968 sowie Flurstück 1968/2 zu bezahlen.
40Die Beklagte beantragt,
41die Berufung zurückzuweisen.
42Die Beklagte ist der Ansicht, ihre Beauftragung sei Ausfluß der bereits getroffenen Investitionsentscheidung des Klägers. Danach sei keine Aufklärung mehr erforderlich gewesen. Sie behauptet, die Finanzierung sei vom Kläger ausdrücklich so gewollt gewesen. Sie meint, der Kläger habe sich selbst über die steuerlichen Gesichtspunkte Klarheit verschaffen müssen; aus dem Prospekt habe er einen Hinweis auf die Auswirkung der Steuerprogression für die Rentabilität entnehmen müssen.
43Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei nicht als Volltreuhänder tätig gewesen, sondern mit eingeschränkten Aufgabenbereich, sie hafte nicht für die Prospektangaben und habe sich das Verhalten des Vertriebs nicht zurechnen zu lassen. Die Innenprovisionen seien als Bestandteil der Kaufpreiskalkulation grundsätzlich nicht aufklärungspflichtig.
44Die Beklagte behauptet, der Kaufpreis von 3.060,00 DM/m2 sei marktgerecht gewesen.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteienvertreter sowie die in Ablichtung überreichten Urkunden Bezug genommen.
46E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
47Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
48Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 174.513,45 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übereignung der von ihm erworbenen Immobilie in K..
49Die Beklagte haftet dem Kläger weder wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht aus culpa in contrahendo noch aus positiver Vertragsverletzung.
50Die Beklagte haftet nicht wegen etwaiger falscher oder unvollständiger Prospektangaben.
51Der Bundesgerichtshof hat seine zur Prospekthaftung bei der Beteiligung an Publikumskommanditgesellschaften entwickelten Grundsätze auf Bauherren- oder Erwerbermodelle übertragen (BGHZ 111, 314; NJW RR 1992, 879) und wendet sie auch auf Anlagemodelle, die Elemente der reinen Kapitalbeteiligung und des konventionellen Bauherrenmodells vereinigen, an (BGHZ 115, 213).
52Danach haften wegen falscher oder unvollständiger Prospektangaben die Personen, die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Die Interessen des Anlegers verlangen, daß der Prospekt tauglich ist, die für den Anlageentschluß erforderlichen Informationen umfassend und objektiv zu vermitteln. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit der in Verkehr gebrachten Prospekte muß deswegen jeder einstehen, der durch den Prospekt auf den Kaufentschluß eines Kapitalanlegers Einfluß genommen hat; neben den Initiatoren und Gestaltern des Vorhabens gehören zu diesem Kreis alle Personen, die durch ihre erkennbare Mitwirkung an der Prospektgestaltung einen besonderen Vertrauenstatbestand schaffen (BGHZ 111, 314, 317f).
53Solches Vertrauen hat die Beklagte nicht für sich in Anspruch genommen. Daß die Beklagte an der Gestaltung des Prospektes mitgewirkt habe, wird von dem Kläger nicht substantiiert behauptet. Nach dem Klägervortrag kann nicht davon ausgegangen werden, daß das Bauträgermodell und dessen Prospektierung unter Mitwirkung der Beklagten zustandekam. Für das klägerseits in den Raum gestellte "arglistige, betrügerische, arbeitsteilige Zusammenwirken" des Initiators, der weiteren beteiligten Firmen und der Beklagten fehlt es an jeglichem substantiierten Tatsachenvortrag des Klägers. Der Kläger nennt keinen tragfähigen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte, wie er behauptet, "Bestandteil des Treuhänderserviceangebots der Innovatio" war. Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, sie habe mit dem Initiator des Bauträgermodells zuvor nicht in geschäftlichem Kontakt gestanden.
54Eine Prospektverantwortlichkeit trifft allerdings auch diejenigen, die aufgrund ihrer besonderen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Garantenstellung einnehmen, sofern sie durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken am Emissionsprospekt einen Vertrauenstatbestand schaffen (BGH NJW-RR 1992, 879; NJW 1995, 1025).
55Auch diese Voraussetzung ist für die Beklagte nicht gegeben. Im Prospekt ist unter "vertragliche Grundlagen" (Seite 27 des technischen Teils) die Tätigkeit der Treuhänderin angesprochen. Die Beklagte ist aber nicht namentlich genannt. Sie ist auch nicht im Prospekt ohne Namensnennung faktisch hervorgetreten und hat dabei besonderes Vertrauen der Anlageinteressenten in Anspruch genommen (vgl. zu einem solchen Fall BGHZ 111, 314, 320). Im Prospekt - wie auch im Geschäftsbesorgungsvertrag - wird vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Beklagte an dessen Gestaltung nicht mitgewirkt und Prospektangaben nicht überprüft hat.
56Die Beklagte haftet auch nicht nach allgemeinen Grundsätzen aus culpa in contrahendo oder positiver Vertragsverletzung des Geschäftsbesorgungsvertrages.
57Wie bereits ausgeführt, kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte auf betrügerische Art und Weise zu Lasten der Anleger mit dem Initiator des Bauträgermodells zusammengewirkt hat und dadurch dem Kläger ein Schaden entstanden ist.
58Entgegen der Auffassung des Klägers kann ebensowenig davon ausgegangen werden, daß die Beklagte umfassende Aufklärungspflichten - auch hinsichtlich der getroffenen Investitionsentscheidung, der Finanzierung etc. - aufgrund ihrer Stellung als Treuhänderin trafen. Die Beklagte verweist zu Recht darauf, daß ihr nach dem abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag lediglich die Wahrnehmung eines klar definierten, auf die Durchführung bzw. Abwicklung des Bauträgermodells beschränkten Aufgabenkreises zukam, und daß nach dem Vertrag ihre Haftung auf den Bereich ihrer Tätigkeit im Rahmen dieses Aufgabenkreises beschränkt war. Darauf war auch bereits im Prospekt (Seite 27 und 30 des technischen Teils) hingewiesen worden. Danach prüft der Treuhänder das Objekt nicht in bautechnischer Hinsicht, überprüft nicht die Angaben des Grundstückseigentümers bezüglich der sonstigen Vertragspartner sowie zu den prognostizierten Mieten und Kosten und insbesondere nicht, ob die Investitionsentscheidung des Erwerbers im Rahmen seiner individuellen Gegebenheiten sinnvoll ist.
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60Fortsetzung: 16 U 86/95A Datensatznummer: 1768